Ae fun e 5 Erſcheint jeben Dienztag und Freitag Abend. Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltung blatt Mk. 1.40 frei ins Hauß. Für die Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, Ladenburg. Nr. 47. Anzeigen: 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. die 1⸗ſpaltige Torpus⸗Zeile oder deren Naum Corpuszeile. Neclamen 20 Pfg. Druck und Verlag von Karl Moliter, Ladenburg. Semslag den 11. Juni Politiſches. Ladenburg, 10. Juni. Ueber das augen⸗ blicklich hervorragende Tagesereignis. die am Dienſtag in Kiel ſtattgefundene Zuſammenkunft zwiſchen dem deutſchen Kaiſer und dem Kaiſer don Rußland, liegen ſehr ausführliche Meldungen vor, welche ſämmtlich die ungemein glanzvolle äuß re Umrahm⸗ ung der Begegnung der beiden mächtigen Herrſcher bezeugen. Namentlich geſtaltete ſich der Empfang des Czaren im Kieler Hafen zu einem wirklich großar⸗ tigen und farbenprächtigen Bilde, Kaiſer Wilhelm war ſeinen erlauchten Gäſten, dem Kalſer Alexander und dem Großfürſten⸗Thronfolger Nicolaus, an Bord der Hohenzollern gefolgt, von dem Aviſo „Wacht“, am Dienſtag Vormittag 9 Uhr bis Fried⸗ richzort entgegengefahren, wo um 9 Uhr 50 Min. die ruſſiſche Kaiſeryacht „Polarſtern“, gefolgt, von den Kriegsſchiffen „Zarewna,“ und „Aarniloff“, paſſierte. Gemeinſam liefen dann die deutſchen und die ruſſiſchen Schiffe in den Kieler Hafen ein, in welchem 25 deulſche Kriegsſchiffe, in reichſtem ! Flag⸗ genſchmuck prangend, paradirten. Nachdem der Po⸗ larſtern dem königlichen Schloſſe gegenüber zwiſchen der Hohenzollern und dem deutſchen Panzerſch ffe Beswulf vor Anker gegangen war, ſtottete Kaiſer Alexander in der Uniform ſein s preußiſchen Garde⸗ Regiments dem Kaiſer Wilhelm auf der „Hohen⸗ zollern“ einen zwanzig Minuten währenden Beſuch ab, den Kaiſer Wilhelm, in der Uniſorm ſeines ruſſiſchen Infanterie⸗Regiments, alsbald an Bord des Polaſtern erwidette. Beide Male trug die Be⸗ grüßung zwiſchen den 2 Kaiſern einen ſehr herzlich / n Charakter. Gegen 12 Uhr fuhren die Maj ⸗ſtäten im blauen Kaiſerboote nach der Barbaroſſabrücke und begaben ſich von da in das Schloß wo großer Em⸗ pfang, worauf Frübſtück, ſtattfand. Det Nachmittag nalarbeiten bei Holtenau ſeitens der beiden Kaiſer, denen ſich der Großfürſt⸗Thronfolger und Prinz Heinrich von Preußen anſchloſſen, ausgefüllt. Abends 7 Uhr war Galadiner im Kieler Schloſſe. Der hier⸗ bei vom Kaiſer Wilhelm ausgebrachte Trinkſpruch lautete ungefähr: „Ich teinke auf das Wohl Sr. Majeſtät des Kaifers von Rußland, des Admirals à la suite der deutſchen Flotte. Er lebe hoch!“ Die Marinekapelle ſpielte hierauf die ruff ſche Na⸗ tionalhymne, dann erwiderte der Czar mit herzlichen Worten des Dankes für den ihm bereiteten Empfang und ſchloß mit einem Hoch auf Kaiſer Wilhelm. Abends halb 10 Uhr traten der Kaiſer Alexander und der ruſſiſche Thronfolger, nach herzlicher Verab⸗ ſchiedung von Kaiſer Wilhelm, an Bord des „Po⸗ laſtern“ die Rückfahrt nach Kopenhagen an. Die deutſchen Kriegsſcheffe gaben den Abſchiedsſalut, be⸗ leuchteten das Fahrwafſer mit den eleltriſchen Scheinwerfern und warfen Leuchtkugeln und Raketen. — Die Zuſammenkunft der zwei Kaiſer hat zahlreiche Ordensverleihungen an das gegenſeitige Gefolge zur Folge gehabt. Einerſeits zeichnete Kaiſer Wilhelm die Mitglieder der ruſſiſchen Botſchaft und die Begleitung des Czaren durch Verleihungen zahl⸗ reicher Orden aus, anderſeits geſchah dasſelbe ſei⸗ tens des Kaiſers Alenxander gegenüber der Beglei⸗ tung Kaiſer Wilhelms. U. A. erhielten Staatsſekretär v. Marſchall, Generaladjutant v. Wittich, Graf Walderſee und Geh. Rat Dr. v. Lucanus höhere rußſiſche Orden. Der Czar ſelbſt aber wurde von ſeinem kaiſerlichen Gaſtgeber durch Ernennung zum Admiral à la suite der deutſchen Flotte bemerkens⸗ werther Weiſe ausgezeichnet. So iſt denn der Gegenbeſuch des Czaren beim W 0 ſer, e et ſchon 5 05 vorher * di Wallfahrt nach Czenſtochau. Roman von Johonna Berger. Sein Herz trug keine neuen Blüthen mehr und ſeine Braut vermochte trotz ihres Li breiz's, ihrer Anmuth keine wärmere Empfindung in ihm zu w ecken, Er vermied jedes Alleinſein, jede Vertraulichkeit mit ihr, wenn er auch niemals ver⸗ ſäumte, mit vollkommenſter Aufmerkſamkeit auf ihre WMünſche zu achten und ihr mit den tauſendfachen Galanterien den Brautſtand zu verfüßen, ohne welche eine Polin demſelben gar keinen Reiz abgewinnen kann. Und Spiridia war mit Roman zufrieden, es flel ihr gar nicht ein, mehr von ihm zu verlangen. Das ruhige Freundſchaftsgefühl, welches ſie für ihn hegte und das er erwiederte, war ſehr angenehm und genügte ihr. — Und ſo war das ſonderbare Brautpaar mit ſtillem Gleichmuth vor den Trau⸗ altar getreten, als wenn niemals die Seligkeit und Wonne einer heißen Liebe und Leidenſchaft ihre Her⸗ zen berührt hätte, und der Bund für das Leben wurde geſchloſſen. Schon gleich nach der Verlobung hatte der Graf Kwilecki Schritte gethan, um die mißlichen Ver⸗ mögensverhältniſſe ſeines Schwiegerſohnes zu ordnen und aufs Beſte zu arrangiren. Schmul wurde be⸗ zahlt und erhielt den Abſchied. Ein erfahrener und zuverläſſiger Verwalter war engagirt worden, un⸗ ter deſſ n Obbut 95 Water Dewürthſchoſtung die vernachläſigten Aecker und Felder ſchon nach kurzer Zeit ein anderes Anſehen erhielten und recht gute Ernte verſprachen. Prächtige Pferde ſchöne Milchkühe, ſowie eine Menge Rinder und Kleinvieh wieherten, brüllten, blökten und grunzten in den Ställen, und das alte Herrenhaus war einige Wo⸗ werker und Künſtler, welche daſſelbe von innen und außen einer gründlichen Reparatur unterwarfen und in ganz neuem Glanze erſtehen ließen. So waren alle materiellen Sorgen und ſchein⸗ bar auch alle inneren Conflicte auf's Beſte beſeitigt und nun konnte man von der Verbindung der ein ⸗ zigen Sprößlinge zweier hochangeſehenen Familien lebhaften Wünſche erreicht. — und Frau v. Bie⸗ linska? Ach, die dicke Pani ſchwamm ſöemlich in Wonne und Entzücken. Der Traum ihres Lebens war erfüllt. Roman hatte eine reiche, vornehme Frau — und fie Confitüren aus dem Otient und Toi⸗ letten aus Paris. Was wollte ſie noch mehr? Eine Woche nach der Hochzeit des jungen Herrn v. Bielinska lag das Herrenhaus don Lygotta wieder ſtill und ruhig da, wie verſchlafen. Sämmtliche Gäſte hatten den Edelhof verlaſſen und das junge Ehepaar war nach dem Süden abge⸗ wurde im We ſentlichen durch einen Beſuch der Ca. chen lang der Tummelplatz einer Menge Bauhand⸗ nur Glück und Freude erwarten. Gräfin Antonia hatte wirklich ſehr ſchön und richtig combinirt, ſie war befriedigt. Ohne große Mühe hatte ſie ihre 1892 Inwiefern das Ereignis vielleicht beſondere politiſche Ergebniſſe zeitigen wird, das muß natürlich noch dahingeſt Ut bleiben. Immerhin iſt es bemerkenswert, daß die Petersburger Blätter die Kieler Begegnung durchaus ſympathiſch beſprechen und ſie in Uberein⸗ ſtimmung mit der deutſchen Preſſe als ein erfreu: liches Friedensz ichen charakt⸗riſtren. Zum Mindeſten aber hat der Verlauf der Zuſammenkunft dargethan, daß die gegenſeitigen perſönlichen Beziehungen zwiſchen Kaiſer Wilhelm und dem Czaren nach wie vor freundſchaftliche und herzliche find, wickelung des politiſchen Verhältniſſes zwiſchen ihren Reihen. — In Frankreich gibt ſich große Befriedigung über den ungetrübten Verlauf der Feſtlichkeiten von Nanch kund. In der That iſt bei denſelben nirgends zu einer bedenklichen Demonſtration gegen den deut⸗ f ſchen Nachbar gekommen und jedenfalls iſt es nur ganz erfreulich, daß die Revancheſchreier in Naney nicht weiter zum Wort gekommen find. Mit beſon⸗ derer Genugthuung hat die Franzoſen aber das un⸗ 1 erwartete Erſcheinen des Großfürſten Conſtantin er⸗ füllt, welcher don ſeiner Sommerfriſche Contrereville in den Vogeſen kommend, am Pfingſtmontag in der Hauptſtadt Franzöſiich⸗Lothringens auftauchte, wo das Erſcheinen des Großfütſten natürlich eine coloſ⸗ ſale Ruſſenbegeiſterung hervorrief. Großfürſt Con⸗ ſtantin batte in Nancy eine längere Unterredung mit dem Präfiden en Carnot, worauf er unter bei: geſteckten Beifallskundgebungen der Menge wieder abreiſte. Der Zweck dieſes Beſuches des Großfürſten in Nancy iſt noch nicht ganz aufgeklärt, offenbar iſt aber der Beſuch nicht ohne ſpcielle Erlaubnis des 1 1 gar in deſſen Auftrag erfolgt. — — — ͤ— — — val, 10 15 bg, e * biera. In Nizza, Monako und Montekaro, den Sammelplätzen der — —äü— reichen, polniſchen Ariſtokratie, ſollte es auf Wunſch a der Gräfin Antonia die Flitterwochen verleben. Nach all dem blendenden Sonnenſchein und der dreitägigen Sommerwärme war gleich tam über Nacht 5 g der ſtrenge nordiſche Winter in's Land gezogen. Schwarzgraue dunſtige Nebelmoſſen wälzten fich über die Fluren, die Temperatur war kalt und un⸗ behaglich und drohende Wolken zogen am Himmel hin und her, bis ſie ſich in ein unabläſſiges Schneege⸗ wirbel auflöſten, langſam auf die arme aller Schöͤn⸗ heit entkleidete Erde herniederrieſelten und ſie in ein weißes Leichentuch einhüllten. Im großen Eckzimmer des Schlößchens ſaßen die Kwilſckés und Pani Cafimira vor dem breiten Mamorkamin, in dem ein großer Berg Birkenholz loderte, der mit ſeiner flammenden und ſprühenden Glut den ganzen Raum behaglich erwärmte. Der dem Tiſche und Jaſcha, das hübſche neue Stubenmäd⸗ chen, ſervirte, mit großer Zierlichkeit den Morgen Thee. Die Edelfrau wippte im d quumen Schaukel⸗ ſtuhl gemächlich hin und her. Ihre Augen ſtrahlten vor Glück und über dem kugelrunden Geſicht lag der Ausdruck heiterer Zufriedenheit. Geäfi: Antonie blätterte in fran zöſiichen Journalen, während ihr Gatte, eine Cigarette rauchend, mit langſamen Schritten das Zimmer durchmaß. viel von ſich reden gemacht hat, nun wieder vorüber ⸗ und bierin liegt gewiß eine Bürgſchaft für die friedliche Weiterent⸗ Samowa wit dem dampfenden Gebräu ſtand auf