blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. urge Allgemeiner Anzeiger für W . Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. 87 a Preis viertelfährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Untethaltungs⸗ Für die Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, Ladenburg. 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. Druck und Verlag von Karl Moliter, Ladenburg. : die I⸗ſpaltige Corpus- Zeile oder Naum Corpuszeile. Reclamen 20 Pfg. Mehr als in manchen früheren Jahren befindet ſich die chriſtliche Welt zu dieſem Oſterfeſte in öſter⸗ licher Stimmung. Oſtern, welches in den nordiſchen Ländern ein Doppelfeſt iſt, und ſowohl der Aufer⸗ ſtehung der Natur vom ſtarren Winterſchlafe als auch der ewig erhabenen Feier des Auferſtehungtages des Begründers des chriſtlichen Glaubens vom mar⸗ tervollen Kreuzestode geweiht iſt, tritt für alle em⸗ pfänglichen Herzen als ein Erlöſer von bangem Zweifeln, als ein Verkünder flegesfroher Hoffnungen und als ein ſtrahlendes Wahrzeichen der Allmacht und Liebe des Schöpfers auf. Wohl müſſen wir die eigentliche Würdigung des großen chriſtlichen Triumph⸗ feſtes der Kirche und ihren berufenen Dienern über⸗ laſſen, aber es dünkt uns doch auch gut das Weſen und die Bedeutung der größten chriſtlichen Feſttage in der Preſſe zu würdigen. In dieſen öſterlichen Tagen ruht ja auch mit Recht die Erörterung der öffentlichen Angelegenheiten, aber in einem chriſtli⸗ chen Lande geziemt es ſich wohl, daran zu erinnern, f daß das erſte Oſterfeſt vor beinahe neunzehnhundert Jahren in der Stille der erſten chriſtlic en Schaar, im FKreiſe der Jünger und Freunde des Gekreuzig⸗ ten begangen zugleich ein Markſtein und Wendepunkt der Geſchichte der ganzen Menſchheit geworden iſt. Das Chriſtenthum hat nicht nur das Evangelium kündet und einen edeln Idealismus erweckt, ſondern hat auch für das irdiſche Daſein der Menſchen köſtliche Güter geſchaffen, an welche zu erinnern in unſerer gährenden unzufriedenen Z'it wirklich Noth thut. Die Lehre des gekreuzigten und wieder auferſtandenen Stifters der chriſtlichen Religion hat die Barbarei des Mittelalters und der alten Welt beſeitigt, ſie hot vor allen Dingen die furchtbare Samstag den 16. Nprik — 1892 4 Stlaberel, das heißt die Verurthellung des beſtegten oder erkauften Nebenmenſchen zum Leben eines Thieres, alſo zu vollſtändiger Rechtslofigkeit abgeſchafft, ſie hat ferner den Frauen durch Einführung der chriſtlichen Ebe ihr Recht und ihre Würde gegeben, die chriſtliche Lehre von der Gleichberechtigung des Menſchen vor Gott hat auch die treue Arbeit und Pflichterfüllung geadelt, und ſie hat endlich unſeren Rechtsſtaat mit ſeinen Gütern der Cultur und Ge⸗ fittung die Grundlagen verliehen. Gegenüber einer ſolchen Wandlung der Dinge durften wohl alle Ver⸗ zagten und Bedrückten neuen Muth und neue Hoff⸗ nung ſchöpfen, denn in dem Glauben und Vertrauen auf die chriſtlichen Lehren und Ideale kann kein Volk und kein einzelner Menſch wirklich rückwärts ſchreiten, und ſelbſt die ſchwerſten Prüfungen können nur zur Läuterung und zum eigenen Erkennen ſegensreicher Heilswahrheiten führen. Dieſen Troſt verkündet das Oſterfeſt und dieſe frohe Zuverficht predigt auch die Natur mit dem wiederet wachten ewig jungen Lenze und wir rufen mit dem Dichter: Die Welt wird ſchöner jeden Tag, Man weiß nicht, was noch werden mag, Das Blühen will nicht enden. Es blüht das fernſte, tiefſte Thal: Nun, armes Herz vergiß die Qual! Nun muß ſich Alles, Alles wenden. Verſchiedenes. * Ladenburg, 16. April. Gleichzeitig mit den zum 40 jährigen Regierungsjubiſäum unſeres Großherzogs geplanten Feſtlichk⸗ſten wird in Karls⸗ ruhe eine Gartenbau⸗Ausſt llung ſtatt finden, verbun⸗ den mit einer Ausſtellung landwirtſchaftlicher Geräte und Maſchinen. Beide Ausſtellungen beginnen am 23. April und ſchließen am 2. Mai d. J. Jede während der Dauer der Ausſtellung auf einer ba⸗ diſchen Station gelöſte einfache Fahrkarte nach Karls⸗ ruhe iſt innerhalb der Giltigkeitsdauer einer entſprechen⸗ den Rückfahrtskarte auch zur Rückreiſe benützbar, wenn ſie in der Gartenbau⸗Ausſtellung abgeſtempelt ift. Soweit mit derartigen Fahrkarten Schnellzüge benützt werden wollen, muß der tarifmäßige Schnell⸗ zugszuſchlag je für die Hin⸗ und die Nückreiſe be⸗ ſonders entrichtet werden. 5 Trier, 13. April. Der Kaiſer trifft am 24. April in Saarbrücken ein und wird beim Frhrn. v. Stumm Wohnung nehmen. Auf dem Programm ſtehen eine Garnifonsparade und eine Beſichtigung des Neunkirch⸗ner Eiſenwerks. — Danzig. Es iſt noch in lebhafter Er⸗ innerung, daß S. Majeſtät der Kaiſer bei ſeinem letzten Beſuche in der Provinz Oſtpreußen die Marien⸗ burg eingehend beſichtigte und das lebhafteſte Intereſſe an der Fortführung des Baues bekundete. Zur Wiederherſtellung reſp. Vollendung der Burg find noch fünf Lotterien vorgeſehen: die Ziehung der nächſten, ſechsten, findet auf dem Nathauſe in Danzig am 28. u. 29. April er. ſtatt. Die 3372 Geldgewinne find ohne Abzug und ſofort in Berlin, Hamburg, oder Danzig zahlbar. Der Preis für jedes Loos iſt wie bisher auf 3 Mark ſeſtgeſetzt. — Berlin, 13. April. Daß der Mordan⸗ fall gegen den Dekan v. Poninski anarchiſtiſchen Ursprungs iſt, ſteht jetzt unbeſtreitdar feſt, denn von Zulowski, der Führer der Mordbande, iſt Mitglied des hiefigen Vereins polniſcher Sozialiſten geweſen und hat fich im Auguſt 1891 in einer Verſamm⸗ lung für die „ſchärfere Tonart“ für den Anarchis⸗ mus, ausgeſprochen. Auch Pilarchowski iſt Mit⸗ glied des hiefigen polniſcheu Vereins geweſen. Die Wallfahrt nach Czenſtochau. Roman von Johanna Berger. Ihre Lippen zuckten, ſie griff mit der Hand nach dem Herzen, der Schmerz wollte ſie übermannen. „Ja, Vater, ich kehre nicht wieder in's Herrenhaus zurück, ich bleibe bei Dir, aber Du mußt auch gut ſein, keinen Schnops mehr trinken und die Menſchen, die ich liebe nicht ſchmähen! Ohne ſi⸗ hätte ich mein freud⸗ loſes Leben wohl kaum ertragen und ich werde ihnen dankbar bleiben bis zu meinem letzten Stündlein! — Auch Dir haben ſie noch nie etwas Böſes gethan. — Du darfſt ſie niemals wieder ſchlecht machen, 0 0 nicht ſchimpfen, nicht beleidigen, ich dulde es nicht, eh und wenn Du es dennoch thuſt, Vater!“ — Sie — ſprach laut und zornig und ihre Hände ballten ſich. „Ich habe einen ſteinharten Kopf wenn ich ihn haben muß, ich kann meinen Willen ſchon durchſetzen; reize mich alſo nicht!“ „Was, Du willſt mir Vorſchriften machen!“ ſchrie der alte ganz erboſt. „Das wird ja immer ſchöner! Aber Geduld, ich werde Dir den ſteinharten Kopf zurechtſetzen, den trotzigen, eigenfinnigen Kopf!“ — Und nun taſtete er unficher mit den Fingern auf dem Tiſche umher, ergriff den Teller mit dem Brot und ſchleuderte ihn dem erſchrockenen Mädchen an die Stitn. Aarmberzig Pott — Ba auf. Sie fuhr mit beiden Händen nach den Schläfen, denn es drehte ſich Alles um ſie herum. Noch ein paar Schritte taumelte ſie vorwärts, dann ſtürzte ſie ohnmüchtig zu Boden. Der Alte ſtarrte mit gläſernen Augen auf ſie hin, ſein Geficht glühte in Scharlach und es droͤhnte in ſeinem Hirn. Er ſtand polternd vom Sopha auf und ſtolperte mit hin und herſchwagenden Schritten in die nebenanliegende Schlafkammer. Dort warf er ſich ſofort auf ſein Bett, während er noch halb fiunlos vor fte hinlallte: „Ich ſag's Dir, Mädel, es muß ein Ende nehmen mit der Lauferei, ich leide es nicht länger, ich will meine Pflege und Ordnung haben, wie es ſich für einen kaiſerlich ruſſiſchen Lieutenant gehört, — oder mich ſoll der Teufel holen!“ Im Zemmer war es ſtill g worden — nichts regte ſich mehr. Auf dem Tiſche brannte noch immer die Kerze und flackerte unruhig hin und her. Im Oſten dämmerte ein roſiges Licht herauf und warf einen Purpurſchein über das ſtille Gemach. Und durch das offene Fenſter ſtrömte ein friſcher Wind. Er wehte vom Nachbargarten eine Hand voll duftender Jasminblüthen herein und ſte ſenkten ſich leiſe auf die lichte Mädchengeſtalt. Sie flaterten auf das blonde Haar und auf das weiße, todtblaſſe Geſicht, von deſſen Stirn langſam ein paar rothe Tropfen rieſelten. Nur die leiſen Athemzüge, welche ſanft den . bewegten verriethen, daß noch Leben in Jad⸗ Der folgende Morgen brach goldig und klar aus den grauen Schleuern der Nacht hervor und kaum hatten die erſten Sonnenſtrahlen die thaufeuchte Erde geküßt, als es auch ſchon in allen Straßen und Gäßchen von Czonſtochau lebendig wurde. Unabſehbare Schaaren hülfs bedürftiger Pilger zogen durch die Stadt, ließen ihre Fähnlein im Winde flattern und wanderten, meiſt unter Anführung eines Geiſtlichen, zu dem berühmten Wallfahrtsorte auf dem Jasnagora. Schon vor Tagesanbruch hatte die Glocken der ver⸗ ſchiedenen Kirchen im harmoniſchen Zuſammenklange bis zu den entfernteſten Ortſchaften die frohe Kunde hingetrogen, daß der heutige Tag der Gnade ſpen⸗ denden Jungfrau geweiht ſei. So hatten ſich denn Tauſende und Abertauſende von Menſchen auf den Weg gemacht, um die ſchwarze Madonna von Czen⸗ ſtochau anzubeten, ihr alle Seelennoth und die man⸗ cherlei Gebrechen des Leibes anzuvertrauen und von der wunderthätigen Heiligen Hülfe und Heilung dafür zu erbitten. Hoch oben auf dem Gipfel des Berges ragt f eine Anzahl hundertjähriger Eichen ihre reich bꝛlaub⸗ ten Wipfel gen Himmel, und in ihrem Schatten liegt friedlich das alte Kloſter mit ſeinem weltbe⸗ rühmten Heiligthum. Aber heute war im Vorhofe deſſelben ein ungeheures Menſchengedränge. Faſt Jedermann hatte eine geweihte, brennende Wachskerze in der Hand und ſang mit glühender Begeiſterung d das Lob Maria's, der Himmelskönigin. (Fort. folgt.) — eee — — e — — Dun e en r e e N n — eee 5 5 2 1 15 1 9 ö 5 8 1 1