blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abenb. 1 vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltung Die Linderung der ſozialen und wirtſchaft lichen Not durch eine zeitgemäße Reform der Lebens- und Nentenverſicherungen. Eine große Anzabl ſorgender Familienväter, mögen ſie nun auf feſtes Gehalt angewieſene Be⸗ amte und Angeſtellte oder im Erwerbsleben kämpfende Geſchüftsleute ſein, hält es heutzutage für gut und notwendig, durch den Abſchluß einer L⸗bens⸗ oder Rentenverficherung die wirtſchaftliche Zukunft ihrer Angehörigen ſicher zu ſtellen, und dieſe Verſficher⸗ ungen an ſich verdienen gewiß alls Lob. Wenn ſich aber der Menſchenfreund, der Nationalökonom und der Juriſt die Art, unter welcher ſolche Ver⸗ ſicherungen gewöhnlich abgeſchloſſen werden, genau anfieht, und der Statiſtiker feſtſtellt, daß immer nur ein Bruchteil aller Familienväter überhaupt verfichern kann, ſo muß man ohne Weiteres be⸗ haupten, daß das ganze Lebens verſicherungsweſen vom ſozialen und volkswirtſchaftlichen Standpunkte aus große Lücken und Schatten ſelten aufzuweiſen i dak. Die meiſten Vebensverſicherungsgeſellſchaf ten 75 find allzu üängſtlich darauf bedacht, ihr Niftko ſo 3 viel als möglich zu vermindern. Nur kerngeſunde, 15 ſorgfältig von Vertrauensärzten untersuchte Perſonen ücher mochten ſie verſichern, dabei muß der Verſicherte ſich vielfach noch Einſchränkungen oder gar Aufheb⸗ ungen der abgeſchloſſenen Verficherungen gefallen folge, laffen, wenn er große Seereiſen unternimmt oder jut. als Vaterlandsverteidiger Kriegsdienſte leiſten muß. 0 Was derartige Klauſeln bei der heutigen allgemeinen — Vschflcht und den großartigen B⸗rböltniſſen des — Weltverkehrs für Verſicherte zu bedeuten haben, e raucht wohl nicht näher ausgeführt zu werden, nd die Verſicherten in erſter Linie und der Staat nd die menſchliche Kulturgemeinſchaſt in zweiter Linie mußten in dieſer Hinficht kulantere Verficher⸗ ungsbedingungen von den Lebens⸗ und Rentenver⸗ ficherungsgeſellſchaften verlangen, und ferner mußte auch eine zeitgemäße R-form in Bezug auf die Art des Abſchluſſes der Verficherungen überhaupt er⸗ wartet werden. Es iſt nun hoch erfreulich, daß einzelne, von beſonders weit blickenden Direktoren geleitete Ver⸗ ficherungsgeſellſchaften ſelbſt auf den betreffenden Gebieten Reformen durchführten und dadurch bei der berrſchenden Konkurrenz im Verſich⸗rungsweſen auch die anderen Geſellſchaften zu ähnlichen Refor⸗ men nötigten. Am bedeutſamſten war zunächſt in dieſer Hinſicht die vor einigen Jahren erfolgte Er⸗ klärung der großen Gothaer Leben sverſich⸗rungsbank, daß die bei ihr abgeſchloſſenen Verſicherungen auch ohne Weiteres für die Kriegsgefahr gelten. Die Gothaer Lebensverſich⸗rungsbank wurde dabei von der Erfahrung geleitet, daß eine Epidemie gewöhn ; lich wehr Menſchen, zumal bei Lebensverficherungen verſicherte, über dreißig Jahre alte Perſonen, dahin⸗ rafft als ein Krieg. Ein wichtiger Fortſchritt auf dem Gebiete des Lebensverſich⸗rungsweſens war ferner die Einführung der Unanfechtbarkeit der Lebensverſicherungsverträge feitens der „Lebensver⸗ ficherungsgeſellſchaft zu Leipzig“. enormer Tragweite erſtrebt aber neuerdings die Verficherungsgeſellſchaft „Victoria“ in Berlin da⸗ durch, daß ſie unter Bfobachtung gewiſſer Beding⸗ ungen ohne jede ärztliche Unterſuchung der betreffen⸗ den Perſonen Lebensverfich- rungen abſchließt und dabei auch die Zahlung der Prämien in wöchent⸗ lichen Raten geſtattest. Da ferner ſolche Verſicher⸗ ungen bis zu 10 Pfennigen Wochenprämie abge⸗ ſchloſſen werden können, ſo iſt durch dieſen Reform⸗ plan der „Victoria“ allerdings geradezu Jedermann Eine Reform von Anzeigen: 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. Druck und Verlag von Rarl Molitor, Ladenburg. b gestaltet, die 1⸗ſpaltige TCorpus-Zeile oder deren Naum Corpuszeile. Neclamen 20 Pfg. 1892 eine Lebensberſſcherung ahnſchlezen und ſeinen Angehörigen auf b'queme Weiſe ein Kapital zu etwerben. Verſchiedenes. — Mannbeim, 17. Mäz Auf der Thalfahrt des Schroubendampfers „Badenia 1“ der Mannheimer Lagerhaus -⸗Geſellſchaft ereignete fich vorgeſtern zwiſchen der oberhalb Worms gelegenen P'tersau und dem Roxbeimer Loch ein ſchrecklicher Unglücksfall. Der 27 Jabre alte Matroſe Joſef Simon von Langd im Kreiſe Saarburg wollte die Böll r reinigen, damit der Schuß zum O ffnen der Sch ffbrücke gut funktioniren könnte. Simon nahm nur eine Kleinigkeit Pulver für den Lauf und für das Zündloch. Eine Kanne, mit 12 Pfund Pulber gefüllt, ſtand in der Nähe des Böllers; als Simon vermittelſt glübender Stange das Pulver entzünden wollte, wurde die Kanne von der berousſchlagenden Flomme erfaßt und zerpletzte, wobei Simon von der Flamme ergriffen wurde und ſogleich auch in hellen Flammen daſtand. Simon war, als man herbeikam, ſchon ber Bord gefallen, nur ſeine Mütze ſah man noch treiben. Ob Simon in den Rhein geſchleudert wurde, oder ob er ſelbſt hineinſprang, kann niemand beurteilen. Die Leiche iſt noch nicht geländet. — Mannheim, 15. März. Die hieſfige nationalliberale Partei hat einen Verein jugendlicher Mitgli der dieſer Partei ins Leben gerufen, der ſchon eine ſtattliche Anzahl von Mitgliedern zählt. Der Zweck dieſes Vereins iſt, die jungen Leute in das politiſche Leben einzuführen und ihnen Kenntnis von den wichtigſten Tagesfragen zu geben. Dieſer Zweck ſoll durch Vorträge über neue und neuere Geſchichte erreicht werden. Ferner ſollen die jungen Leute zu ie Wallfahrt nach Czenſtochau. Roman von Johanna Berger. „O!“ rief er ärgerlich aus. „So war's nicht emeint! — Aber Du willſt mich abfichtlich nicht erſtehen, und wenn Du mir die Blumen nicht frei⸗ illig geben willſt, dann behalte ſie lieber! Wird es ir denn ſo ſchwer, mir dieſen Wunſch zu erfüllen?“ Jadwiga ſah zu Boden, es kämpfte in ihren ügen. „Ich muß fort“, ſagte ſie ſchüchtern. Laſſen ie mich gehen, Pan Roman, ich habe noch in der liche zu thun.“ „Ja, geh! ich will Dich nicht aufhalten, aber“ er faßte ihre Hände und hielt ſie feſt, „aber erher mußt Du mir erſt Antwort auf meine Frage eben — ein kurzes Ja oder Nein!“ Seine Wangen röteten ſich, als er mit ſeltſam eicher und bewegter Stimme die Worte hinzufüg e: „Jadwiga, gieb mir eine Blume, nur ein einziges asminzweiglein, oder lieber eine rote feurige Roſe. illft Du? — Sag ja!“ „Wüßte nicht, was dem gnädigen Herrn daran gelegen ſein könnte!“ ſagte ſie leiſe, während ſich hre Wimpern noch tiefer über die Augen herabſenkten. „Alſo ein Nein !, rief er heftig, indem ſein uß ungeſtüm den Boden ſtampfte. „Es thut mir leid, daß ich ſo viele Worte um das armſelige Grün⸗ kraut verschwendet habe, an dem mir wirklich nicht das Geringſte liegt! Wollte Dich nur einmal auf Deinen Gehorſam prüfen!“ Er maß fi- mit einem langen durchbohrenden Blick, drehte ſich dann kurz um und ging mit dröh⸗ nenden Schritten zur Thür hinaus. Sein Geſficht war von Zornesgluth übergoſſen. Jadwiga erbleichte und Thränen ſtiegen ihr in die Augen. Sie preßte die Hand auf die Stirn, als dächte ſie tief und ernſtltch über etwas nach. Doch nach einer Weile hob ſie mutig das Köpfchen wieder in die Höhe. Sie ging langſam zur Tafel und ſtellte die Vaſe mit dem Strauß in die Mitte derſelben. Da wurde plötzlich die Flügelthür, das Veſtibül des Hauſes führte, und eine ältere kleine, Saal. Sie zog die laug⸗ Schl ppe ihres hellblauen Seidenkleides mit einem Ruck über die Schwelle, riß ungeduldig die Handſchuhe von den Händen, band haſteg ihre Hutbänder auf, ſchleuderte alles auf einen Stuhl und ſchültelte fich. „Jeſus, Maria und Joſef!“ rief ſie aus, „was bin ich echauffirt, — ja, rein kaput! Drei Stunden bin ich in der Stadt umhergefahren, um Sp tzen zu meinem nruen Atlaskleide zu kaufen — in wenig⸗ ſtens zehn Magazinen ſuchte ich danach, aber in unſerem Neſte war nichts Ordenliches zu finden. welche in heftig aufger'ſſen haben! — Nachher brachte mich auch noch der Ich bin außer mir, denn ich muß die Spitzen morgen bock fiel. corpulente Dame flog in den Conditor in Zorn, er will uns keine Torte backen, da ihm die Sahne ausgegangen iſt! Nun ſtelle Dir die Blamage vor, keine Torte zu unſerem Souper! — Was werden unſere Gäſte davon denken? Es iſt ein wahres Elend, daß es in Czenſtochau nur einen einzigen Conditor giebt! — Und zu dem vielen Aerger kam noch dazu, daß der Frannſchek wieder einmal ſo betrunken war, daß er beinahe vom Kutſch⸗ Die Pferde gingen wie Schnecken und wären ſchließlich mitten auf der Landſtraße ſtehen geblieben, wenn ich dem Schlingel nicht mit dem Sonnenſchirme einen tüchtigen Puff verſetzt hätte. Das rüttelte ihn auf! — Aufgeregt und verdrieß⸗ lich komme ich endlich nach Hauſe und ſuche ſchon eine ganze Weile in allen Ecken nach Dir. Wo baſt Du denn geſteckt? Immer wenn man Dich braucht, biſt Du nicht do!“ „Ich habe den Saal hier in O dnung gebracht, vorber war ich in der Küch⸗, um mit Michalina die Mohnſtriegel zu hacken,“ war Jadwiga's beſcheidene Antwort. „Ach, erbarme Dich, die Mohnſtriegel!“ rief die kleine Dame, indem ſie beide Hände über dem Kopfe zuſammenſchlug. „Ach Kind, Kind, was haſt Du damit angerichtet! Ich bab fi- bereits geſehen, oder vielmehr gerochen! Fi donc, ſi« duften nach Citronen, welch ordinäres Parfüm! Und ich ſagte Dir doch, Du moͤchteſt Eau des fleurs d'oranges oder Creme de rose dazu nehmen! Mein Gott, 15 . 6 0 1 0 * 1 . eee 1 5