in dieſem Sinne im Jahre 1884 den don der Re⸗ gitrung eingebrachten Geſetz Entwurf g- ändert haben. In Zukunft werden die Genoſſenſchaften von der Einkommenſteuer ganz, von der Gewerbeſteuer wenig ⸗ ſtens zur Hälfte befreit ſein. Die Kommiſſion der zweiten Kammer hätte in ihrem Bericht empfohlen, auch die ſogenannten „ländlichen Kreditv reine“ der Gewerbeſteuer zu unterwerfen; im Intereſſe dieſer wirtſchaftlich ſegensreich wirkenden Vereinſgungen ſprach ſich aber die Regierung bei der Plenarberatung mit Entſchiedenheit gegen dieſe Ausdehnung der Steuerpflicht aus und erreichte es auch, daß ſich die Kammer einem An' roge, den Geſitz⸗Entwurf in dieſer Hinſicht nach den Wünſchen der Regierung zu ge⸗ flalten, mit ganz überwiegender Mehrheit anſchloß. Es iſt der „Bad. Korr.“ zufolge anzunehmen, daß auf dieſe Weiſe die Beſteuerung der Genoſſenſchaften nunmehr allen billigen Wünſchen gerecht wird. i Karlsruhe, 6. April. Allüberall in unſerem Lande rüſtet man ſich zu einem vaterländiſchen Feſte ſeltener Art: dem vierzigjährigen Regierungsjubiläum unſeres geliebten Landesfürſten. Erweckt ein ſolches Ereignis ſchon ob ſeiner Seltenheit die Aufmerkſam⸗ keit der Zeitgenoſſen, ſo erweitert fich dieſe zu dem Jubel dankerfüllter Freude, wenn vor dem auf dieſen Zeitraum zurückblickenden Auge eine ſolche Fülle von Segnungen, welche für das Land während dieſer Regierungszeit enlfloſſen find, vorüberzieht, wie wir dies von der Regierung unſeres Großherzogs rühmen können. Wir Aelteren wiſſen, mit welcher Umficht, mit welchem Scharfblick für die Zeichen der Zeit und mit welch ſicherer Hand Großherzog Friedrich ſein Land durch die Stürme, die es von innen und außen umtoſten, geleitet. Darum wird das bebvorſtehende Jubiläum ſich zu einem Volksfeſte im beſten Sinne des Wortes geſtalten und den Beweis liefern, nicht nur von der Liebe und Treue, mit welcher Badens Volk an ſeinem angeſtammten Fürſten hängt, ſondern auch von den geſegneten Zuſtänden, welche es ſeiner lüngjährigen Regierung verdankt. — Mainz, 6. April. Ein in einem hiefigen Speditions geſchäfte thätiger junger Kaufmann ſtürzte ſich in ſelbſtmörderiſcher Abficht aus ſeiner im dierten Stockwerke gelegenen Wohnung durch das Fenſter auf die Straße. Außer ſchweren inneren Verletz⸗ ungen brach der Unglückliche beide Beine und zer⸗ ſchmetterte ſich die Kinnlade. Vor dem Sprung aus dem Fenſter hatte der ſchon hochbetagte Vater des jungen Mannes, der mit ſeinem Sohn die Wohnung teilt, mit übermenſchlicher Gewalt ſein ind von dem Schritt abzuhalten geſucht und fich be an ſeinen Sohn geklammert, bis die Kräfte dem alten Manne verſagten und der Unglücklich vor den Augen ſeines Vaters in die Tiefe ſtürzte. Der Grund zu dem Schritt ſoll unglückliche Liebe ſein. — Landau, 5. April. Ein gräßliche Un⸗ glück ereignete ſich geſtern Abend in der chemiſchen Waſchanftalt des Herrn W. Kuntzert hier. Ein im Hofe ſtehender Behälter mit Benzin explodirte mit lautem Knall und erfüllte den Hof mit einer mächtigen Feuerſäule. Gleichzeitig lief das Dienſtmädchen Maria Anna Zentner, 25 Jahre alt, aus Offenbach, am ganzen Leibe brennend vom Hofe durch den Gang auf die Straße und rannte verzweiflungsvoll ſchreiend hin und her bis ſie fich endlich auf Zureden der Herbeieilenden zu Boden warf, worauf man mit Tüchern die Flammen erſticken konnte. Das arme Mädchen iſt namentlich am Rücken und an den Beinen mit ſchweren Brandwunden bedeckt, es iſt aber doch Hoffnung vorhanden, daß es mit dem Leben davon kommen kann. Wie die Exploſton ent⸗ ſtanden iſt, iſt vollſtändig unbekannt, da das Mäd⸗ chen ſich allein im Hofe oder unter der zum Hofe führenden Küchenthür befand. Der durch die Ex⸗ ploflon entſtandene Brand im Hof war bald gelöſcht und hat durch Verbrennen von Kleidern nur wenig Schaden angerichtet. — Würzburg, 6. April. Heute nacht wurde ein Schuß in den Räumen der b'nachtbarten Karl⸗ ſtadter C mentfabrik abgegeben. Die Kugel, die un⸗ mittelbar über den Kopf eines Arbeiters in die Wand einſchlug, galt dem Aufſeher Ernſt Zehn, der zur fraglichen Zeit gerade Nachtdienſt hatte, ſich jedoch in dem kritiſchen Momente in einem andern Teil der Fabrik befand. Sofort angeſtellte Nachforſchun⸗ gen über den Thäter blieben bis jetzt erfolglos. Die Aufregung in ganz Karlſtadt iſt groß. — Stuttgart, 6. April. Im Luftkurort Schoemberg im Schwarzwald legte ein großer Brand geſtern 25 Häuſer in Aſche. f — Dirſchau, 7. April. Der Direktor der Dirſchauer Kreditgeſellſchaft Wilh. Preuß iſt ſeit eini⸗ gen Tagen verſchwunden, die Kaſſe iſt polizeilich ge⸗ ſchloſſen. Es wurde feſtgeſtellt, daß der Direktor oder ein ihm naheſtehendes Individuum in Danzig Wertpapiere im Betrage von 32,000 Mark ver⸗ filberte. Sein Aufenthalt iſt leider unbekannt. In der Stadt herrſchte große Aufregung. — Berlin 4. April. Der von den Militär⸗ poſten ſchwer verwundete Arbeiter Brandt iſt geſtor⸗ ben, die Verwundung des Trebert giebt dagegen 1 keinen Beſorgniſſen Anlaß. — Angers, 5. April. Im Polizeſbureau fand eine Dynamite rxploſton ſtatt. Die Pafronen waren von außen auf die Fenſterbrüſtung niedergelegt. Die Fenſter der Polizeiburenus und die der Nach barhzuſer wurden zertrümmert. Ein Polizelagent wurde berlett Bisher iſt niemand verhaftet. 5 — Petersburg, 6. Aprſl. Nach omlliche Mitteilung erfolgte eine Schlagentzündung in der Trockenkammer der Pulverfabrik beim Auſſchhhlen feuchten Pyroxylins. Vernichtet wurden 400 Pud Schießbaumwolle. Neun Arbeiter wurden buchſtab⸗ lich zerriſſen. Zwei Nachbargebäude ſind erhehlſch beſchädigt, woſelbſt 5 mehr oder weniger ſchwer, 2 Leute leicht verwundet wurden. Die Entzündung ſchleuderte eine riefige Säule von Rauch und Trüm⸗ mern empor. Der Schrecken war unbeſchreſblich — Sonderbare Heilige ſcheinen die Ralmicen zu ſein, — wenigſtens darf man dos aus ehem Prozeß ſchließen, der ſich vor einigen Tagen vor dem Tribunal von Aſtrachan abſpielte. Zwei junge Kal f de 5 mückenfürſten waren des Mordes beſchuldigt; der 1 eine hatte ſeinen Vater der andere ſeinen Großpaler getödtet. Schon das Motiv des Mordes war geht ſonderbar: Die beiden Jünglinge hatten das Haus eines ruſſiſchen Beamten geplündert und fllcchlelen, von Vater und Großvater dem Gerichte denuneſrt zu werden. Die Herren Eltern wurden alſo aus dem Wege geräumt. Weit ſonderbarer jedoch iſt es, doß die beiden Opfer ſelbſt um den Tod gebeten halten, um nicht in die Lage kommen zu müſſen, den Sohn und Enkelſohn den Gerichten zu überliefern, um dann im Himmel Gott anflehen zu können, daß er den Brandſtiftern und Mördern berzelhe. Die Kalmückenväter und Großväter ſcheinen alſo fehr rigoroſe Leute zu ſein. 18 277 T Seidenſtoſfe (ſchwarze, weiße u. farbige) v. 95 f. dis 18.65 p. Met. — glatt, geſtreift u. gemufßert (ca. 380 verſch. Qual. u. 2500 verſch. Farben) — verſendet roben⸗ und ſtückweiſe porto⸗ und zollfreſ G. Henneberg, Seidenfabrikant (K. u. K. Hoflief.) Zürich. Muſter umgehend. Doppeltes Brieſport nach der Schweiz. Seidene Fahnen⸗ und Steppdetkenſtoſſe, 120 . Ctm. breit. PP ͤ 5 grübelte und ſann, einen anderen Ausweg fand ſie nicht. i „Ach ich wollte, ich wäre todt!“ ſo rang es ſich wie ein ſchluchzender Schrei von ihren zucken⸗ 55 Lippen und dann ſtarrte ſie wie gebrochen in's Leere. Wie lange ſie ſo in dumpfem Hinbrüten ver⸗ harrte, ſie wußte es nicht. Endlich ſprang ſie auf öffnete ein Fenſter, um die Abendkühle einzulaſſen, denn im Zimmer berrſchte ſchwüle Luft. Sie ftützte beide Arme auf das Sims und blickte in die Nacht hinaus. Allmälig beruhigte ſie ſich, ſie hatte ſich müde und matt geweint. Nun zündete ſi⸗ ein Licht an, tauchte ein Tuch in kaltes Waſſer und kühlte ihre heiße Stirn. l In dem Stübchen ſah es ungewöhnlich und rmlich aus. Die abgenutzten Moͤbel, das alte Sopha mit dem zerriſſenen Kattunüberzuge waren mit allerhand Sachen und Kleidern bedeckt, die un⸗ ordentlich durcheinander geworfen umherlagen. Auf einem niedrigen Schranke ſtand ein großer Käfig, in dem ein zahmer Kolkrabe ſaß, welcher bom Scheine des Lichtes plotzlich aus dem Schlafe ge⸗ weckt, unrubig hin und her flatterte und widerlich krächzte. Ein einziges wertvolles Stück beſand ſich in dem elenden Raume. Das war ein kunſſwpoll gearbeiteter Heiligenſchrein von Ebenholz, mit einem Crucifix von matter Bronze. Sämmtliche Moͤbel waren mit fingerdickem Staub bedeckt, Spinnenge⸗ gewebe hingen von der kahlen Decke herab. e Jadwiga breit⸗te ein Tuch über den Käfig, räumte die Sachen fort, ſäuberte und ſtäubte ab, bis es einigermaßen freundlicher in dem Zimmer ausſah. Nachher ſetzte ſie ſich an den Tiſch und zog ein Gebetbuch aus der Schublade deſſelben, um darin . 2 zu leſen. Es war ſehr ſpät. Die Turmuhr der Pfarr⸗ kirche von Czenſtochau hatte bereits die zweite Morgenſtunde verkündet, doch war der Vater noch nicht daheim. Er ſaß wie gewöhnlich in der Schänke, ſpielte Karten und zechte. Dem Mädchen fielen endlich vor Müdigkeit die Augen zu. Das Licht brannte tief herab. Plötzlich wurde ſie durch ein heftiges Klopfen gegen die Hausthür aus ihrem Halbſchlummer erweckt. Sie griff haſtig nach dem Leuchter und eilte in den Flur, um zu öffnen. Ein hoher, hagerer Mann in einer verſchoſſ 'nen Offiziersuniform taumelte herein. Sein Geſicht, das vom Branntweingenuß duftete und glühte, ſah blaß und aufgedunſen aus und die Augen ſtierten mit leerem Ausdruck vor ſich hin. Die Czapka (Mütz⸗) ſaß ihm hinten im Genick und den Schaſchka (Säbel) mit der Koppel trug er in der Hand. „Heilige Barbara!“ ſchrie er Jadwiga an, „iſt das Manier, mich eine Stunde vor dem Hauſe ſtehen zu laſſen? Warum haſt Du die Thür ver⸗ ſchloſſen? Haſt Du mein Klopfen denn nicht gehört?“ „Ich war ein wenig eingenickt, Vater. Mein Kopf that mir weh und es iſt ſchon ſo ſpät.“ „Der Alte fuhr ſie aber noch rauher an: „Was raiſonniren will das Heidenmädel auch noch? Mund halten. ſage ich Dir, oder —“ Und nun ſtolperte er fluchend in's Zimmer hinein und ſchleuderte ſeine Sachen heftig auf einen Stuhl. „Warum biſt Du heute Abend ſo lange fortgeblieben ?“ ſchrie er wieder. „Warte, ich werde Dir das Herumtreiben anſtreichen!“ „Ich treibe mich nicht herum,“ erwiderte Jad⸗ wiga kurz. „Ich konnte nicht früher vom Herren⸗ hauſe abkommen, die Pani hatte meine Hülfe nötig.“ Sie ſtellte den Leuchter auf den Tiſch und holte Schlafrock und Pantoffeln für ihn herbe. ee, „Kann es mir ſchon denken,“ höhnte er. „die Pani — die gnädige Pani und immerzu die Pan Freilich, das Reichtum, das Schlaraffen und daz Edelfräulein ſpielen iſt ja ganz etwas Anderes, als dem alten Vater die lumpige Wirthſchaft führen. Do⸗ für find die zarten Fingerchen zu ſchade!“ Er ließ ſich plump und breit auf das harte Sopha fallen und ſtreckte beide Füße weit von ſich weg. „Nun, giebt's nichts zu eſſen, oder will das feine Püppchen mich etwa verhungern loſſen?“ Das Mädchen ging ruhig in die Küche und kam bald darauf mit einem kleinen Tablett gurl, auf dem ſich ein paar Teller mit Brod, Buller und Käſe befanden. Sie breitete eine Serpelte über den Tiſch und ſetzte die Speiſen, ohne ein Wort ſprechen, vor den Vater hin. 5 „Undankbares Geſchöpf!“ wüthete dieſet, indem er mit der Fauſt droͤhnend auf den Tisch ſchlug. „Iſt das ein Abendbrod für mich? Wie einen Bettelmann willſt Du mich abſpeiſen ? Aber, c will Dich ſchon Mores lehren, ich will Dit ſchon zeigen, was Reſpekt heißt! Ja, zum Donnerwette, Du ſollſt mich heute noch kennen lernen. Leichenblaß ſtand Jadwiga vor ihm, Ihre Sn klapperten hörbar. Aus den engelſchönen Zügen wos jede Spur von ſüßer Anmut und Liebreiz geln, den; ſbe Gicht ſah finster, kazig und ker aun Sie neigte ſich aber ganz furchtlos zu dem e hinüber, blickte ihm ruhig in das rohe an 4 ſicht und ſagte ſcharf: „Mach' keinen ſoſchen 11 Vater! Was ſollen die Nachbarn davon denken Du haſt wieder einmal zu viel getrunken! (Fortſetzung folgt. —