brſgent 19 85 Dienstag und Freitag Abend. Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs⸗ blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. Far die Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, Ladenburg. — Nr. 50. Anzeigen: 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pf die 1⸗ſpaltige Corpus⸗Zeile oder deren Raum Corpuszeile. Reelamen 20 Pfg. Mitwoch N 22. Fun Abonnementseinladung. Mit dem 1. Juli d. J. beginnt das 3. Quartal dſs. Bl., wozu einla det Die Expedition. Volitiſches. 5 — Narlsruhe, 9. Juni. Zweite Kammer. Die Erſte Kammer hat bekanntlich aus dem Geſetz über die Beſteuerung des Kunſtweins die Kontrole hinfichtlich der Weinhändler herausgenommen und gegen den Wunſch des Finanzminiſteriums dieſem die Erlaſſung der Controle im Wege der Verordnung anbeimgegeben. Die Kommiſſion der Zweiten Kam⸗ mer war dieſer neuen Lage gegenüber ſo uneinig, daß kein Mehrheitsantrag zu Stande kam. Mit ganz beſonderer Schärfe trat der Abg. Schüler von Ebringen (Breiſ ach) für die Wiederaufnahme der Kontrole in das Geſetz ein. Ohne ſolche ſei der Weinverm⸗ hrung, namentlich mit italien ſchen Trau⸗ — geſendet worden, um den Weinhändlern das Schmiren zu erleichtern. Abgeordneter Witmer verweist die Zuläſſegkeit der MWeinverbiſſerung. man nicht mit der Herſtellung von Kunſtwein ver⸗ wechſeln und die Weinhändler nicht durch zweckloſe Controlen aus dem Lande treiben zum großen Nachteil unſerer Winz r. Der Regierungskomm ſſar, Miniſterialrat Göller, legt dar, daß ohne den Artikel 14 des Geſetzes nur di⸗ offene Kunſtweinfabrikation von der Steuer getroffen wird, allen übrigen Han⸗ tirungen konne man nicht beikommen. Immerhin werde die icaung Aerſucken, 1 mit dem eee die Wallfahrt nac Ghenlochau. Roman von Johanna Berger. . 3 „Na, ja, — aber mich plagt ganz wahrhaftig die Neugier nicht,“ ſtottette dieſe, indem ſie die Feuerzange fallen ließ, Sie ſtreifte noch einmal ſcheu und erſchrocken des Grafen verſtörtes Geſicht und tripp lte hinaus. Aber die Thür ſchloß ſie U K — 3 ncht feſt, ſie duckte ſich dahinter nieder und lauſchte begierig. Der Graf ſchwieg noch eine Weile, dann ſagte er mit ſeltſam v brirender Stimme: „Das arme Weib, das bier einſt elend zu Grunde ging, war Margarethe Leonhardt, ich kann es beweiſen — und die blonde Jadwiga iſt ihr Kind und — das meine!“ „Ach großer Gott, ach heilige Mutter von Czenſtochau!“ ſtammelte ganz faſſungslos die Edel⸗ frau, indem ſie ſich heftig bekreuzigte. Und nun ertönte auch ein lautes Klirren. Die Gäfia hatte hr Flacon zur Erde gleiten laſſen, deſſen Scherben auf den Dielen zerſchellten. Sie üttelte in heftiger, zorniger Verneinung den Kopf. „Aber Stanislaw, das iſt nicht wahr, das ann nicht ſein — was Du redeſt, iſt offenbarer Wahnfinn. Entweder biſt Du krank oder Du lügſt.“ „Ich log nur einmal in meinem Leben — ei Und Du mußt es den, Thür und Thor geöffnet und das Geſeß wert⸗ los; er ſei von den Wählern nicht nach Karlsruhe Verwertung der Milch durch Verwendung von Hand⸗ auf Dieſe dürfe Geſetz noch anzufangen, was eben möglich iſt. Be- richterſtatt'r Abgeordneter Pfeff rle führt aus, jede Schädigung des Weinhandels ſchade auch dem Wein⸗ bau. Bel der Abſtimmung wird der Antrag Schluſſer auf Beſeitigung aller Sp zia leontcolen an⸗ genommen. . ͤ ͤ ͤ ———!.:. ß... ̃r¼ ‚—ßs—. ͤ— Verſchiedenes. — Heidelberg, 19. Juni. Ratſchreiber Schneider aus Bammenthal, der ſich vor einiger Zit von dort nach Unterſchlagung ganz bedeutender Summen heimlich erntfernt hatte, iſt zurückgekehrt und wurde verhaftet. — Heddesbach 19. Juni. Der Blätger⸗ meiſter von Heddesbach iſt flüchtig gegangen. Er iſt des Betrugs und der Uckundenfälſchung angeklagt. Wegen Verdachts der Bechülfe zur Urkundenfälſch⸗ ung wurde der Ratſchreiber ds Ortes in Haft ver⸗ bracht. — Karlsruhe, 20. Juni. Das Miniſterium des Innern, deſſen rege Anteilnahme an der Pflege des landwirtſchaftlichen Genoſſenſchaftsweſens aner⸗ kannt iſt, hat ſeit Beginn des vorigen Jahres eine neue Form des ſelben, die auf beſſere und ertragsreichere ſeparatoren (Entſchleuderungsapparaten) abzielt, ins Leben gerufen. Nach den bei der oberen landwirt⸗ ſchaftlichen Behörde nunmehr eingelaufenen Mitteil⸗ ungen über die Geſchäftsergebniſſe dieſer Molkerei⸗ Genoſſenſchaften, find dieſelben außerordentlich günſtige geweſen und es konnte nachgewieſen werden, daß die Mehreinnahmen, ſelbſt bei kleinen bäuerlich en Wirten ſich auf 50 bis 200 Mk. belaufen. Wie be⸗ dentungsvoll eine Steigerung der Einnahmen aus der Milchwirtſchaft iſt, kann daraus entnommen werden, duß bei einer Jahrezerzeugung von 650 daß ic 1561 die Wahrheit rde. Dieſelbe iſt ja ge⸗ radezu mit den Händen zu greifen, ſobald man alle Verhältniſſe erwägt und mit klarem Verſtande prüft. Und wenn Alles zweifelt, ſo täuſche ich mich gewiß nicht, ich darf nur an Jadwiga denken — ſte der Mutter wie aus den Augen geſchnitten — und dann die Augen, dieſe wunderbaren Augen, es find Margarethens Märchenaugen!“ „Zufall, Stanislaw, reiner Zufall! Nichts weiter als ein merkwürdiges Spiel der Natur!“ „Es gibt dergleichen Naturſpiele nicht,“ brauſte er auf. „Jadwiga iſt mein Kind, mein armes, wiedergefundenes Kind, das ſagt mir mein Herz — mein fühlendes, ſehendes und ſprechendes Herz. Es kann kein Irrtum ſein!“ Des Grafen Stimme erſtickte in einem Strom von Thränen, der ihm unaufhaltſam aus den Augen brach. Und nun herrſchte wieder eine Zeit lang laut⸗ loſe Stille im Zimmer. Nur das Kaminfeuer kniſterte und tanzte aufſprühend mit zuckenden Flammenzungen über den Roſt. Draußen war es trotz der Morgenfrühe ganz finſter geworden, denn die ſchwarzgrauen Schneewolken hatten ſich dichter zufammengeballt und Himmel und Erde in tiefe Dämmerung gehüllt. Bei Frau von Bielinska war der vorherige 580 ie in l 8 3 255 1892 Millionen Liter Molch ane du 0 die die Ein⸗ führung des Separatorenbetriebs zu erzielende Mehr⸗ einnahme von nur 2 Pfennig vom Liter einem Betrage von 12 Millionen Mark gleichkommen würde. Die ſeit Jahren auf Verb ſſerung der Rindpiehzucht gerichteten B⸗mühungen unſerer oberen landwirt⸗ ſchaftlichen Behörde, deren Erfolg in der größeren Milchergiebigkeit der veredelten Schläge in die Er⸗ ſcheinung tritt, werden der „Bad. Korr.“ zufolge in nicht ferner Zeit eine a 00 5 der mittleren Michausbeutung um 10 9%, d. h. einen Mehrer⸗ trag von 65 Mlllienen Liter im Werte von 6 bis 7 Millionen Mark zur Folge haben, und auf dieſem einen G bi⸗te des Molkereiweſens kann in Baden allein durch zielbewußtes Einwirken auf die land⸗ wittſchaftliche B. völkerung eine jährliche Mehrein⸗ nahme von 18 bs 20 Millionen Mark erzielt werden eine Summe die hinreichend erſcheint, eine Schuld von 400 Millionen Mark in Anunitätenform zu verzinſen und zu tilgen. Die obere landwirtſchaft⸗ liche Behörde handelt ſomit in wohlverſtandenem Interiſſe unſ⸗rer Landwirtſchaft, wenn ſte außer den Fragen des Agrarrechts auch die Technik und Oekonomie des landwirtſchaftlichen Betriebs zu heben bemüht iſt und es verrät die völlige Unkenntnis der „Landpoſt“ und ihrer „Autoritäten“ wenn ſie, wie es erſt jüngſt wieder geſchah, dieſe agrarpfleglichen Maßnahmen als Bagatellſachen behandeln zu ſollen glaubt. — Karlsruhe, 20. Juni. Die zur Be⸗ richterſtattung über die Wenzergenoſſenſchaften ins Ahrthal und nach Tol ent'andte Kommiſſion, der ſich mehrere R bwirte angeſchloſſen hatten, iſt von ihrer Reiſe befriedigt zurückgekehet. In Meersburg und Hagnau beſtehen ſchon längere 3 it Winzerge⸗ noſſenſchaften, in Beckſtein 8 ſich eine 1 ge⸗ hören, uad ſo ſprang ſie en von ihrem Schauk lſtuhle auf und lief zu dem Grafen hin. „Iſſus, dann iſt die Jadwiga gar kein Land⸗ ſtreicherkind,“ rief ſie. „Wer hätte das gedocht, daß es noch ſo mit ihr kommt? Ja, jn — nun weiß man auch, wo ſie das Aparte her hat, den ſtolzen Blick und die vornehme Haltung mit einem Wort, den Adel im Blut. — Aber ich mochte gern mehr erfahren, Pan Stanislaw — ſo reden Sie doch, — erzählen Sie — ach ich ſterbe vor Ungeduld!“ Gräfin Antonia hatte das kleine Schmuckſtück an ſich genommen und betrachtete es mit groß m Intereſſe. „Es iſt wirklich Dein Porträt, Stanis⸗ law,“ ſagte ſie gepreßt. „Das Herz trägt auch unſer Familienwappen und unſere Initialen — und doch kann ich immer noch nicht glauben, daß die fremde Frau, die es hierher bracht', Margarethe Leonhardt war. „Sie war es und keine Andere, es ſpricht Alles dafür, und wenn Du mich ruhig anhören willſt, werden Deine Zweifel bald ſchwinden“ Und nun ſprach der Graf baſtig weiter, in g flügelten Worten, mitunter ſich überſtürzend: „Das ganze Leben des Menſchen iſt eine Kette von Zufälle gkaten und oft iſt es, als lämen ihm di⸗ſelben zu Hülfe, um hn in ſeinen Thorheiten und boͤſen Noigungen zu unte ie ſtützen. So war es auch reiner Zufall, der mich v. e vor etwa and Jahren nach Deulſch⸗ N 3 *