Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. Druck und Verlag von Karl Molitor, Ladenburg. . 4 Corpuszeile. Neclamen 20 Pfg. 1892 ten Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs⸗ W blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. 5 ö 1 NN Far die Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, Ladenburg. 2 . 0 f „ 105 Nr. 46. Mittwoch den 8. Zuni . Politiſches. Vernehmen nach werden bei der Kieler Zuſammen⸗ S delt . — Ladenburg, 7. Juni. Die diesmaligen ] kunft u. A. der deutſche Staatsſekretär des Aus⸗ tn Pen erte Kaen wit der im Laufe in Kiel] wärtigen, Freiherr v. Marſchall, der deutſche Mili⸗ 90 erfolgenden Begegnung des deutſchen Kaiſens mit dem] tärbevollmüchtigte in P tersburg, General v. Villaume mn Czaren ein Ereignis endlich gezeitigt, dem ſchon ſeit ] und der ruſſeſche Botſchafter in Berlin, Graf Schu⸗ Wochen entgegengeſehen wurde. Mit ſeinem Erſcheinen in Kiel ſtattet Kaiſer Alexander III. dem deutſchen Kaiſer ſeinen Gegenbeſuch für den Biſuch Kaiſer Wilhelms in Narwa ab und es trägt demnach das Ereignis zunächſt den Charakter eines Hoͤflechkeits⸗ aktes, der von dem Czaren füglich nicht länger mehr hinausgeſchoben werden konnte. Inwieweit die Kieler Begegnung zwiſchen den Herrſchen Deutſchlands und Rußlands auch eine weitergehende politiſche Bedeu⸗ tung beanſpeuchen darf, muß felbſtverſtändlich noch abgewartet werden, doch weird man gut thun, nicht allzugroße Hoffnungen auf ſie zu ſetzen. Es mag itt) da hieran erinnert werden, daß von dem Antritts⸗ en l beſuche Kaiſer Wilhelms in Petersburg wie von der 15 Etwiderung desſelben ſeitens des Czaren in Berlin 2 allgemein eine Wiederannäherung zwiſchen Deutſch⸗ nd und Rußland erwartet wurde, die aber ſchließ⸗ lich doch nicht eintrat, und ebenſowenig hatte die Zuſammenkunft beider Herrſcher in Narwa ein ſolches rgebnis zur Folge. Ob nunmehr die Kieler Be⸗ gegnung wieder eine freundlichere Geſtaltung der waloff, beiwohnen. Unmittelbar nach dem Zuſammentreffen zwiſchen Kaiſer Wilhelm und dem Czaren wird nun der ebenfalls ſchon längſt ang⸗kündigle Beſuch des italieniſchen Königspaares in Potsdam ſtattfiaden. Allerdings hieß es doch in den letzten Tagen, König Humbert habe die Reiſe nach Deutſchland im Hinblick auf die unſich te parlamentariſche Lage in Italien verſchoben in den Berliner Hofkreiſen iſt von einem ſolchen Reiſe⸗Aufſchub nichts bekannt, ma ſieht daſelbſt vielmehr dem Eintreffen der italieniſchen Mojeſtäten für dieſen Mittwoch oder längſtens Donnerſtag entgegen. Mit herzlicher Freude begrüßt man im ganzen deutſchen Vaterlande den bevor⸗ ſtehenden Beſuch des italien ſchen Herrſcherpaares, er bekundet nicht nur erneut die Intimität der Be⸗ ziehungen zwiſchen den erlauchten Herrſcherhäuſern Hohenzollern und Savoyen, ſondern er zeigt auch vor aller Welt erneut die unerſchütterliche Fortdauer verhältniſſes, welch 's ſo ſichtlich zur Aufrechterhal⸗ deutſch-ruſſiſchen Beziehungen nach ſich ziehen wird, uß darum einſtweilen noch dahingeſtellt bleiben, wenngleich eine ſolche Wendung nur aufrichtig zu wünſchen wäre. Jedenfalls bleibt die Kieler Zuſam⸗ ſelbſt wenn ſie keine beſonderen politiſchen Früchte zeitigen ſollte, immerhin ein erfreuliches Zeichen für die gegenwärtige friedliche Weltlage und unter dieſem Geſichtspunkte betrachtet, darf ſie gewiß auf die Sympathien aller Friedensfreunde rechnen. — Dem Die Wallfahrt nach Czenſtochau. 24. Roman von Johanna Berger. i Auf dem Edelhofe herrſchte an dieſem Tage ein geſchäftiges Haſten und Treiben und das Schlöß⸗ chen hatte ſeinen beſten Sonntagsſtaat angelegt. Die Mauern waren bis zur Dachfirſt hinauf mit Tannen⸗ grün und Guirlanden geſchmückt, um die Ver anda ſchmiegte ſich das grüne Gezweig des Epheus und die Fenſter hatte man mit Vogelbeeren umktränzt, welche wie rote Korallen in die Ferne leuchteten. Vor dem Portal ſtreckten ſich ein Paar hohe, mit Blumengewinden geſchmückte Flag genſtangen in die Luft, — luſtig flatterten die rot⸗weißen Fahnen im Winde. Schon früh am Nachmittage ſtrahlte das Herrn⸗ haus in hellem Lichterglanz, und in dem geräu⸗ migen Geſellſchaftsſaale verſammelten ſich gegen Abend eine große Anzahl von Herren und Damen, um dem Hochzeitsfeſte des jungen Herrn v. Bielinski beizuwohnen. . Aber auch ungeladene Gäſte fanden ſich in großer Menge ein. Draußen im Garten auf dem breiten Raſenplatz ſtanden ſie Kopf an Kopf und erwarteten den Hochzeitszug, wenn er zur Kirche fuhr, um ihn neugierig anzuſtaunen. Nach der Trauung wurden die Leute auf's Reichlichſte be⸗ wirtet. Pavel und Michalina gingen mit großen — fol K 160 kunft zwiſchen dem deutſchen Kaiſer und dem Tzaren 9 — — tung des europäischen Friedens beiträgt. Ueber die Dauer des Aufenthaltes des Königs Humbert und der Königin Margareta am Berliner Hofe iſt noch nichts Näheres bekannt. Karlsruhe, 2. Juni. In heutiger Sitzung der zweiten Kammer wird die Beratung des Berichts der Kommiſſton über den Antrag des Abg. Muſer u. Gen., die ſtaatliche Entſchädigung außer Verfol⸗ gung geſetzter Angeſchuldigter und freigeſprochener Angeklagter betr., fortgeſeßt. Die Regierung erklärt Tabletts umher und teillen Brantwein, Bier, Wurſt, Kuchen und andere Speiſen unter ſie aus, denn ſo erforderte es der Brauch bel einer polniſchen Hoch⸗ zeitsfeier. Es gibt dann eine Gaſtfreundſchaft ohne Grenzen. Später kamen einige Muſikanten mit Fiedela und Dudelſäcken herbei, die alsbald zum Tanz auf⸗ ſpielen. Und im Nu hatte ſich ein wilder Mazurek entwicklt. Die Männer ſtampften nach dem Takte der Mufik mit den Füßen und ſprongen mit ihren Tänzerinnen johlend in die Luft empor und ſchwenkten fie in wirbelnden Kreiſen herum, bis ihnen faſt der Denn dieſer Nationaltanz der Athem verging. Polen nimmt, je länger er dauert, ein immer leiden ⸗ ſchaſtlicheres und ſtürmiſcheres Tempo an und endet mit den keckſten Sp üngen. Und dem Mazurek folgte der Krakowiak, wobei ſich Groß und Klein an den Händen faßte und ſich unter lautem Jauch ⸗ zen und Schreien wie toll untereinander drehte. Es war ein gewaltiger Lärm hier draußen, da⸗ bei wurde nach Kräften gegeſſen und gezecht. Mit begeiſterten Hochrufen trank man unzählige Male die Geſundheit des jungen Paares — unglaublich viel Schnops wurde dabei vertilgt. Die denkbar größte Freude gab ſich aber in dem begeiſterten Ab⸗ fingen alter Nationallieder kund, die ein junger Burſche mit der Quitarre begleitete. Aber auch in den feſtlich geſchmückten Sälen des Schlößchens, aus welchen dem Eintretenden ein die jungen Edelleute dabei das volle Feuer, die den Gemeindebeamten für gewiſſe zu ihren Dienſt⸗ des deutſch⸗italieniſchen Bündniß⸗ und Freundſchafts⸗ wahrer Lichtſtrom entgegenfluthete, ſpielte ſich ein natürlich ſehr ſtark gezecht und der feurige Ungar⸗ zu dem Antrag, daß eine reichsgeſetzliche Regelun das Beſte ſei; doch werde die Regierung gegebenen Falls einer landesgeſetzlichen Regelung nicht auswei⸗ chen. Materiell ſei die Frage längſt geiöſt, da un⸗ ſchuldig Verurteilte auf adminiſtrativ m Wege ent⸗ ſchädigt würden. Wenn das Reichsjuſtizamt nicht widerspreche, werde die Regierung dem nächſten Land⸗ tag einen dorauf bezüglichen Entwurf vorlegen. An der Debatte beteiligen ſich de Abgg. Muſer Baſſer⸗ mann, Kiefer, Gerber u. A. Bei der Abſtimmung wird der Antrag Muſer u. Gen., die Kammer wolle beſchließen: Die großh. Regierung ſei um Vor lage eines Geſetzentwurſes zu erſuchen, durch welchen die ſtaatliche Entſchädigung freigeſprochener oder außer Verfolgung geſitzter Ange ſchuldigter und Wiederauf⸗ nahmeverfahren freigeſprochener Verurteilter für den durch die erbüßte Unterſuchungs⸗, bezw. Strafhaft erwachſenen Schaden geregelt wird, einſtimmig an⸗ genommen. — Karlsruhe, 4. Juni. In der Zweiten Kammer iſt kürzlich ein vom Abgeordneten Straub eingebrachter Antrag beraten worden, nach welchem aufgaben gehörige Geſchäfte beſondere Vergütungen aus der Staatskaſſe g⸗leiſtet werden ſollen. Der An⸗ trag wurde bekanntlich von der Mehrheit der Zweiten Kammer angenommen. Von Seiten der Großh. Regierung hatte Herr Staatsrat Eiſenlohr für den Fall der Annahme des Antrags zwar eine Prüfung der Angelegenheit zugeſagt, gleichzeitig aber die mancherlei und ſchwerwiegenden Bedenken hervorge⸗ hoben die gegen ein Vorg hen auf dem vom Abg. Strauch empfohlenen Wege sprechen müßten. Wenn zu dieſer Haltung des Herrn Präftdenten des Miniſteriums des Janern der Herr Abg. Gönner im Laufe der Diskuſſion bemerkte, aus den Worten Stück echt polniſchen Lebens ab. Alle Räume waren glänzend renovirt und zeugten von Schönheitsfinn und künſtleriſchem Verſtändniß. Haute verwandelte ſie außerdem eine Fülle der herrlichſten Blumen, welche die Luft mit würzigem Wohlgeruch erfüllte, in einen köſtlichen Garten. In der Mitte des großen Speiſeſaales ſtand die mit faſt königlicher Pracht geſchmückte Hochzeits⸗ tafel. Das mit feiner Auswahl zuſammengeſtellte Mahl wurde auf ſchweren filbernen Schüſſeln und Tellern ſervirt, deren alterthümliche Pracht und Schönheit das Auge blendete. Die Gäſte, weiche ſorgſam aus den vornehmſten Adelsfamilien des Landes gewählt waren begrüßten ſich mit ungemeiner Liebenswürdig⸗ keit. Sie küßten ſich die Wangen, die Schultern und Hände ſie machten ſich Complimente und überboten ſich in höflichen Redensarten und lebhaften Freund⸗ ſchaſtsverſicherungen. Zur Feier des Tages wurde und Burgunderwein erhitzte die Köpfe. Man lachte und ſchwotzte, ſang und jubelte — weinte, zankte, erzürnte ſich, um ſich in der folgenden Minute wiese der zu verſöhnen, zu hetzen und zu küſſen, — kurz, man gab ſich mit vollter Seele dem Genuſſe des Augenblicks hia. 5 Die Glorie des Feſtes war aber der Tanz, da zeigte ſich Alles von der glänzendſten Seite. Während