Herr Stadtrat Hirſchborn bel der Besprechung der Ausgaben des Kreiſes zur Poſitſon „Unterrichts⸗ zweck“ einen Gegenſtand zur Sproche, der auch in anderen Teilen des Landes Aufmerkſamkeit erwecken dürfte; es iſt die Schoffung don Volksbibliotheken auf dem Lande. Der Antragſt⸗llee wünſcht, daß der Kreis durch Zuſchüſſe die Bildung von Volks⸗ bibliotbeken unterſtützen möchte, da neben der Für⸗ ſorge für die Pflege praktiſcher Kenntniſſe, wie einer⸗ ſeits der Landwirtſchaft und anderſeits weiblicher Handarbeiten, die Förderung geiſtiger Inkereſſen ein beachtenswertes Arbeitsfeld für die Kreisverſammlung bieten könnte. Der Redner führte an, es ſeien ibm aus Lehrerkreiſen auf dem Lande Mitteilungen ge⸗ worden, daß die wenigen Bücher, welche im Befftze der Dorfſchulen find, ſehr ſtark von den Rindern verlangt und dann meiſtens von den Eltern ſelbſt geleſen würden. Es iſt zweif⸗los, daß unsere in ihrem Bildungsbedürfnis wachſende bäuerliche Be⸗ völkerung die Gelegenbeit, gute Bücher unentgeltlich entleiben zu können, reichlich benützen würde. Mit Recht bob der Antragſteller hervor, daß augenblick⸗ lich neben der Kolportaa⸗⸗Lit⸗ratur von Schauer⸗ romanen ſich ſozjaldemokratiſche Z⸗itungen und Bro⸗ ſchüren auf dem Lande immer mehr breit machen; würde nun unterloſſen, auch andere Geiſtesnahrung leicht zugänglich zu machen, ſo dürfe man ſich nicht wundern, daß ſchli⸗ßlich Th⸗orſen in Gemeinden Plotz greifen, die denſelben bis r verſchloſſen waren. Der Antrag wurde der „Bad. Korr.“ zufolge von ſeiten des Herrn Altoberbürgermeiſters Moll ſowie vom Herrn Bankpräſtdenten Eckbard warm unter⸗ nützt und es ſtellte auch der Vorſitzende des Kreis ⸗ ausſchuſſes Geh. Rat Lameh unter einig m Vorbe⸗ holt die ernſtliche Erwäaung behufs allfälliger An⸗ forderung von Mitteln an die nächſtjährige Kreis⸗ verſammlung in Aucsficht. — Wie die „Bad. Korr.“ vernimmt, werden ſich demnächſt im Auftrag⸗ der Großh. Regierung Rebwirte aus den badiſchen Weinb⸗zirk n unter der Führung des Herrn Geb. Hofrats Dr. N⸗ßler an den Rhein, in die Ahrgegend und nach Württem⸗ berg begeben, um aus eigener Anſchauung die Ein⸗ richtungen der Winzergenoſſenſchaften kennen zu lernen. Es ſſt ferner entſprechend den in der Kammer von Seiten der Reaierung gegebenen Dar⸗ legungen beabſichtigt, in nächster Zeit verſuchsweiſe die Bildung von Winzergenoſſ⸗nſchoften in je einigen Gemeinden der verſchiedenen Weinbaubezirke anzu⸗ regen. Kreuznach, 10. Ma. Zwei Mädchen im Alter von 20 Jahren, das eine aus Kellenbach und das andere aus Monzingen, haben ſich gestern nacht, nachdem ſie die Kirchweihe in Brauweiler gründlich gefeiert hatten, zwischen Kirn und Hoch⸗ ſtetten in die Nahe geſtürzt. Verſchmähte Liebe ſoll das Motiv der traurigen That geweſen ſein. — Lon don, 11. Mai. Nach einer Meldung der Times aus Al⸗xandrien wurde der flüchtige Kaffter Jäger in B- gleitung einer Frauensperſon durch den deutſchen Konſul und die egyptiſche Polizei verbaf⸗ tet. Jäger und die Frauensperſon ſeien om 23. April in Suez eingetroffen und batten dann eine Woche in Kairo verbracht. In Romleh trafen dieſelben am 1. Mai unter dem Namen Herr und Frau Randalph ein. Jäger beſuchte täglich die Börſe in Alexandrien. Die Fſtellung ſeiner Perſon wurde dadurch erſchwert, daß Jäger noch langer Pbotographie lange Haare und Bart tragend dargeſt⸗At war, auf der Flucht den Bart abn⸗bmen und das Haar ſchneiden ließ. Im Augenblick ſeiner Verhaftung zog Jäger einen R- volver, wurde jedoch entweffnet. In ſeinem Ge⸗ päck wurden Bankbillets gefunden, welche den größ⸗ ten Teil des entwendeten Betrags repräſentieren. — Warſchau, 11. Mai. In Njentzyrzek m Gouvernement Sielece bat eine Fruersbrunſt 350 Häuſer zerſtört. Der Schaden iſt ſehr bedeutend 3 Kinder und vier Erwachſen⸗ find verbrannt. — New⸗York, 10. Mai. Die Ueberſchwem⸗ mungen in den Südprovpinzen nehmen einen immer aefäbrlicheren Charakter an. Die Städte Ottawa, Marſeille, Peru, Laſſalla und Utika find vollſtändig üßerſchwemmt. Der Miſſiſſippi hat bei Warſaw und Illinois und Al⸗xandria Miſſouri künſt⸗ liche Dämme durchbrochen und das geſamte Land unter Waſſer geſetzt, Tauſende von Häuſern und Farmen mußten verloſſen werden, ohne daß die Flüchtenden in den meiſten Fällen Vieh und Acker⸗ gerät in Sicherheit bringen konnten. Auch der Eikbartfluß iſt ausgetreten. Bei Teorja, Illinois, wurden gleichfalls die Dämme durchbrochen, welche 15 Meilen weit das Land ſchützten, ſo daß das gonze untere Land jetzt einen See bildet. Der Damm⸗ bruch iſt 60 Fuß breit. Kaum gelang es die in den hinteren Landſtrecken angeſiedelten Familien zu retten. Bis j-tzt find erſt 6 Familien gerett⸗t, das Schickſal der übrigen iſt noch vollſtändig unbekannt, da jede Verbindung abgeſchnitten. Man fürchtet indes, daß viele Menſchen uma⸗lommen. Fortgeſetzt treiben Haustrümmer in größerer Anzahl an der Stadt vorüber. Die Ernten find Aberall vollfändig zert. Der Illing sfluß hat ſeit 1884 niemals eite fiche Höhe erreicht. i — Newyork, 11. Mal. Ein furchbarer Mit belſturm verheerte die Stadt Anthony (Kanſas), — (Neue Frachtbriefformulate ) Nach⸗ dem der Bundesrath kürzlich dem Entwurfe eine neuen Eiſenbabn⸗Betriebsregelements unter der Be⸗ zeichnung „Verkehrsordnung für die Eſſendahnen Deutſchlands“ die G⸗nehmigung erteilt hat, mt dieſer neuen Verkehrsordnung aber auch ein gene Frachtbriefformular zur Einführung kommen wrd, erſcheint es ang⸗zeigt, die Intereſſenten darauf guf⸗ merlſam zu machen, daß ſie von dem ſeſtherſgen Frachtbriefformulore keinen größ ren Vorrat, als für den Bedarf dreier Monate erforderlich, herſſellen, bezw. anſchaffen. Die neue Verkehrsordnung fol nämlich gleichzeitig mit dem 3 Monate nach feiner Unterzeichnung in Kraft tretenden ſogen. Berner internationalen U-b'reinkommen für den Eſſenbahn⸗ Frachtverkehr in Wirkſamlelt treten. Dieſe Unler⸗ zeichnung bat noch nicht ſtattgefunden, wird abe, aller Wahrſcheinlichkeit nach, im laufenden Jahre und zwar derart erfolgen, daß das Uebereinkommen zum 1. Januar 1863 in Kraft tritt. Für das neue Frachtbriefformular iſt die Verwendung von weißem Schreibpapier, bei Eilaut mit roten Streifen, por⸗ geſchrieben. Das Papier ſoll nach den für amiliche Papierprüfungen erlaſſ⸗nen Vorſchriften der Feſtig⸗ unasklaſſ. 3 und der Stoffklaſſe III entsprechen, diese B. ſchaff nbeit als Waſſerzeichen füßren und für ze 1000 Bogen (4000 Frachtbriefe) ein Gewicht von mindeſtens 34 Ka. haben. Zwar wird ſich der Verkaufpreis der Frachtbriefe in Folge deſſen elm höber ſt⸗llen, aber die großen Unzuträglichkeiten werden aufhören, die die Verwendung billigen Papier⸗s von mangelhafter Haltbarkeit ſowohl führ das Publikum, als für die Eiſenbabnen bisher viele fach mit ſich gebracht hat. Uebrigens iſt in des neuen Verkebrserdnung vorg⸗ſehen, daß für regel mäßig wiederk⸗hrende Transporte zwiſchen bestimmen Orten vereinfacht: Formulare zugelaſſen werd en können Braut-Seidenſtoffe, ſchwarz, weiß, creme ze. — v. 65 Pfge. bis Mk. 2285 — glatte und Da⸗ maſte ꝛc. (ca. 300 verſch. Qual. u. Dispof) ber⸗ ſendet roben⸗ u. ffückweiſ⸗ porto⸗ und zollfrei daz Fabrik- Depot G. Henneberg (K. u. K. Hefe) Zürich. Muſter umgehend. Doppeltes Brieſporks nach der Schweiz. Bald darauf raſſelte die Britſchta mit Frau von Bielinska und ihren Gäſten auf den Edelhof. Roman fehlte; er war gleich nach dem Hochamt auf ein entferntes Vorwerk geritten, das zum Gute ge⸗ hörte. Die Herrſchaften waren müde und abge⸗ ſpannt von der Hitz: und dem vielen Trubel. Sie zogen ſich nach dem Diner ſofort in ihre küblen Zimmer zurück, um eine luftige Toilette zu machen und ſich von den Stropezen dieſes Tages zu erholen. Ueber dem Herrenbauſe brüt⸗te eine heiße un⸗ bewegliche Luft. Im Garten wogte betäubender Blumenduft und die Vöglein ſaßen ſtill und träumend auf den Bäumen. Nur die Inſekten gaukelten ſummend umher und die Eidechſen ſonnten ſich im Graſe. Weit und breit war kein Menſch zu ſehen und zu hören, denn das Dorf und die Felder lagen heute einſam und verödet da. Die Herrin von Lygotta hatte ſich in ihr Schlafz mmer zurücka⸗zogen. Dort lag ſie mit ge⸗ löſten Haaren, die Füße b⸗qu'm von ſich geſtreckt, im Zwangloſeſten N-alige auf dem Diwan, indem ſte bald ein Glas Himbeerlimonade ſchlürfte, bald aus einer neben ihr ſtehenden Bonbonniere Confekt naſcht'. Ihre Kammerfrau, eine ziemlich dumm ausſehende Perſon, wehte ihr mit einem großen Papierfächer Küblung zu. Hin und wieder unter⸗ brach ſie dieſe Beſckäftigung, um den Fächer mit der Fliegenklappe zu vertauſchen und die läſtigen Inſekten ohne Umſtände auf den Möbeln und den topezierten Wänden zu erſchlagen. In dem ziemlich großen Gemach berrſchte eine grenz-nloſe Unordnung. Tiſche und Stühle waren mit Cartons, Hüten und Kleidern bedeckt. Auf dem Kamin ſtanden neben einem Bilde der fixtin iſch'n Madonna eine Flaſche Ungarwein, mehrere Schachteln mit kandirten Früchten und ein Paar neue Stiefeletten. Bonbons papiere lagen verſtreut auf dem faden⸗ ſcheinigen Teppich umher und ein, augenſcheinlich in größter Haſt abgeſtreiftes Seidenkleid ruhte fried⸗ lich daneben. Alle Schi⸗bladen und Fächer der Commode waren weit g⸗oͤffnet und J⸗dermann war ein Einblick in ein wund' liches Chaos von Bändern, Kragen, Handſchuhen und tauſenderlei anderm Krims⸗ krams ge ſtattet. Frau von Bielinska wälzte ſich unbehaglich ouf dem Diwan von einer Seite zur andern. „Gieb mir mein Riechfläſchch⸗n, Bronislawa,“ ſeufzte ſie, „aber raſch, ich erſteck '! Dieſe Hitze iſt unerträglich. — Was hab ich beute ausgeſtanden bei der Pro⸗ zeſſton, es iſt nicht zu beſchreiben, und wenn ich darüber jammerte, lachte mich die Groͤfin aus. „Ja, die bat Nerven, ich ſage Dir, Nerven wie Bind⸗ faden ſo ſtark, und nichts, nichts kann dieſe Frau deranairen. Sie war wie von Stahl und Eiſen, wäbrend mir übel und ſchwindlig wurde. Aber ich mußte mit, immer mit durch den himmelhohen Staub, durch das dichte Menſchengetümmel; Jeſus Maria. es war größlich!“ Die Kammerfrau nickte zuſtimmend und ſeufzte mit. — Da hörte man plotzlich eine Thür in's Schloß fallen und ein leichter Schritt erſchallte im Hausgang. Wie elektriſrt fuhr die Edelfrau empor, ihre Augen ſtrahlten förmlich auf. „Das iſt die Comteß,“ ſagte ſie lächelnd, „und weißt Du, Broniſcha, der ſüße Engel wird in Kurzem meines Sohnes Frau. — Aber ſperre doch Deinen Mund nicht ſo gewaltig anf, Du Gans, es iſt wahr, und zu verwundern giebt es darüber nichts. — Ja, ja, dann wird in Lygotta ein herrliches L'ben ſein. — Schmul werden wir los und das Rechnen und Sparen hat ein Ende. Ich kann dann meine Tolletſen direkt aus Paris bezieben, denn wir werden nalülr⸗ lich alle Jahre eine Reiſe in's Ausland machen. — — Ach, ja, Paris will ich ſehen, das berrliche Paris, und mein Sohn muß mir ſchwören, doß ich von dem Tage ſemer Hochzeit on mein. Ovurs und Confitüren aus dem unübertr ffichn Frank- reich verichre ben darf! H emmliſche Marla, wäre es nur erſt ſo weit!“ Die klein fugeliche Dame blckt⸗ vergnügt um fich ber, dehnte ſich b⸗baglich und ließ ſich von Bronislawa einen großen Bonbon in den Mund ſtecken. Dann ſchloß ſie die Augen, um bolb wachend, halb ſchlafend von Reiſen, Tolletten, Confilüten und Wohll⸗ben zu träumen. . Es war ſchon gegen Abend, als Roman wieder auf dem Edelbof⸗ onlangte. Pap l ſprang beczu⸗ balf ibm beim Abſt igen und nahm ſein Pferd in Empfang um es in den Stoll zu führen. Als et nach ſeiner Mutter fragte, erbielt er den Beſcheſd, die gnäd ge Frau ſei ſchon vor zwei Stunden mit den fremden Gäſten von Czenſtochau zurückgekehrt, die Herrſchaften hatten Mittagbrot gegeſſen und befanden ſich nun in ihren Z mmer, um zu ruhen. Roman zuckte die Schultern und blickte in den Regen binaus. Sein Ge ſicht war blaß und um 1 Mund lag ein müder Zug. Er ſtand eine Weile bewegunglos, dann nahm er den Hut vom 905 nud fläubte die naſſen Tropfen davon 2b, do gleich darauf preßte er beide Hände an die Schläfen, als fühle er dort einen Schmerz. . 115 ihm im Hausgange erſchallten 92 95 und das Roſſ in eines Schlüff Ibundes, Als er ff umwandte, ſtand Michaling vor ihm. (Fortſetzung folgt.) 1 U 19 Tun, 6