blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. Nr. 26. Allgemeiner Anzeiger Erſcheint jeben Dienstag und Freitag Abend. 1 Preis vierteljahrlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs ⸗ 5 Für die Redaktion verantwortlich: Karl Moliter, Ladenburg. ger . . Mittwoch den 30. März Anzeigen: die 1⸗ſpaltige Corpus⸗Zeile oder deren Naum 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. Druck und Verlag von Karl Molitor, Dadenburg. 9 Corpuszeile. Neelamen 20 Pfg. 1892 Einladung. . Mit dem 1. April beginnt das 2. Quartal dieſes Blattes und ladet zu Beſtellungen hiermit freundlichſt ein. Die Expedition. bn, D. laſſenen 445 1 hausen. Volitiſches. ats J J Berlin, 26. März. Der Kaſſer iſt um 5 Uhr 30 Min. in Berlin eingetroffen, von der 100 Kaiſerin am Bahnhof begrüßt. Auf dem Bahnhof let waren ferner anweſend der neue Kultusminiſter Boſſe, : gehe . General Wittich und eine zahlreiche Menge. Das zu eig Außſeben des Kaiſers iſt ein ſehr gutes. 1 t dag Berlin, 28. März. Mit den bekannten Ver⸗ ts, d üb nderungen im preußiſchen Miniſterium hat die in den ten! Miniſterkrifis in Berlin ihren Abſchluß erfahren, „ente ader allgemein herrſcht die Empfindung vor, daß die wwehr l. , getroffene Löſung nur eine vorläufige in. Die Ab⸗ 1 gabe des Vorftzes im preußiſchen Kabinet ſeſtensz bebe des Reichskanzlers Grafen Caprivi an Graf Botho . 0 wird faſt uberall nur als ein Notbehelf bdetachtet, um aus der berworrenen Situation her⸗ um auszukommen, welche durch das Scheitern des neuen Bolksſchulgeſetzes und die hierdurch bedingt geweſene miniſterielle Krifis geſchaffen wotden ſſt. Die Ab⸗ un des Reichskanzlerpoſtens vom preußiſchen in die feſte Grundlage für die Ausübung ſeiner Amts⸗ pflicht als Reichskanzler, mögen auch die Funktionen des leitenden Staatsmannes und diejenigen des preu⸗ ßiſchen Miniſterpräfidenten nach manchen Richtungen noch ſo weit auseinander liegen. Vorläufig aller⸗ dings hat man die in der Trennung beider Aemter liegenden Schwierigkeiten dadurch zu umgehen ge⸗ ſucht, daß der neue Miniſterpräfſdent kein Portke⸗ ium entzieht dem Inhaber des erſteren feullle bekommen hat, womit ja etwaige Reibungen mit dem Reichskanzler für's Erſte vermieden werden dürften; ob ſich ſolche aber auch für die Dauer dermeiden laßſen werden, muß denn doch noch ſehr dahingeſtellt bleiben. Sicher iſt, daß Graf Caprivi nur auf den ganz beſtimmten Wunſch des Kaiſers hin ſeine Thätigkeit als Reichskanzler fernerhin aus⸗ übt, hiermit iſt aber von ſelbſt eine gezwungen unnatürliche Situation gegeben, die über kurz oder lang zu einer neuen Kanzlerkriſts führen muß. — Ueber die Stellung, welche der neue preu⸗ ßiſche Kultusminiſter, Dr. Boſſe, zu den ſchwebenden Fragen ſeines Reſſorts einzunehmen gedenkt, herrſcht noch Ungewißheit, da Herr Dr. Boſſe in polltiſcher Beziehung bislang ſo gut wie gar nicht hervorge⸗ treten iſt. Nur das Eine wird man wohl als ſicher annehmen können, daß der neue Chef der preußiſchen Schulverwaltung den Zedlitz ſchen Ent⸗ wurf eines Volksſchulgeſez es alsbald wieder zurück⸗ zieht und daß er ſeinerſeits es unterlaſſen wird, dem Landtage mit einem dritten Entwurfe eines Volksſchulgeſeßes zu kommen. Es hat ſich eben auch diesmal wiederum gezeigt, wie überaus heikel die Frage des Volksſchulgeſetzes auch nach der politiſchen Seite hin iſt, und vermutlich wird der Kultusmi⸗ niſter Dr. Boſſe lein beſonderes Verlangen hegen, ſich die Finger hieran zu verbrennen, wie ſeine beiden Vorgänger. — Der Reichstag ſteht unmittelbar vor der Beendigung ſeiner Thätigkeit. Falls es gelingt, die am Samstag begonnene dritte Etatsleſung, ſo⸗ wie die dritte Leſung des Weingeſetzes raſch zu er⸗ ledigen, erfolgt der Schluß des Reichstages mog⸗ licherweiſe ſchon an dieſem Dienstag, jedenfalls iſt er aber im Laufe der gegenwärtigen Woche zu er⸗ warten. unſern ſchwarzen Landsleuten ihr Glück zu verſuchen. — Aus dem Streikgebiete von Durham, in welcher Grafſchaft die erkragsreichſten Steinkohle gruben Englands liegen, werden fortgeſetzt ernſte Ausſchreitungen der ſtreikenden Bergleute gemeldet. Die Polizei erweiſt ſich als unfähig, den Tumulten ein Ende zu machen, ſo daß das Eingreifen des Militärs nötig werden dürfte. Verſchiedenes. * Ladenburg, 28. März. Vom 1. April ab kommt für den geſamten Poſtdienſt im Großher⸗ zogtum Baden die mitteleuropäiſche Zeit (M. E. Z.) zur Einführung. In Folge deſſen werden don dem gleichen Zeitpunkte ab ſämtliche in den poſtaliſchen Bekanntmachungen über den Abgang und die An⸗ 1 kunft der Poſten enthaltenen Zeitangaben mitteln? europäiſche Zeit bedeuten, ſofern nicht bei den be⸗ treffenden Ortsnamen etwas Anderes permerkt iſt. Die Eröffnung und der Schluß der Poſtſchalter er⸗ folgt vom 1. April ab zu den feſtgefetzten Stunden jedoch nach mitteleuropäſſcher Zeit, d. 9. etwa eine halbe Stunde früher als bisher, da die nach mittel⸗ europäiſcher Zeit geſtellte Uhr gegen die bieſtge, ſeit⸗ her gebräuchlich geweſene Ortszeit um 25 Minuten vorgerückt iſt. 6 — Mannheim, 25. März. Von einer un⸗ widerſtehlichen Sehnſucht nach Kam⸗run wurden 3 hieſtge Volksſchüler im Alter von 12 bis 18 Jahren erfaßt und ſie beſchloſſen daher, ihrem Vaterlande Valet zu ſagen, um in den deutſchen Kolonien bei Insgeheim verſorgten ſich die Auswanderungsluſtigen . mit etwas Lebensmitteln und — 9 Mk. Geld, welche wohl der Kaſſe der Väter der Heimatmüden entſtammt haben mochten. Am Montag vormittag wurde die Reiſe heimlich angetreten und zwar ſchlug Die Wallfahrt nach Czenſtochau. 6 Roman von Johanna Berger. Da tönte plötzlich die ſchrille Stimme der Edel⸗ frau dicht an Jadwiga's Ohr. „Jeſus, was flehſt Du noch immer hier? Iſt es Dir vielleich! gefällig, el I Dich um unſer Souper zu kümmern! Es giebt noch * Endivien zu verleſen! — Oder iſt das gnaͤdige „Sihl Fräulein zu vornehm dazu ?“ % dan Michalina hatte ihren Rapport gemacht, das ac ol war klar. Tief beſchämt verließ das Mädchen das e Zimmer. Im Veſtibul traf ſie mit Roman zu⸗ ſammen. Er blickte ihr forſchend in das lebhaft getötete Geficht, denn ein paar große Thränen hingen ihr än den Wimpern. Aber ſie wande ſich ſchnell ab, damit er ſie nicht ſehen ſollte, und verſchwand chlor, er. part in der nüchſten Thür. 7 gat n Der junge Edelmann ſah ihr kopfſchüttelnd nach, dann ſchritt er langſam vorwärts, um den ien. Gäſten den Willkommengruß zu bieten. Und er that Düne mit der Höflichkeit eines echten polniſchen Covallers, gun l welchem Gaſtfreundſchaft auszuüben ein Gebot der 5 Ebre iſt. Er neigte ſich ſo tief und ſo ehrfurchts⸗ 8 voll über die Hand der Gräfin Antonia, als be⸗ rührten ſeine Lippen die Hand der Zarewna. Dar⸗ auf machte et auch der Comteſſe ſeine Verbeugung, umarmte den Grafen und küßte ihn dreimal auf Nund und Schultern N . das er flüchtig an ſeine Lippen zog. reich beſetzten Theetiſch nieder. Samowar. Er verrſchtete ſein Amt aber mit graßem Gräfin Antonia blickte Roman freundlich in das friſche braune Geſicht. „Wie blühend Sie aus⸗ ſehen!“ ſagte ſie in elegantem Franzöſiſch. „Die Landſchaft iſt Ihnen ſehr zuträglich geweſen, denn in Wilna war ihre Geſundheit nicht die ſtärkſte. Wir haben Sie recht vermißt, lieber Roman, mein Mann und ich gedachten Ihrer unzählige Male, denn wir beſſtzen ein treues Herz und vergeſſen unſere Freunde nicht! Darum iſt es uns auch eine ganz außerordentliche Freude, Sie endlich einmal wieder zu ſehen! — Unſere Spiridia werden Sie kaum noch kennen. Drei Jahre find eine lange Zeit und die Kleine iſt ſeitdem herangewachsen! Komm doch her und gieb Roman die Hand, Lieb⸗ chen. Thue doch nicht ſo entſetzlich ſchüchtern. Er muß ſonſt denken, Du biſt ein kleines dummes Ding vom Dorfe und nicht in Paris erzogen!“ Das junge Mädchen erhob ſich und kam lang⸗ ſam näher. Die müden ſchwarzen Augen ſtreiften zeinen Augenblick Roman's Geſicht, dann ſtreckte fie ihm halbzöͤgernd ihr ſchmales Händchen entgegen, Ein paar verbindliche Worte, welche er an ſie richtete, beant⸗ wortete ſie nur mit einem leiſen Ja oder Nein. Die kleine Geſellſchaft ließ fich nun an dem Pavel beſorgte den 8 Ungeſchic. Er ſtieß alle Augenblig was um, goß die Gläſer zu voll und warf eine Kyſtallſchale mit Backwerk auf den Teppich. Die Edelfrau ſah es mit Entſetzen. „Was machſt Du denn, was fällt Dir ein, biſt Du blind?“ rief ſie ärgerlich aus. Dann entſchuldigte ſie ſich bei der Gräfin. „Ich bin untröſtlich über dieſe ſchlechte Bedienug, aber Jadwiga, welche ſonſt den Thee ſervirt, hat heute keine Luſt dazu. Sie caprieirt ſich nämlich darauf, zuweilen die Dame zu ſpielen, und das iſt geradezu lächerlich! Findeſt Du es nicht auch, Roman?“ „Ich — nein!“ war ſeine raſche Antwort. Nicht? — Freilich Du biſt immer die reine Geduld und Nachſicht ihr gegenüber, aber an mich denkſt Du dabei nicht! Du müßteſt jetzt zu ihr gehen, ihr den Kopf zurechtſetzen und ſie zu ihrer Pflicht zurückführen! Du weißt doch, daß ich immer nervös werde, wenn Pavel lange im Zimmer iſt! Er iſt ſo ſchrecklich unbeholſen und riecht beſtändig nach Zwiebeln. Aber Dir iſt Alles egal!“ Roman wollte auffahren, denn die kindiſchen Anklagen ſeiner Mutter empörten ihn. Doch er be⸗ herrſchte ſich und verſuchte die heftige Erwiderung, die ſchon auf ſeinen Lippen ſchwebte, zu unterdrücken. Dabei kam ihm die Gräfin zur Hülfe, welche die Frage aufwarf, ob Jadwiga das junge Mädchen ſei, von dem ſie bei ihrer Ankunft empfangen worden waren. N 1 7 wirklich in