umechließt; selten auch hatte ein Volk ſo tiefwur⸗ zelnde Gründe, zu ſeinem Fürſten mit grenzenloſem Vertrauen emporzublicken, ſich deſſen bewußt zu ſein, daß es von ſo treuer Hand geleitet werde. Aber nicht allein Unterthanen unſeres Landesfürſten lau⸗ ſchen erwartungsvoll den Worten, die Großherzog Friedrich an ſie richtet. Die einzigartige Stellung unſeres Großberzogs, die ihn zum Freund und Be⸗ rather der deutſchen Kaiſer berief, bringt es mit ſich, daß ganz Deutſchland mit Erfurcht horcht wenn Großberzog Friedrich ſpricht. Doß es dem deutſchen Volke noch viele Jahre vergönnt ſein möge, die Stimme des Großherzogs von Baden zu vernehmen, daß ſein weiser Rat, ſein tiefinnerſtes nationales Empfinden, ſein vorbildlicher Gottesglaube und ſein hochberziges Walten noch lange Zeit im Leben des deutſchen Volkes wirken möge, wünſchen am heutigen Tage g⸗meinſam mit dem badiſchen Volke alle deut⸗ ſchen Stämme, die ſtets eingedenk bleiben werden der auf die Größe der deutſchen Nation gerichteten Thatkraft des Großherzogs Friedrich von Baden! Verſchiedenes. * Ladenbura, 29. April. Die Sängereinheit ſandte anläßlich des 40jährigen R⸗gierungs⸗Jubiläum an Seine Königl. Hoheit den Großherzog folgendes Telegramm ab: Die verſammelten Mitglieder der Sängereinbeit bringen Sr. Königl. Hoheit die herz⸗ lichſten Glückwünſche, mit dem Gelöbnis unentwegter Treue zu Ihrem hohen Landesherrn und zu ſeinem hohen Hauſe, dar. Der Vorſtand: Michael Weymann. — Geſtern Abend lief folgende Antwort ein: Herrn Mich. Weymann. Den verehrlichen Mitgliedern des Geſangvereins Sänger⸗Einheit laſſen S. K. H. der Großherzog für die dargebrachten Wünſche beſtens danken, Im böchſten Auftrage: Sternberg. — Karlsruhe, 25. April. Die Kreisverſamm⸗ lungen, welche, bis auf eine, in dieſen Tagen ihre Beratungen abbielten, haben einen durchweg gedeihlichen Verlauf genommen. Mit beſonderer Befriedigung wurde das neue Dotationsgeſetz vom 27. Dezember 1891 und die in demſelben beſtimmte Festlegung der an die Kreiſe gelangenden Summen begrüßt und es wurde wiederholt der Hoffnung Ausdruck gegeben daß das⸗ ſelbe neue Anregung zur Erweiterung der von den Kreiſen zu erfüllenden gemeinnützigen Aufgaben bieten werde. Desgleichen wurde der, Bad Korr.“ zufolge im Allgemeinen mit G'nugthuung von den auf die Ha⸗ gelverficherung bezüglichen ſtaatlichen Vorkehrungen Kenntnis genommen und durch Einſtellung anſehn⸗ 8 8 licher Beiträge in die Hausholtspläne der Kreisder ſammlungen das Intereſſe der Kreiſe für dieſe Seite der der Landwirtschaft gewidmeten ſtaatlichen Fürſorge b'kundet. Die Berathungrn der Kreisverſammlungen wurden in allen Schichten der Bevölkerung mit leb⸗ hafter Aufmerkſamkeit verfolgt und die im Verlaufe der Verhandlungen vielfach vorgebrachten Anregungen und Beſprechungen der vorliegenden örtlichen Verhält⸗ niſſe haben auch diesmal die Tagung der Kreis⸗ verſammlungen zu einer wirkungsvollen geſtaltet — Der demnächſt zu ſeiner erſten Sitzung zu⸗ ſammentretende neugebildete Badiſche Landwirtſchafts⸗ rat wird ſich im Anſchluß an die Beratung der für die Landwutſchaft im Budget des Miniſteriums des Innern vorgeſehenen Beträge mit einer Reihe von Spezialfrugen zu beſchäftigen haben, deren Bedeut⸗ ung für de Landwirtſchaft namentlich in letzter Zeit wiederholt in der Kammer, wie in der Preſſe erörtert worden iſt. Es werden u. a. die Errichtung von Rebſchulen und die Abgabe von künſtlichem Dünger, die Herausgabe von Plänen für landwirtſchaftliche Oekonomiegebäude, die zur Verbeſſerung des Zucht⸗ ſtutenmaterials in Baden zu ergreifenden Maßnahmen, die Bekämpfung des Rauſchbrandes, der Maul- und Klauenſeuchen und die Verb 'ſſerung des Hufbeſchlages zur Beratung gelangen. Dem Vernehmen der „Bad. Korr.“ zufolge find im Miniſterium des Innern Über dieſe die landwirtſchaftlichen Intereſſen tief be⸗ rührenden Fragen erſchoͤpfende Denkſchriften, mit ſtatiſtiſchem Material verſehen, ausgearbeitet worden, welche demnächſt den Mitgliedern des Landwirtſchafts⸗ rats zugehen werden. — Ein ſchricklicher Vorfall hat ſich in Silber⸗ berg (Schleſten) zugetragen, üb r welchen man von dort Folgendes berichtet: Die hierſelbſt wohnhaften Uormacher Werner'ſchen Eheleute waren letzthin Nach⸗ mittags in ihrem Garten mit dem Umgraben deſſel⸗ ben beſchäftigt. Wahrſcheinlich wurde dadurch ein in der Erde Verborgenes, noch nicht entladenes Geſchoß aufgewühlt, denn eine fürchterliche Exploſton erſchreckte auf einmal die Bewohner des Städtchens. Alles eilte hinzu, jedoch fand man nur die ſchrecklich zerriſſenen Leichname der W'ſchen Eheleute vor. Man erklärt ſich dieſen bedauerlichen Unfall nur dadurch, daß ein bei dem Ende der ſechsziger Jahre durch große Be⸗ lagerungsgeſchütz vorgenommenen 3 ſtörungsverſuchen der geſchleiften Feſtungswerke nicht ccepirtes Geſchoß ſeine Lagerſtätte auf der Unfallſtelle gefunden und erſt jetzt durch jenen unglücklichen Zufall ſeinen Zer⸗ ſtörungszweck erfüllte. Der ſchon mehrere Jahre ber⸗ 3 dorbene Vorbeſſzer des B. Orundſaces ſeh g ſ. Z. nach den Bombardementverſuchen mit dem Aufſuchen berirrter Geſchoſſe beschäftigt, die nicht err, pirten entladen und das Geſchoßmaterſal daun ber, werthet haben. Es wird angenomen, daß er den Aufbewahrungsort eines deſſelben vergeſſen und dar Über geſtorben iſt. — Paris, 27. April. Die Geſchworenen, durch Furcht gelähmt, biligten Ravachol und Simon mildernde Umſtände zu und verneinten die Schuld der übrigen Angeklagten. Die Angeklagten riefen „Triumph“ und „Hoch die Anarchie.“ Die Haltung des Präfidenten war jämmerlich, er lobte Ravachol für ſeine Energie. Der Staatsanwalt erhielt, wie dem Wch. M. in einem Telegramm gemeldet wird, Droh⸗Depeſchen, er werde dynamitiert. Rabachol lachte wiederholt chniſch den Staatanswalt aus unt prahlte mit ſeinem Verbrechen. Der Eindruck des Urteils auf die Bevölkerung iſt niederſchlagend. — Paris 25. Apel. Das Reſtagrant Bay, worin man Ravachol verhaftete, wurde ſoeben 9 4 Uhr in die Luft geſprengt. Es gab mehrere Ver wundete, darunter Viiy welchem die Beine zerſchmeſ⸗ tert find. Frau Veih iſt unverletzt, aber geiſtesgefſört, Man nimmt an, daß die Bombe dutch Paſſon⸗ ten in den Keller geworfen wurde. Feuerwehrleute räumten die Trümmer auf. — Paris, 26. April. Bei der Exploſſon im Reſtaurant Very wurden fünf von den Anweſenden elf Perſonen erheblicher verletzt. Der Kellner Vhero, welcher ſeiner Zeit die Feſtnahme Ropochols veran- laßte, befand fich im Reſtaurant; derſelbe blieb un⸗ verletzt. Zwei Individuen, welche im Reſt gurant ge⸗ ſpeiſt haben und ſodann die darüber liegenden Holel⸗ zimmer mieten wollten, jedoch abgewieſen wurden, und darauf verſchwanden, werden berdächtigt. Re⸗ ſtaurateur Veih iſt geſtorben. — Athen, 27. April. Nach einer amtlichen Depeſche hat an der türkiſch⸗griechiſchen Grenze zwiſchen einer Abteilung türkiſcher Truppen, welche die Grenze bei Kalaka überſchritten hatte, und griechiſchen Hirten ein Kempf ſtattgefunden, in welchem ein türkiſcher Soldat und zwei Hirten ge⸗ tödtet und mehrere Teilnehmer am Kampfe ber⸗ wundet wurden. Die türkiſchen Truppen zogen ſſch darauf wieder über die Grenze zurück. — (Ungalant.) „Um Gotteswillen, der Hund hat meine Frau gebiſſen.“ — „War der Hund toll?“ — „Das nicht.“ — „Nun, dann wird et es werden. Der Prozeſſionszug wor durch dieſen unver⸗ hofften Vorgang i 's Stocken geroten, denn anch die fingenden Schulkinder hatten ihr Lied jäh abgebrochen, ſprangen jetzt wild um Jadwiga herum, riſſen ſie an den langen Zöpfen und ſchrieen aus Leibeskräften: „H xenmädchen! Taternblut! Schwabenprinzeſſin!“ zꝛc. Männer und Weiber blieben ſtehen und ſtarrten neugierig das an allen Gliedern zitternde Mädchen an, Ein gelbes zerlumptes Bettelweib hob drobend die Fauſt und zeterte ihr das „Psia-krew- niemeza“ heran. Frauen kreiſchten und Kinder weinten, Flüche und Scheltworte wurden laut. Viele ſuchten ſich gewaltſam Bahn zu brechen. Wenn es ſo weiter fort ging, mußte ſicher ein Unglück entſtehen. Da ſprang plötzlich ein jnnger Prieſter unter den Bal⸗ dachin, faßte das in ſtarrer Betäubung daſtehende Mädchen am Arm und riß es ſchnell aus den Reihen der auserwählten Jungfrauen hinweg, welche nun endlich beruhigt, ihren Geſang wieder anſtimmten und ſich langſam vorwärts bewegten. Die Menge folgte nach und ſo kam der unterbrochene Prozeſ⸗ flonszug allmälig wieder in Gang. Baum getaumelt, an dem ſſie ſich feſthielt, denn es ſchwindelte ihr. Sie ſtarrte wie irrfinnig mit leeren, unbeimlichen Augen den Prieſter an, der itzt mit drohender Geberde vor ihr ſtand: „Was fällt Dir ein, wie kannſt Du es wagen, die heilige Handlung zu ſtören und ein öffentliches Demut gefehlt, doch ſolche Ueberhebung, wie Du heute bewieſen, habe ich Dir doch nicht zugetraut. Darf ein Findelkind, das zu Grunde gegangen wäre, Sterbeſakramenten geſtärkt, war ſie Bette entſchlafen und nicht hinter dem Zaun, wie ein ſchlecht ibsbild. — Aergerniß herbeiſübren! Es hat Dir von jeher an ſchlechtes Weibsbild Ja gewiß, wenn man es nicht barmherzig unter gläubigen Chriſten aufgenommen hätte, deſſen Mutter ohne Abſolution hinter dem Zaun geſtorben iſt, ſich unter die frömmſten vornehmſten Jungfrauen Czenſtochau's drängen? Darf es das, frage ich Dich? Ich ſage Dir, Thörin, die Hoffart iſt eine der ſteben Tod⸗ ſünden. Darum gehe in Dich und bete. Ja, geh in Dein Kämmerlein, knie nieder vor dem Höͤchſten und bete ſechs Vaterunſer und drei Ave⸗Maria's, damit Gott Dir vergeben kann!“ Er machte noch (deutſches Hundeblut) gerade in das Geſicht. Und immer mehr ſchoben und drängten ſich die Menſchen das Zeichen des Kreuzes ber ſie und ſchloß ſich wieder dem Zuge an. Wie ein Blitzſchlag aus heiterem Himmel war all das Furchtbare auf Jadwiga herabgefahren. Es war ihr gerade als wäre ſi p ͤͤtzlich in einen graufigen Abgrund geſtürzt, aus dem ſie nicht wieder empor⸗ klmmen konnte. Sie griff krampfhaft nach ihrem Kopfe, nach ihrer Stirn, war ſie denn wahufinnig, oder waren es die Menſchen, welche ſie verhöhnt, be⸗ ſchimpft und mißhandelt hatten? Einen Findling, ein Kiczerkind hatte man ſi? genannt. Das war eine offenbare Lüge. Sie beſaß ja einen Vater, der ein rechtgläubiger Katholik war und kein Ketzer. Daß er l arm war und ſich täglich in Branntwei Jadtwiga war an einen ſeitwärts ſtehenden 1 1 10 zu viel that, war hierorts keine Schande, das thaten die meiſten Männer in Czenſtochau. Und ihre Mutter? Sie war lange todt und zeitlebens eine brave rechtſchaffene Frau geweſen; mit den heiligen ſelig in ihrem die Leute logen alle, ſie konnten unmoglich die Wahrheit ge⸗ ſprochen haben. — Aber der fromme Prieſter — er log gewitz nicht. wirklich ein Findelkind, eines jener unglücklichen und die Leute Allmächtiger Gott, dann war ſie Weſen, welche von den eigenen Eltern verſtoßen, fremden Leuten zur unwillkommenen Laſt werden. Dieſe Vorſtellung raubte ihr alle Kraft und erfüllte ihre Seele mit einem ungeheuren Schmerz. Sie brach in die Knie zuſammen, wie ber⸗ nichtet ſank ſie zu Boden. Wie ein fortg worſenes Bündel lag ſie auf den Flieſen des Kloſtethoſez, ohne ſich rühren zu können. Sie blieb kegunglos, trotzdem tings um ſie herum noch immer der Menſch⸗ ſtrom wogte und fluthete. Ihr Ohr vernahm den Lobgeſang der Pilger, das Glockengeläute und die brauſenden Poſaunentöne ſowie den tauſendfachen Lärm, aber ſie hörte Alles wie im Traum. Mal und kraftlos lehnte ſie ihr bleiches Haupt gegen den Baumſtamm und ſteich ſich mit der Hand mechaniſch die Stirn, als gäbe es dort erwas fortzuwiſchen. Denn wie eine Vifion war urplötzlich ihre ganze Vergangenheit in leuchtenden Farben vor ihre Seele getreten in erſchreckender Deullichkeſt. Schon al Kind in der Schule hatte man ſie zuwellen „Wenle oder „Zyganka“ genannt. Sie halte zornig Thrdnen darüber vergoſſen, ohne recht zu wiſſen warum, Auch im Herrenbauſe von Ly zolta war mituntet en Wort gefallen, deſſen Sinn ſie nicht zu deuten bebe mochte, von dem ſie aber unwillkürlich derlehk worden war. Jitzt entſann ſie ſich auch, daß die frommen Kloſterſchweſtern in Krakau, bei denen fie oft in Pflege war, oft ſo ſeltſam tröſtende Anpiegen gemacht hatten, die ſie damals auf ihre Ae zog. Nun wurde ihr plotzlich Alles klar — *. — Es war nicht mehr ein fürchterlicher Wahn, ſte ängſtigte, ſondern Wahrheit, grauſame Wahrheit, hatten Recht. (GForthetzung folgt.)