blatt Ml. 1.40 frei ins Haus. Nr. 48 Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs⸗ Für die Redaktion verantwortlich: Karl Moliter, Ladenburg. Anzeigen: die 1⸗ſpaltige Corpus⸗Zeile 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. Corpuszeile. Neclamen 20 Pfg. Mittwoch den 15. Juni 1 Kinderfochkurſe. Die Wahrnehmung, daß Mädchen, welche ſo⸗ fott nach der Schulentlaſſung als Arbeiterinnen in den Fabriken eintreten, regelmäßig nicht in der Lage find, die nötigen hauswirtſchaftlichen Kenntniſſe und Ferfigkeiten zu erwerben, hat in einer Anzahl von Induſtrieſtädten des Landes zur Einrichtung beſon⸗ deter Haushaltungsſchulen oder ⸗Kurſe geführt. In denſelben werden Arbeiterinnen im Kochen, mehrfach auch in anderen häuslichen Arbeiten ausg bildet und in pn zugleich dei Unterwifung und Beiziehung beim Ein⸗ i uf kauf der Lebensmittel in den Stand geſetzt, die Be⸗ milg v dücfniſſ des Haushalts einer Arbeiterfamilie zu er⸗ unn meſſen und die erworbenen Fertigkeiten dieſen Be⸗ 15 dürfniſſen und den zur Verfügung ſtehenden Ein⸗ — nahmen gemäß zu verwerten. Die Teilnahme der 1 Arbeiterinnen an dieſen Kurſen ſetzt die Zuſtimm⸗ 1 ung der Arbeitgeber voraus, welche aus wirtſchaft⸗ lichen Gründen nicht für eine große Anzahl von Arbeiterinnen gleichzeitig erteilt werden kann und bete unter gänzlicher oder teilweiſer Einſtellung der Lohnzahlung während der Dauer der Beurlaubung I erteilt wird. Es kann deshalb vielfach nur eine be⸗ 5 150 ſchränkte Anzahl von Arbeiterinnen in der wüaſchens⸗ n , wrrten Weiſe ausgebildet werden, während für die 115 NMaſſe derſelben der Mißſtand beſteht, daß fie bei Gründung ein⸗s eigenen Haushalts denſelben in ge⸗ nügender Weiſe zu führen nicht befähigt find. Ihre Königliche Hoheit die Frau Großherzogin, Höchſt⸗ welche bekanntlich den auf die haus wirtſchaftliche Ausbildung der Mädchen gerichteten Beſtrebung 'n die unausgeſetzte Aufmerkſamkeit und Sorgfalt zu⸗ wendet, hat deshalb f. Z. der Erwägung Ausdruck gegeben, ob ſich dieſe hauswirtſchaftliche Aus bildung nicht in die Zeit vor der Entlaſſung in den damit verbundenen Beginn der Fabrikarbeit verlegen und hierdurch ermoglichen laſſe, daß die Geſamtheit oder eine große Zahl der Fabrikarbeiterinnen ſoweit als irgend moglich für den künftigen Beruf als Haus⸗ frau vorgebildet wird. Die Durchführbarkeit dieſes den edelſten Empfindungen entſpeingenden Gedankens iſt durch die ſeither von verſchiedenen Frauenv'ereinen ins Leben gerufenen Kinderlochkurſe und die durch dieſelben erzielten, ſehr günſtigen Erfolge erwieſen worden und damit mit großer Befriedigung darf man von der Thatſache Kenntnis nehmen, daß auch verſchiedene ſtädtiſche Vertretungskörper mit Eifer und beſtem Gelingen die Ausführung der von hoher Stelle gegebenen vorbildlichen Anregung erſtreben. Das Verſtändnis für den unverkennbaren Nutzen der Einrichtungen für den Kochunterricht der weib ⸗ chen Schuljugend iſt Dank dem Vorgehen der Frauenvereine bereits vielfach im Lande vorhanden und hat in zahlreichen Octen ſich in ent'prechenden Einrichtungen betätigt. Voran ſteht Karlsruhe mit ſeinem für die oberſte Klaſſe eingeführten obligatori⸗ ſchen Kochunterricht nach Förſter'ſcher Methode. Es folgt Mannheim, welches den Unterricht als einen fakultativen, aber der großen Zahl der An⸗ meldungen entſprechend, in erheblichem Umfange ein ⸗ zuführen beſchloſſen hat; die bideutende Zahl der Teilnehmerinnen macht dort die Einrichtung von 4 getrennten Kochkurſen notwendig. In Freiburg wird ſchon ſeit 1889 Kochunterricht an Kinder erteilt. Ja Heidelberg, Konſtanz und Lahr finden desgleichen Kochkurſe ſtatt. In Wiesloch haben ſämtliche zu Oſtern d. J. zur Entlaſſung gekommene Mädchen Kochunterricht erhalten, in Ettlingen, Stockach, Lörrach, St. Blafien und Raſtatt nahm eine große Anzahl Kinder an den Kochkurſen teil. Aber auch in den Landorten macht ſich erfreulicher Weiſe trotz mancherlei lokaler Behinderniſſe eine wachſende An“ teilnahme an den Schulkochkurſen bemerkbar, die ſich teils in Errichtung ſolcher Kurſe, teils — wie in Ra dolfsz.ll, Todtnau, Schopfheim Emmendingen, Kenzingen, K ppenheim, Gernsbach — in der Be⸗ reitwilligkit des Vrſuchs kundabt. An manchen Orten iſt die Anſicht ausgeſprochen worden, Koch kurſe im Anſchluß an die Fortbildungsſchulen zu errichten. Nach dem bereits vorliegenden Gꝛſamtergeb⸗ nis iſt die Annahme gewiß gerechtfertigt, daß di Nützlichkeit der Erteilung des Kochunterrichts an Kinder in immer großeren Kreiſen erkannt werden und dieſe Erkenntnis, wie die „Bad. Korr.“ her⸗ vorhebt, zu einer erfreulichen Weiterentwickelung dieſer ſegensreichen Einrichtungen führen wird. Politiſches. Karlsruhe, 14. Juni. Dem Vernehmen der „Bad. Korr.“ zufolge haben die Geſetze über die zeitweiſe Steuerfreiheit von neuangelegtem Reb gelände und über den Grundſteuernachlaß bei Natur⸗ ereigniſſen nunmehr die allerhöchſte Sanktion erhalten und werden im Laufe der nächſten Tage mit den entſprechenden Vollzugsverordnungen im Geſetzes⸗ und Verordnungsblatt publizirt werden. Berlin. 12, Juni. Gegenüber der Ausſtreu⸗ ungen gewiſſer Preßorgane über die zweijährige Dienſtzeit hat ſich der Kaiſer, wie verbürgt werden darf, letzthin wiederholt ganz entſchieden gegen dieſe Neuerung ausgeſprochen und zu verſtehen gegeben, daß er nie darin willigen werde. Damit wird die mehrfach laut gewordene Behauptung wiederlegt. Die verkürzte Dienſtzeit ſei nunmehr beſchloſſene Sache. Die Abneigung des Kriegsherrn gegen dieſelbe wird übrigens ſich rem Vernehmen nach von der Mehrzahl der Commandirenden Generale getheilt, ſodaß nach Die Wallfahrt 1 Senochau 26. ö Roman von Johanna Berger. ſtarken Juchten⸗ Geruch in das köſtlich parfümirte und behaglich durchwärmte Zimmer hinein. Nachdem er ſich auf dem weichen Smyrna⸗ teppich den Schnee von den ſchweren Stiefeln ab⸗ getrampelt hatte, legte er die in Pelzfäuſtling n steckenden Finger militäriſch grüßend an den alten — Lammfellbaſchlik, den er über den ſtruppigen Kopf aun gezogen hatt⸗, ſank aber gleich darauf wie erichöpft lun in einen Fauteuil, der nahe der Thür ſtand. „Gut, daß ich Sie noch in Ly otta antreffe, Herr Graf,“ ſagte er matt, „denn ich habe Ihnen ein Kleinod zu übergeben, das vermutlich Eigentum ihrer Familie iſt. — Es kam durch Zufall in meine Hände“ — er ſeufzte — „Sie wiſſen doch, daß die Jadwiga, die hier auf dem Ebdelhofe erzogen wurde, mein Adoptibkind iſt. Ittzt iſt ſie fort, weit fott, denn das niederträchtige Menſchen⸗G'ſindel von Czenſtochau that ihr weh, ſo weh, daß ſie in purer Verzweiflung auf und davon lief. Ja, es war eine große Ungerechtigkeit von unſerer ſchwarzen Madonna, daß ſie gerade an ihrem Ehrentage dem armen Mädchen das ſchreckliche Lid wiederfahren ließ — nd das Beten wollte mr ſeitdem auch gar nicht ehe gefallen; ich haderte mit Maria, mit Gott wollte mit allem Erdenleid. Et brachte eine unangenehme Kälte und einen und allen Heiligen und zuletzt kam eine böſe Stunde über mich, wo ich den Roſenkranz in Stückeſchlug, inen Steick hervorſuchte und ein Ende machen Schon hörte ich die Engel im Himmel pfeifen, da kam die alte Maſcha angelaufen und ſchnitt den Strick zum Teufel. Sie meine ſchwere Sünde in die Seele hinein, daß ich vor Reue zuſammenknickte wie ein ſchwaches Rohr. Und gleich darauf kam auch die Strafe, denn ich wurde zeterte und jammerte laut und redete mir ſterbensktank. Nun wäte mir wirklich nichts daran gelegen geweſen, wenn das elende bischen Leben floͤten ging, und ich hätte mich gefreut, meine Bona wollt und die treue Maſcha auch nicht, pflegte mich Tag und Nacht, bis ich wieder auf die Beine kam. — Als ich geſund war, kam ein Brief von der Jadwiluſchka an. Sie erinnerte mich da⸗ rin an mein Versprechen, ihr das goldene Herz wieder zu ſchaffen, das fi? am Wallfahrtstage der Jungfrau Mara geopfert hatte.“ „Sie haben Nachricht von Jadw'ga, Pan Wytek ?“ rief Frau von Bie ska erfreut. „Wie geht es ihr? Hat ſie eine gute Unterkunft gefunden?“ „Ja, ſie hat an mich geſchrieben, das gute Kind.“ — Er ſuchte in allen Taſchen umher und hob endlich mit triumphirender Miene ein zerknittertes, beſchmutztes Papier in die Höhe; „die Jadwiga ver ⸗ gißt ihren alten Vater nicht und es geht ihr gut her. da oben wiederzuſehen, aber Gott hatte es nicht ge⸗ denn ſte obgleich ſie unter den Niemki's lebt. In Poſen, bei einer alten Wittwe, wohnt ſie und näht und plätet für die vornehmen Herrſchaften. Sie verdient ein hübſches Stück Geld, denn ſie ſchickte mir drei Rubel, damit ich mich pflegen ſoll.“ Die Stimme des alten Mannes zitterte ſtark und er fuhr mit der Hand nuch den Augen, um ein paar Thränen fort zu wiſchen, die langſam hervorquollen. „Haben Sie das Schmuckſtück zurück erhalten?“ fragte der Graf. „Ja, gnädiger Herr, und deshalb komme ich Doch leſſen Sie mich erſt ausreden Ich machte mich alſo gleich auf den Weg und kletterte den ſteilen Berg nach dem Kloſter hinauf, was mir ſauer genug wurde, denn die lange Krankheit hat mich um alle Kraft gebracht. So mußte ich denn auch beim Denkmal des Jan Grodieckt erſt eine gute Weile verſchnaufen, ehe ich mich müh kam weiter ſchl⸗ppen konnte. Oben angelangt ſtieg ich ſogleich die Leitern hinan, die zu dem Oberſtock führen, in dem ſich die Mönchzellen befiaden. Doch hier war kein einziger Pater zu ſehen und zu hören, denn ein Theil derſelben ſpazierte im Garten, andere kegelten in den Kloſterlauben, die meiſten ſaßen aber müß'g im Refektorium und langweilten ſich Sie müſſen wiſſen, Väterchen, wir haben jetzt anf unſerm Jas⸗ nagora lauter alte mürriſche und griesgrämige Prieſter. Eigentlich könnten fle ganz veranlagt. und