blatt Mk. 1.40 frei ins Haug. Für die Redaktion verantwortlich: Karl Molitar, preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs Ladenburg. Anzeigen: die 1⸗ſpaltige Corpus- Zelle oder deren Naum 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. Druck und Verlag von Rarl Moliter, Ladenburg. r — ——— Corpuszeile. Neclamen 20 Pfg. — 1892 nun 1 Folitiſches. N Karlsruhe, 13. Maj. Die zweite Kammer verhandelte heute die Anträge Muſer und Gen. betr. 0 Einführung des direkten Wahlrechts für die Land⸗ tagswahlen. Hiebei kamen zunächſt die Abgeordnelen Num Muſer (Dem.) und Birkenmaher (Zentr.) als die N Vertreter der weitgehendſten Anträge zum Wort und 1 ſptechen zuſammen gegen 1½ Stunden. Beide — bemühen ſich, das direkte Wahlſyſt m als ein unab⸗ weisbares gerechtes Verlangen des Volkes hinzuſtellen, zu dem ſich früher die liberale Partei rückhaltlos bekannt habe. Staatsminiſter Turban lehnte namens der Regierung die Einführung des direkten Wahl⸗ rechts entſchieden ab. Um 2½% Uhr wurde die Sißung auf morgen vertagt. J. FE Karlsruhe, 15. Mai. Die zweite Kammer D bat nach lebhaften Erörterungen den Vermittlungs⸗ öh Antrag von Muſer und Genoſſen, welcher ſich für be Einführung des direkten Wahlrechts ausſpricht und gleichzeitig eine Geſamtrev ſion der Verfaſſung will, Lan angenommen und alle andern, weitergehenden An⸗ — träge abgelehnt. f ala Stettin, 15. Mai. Der Kaſer und die Mme Kaiſerin begaben ſich heute Vorm tlag 10 Uhr auf den Kaſernenhof des 1. pommerſchen Feldartillerie⸗ regiments No. 2, wo ein feierlicher Gottesdienſt ſtattfand, an dem das Grenadierregiment König Friedrich Wilhelm IV. (1. pommerſches Nr. 2. das 1. pommer'ſche Feldart llerieregiment No. 2, das Piomerbataillon Nr. 17, ſowie das hierher befohlene At walth 33 Klraſſterregiment Königin (pommerſches Nr. 2) teil⸗ — —— nahmen. Nach dem Schlußgebet befahl der Kaiſer II einen 2maligen Vorbeimarſch der Truppen und berief 1 die höheren Offiziere zu fich, bei dinen er ſich in 4 10 herzlichſter Weiſe verabſchiedete, um 12 Uhr reiſte . die Kaſerin nach Pots dam ab, 4 Minuten ſpäter — 1 0 Die Wallfahrt nach Czenſtochau. 11% 1 19 Roman von Johanna Berger. 1 Sie blickte beſorgt auf ihn hin. „Jeſus, Pan Roman,“ ſagte ſie, „wie ſehen Sie aus, Sie find kenden“ platſchnaß wie ein Fiſch. Kommen Sie raſch in blunt die Stube herein, es zieht hier im Flur und Sie e erlͤlten fich!“ . 5 Er nickte zerſtreut, aber antwortete nicht. Lang⸗ 1 0 ſam ſchritt er an ihr vorüber in's Treppenhaus. 15 1 Die alte Köchin trippelte plaudernd neben ihm ban 1% ber. „Die Herrſchaften haben eine Weile mit dem a e % Diner auf Sie gewartet, Pan Roman! Sie waren 10 todtmüde, als ſie heimkamen, und ganz verſtäubt 1h und abgeſpannt. Na, und die gnädige Frau, die b 601. fſah gerade aus, als wolle der Schlag ſie rühren, 1 , ſo puterrot war ſie und ſo verärgert. Jetzt liegen „ e Alle auf ihren Kanapees und ſchlafen wie die ben, Murmein. — Möchten Sie nicht ein Bischen eſſen, 1 904 an Roman? Ich habe Ihnen Ihr Lieblingsgericht 6% N00 arm geſt lit, Schleie mit Petetfilie und Butter. Ich ll in die Küche ſpriugen und Ihnen das Eſſen chnell auftiſchen!“ „Meinetw⸗gen“, klang es gleichgültig zurück. it N. Die Alte nickte erfreut und trippelte hinaus. 0 997 5 Roman trat in den Familienſalon zog einen 1 Seſſel an's Fenſter und ſank hinein. Er ſtrich mechanisch mit der Hand über ſein feuchtes Haar trat der Kaiſer in Begleitung der Miniſter v. Heyden, Herrfurth, v. Kaltenborn⸗Stachau und des Staats⸗ ſekretärs v. Malzahn die Reiſe nach Danzig an. — Danzig, 15. Mai. Der Kaiſer traf um 6 Uhr 20 Min. mittelſt Sonderzugs hier ein und wurde auf der Schichau'ſchen Werft empfangen von dem kommandirenden General des 17. Armee⸗ korps, Lentze, und dem Oberpräftdenten v. Goßler. Der Kaiſer beſichtigte den im Bau befindlichen Kreuzer und die Korvette J, wobei Se. Majeſtät von den Arbeitern mit Hurrah empfangen wurde. Der Kaiſer nahm ſpäter das Eſſen auf der vor der Werft liegenden Hohenzollern ein. Berlin, 15. Mai. Nach der „Freiſ. Ztg.“ wird man mit einem Defizit von 40 Millionen Mark in Preußen pro 1891/92 zu rechnen haben. — Die zweijährige Dienſtzeit bewährt ſich. Bei Be⸗ ſichtigung des vierten Garde⸗Regiments zu Fuß in Spandau durch den Kaiſer gelangte auch das erſte Bataillon zur Beſichtigung, welches probeweiſe nach Maßgabe der zweijährigen Dienſtzeit ſeit dem Her ſte vorigen Jahres formirt iſt, alſo k-inen Dreijährigen in ſeinen Reihen zählt. Wie mehrfach verlautet, hat ſich die neue Formation bei den Exerzitien und der Gefechtsübung „vortrefflich bewährt.“ Verſchiedenes. * Ladenburg, 15. Mai. Heute Nachmittag fand auf Einladung des demokratiſch⸗freifinnigen Volksvereins dahier eine öffentliche Volksverſammlung ſtatt, in welcher Herr Landtagsabgeordneter Muſer von Offenburg einen Vortrag hielt, über die Be⸗ ſtrebungen der demokratiſch⸗freifinnigen Partei und die politiſche Lage. Der bewährte Redner und Führer der demokr. Partel in Baden ſprach, troz den in den letzten und ſah in den ſtillen Garten hinaus, auf welchen ohne Uaterlaß der R'gen herabplätſcherte. Im Hauſe war es ſtill, wie verödet, man hörte dabei herrſchte eine gewitterhaft ſchwüle Luft darin, wie draußen in der Natur. Roman fühlte ſich ermüdet; er lehnte den ſchmerzenden Kopf zurück und ſchloß die Augen. Er keinen Laut, war ſtundenlang im glühenden Sonnenbrande über ganzer Seele an ſeiner Seite ſtehen und ſein Schick⸗ ſal muthig mit ihm theilen. — — unter den tropfenden Foͤhren geraſtet und da war und dann im er am Waldſaume die Felder und Fluren geritte ſtrömenden Regen. Später hat Ruhe über ihn gekommen. Und als das feierliche Glockengeläut vom Jasnagora über die weite Land⸗ ſchaft zog und mit ſanftem Hall zu ihm herüber⸗ ſchwebte, da hatte er den Hut vom Kopfe genommen, die Hände darüber gefaltet und ſeine Lippen hatten ein inbrünſtiges, aber gar wunderliches Gebet ge⸗ ſtammelt — ein ſtilles Gelöbniß. ö Denn nach langem und ſchwerem Kampfe wa es endlich zur Klarheit in ſeinem Innern gekommen. Die Zweifel, Bedenken Erwägungen waren geſchwunden und die Liebe hatte den Sieg errungen. Mochten auch ſeine Standesgenoſſen hoͤhniſch die Achſeln über ihn zucken und die Mutter zürnen und ſchelten, er wollte von nun an die Geliebte auf den Platz ſtellen, der ihr gebührte — auf den fie ein heiliges Recht hatte durch ſeine große, Alles überwindende Liebe. ewig. Mehr wie je war es ihm heute in den Tagen in der bad. 2. Kammer ſtattgehabten anſtren⸗ genden Debatten über eine Stunde in ſeiner über⸗ zeugenden, nie provocirenden Weiſe und wurden ſeine Ausführungen mit großem Beifalle und häufigen Bravorufen aufgenommen. Beſonders freudig wurde die Mitteilung ent⸗ gegengenommen, daß in der zweiten Kammer geſtern der Antrag auf Einführung der directen Wahlen mit großer Mehrheit angenommen worden ſei. Emer mehrfachen Aufforderung, daß auch Vertreter anderer Parteien das Wort ergreifen mochten, wurde keine Folge gegeben. Herr Landtags abgeordneter Eder, der Vertreter unſeres Bezirkes, erklärte dann auch noch, daß die demokratiſch⸗freifinnigen Abgeordneten nicht ermüden würden und ſtets die Wünſche des Volkes zu ver⸗ teidigen bereit ſeien. Der Vorſtand des Volksvereins dankte den Anweſenden für ihr ſo zahlreiches Erſcheinen und ſprach den Wunſch aus, daß die heutige Verſamm⸗ lung dazu beitragen möge, die freifinnigen Elemente zu einigen und daß ſich beſonders die umliegenden Orten dem hieſtigen Vereine anſchließen möchten, bis ſie ſelbſt in der Lage wären Volksvereine zu gründen. Nur durch eine einheitliche Organiſation ſei es möglich dei vorkommenden Wahlen Reſultate zu erzielen. Es wurde alsdann folgende Reſolution faſt einſtimmig ang nommen: Die heute in Ladenburg tagende zahlreich be⸗ ſuchte Verſammlung drückt den Abgeordneten der d mokratiſch⸗freifinnigen Fraction des Landtages die vollſtändige Uebereinſtimmung mit ihrer bisherigen Haltung und ganz beſonders in den Debatten über die direkten Wahlen und den Dank für ihr conſe⸗ langen einſamen Stunden klar geworden, daß für ihn die Welt todt und leer war ohne ſie. Und er wollte kein Feigling mehr ſein, um ihretwillen wollte er tapfer einem arbeits⸗ und ſorgenvollen Leben ent- gegengehen und lieder mit Armut und Demütigung kämpfen, als Reichtum, Ehre und Wohlleben mit einer Anderen genießen. Und fie, Jadwiga, das warmherzige, thatkräftige Mädchen würde ſicher mit Minute nach Minute verrann. Es hatte mit Regnen aufgehört und leichte graue Abenddämmer⸗ ung brach herein. Ueber Roman war ein ſonder⸗ barer Zuſtand gekommen, ein fi⸗berbaftes Schlum⸗ mern und Träumen. — Auch ſeine Hände bewegten ſich in unruhiger, nervöſer Haſt. Trotz eines un⸗ ſäglichen Glücksgefühls in ſeinem Herzen, legte fich die Ahnung kommenden Unheils beüngſtigend und lähmend auf ſein Hirn und bedrängte ihm die Bruſt wie ein ſchwerer Alp. Ein Geräuſch an der Thür rüttelte ihn auf. Mechalina kam in's Zimmer. Sie krug eine Platte mit Tellern und Schüfſſeln. Pavel folgte ihr mit einer Flaſche Wein. a „Nun eſſen und trinken Sie, Pan Roman,“ bat ſie. „Sehen Sie, die Fiche dampfen und vom R hbraten habe ich auch ein ſaftiges Stückchen auf ⸗ Jadwiga gehörte zu ihm — unzertrennbar — auf gewärmk!“ Pavel hatte den Salon wieder verlaſſen.