knburg Allgemeiner Anzeiger 725 blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. Für die Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, Ladenburg. Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs⸗ Anzeigen: die 1⸗ſpaltige Corpus⸗Zelle oder deren Raum 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. Corpuszeile. Neclamen 20 Pfg. Druck und Verlag von Karl Moliter, Ladenburg. Samstag den 4. Zuni ——ů—ů Volitiſches. Ladenburg, 2. Juni. In auszeichnendſter find die Königin⸗Regentin Emma der Nieder⸗ Tochter, die jugendliche Königin Welse lande und ihre Wilhelmine, bei ihrem Gegenbeſuche am deutſchen Kaiſerhofe daſelbſt aufgenommen worden, ein Em⸗ pfang, der in den Niederlanden ſicherlich nur den angenehmſten Eindruck machen wird. der Beſuch der Niederländiſchen Maj⸗ſtäten beim ung befindet. Aber das Ereignis bringt doch das mit dem Beſuche Kaiſer Wilhelms und ſeiner Ge⸗ mahlin in Amſterdam und in Haag vom vorigen Sommer eingeleitete herzlichere Verhältnis zwiſchen dem deutſchen R iche und Holland erneut vor aller Welt zur Geltung und ſo kann denn das Erſcheinen der erlauchten holländiſchen Gäſte in Potsdam mit gutem Grund als ein weiteres Unterpfand für die ungetrübte Fortdauer der nunmehrigen freundſchaft⸗ lichen Beziehungen zwiſchen den beiden Nachbarlän⸗ dern begrüßt werden. — Die Königin⸗Regentin Emma wohnte am Dienſteg Vormittag der Frübjahrsparade der Ber⸗ liner Garniſon auf dem Tempelhofer Felde bei Berlin bei, das mllitäriſche Schauſpiel nahm auch diesmal einen überaus glänzenden Verlauf. Beim Porademarſch der aufgeſtellten Truppen führte der Kaiſer das 4. Garde⸗R'giment z. F. bei der Koͤni⸗ gin⸗Regentin vorbei und ernannte er alsbald die hohe Frau zum Chef dieſes Elite⸗Regiments. Nach der Heimkehr von der Parade erwies der Kaiſer auch der im Betliner Reſidenzſchloſſe zurückgebliebenen Königin Wilhelmine eine militäriſche Aufmerkfamkeit, Die Wallfahrt nach Czenſtochau. Roman von Johanna Berger. Eine namenloſe Angſt zitterte durch ih Ge⸗ müth und ein Krampf ſchnütte ihr die Bruſt zuſam⸗ men. der, das Bewußtſein, mit ihrer Schwäche: Roman's Unglück zu b ſiegeln, verlieh iht den Muth, ſeiner Liebe und den berauſchenden Bildern zu entſagen. Roman bemerkte ihr Schwanken, ihr Ringen. J de Regung ihres Herzens prägte fich im ſchnellſten Wechſel auf den lieblichen Zügen aus. Er zog ſie ſanft an ſich heran und küßte ihre Hände. „Du kleine Thörin,“ ſagte er mit bewegter Stimme, „da ſtehſt Du nun da und grübelſt und überlegſt und machſt uns ſchließlich Buide unglücklich damit. Siehſt Du es denn gar nicht ein, daß wir zuſammen ge⸗ hören und uns nicht trennen dürfen bis in alle Ewigkeit hinein? Blicke doch nicht ſo ſtarr, Jad⸗ wiluſchka, weine nicht, ſei heiter. Ich küſſe Dir die Thänen von den füßen Blauaugen.“ Seine Stimme ſank zu einem G flüſter herab. „Du meine Freude, meine Wonne, darf ich auch Deinen Purpur⸗ mund küſſen? — Holdes Lieb, darf ich, erlaubſt Du es mir ?“ ö „Sie dücfen mich nicht küſſen, Pan Roman,“ etwiederte ſie rauh. „Ich bin ncht Ihre Braut und will es niemals werden!“ Doch nach einiger Z it ermannte ſte ſich wie⸗ Gewiß weiſt indem er der kleinen Majeſtät im Luſtgarten die Fahnenkompagnie vorführte, am Abend des Parade⸗ tages fand in Potsdam zu Ehren der holländiſchen Königinnen großer Zapfenſtreich ſämmtlicher Regl⸗ mentskapellen des Gardekorps ſtatt, bei welchem u. A. die holländiſche Nationalhymne und das Oranie⸗ lied geſpielt wurden. Am Mittwoch Vormittag wohnten die niederländiſchen Herrſchaften der Früh ⸗ Jjahrsparade der Potsdamer Garniſon bei. Am Don⸗ deutſchen Kaiſerpaare keinen beſonderen politiſchen Hintergrund auf, was ſchon äußerlich daraus erhellt, daß ſich in dem zahlreichen Gefolge der beiden Koͤniginnen kein Vettreter der holländiſchen Regier⸗ loren vor ſich nieder. ſtehen. nerstag reiſten ſte wieder von Potsdam ab, um ſich zunächſt nach Hannef am Rhein zu begeben. Karlsruhe, 3. Jun. Die Entwickelung des Zwangserzi hungsw ſens für verwahrloſte Kin⸗ der in Baden zieht auch die Aufmerkſamkeit aus⸗ ländiſcher Kreiſe auf ſich. In jüngſter Zeit hat der „Bad. Korr.“ zufolge der auf einer Studienreiſe in Deutſchland begreffene Profeſſor der Rechte Herr Joly von Paris eine Reihe badiſcher Aſyle und Rettungsanſtalten beſucht. Karlsruhe, 3. Juni. Die Königl. Preußi⸗ ſchen Miniſter des Innern, der geiſtlichen, Unterrichts⸗ und Me dizinalangelegenheiten, füc Landwirtſchaft, Handel und Gewerbe haben gemeinſam eine Verord⸗ nung erlaſſen, welche den Verkauf von perlſüchtigem Rindvieh für den allgemeinen Nahrungsverbrauch unter Aufhebung früherer Beſtimmungen neu regelt. Darnach iſt das Fieiſch eines perlſüchtigen Tieres für genießbar (nicht geſundheitsſchädlich) zu halten, wenn das Tier gut genährt iſt und 1. die Perl⸗ nur 146 zum Verkaufe nicht zugelaſſen worden. knoten ausſchließlich in einem Organ vorgefunden werden oder 2. falls 2 oder mehrere Oegane daran erkrankt find, dieſe Organe in derſelben Koͤperhöhle liegen und mit einander direkt oder durch Lymph⸗ gefäße oder durch ſolche Blutgefäße verbunden find, welche nicht dem großen Kreislauf, ſondern dem Lungen⸗ oder Pfortaderkreislauf angehören. Dieſe Und nun riß ſie ſich von ihm los und blieb hochaufathmend ein paar Schritte entfernt von ihm „Ach Pan Roman, ſeien Sie barmherzig, quälen Sie mich nicht ſo,“ rief ſie herzzerreitzend aus. nicht werden, laſſen Sie mich gehen.“ Roman hörte ſie an wie zerſchmettert, in ſeinen und beängſtigend legte fich troſtloſe Verzwe flung auf ſein warmes Herz und das warme Blut in den Adern wollte ſtocken. „Du haſt mich alſo nicht lieb, — gar nicht lieb,“ ſtotterte er mit heiſerer Stimme. Jadwiga's bleiches Antlitz wurde noch bleicher, wie das einer Sterbenden, ſie ſtarrte ſchmerzver⸗ Ach, ſie durfte ja nicht an ſein Herz ſinken und ihm ſagen: Ich liebe Dich tauſend Mol, mehr wie Du denkſt und weit über Menſchen⸗ worte hinaus, aber weil ich Dich ſo ſehr liebe, will ich Dir entſagen. Sie mußte ſchweigen, ſie mußte das Richte thun. Sie that noch mehr: ſie wendete langſam den Kopf von ihm weg und ſprach mit feſter Stimme die Lüge aus: „Nein, Pan Roman, ich liebe Sie nicht, ich würde Sie niemals lieben lernen!“ Sein Geſicht verzerrte ſich, eine Feuergluth flammte jäh darüber hin, er bedeckte raſch mit der Hand die Stirn und athmete mühſam. Minute um Minute verrann. Der Wind „Ich kann, ich darf Ihre Braut, Ihr Weib Verfügung hat den Vorſtand der Karlsruher Metz⸗ gergenoſſenſchaft veranlaßt, in einer an das Großh. Mmiſterium des Innern gerichtete Eingabe die Bitte auszuſprechen, dasſelbe wolle die Dienſtweiſung für Fleiſchbeſchauer in einem der Verfügung der Königl. Preußiſchen Miniſterien entſprechenden Sinne ändern Die Karlsruher Metzgergenoſſenſchaft geht hierbei von der Vorausſetzung aus, daß im Großherzogthum grundſätzlich das Fleiſch von perlſüchtigen Tieren als nicht bankwürdig erklärt und dadurch den Metzgern ein materieller Nachteil auch dort zugefügt werde, wo er nicht durch ſanitäre Umſtände unab⸗ weislich g boten ſi. Die Miß n immung über dieſe angebliche Benachteiligung der Intereſſen der Metzger kam auch in einem Teile der Preſſe zum Ausdruck, wo gar behauptet wurde, daß „in Baden ein ge⸗ ringfügiger Prozentſatz genüge, um ſelbſt das beſte Fleiſch der wertvollſten Tiere auf die Freibank zu bringen und daß dadurch das Vermözen unſerer Landwirte jährlich um Hunderttauſende geſchädigt werde.“ Wie wenig begründet eine ſolche Behaupk⸗ ung iſt, geht aus folgenden Mitteilungen der Bad. Korr. hervor. Nach den von den Fleiſchbeſchauern aus dem ganzen Großherzogthum für das Jahr 1891 in Karlsruhe eingegangenen ſtatiſtiſchen Mit⸗ teilungen find im vorigen Jahre von 1735 als perlſücht g erkannten Tieren 796 ganz unbranſtandet in den freien Verkehr gebracht, 575 der Freibank überwieſen, alſo ebenfalls für genießbar erklärt und Bedenkt man, daß ſomit von den perlſüchtigen Tieren kaum ein Zehntel als nicht genießbar erklärt worden iſt, ſo erhellt ſchon aus dieſer Thatſache, daß es ſich nur um einen geringen, durch die un⸗ abweisbare Rückſicht auf den öffentlichen Geſund heitszuſtand entſtandenen Schaden handeln kann. —— — — — —— rauſchte ſtärker durch die Baumwipfel, immer näher krochen die greuen, feuchten Nebel heran, modriger, todtenhafter Erdgeruch ſtieg in die Lüfte. Das bleiche Mondenlicht zuckte geſpenſterhaft auf den Gräbern hin und her und der düſtren Capellen⸗ wand mit den dicken, grobe getünchten Ornamenten. f Und dann huſchte ein breiter, kalter Strahl über dunklen Wimmern ſchimmerte es naß. Denn ſchwer zwei ſtumm und regungslos ſich gegenüber ſtehende Menſchenkinder, die fich mit von Schmerz durch⸗ wühlten leichenblaſſen Gefichtern in die trockenen, brennenden Augen ſtarrlen, weil ſie fich nicht lieben durften und weil ſie wußten, daß nun Alles für ſie zu Ende war — alles Glück, alle Freude und alle Seligkeit. Ja, Roman wußte es nun, in Jadwiga's blauen Augen ſtand Alles geſchrieben und ein altes einfaches Lied tönte plötzlich wie ein ſanftes Flüſtern in ſeine verzweifelnde Seele hinein: Ueber den Sternen wird klar es einſt werden Wie ich gehandelt und wie ich gedacht, Was ich eg litten, geopfert auf Erden. — — Ueber den Sternen verſchwindet die Täuschung, Dort ſiehſt Du Alles enträthſelt, enthüllt. Dir iſt hinieden nun Ruhe beſchieden, Welche kein ſtörender Mißlaut entwecht. Und in Dein Herz zieht ewiger Frieden, Mit mir iſt nur Unruh Sorgen und Streit. Ein tiefer Seufzer entcang ſich ſeiner Beuſt. Ja, das zarte, ſchache Mädchen dort lehrte ihn die