5 . blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. Fin die Redaktion derantwortlich: Karl Molitar, Allgemeiner Anzeiger für Ladenburg und Amgegend. erſcheint jeden Dienztaß und Freitag Abenb. 85 5 Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs⸗ f Ladenburg. ochebläll Anzeigen: die 1⸗ſpaltige Corpus⸗Zeile oder deren Naum 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 8 Pfg. Druck und Verlag von Karl Molitor, Ladenburg. 77 Corpuszeile. Neelamen 20 Pfg. Nr. 83. 1 Famftag den 15. OGätoder 1892 Politiſches. Karlsruhe, 12. Okt. Kaiſer Wilhelm iſt zum Beſuche des Kaiſers von Oeſterreich⸗Ungarn in Wien eingetroffen. Die Preſſe des verbündeten Nachbar⸗ staates entbietet dem hohen Gaſte den herzlichſten Millkommgruß und man darf ſagen, daß ſte der Dolmetſch der Gefühle der Völker der Habsburger Monarchie iſt. Weiß man doch jenſeits der ſchwarz⸗ gelben Grenzpfähle, daß die neuerliche Begegnung der beiden Kaiſer einem Herzenbedürfnis entſpeicht, einer kreuen Verbindung, die nicht nur auf politiſche Erwägungen und auf die Erkenntnis der beiderſeitigen Intereſſengemeinſchaft gegründet iſt. Es wäre daher ein mäſſiges Unterfangen, nach geheimnisvollen poliziſchen Gründen zu forſchen, welche den Beſuch unſeres Kafſers am Hoflager zu Schönbrunn veran⸗ 1 keen; das Bündnis, welches die Volker beider . dn Reiche zum Schutz ihrer gemeinſamen Lebensintereſſen Aua 8 umſchließt iſt zu feſt gekittet, als daß es flüchtige — — Tagesereigniſſe irgendwie berühren könnten. Als ein 84 9 K Mächtiger Schußwall gegen friedloſe Beſtrebungen 1 hat ſich der Dreibund etwieſen; bei ſeinem Entſtehen freudig begrüßt hat er ſich im Laufe der Welt be⸗ 0 gebenheiten als der feſte unerſchütterliche Turm be⸗ Gcli beit, mochten die Sturmfluten noch ſo ſtark ſeine bn n 2 Mauern umſpülen. Ein Hort des Friedens iſt das 60 J deutiche Reich geworden und mit ihm halten treue g Wacht die verbündeten Staaten. Als einen Ver⸗ 1 künder des Friedens, unter deſſen Schutz Handel A und Gewerbe, Kunſt und Wiſſenſchaft ihre herr⸗ 10 1 K lichſten Blüten entfalten, feiern die Volker Oeſter⸗ len keich⸗Ungarns den mächtigen deutſchen Kaiſer, Ju den treuen Freund begrüßt Kaiſer Franz Foſef, 0 der ritterliche Monarch, den edlen Hohenzollernſproß. Deutſchland nach ihrem Werte gewürdigt; das deutſche Volk erwidert Treue mit Treue! Verſchiedenes. — Mannheim, 11. Okt. Mit zwei wichtigen Vorlagen hatte ſich der hieſtge Bürgerausſchuß in ſeiner heutigen Sitzung zu beſchäftigen. Zuerſt han⸗ delte es ſich um die Errichtung einer Bürgerſchule, eine Angelegenheit, welche die Gemühter der hieſigen Einwohnerſchaft in der letzten Zeit in ziemlich leb⸗ hafte Aufregung verſetzt hat. Der ſtadträthliche An⸗ trag wurde ſchließlich mit 77 gegen 12 Stimmen genehmigt. Die zweite Vorlage des Stadtraths, welche die Aufhebung des Volksſchulgeldes betraf, erfuhr einſtimmige Annahme. · Karlsruhe, 12. Okt. In der Nacht vom 9 auf den 10. d Mts. iſt ein Scheffer aus Haß ⸗ mersheim, welcher zwei Tage zuvor mit ſeinem Schiffe geſund in Leopoldshafen angelangt war, auf demſelben an einem heftigen Brechdurchfall erkrankt und am 11. d. Mis. geſtorben. — Karlsruhe, 13. Okt. Wie wir hören, iſt nun durch die von Herrn Migola bei der hieſi⸗ gen Prüfungsſtation vorgenommene Unterſuchung die Vermutung, daß kein ernſterer Fall vorliege, hin⸗ fällig geworden. Nach dem erzielten Ergebniſſe iſt als der am 11. ds. Mts. in Leopoldhafen auf einem Kohlenſch ff geſtorbene 25jährige Sch ffer der aſta⸗ tiſchen Cholera erlegen. Die ſchon vor dem beſtimmten Nachweise, der in wirklich möglichſt kurzer Zeit ge⸗ liefert werden konnte, ergriffenen ernſten Maßnahmen werden ſich diesmal nicht überflüſſig zeigen, und wollen wir nicht unterlaſſen, dem Eifer und der Umficht der dabei beteiligten Behörden volle Aner⸗ kennung auszuſprechen. ſamkeit gepatt, mit der unverzüglichen Anwendung Mit der bewieſenen Wach⸗ energiſcher Maßnahmen iſt es jedenfalls möglich, jeden weitere Gefahr abzuwenden. — Aus dem Amtsbezirk Mosbach, 12. Okt. Wie man uns mitteilt, wurde geſtern abend 8 Uhr Hr. G. Herz. Buchhalter an der Kunſtmühle Weſt⸗ heimer in Billigheim durch Stiche in den Hals er⸗ mordet, als er im Begriffe war vom Geſchäfte nach Hause zu gehen. Da der Ermordete nicht beraubt wurde, ſo iſt Raubmord ausgeſchloſſen, vielmehr ſcheint ein Racheakt vorzuliegen. Noch in der Nacht begab ſich die Staatsanwaltſchaft Mosbach nach dem Octe, um den Thatbeſtand aufzunehmen. Der Mörder iſt bis zur Stunde noch nichf bekannt; hoffentlich gelingt es dem Gerichte, denſelben baldigſt dingfeſt zu machen. Buchhalter Herz, als ein ſehr friedlieben⸗ der Herr bekannt, hinterläßt eine Witwe. (Weitere Mitteilungen beſagen daß die Börſe des Ermordeten fehlte. Die Leich: lag unterhalb der Straße im Felde, über und über mit Blut bedeckt und ſchrecklich zuge⸗ richtet, Kopf und Geſicht weiſen zahlreiche Stiche auf, ein Auge iſt durchſtochen, auch andere Körper⸗ teile, beſonders die Arme, weiſen zahlreiche Stiche auf; ein Finger iſt abgeſchnitten, der Hals durch⸗ ſchnitten). — Mainz, 11. Okt. Ein erſchütterndes Drama ſpielte ſich geſtern Morgen in einer Arbeiterwohnung der Neuſtadt hier ab. In einem Anfall von Geiſtes⸗ ſtörung verſuchte eine Frau ibren im Schlafe liegen ⸗ den Mann zu erdolchen. Glücklicherweiſe erwachte der Mann noch rechtzeitig und wurde mit Hilfe dritter Perſonen aus den Händen der Wahnfinnigen befreit. Der bedrohte Mann hat alsbald ſeine Heim⸗ ſtätte vetlaſſen und iſt lt. „Pf. Pr.“, bis jetzt nicht zurückgekehrt. — Berlin, 11. Oktober. Das altrenommirte Modewaarengenſchäft Bonwitt und Littauer, welches 1 k I f Die Huldigungen, welche die Wiener Wilhelm II. „ E vollem Herzen darbringen, werden überall in a W E HSerzenskämpfe. 30h N. 2 Roman von Theodor Schmidt. — „Das will ich Dir ſagen,“ entgegnete der Graf zich weiß ja, Du bewahrſt mein Geheimniß treu n Deiner Bruſt. Sieh, ich ſoll ein Mädchen, ein gutes, ljebenswürdiges, edles Mädchen, heiraten, Während ich eine Andere leidenſchaftlich liebe.“ „Das iſt eine ſchlimme Geſchichte,“ ſprach Herbert von Kalhorn nach längerem Ueberlegen; aich dachte, Du wollteſt nächſtes Jahr Deine Couſine Melanie von Selten heiraten?“ „So iſt es auch beſtunmt,“ verſetzte der junge Nef mit einem tiefen Seufzer, „und wenn es nicht Unrecht iſt, ein Mädchen zu heiraten, wenn Einen das G ſicht eines anderen weder bei Tag noch bei Nacht verläßt, wenn das nicht Unrecht iſt, dann wird Melanle nächſtes Jahr auch meine Frau.“ „Aber ſprich, in wen auf der Welt haſt Du Dich denn ſo leidenſchaftlich verliebt?“ fragte Herbert. „Ja, wenn ich Dir das ſagen lönnte,“ gab dee Graf ſeufzend zur Antwort, „in eine Fee, in eine entzückende, namenloſe Erſcheinung.“ „Ader das iſt ja Thorheit — wo ſahſt Du fie? „Das will ich Dir ſagen,“ erwiderte der Graf. Und er erzählte ſeinem Freunde ausführlich „Und Du kennſt nicht ihren Namen? Weißt don ſeiner Begegnung in den Bergsdorfer Wäldern. nicht, wer ſie war? fragte Herbert, als Jener ſchwieg. „Nein, im Walde begegnete ich keiner lebendigen Seele, die ich darnach hätte fragen können, und die Stand fragen, denn dies kam mir bei der erſten Begegnung frech vor.“ „Was gedenkſt Du nun zu thun?“ „Was kann ich thun?“ erwiderte Curt von Roddeck ungeduldig; „ich muß mich in mein Schick⸗ junge Dame ſelbſt wollte ich nicht nach Namen und lber ſal fügen; ich muß ſuchen, ſie zu vergeſſen und Melanie heiraten.“ „Das wäre aber nicht edel gehandelt; Deine Coufine verdient ein ganzes Herz.“ „Es bleibt mir nichts Anderes übrig Doch genug davon; ich habe Dir mein Geheimniß anver⸗ traut, nun trage es eine Weile ungeduldig mit mir. Wir Roddicks find nun einmal dazu verurteilt, un⸗ glücklich zu lieben.“ — — Die Gräfin von Roddeck, Curts Mutter, hatte ſich in den Kopf geſetzt, ihr Sohn müſſe ihre Nichte, Melanie von Selten, der ſie von ganzem Herzem zugethan war, heiraten. Melanie war elternlos und ſchon früh als junge Waiſe in das Haus ihrer Tante gekommen und von dieſer erzogen. Beide Kinder, Melanie ſowohl wie Curt, waren in der⸗ ſelben Idee aufgewachſen. Frau von Roddeck ſprach thörrichterweiſe öfter von der Zeit, we Melanie Curts Frau ſein würde; dieſe liebte ihren Vetter und hatte keinen Gedanken, keinen Wunſch, der ſich nicht auf bezog, während Curt das Ganze für eine „abgemachte Sache“ hielt. Sehr charalteriſtiſch war eine Bemerkung, die er eines Tages machte, als er mit einigen Freunden die Zukunft ſprach. „Ich brauche mir einmal keine Mühe bei den Damen mit Hofmachen zu geben,“ ſagte er, „Ihr wißt ja, ich heirate meine Couſine Melanie.“ 6. Capitel. Curt von Roddeck war ſtets hoͤflich und liebens⸗ f würdig gegen ſeine Couſine, und als ſeine Mutter ihm eines Tages ſagte, daß es nun wohl Zeit für ihn ſei, zu heiraten, da warb er bei Melanie in aller Form um deren Hand; doch da der junge Graf noch ein Jahr ſeine volle Freiheit genießen wollte, hielt man auch noch mit der Veröffentlichung der Verlobung zurück. Als Curt einſt aber von einer weiteren Tour in die Berge zurückkehrte, nahm Melanie von Selten eine große Veränderung an ihm wahr. Er hatte ſeinen heiteren, froher Sinn verloren, der ihn ſonſt nie in Stich ließ, und oft gab er ſich dumpfem Brüten hin, aus dem nichts ihn zu reißen vermochte. Er war freundlich und güt'g gegen ſeine Mutter und ſeine Braut; gegen alles Andere aber ſchien er gleichgültig geworden; er hatte für nichts mehr Intereſſe an nichts mehr Vergnügen.