ſprechen e Vorſchrift, wornach vor Schluß des vor⸗ mittägigen Hauptgottesdienſtes und während des Nachmittagsgottesdienſtes in Gaſt⸗ und Schankwirt⸗ ſchaften keine geräuſchvollen Beluſtigungen und kein lärmendes Z chen und Spielen ſtattfinden dürfen, ausdrücklich in der Verordnung aufgenommen. End⸗ lich wurde beſtimmt, daß diej nigen Feſttage, an welchen nach der landes herrliche Verordnung die öffent⸗ liche Arbeit verboten iſt, die ſogen., verbotenen Feſt⸗ tage auch als Feſttage im Sinne der Gewerbeord⸗ nung zu gelten haben, an denen alſo die Beſchäfti⸗ gung der Arbeiter in der Regel unterſagt iſt. So⸗ weit die neue landesherrliche Verordnung in Ueber⸗ einſtimmung mit der Gewerbeordnung Vorſchriften über die ausnahmsweiſe Zulaſſung von öffentlichen Arbeiten im eigentlichen Gewerbebetriebe an Sonn⸗ und Feſttagen enthält, wird ſie erſt dann in Wirk⸗ ſamkeit treten, wenn die Vorſchriften der Gewerbe⸗ ordnung über das Ruhen der Arbeiterbeſchäftigung in den Induſttiellen und handwerksmüßigen Betrieben durch Kaiserliche Verordnung werden in Kraft geſetzt werden; im übrigen tritt der „Bad. Korr.“ zufolge die neue landesherrliche Verordnung über die welt liche Feier der Sonn⸗ und Feſttage vom 1. Juli l. J. in Wirkſamkeit. a Folliſches. . — Berlin, 1. Juli. Abermals befindet ſich Kaiſer Wilhelm auf ſelner gewohnten alljährlichen Nordlandsfahrt, die für ihn auch diesmal den Cha⸗ rakter einer reinen Erholungsreiſe trägt. Mit einer förmlichen kleinen Flotille zieht der erlauchte Schirm⸗ herr des deutſchen Reiches nach den wildromantiſchen Felſengeſtaden Norwegens, denn die kaiſerliche Pacht „Kalſeradler“ — wie nunmehr der Namen „Hohen⸗ zollern“ lautet — iſt von einem Panzerſchiff, einem Transportſchiff und einem Aviſo, zur Vermitt ⸗ lung des Depeſchendienſtes, begleitet, ſo daß die diesjährige Nordlandsreiſe des erlauchten Monarchen nach Außen ein beſonders imponirendes Gepräge trägt. Die Be⸗ gleiter des Kaiſers auf deſſen gegenwärtiger Erho⸗ lungreſſe find auch diesmal Herren aus ſeinem inti⸗ meren Kreiſe, und zwar zum größeren Teil dieſelben, welche den Kaiſer ſchon auf ſeinen früheren Nord⸗ landsfahrten begleiteten. Dem Vernehmen nach geht die Reiſe des kleinen Geſchwaders direkt nach den Lofoten, wo dasſelbe am 7. Juli eintreffen ſoll. 5 5 Verſchiedenes. Heddesheim, 28. Juni. Innerhalb kurzer Zeit find dahier zwei Selbſtmorde berübt worden. Vor einigen Tagen erhängte ſich der 71 Jahre alte — — für das Grab; die brenne ich iht heute noch an, Die Handvoll Kupfermünzen reichen noch gerade zu einem heißen Becher Thee und dem Bakſchiſch für die alte Maſcha, und nachher hole ich mir mein Tractament!“ a Und nun trat er in den Laden und laufte die Kerzen ein. Als er wieder heraus kam, drängte ſich eben ein Trupp Uniformirter durch die ſchmale Gaſſe. Mit einem wahren Hällenſpectakel wurde der Kamerad begrüßt. „Wo haſt Du in drei Teufels Namen ſo lange geſt eckt, Brüderchen?“ ſchrie man ihn an. „Komm mit uns, denn ein ſchlechter Kerl iſt der, welcher nicht heute auf Väterchen Zar's Geſundheit trinktl“ Der Alle ſchüttelte abwährend den Kopf, aber ſchon hatte einer der heftig geſticulirenden und ſchreienden Männer ſeinen Arm gepackt und ihn ge⸗ waltſam mitgezogen — in das Gaſthaus zum Engel, der Schänke, die ſein Fuß niemals wieder betreten wollte. Es war ein ungaſtlicher verräucherter Raum, dieſe Engelſchänke. Die einſtmals weißgetüuchten Wände trugen jetzt alle Farben des Regenbogens an ſich. Von der ſchwarzen Decke hing eine qualmende Oellampe herab und mit dem Dunſt derſelben miſchten ſich Alkoholdüfte und Juchtengeruch. Mitten auf dem großen Tiſche ſtand ein ungeheurer kupferner Samowar, unv ein schmutziger gluthäugiger Junge, Bocher genannt zapfte Tag und Nacht das ſchwärz⸗ liche Gebräu, den Thee, in blechernen Bechern für die Gäſte ab An dieſem Orte fanden ſich täglich eine An⸗ zahl von Leuten ein, die zum Mititär gehörten, um Thee und Branntwein zu trinken und Karten zu ſplelen. Sie war das Eldorado der Uniformirten Loandwirth und Wittwer Scheuer. Das Motiv der That iſt in einem unheil⸗ baren Magenleiden zu ſuchen. Geſtern Vormittag erſchoß ſich aus Liebesgram der 25 Jahre alte Dienſt⸗ knecht Gerhard Marx von Falkengefäß bei Berrfelden. — Mannheim, 30. Juni. Ein Schwindler treibt ſich ſeit einiger Z it in den Nachbargemeinden umher, welcher bei Familien, deren Söhne beim Militär in entfernteren Garniſonen ſtehen, vorſpricht und angibt, daß er im Auftrage des betr. Sohnes komme. Dabei giebt ſich der Schwindler als Sohn eines Zahlmeiſters aus auf deſſen Büreau der betr. Soldat beſchäftigt werden ſolle und das Ende vom Lied iſt ſtets, daß der Gauner im Auftrag des betr. Soldaten um Geld bittet. In mehreren Fällen, na⸗ mentlich wo er es mit Frauen zu thun hatte, iſt ihm auch der Schwindel geglückt und wurde er von den über die günſtigen Nachrichten von ihren Söhnen hocherfreuten Mütter nicht nur reichlich bewirthet, ſondern erhielt auch mehrfach die erforderten Geld⸗ b träge. Der Schwindler der fich ſtets einen anderen Namen beilegt, ſcheint übrigens noch Helfershelfer zu haben, durch welche er über die Verhältniſſe der Leute, die er heimſucht, benachrichtigt wird. Bis jetzt ſcheint er hauptſächlich in Arheiligen und benachbar⸗ ten Ortſchaften ſein Operationsfelo gehabt zu haben. Vor dem Gauner, auf welchen wir beſonders die Polizeibehörden aufmerkſam machen, ſei eindringlichſt gewarnt. f 5 e Mannheim, 1. Juli. In der Lanz'ſchen landwirtſchaftl. Maſchinenfabrik brannte in der ver⸗ gangenen Nacht die Aufbewahrungshalle fertiger Maſchinen ab. Der Schaden iſt ganz bedeutend. In der Halle befanden fich 22 Lokomobielen und 13 Dampfdreſchmaſchinen, welche vollſtändig vernichtet ſind. Das Feuer muß ſich mit einer ganz unheim⸗ lichen Schnelligkeit verbreitet haben. Leute welche 5½12 an der Halle vorübergangen find, haben vom Feuer noch nichts gemerkt, während um 12 Uhr bereits das ganze Gebäude in hellen Flammen ſtand. Dieſes ſchnelle Umfichgreifen des gefräßigen Elements iſt um ſo räthſelhafter, als ſich in der Halle keinerlei leicht brennbare Stoffe befanden, dieſelbe vielmehr als derjenige Theil des umfangreichen Etabliſſements gilt, welcher gegen Feuergefahr als äußerſt geſchützt erachtet wird. Man vermuthet infolgedeſſen Brand⸗ ſtiftung. Peſt, 30. Juni. In Oslany find geſtern 142 Wohnhäuſer ſammt den Nebengebäuden durch Feuer zerſtört worden. Zwel Menſchenleben haben ihren Tod gefund 80 Familien find brd und obdachlos. ö — London, 30. Juni. Wütend eie Feſtes im Kryſtallpa aſt, an dem 7000 Sonntags. ſchüler teilnabmen, platzte der Luftballon in einer Höhe von 100 Fuß. Die Jnfaſſen ſichezten herg d, Der Luftſch ffer Dale wurde Angefichts feiner Frau und Tochter getödtet, 2 andere Teilnehmer der Fahrt wurden tötlich verwundet. — Die Schuhwagreg⸗ fabrikanten mehrer Städte der Grafſchaft Leiceſter beſchloſſen infolge von Zwiſtigkeiten, bezüglich dr Verwendung von Knaben in den Werkflätten, dee zu ſchließen. 90 000 Arbeiter werden hierdurch be⸗ troffen. — St. Petersburg, 30. Juni. In einer Droguerie explodirte geſtern ein Benzinlager durch Unvorſichtigkeit. 6 Perſonen find tot, 5 wurden ſchwer verletzt. — Kleine Chronik. Eine entſetzliche vulcaniſche Kataſtrophe hat ſich auf der Inſel Sangir bel Gele, bes ereignet. Elf Dörfer ſammt allen Einwohnern find verſchüttet. Etwa 1200 Menſchen wurden gelddiet, Ein Theil der Inſel verſank im Meere. Die Rala⸗ ſtrophe trat plotzlich ein, weshalb Niemand flüchten konnte. Eine ähnliche Kataſtrophe ereignete ſich guch im Jahre 1871. FFCCCCCCCCCVCVCVTVCVTCTVTVTVTTT Verfälschte schwarze Seide. Man verbrenne ein Müſterchen des Stoffe von dem man kaufen will, und die etwaige Ver⸗ fälſchung tritt ſofort zu Tage: Aechte, rein gefürdhe Seide kräuſelt fo fort zuſammen, verlöſcht bald und hinterläßt wenig Aſche von ganz hellbräunlicher Farbe. Verfälſchte Seide (die leicht ſpeckig wird bricht) brennt langſam fort, namentlich glimmen die („Schlußfäden“ weiter wenn ſehr mit Fafibroff erſchwert) und hinterläßt eine dunkelbraune Asche die ſich im Gegenſatz zur ächten Seide nicht keäuſelt ſondern krümmt. Zerdrückt man die Aſche der ächten Seide, ſo zerſtäubt ſie, die der verfälſchten nicht. Der Seidenfabrikant G. Henneberg (K. u. K. Hoflief.) Zürich verſendet gern Muſſer von ſeinen ächten Seidenſtoffen an Jedermann u. liefert einzelne Roben und ganze Stücke porto⸗ und zollfrei ins Haus. Doppeltes Brieſporto nach der Schweiz. der Czenſtochauer Grenzwachtbrigade. Nach dem Läuten der Abendglocken ſollten eigent⸗ lich im Engel keine Getränke mehr verabreicht werden, aber die Gäſte entfernten ſich nur durch die Vor⸗ derthür, um ſofort durch die Hinterthür, wieder her⸗ ein zu kommen. Nun wurden die Fenſter verſtopt und das wüſte Zechgelage mit Toben und Brüllen fortgeſetzt. Der gequälte Wirt mußte große Quan⸗ titäten Branntwein herbeiſchleppen, wofür ihm oft der Lohn mit derben Fäuſten auf den ſtets demütig gebückten Rücken ausgezahlt wurde. Doch er klagte ſich niemals darüber, ſondern hielt fein Züng⸗ lein fein ſäuberlich im Zaum und ertrug die Püffe und Plackereien der „gnädigen Herrn“ geduldig und ohne Murren, denn er fand ſeine Rechnung dabei. Der Lieutenant Wytek wurde von ſeinen Kameraden an die große Tafel geſchleppt und das Gelage begann. Wie das durcheinander ſchrie und lärmte, wie toll mit den ſchweren Stiefelabſätzen den Boden ſtampfte, mit den Säb ln raſſelte und den Fäuſten herumfuchtelte. „Izigleben, Wodki her,, brüllte der Wacht⸗ meiſter. „Schwerenot, hörſt Du nicht, Hundeſeele! Raſch, dreiſig Becher von Beſten, wir haben heute Tractament gekriegt und können zahlen! Und hole einen Jeden der Teufel, der nichts draufgehen laßt!“ Der zitternde Wirt ſchleppte mit dem kleinen, immer grinſenden Bocher ſcheunigſt herbei, was die Herren befohlen. Der Wachtmeister erhob fich und brachte ein Hoch auf den Zaren aus, in welches die Anderen voller Enthuſtasmus einſtimmten. Im Nu waren die Becher geleert, die letzten Tropfen wurden auf die ſchmutzigen Dielen gegoſſen, und ſo ging es fort, immer weitec fort bis in den Abend hinein. Der alte Wytek konnte ſeit ſeiner Krankheit den Branntwein nicht mehr recht vertragen. Er halt raſch und haſtig ein paar Becher hinuntergeſtürzt und ſchon erhitzte ſich ihm der Kopf. Nun fing er ſofort, wie er es immer im Rauſche gethan halle, zu ſchimpfen an, zu fluchen und mit der Fauſt auf den Tiſch zu ſchlagen, daß die Platte krachte. Dann wurde er ſtel und ſtiller und ſtarrte mit verglaflen Augen vor ſich hin. So ſaß er lange Zeit theilnahmslos da. Alz⸗ 6 dann ſtand er plotzlich auf, nahm einen Mantel um e. und wankte zur Thür. „Wohin willſt Du, Brüderchen 2“ fragte einer der Kameraden. „Nach der Rochuscappelle,“ lallte der Alle, „ich will drei rote, geweihte Kerzen ouf das Grab ſtecken — der Herrgott hat mich geſtraft — ja, 15 worfen, geſtoßen! Ich — ich — bin verflucht Und dann ſtolperte er zur Thür hinaus, die Andern lachten noch hinterher. Draußen fiel er in den Schnee, er raffte ſich wieder auf, fiel nochmals hin und erhob ſich mühſelig. Dann laumelte er ohne Kopfbe deckung weiter. fich allen Gliedern ſchlotternd, faſt ohne Bewußtſein und oftmals zu Boden fallend, durch das Gewirr der Gaſſen und Gäßchen von Czenſtochau. Die Straßen- jungen rannten lachend, ſchreiend und johlend hinter ihm drein. Sie warfen ihn mit Schnee und aller⸗ hand Unrat. Ein böſer Bube band ihm eine leere Schnapsflaſche hinten an den Mane kragen, daß fie wie ein Troddel daran herunter hing, und ein ohren⸗ zerreißendes Gezeter und Gekreiſch begleitete die Unfug. (Fortſetzung folgt.) 5 2 M u *. * 1 1 n u. 1 . * d u. Aug Er ſchl'ppte ſich, an