blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. urſcheint jeben Dienstag und Freitag Abend. Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs⸗ 5 Für die Redaktien verantwortlich: Karl Moliter, Ladenburg. Mittwoch den 2. März Anzeigen: die 1⸗ſpaltige Corpus⸗Zeile 5 bert Raum 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 ig. 1 Druck und Verlag von Karl Molitor, Ladenburg. Corpuszeile. Neclamen 20 Pfg. 1892 k. um N N 8 nen, 5 Volitiſches. f tingelahm Berlin, 27. Febr. Die lärmenden und auf⸗ rühreriſchen Szenen, deren Schauplatz die Reichs⸗ n hauptſtadt in den letzten Tagen war, find geeignet, —— Beuntuhigung und Beſorgniſſe bei allen ordnungs⸗ lebenden Bürgern hervorzurufen. Die Vorgänge „ find erbeblich der den Umfang kleiner lokaler Tu⸗ multe, wie ſie da und dort vorzukommen pflegen, gutzech binausgegongen. Wiederholt und flundenlang haben förmliche Gefechte zwiſchen der Polizei und den Maſſen ſtattgefunden, Blut iſt auf beiden Seiten gefloſſen, in großem Umfange find Zerſtörungen 0 und Sachbeſchädigungen vorgekommen, und leider muß man täglich auf die Wiederkehr ſolcher Auf⸗ ron tritte gefaßt ſein, wenn einmal gewiſſe Schichten des Volks an derlei Treiben Gefallen zu finden anfangen. Die Menge Derjenigen, die ſich an ſolchen Aus⸗ ſchreitungen beteiligen, ſetzt ſich aus ſehr verſchieden⸗ artigen Elementen zuſammen. Vielleicht die Mehr⸗ zahl find neugierige und ſchauluſtige Leute, 5 überall dabei ſein müſſen, wo etwas „los“ iſt; e anderer ſehr erheblicher Teil beſteht aus jenen ver⸗ kommenen, arbeits- und lichtſcheuen Strolchen, wie fie jede Großſtadt zahlreich in ihrem Schoße birgt; einen andern, aber ficherlich den ſchwächſten Teil mögen ehrliche Arbeiter bilden, die zur Zeit brod⸗ und erwerbslos find und glauben ſich durch drohende Aufzüge Arbeit erzwingen zu können. Uebereinſtim⸗ mend wird berichtet, daß die ganz jugendlichen Altersklaſſen, halbwüchfige Burſchen, auffallend ſtark vertreten waren. Der Polizei iſt es bisher noch einigermaßen gelungen, die ſchlimmſten Ausſchreit⸗ ungen zu verhüten, wenn auch bereits ſehr ſtarke Exz'ſſe vorgekommen find und der Zuſtaud des Landfriedensbruchs und Aufruhrs offen herrſchte. Ob nicht noch ſchürfere Maßnahmen zur Sicherung der Ordnung und Ruhe ſich als notwendig erweiſen werden, iſt bei der unberechenbaren Entwicklung ſol⸗ cher Bewegungen nicht vorauszuſehen. Indeſſen befitzt unſere Staatsgewalt ſo große Macht und ſo ſtarle Mittel der Abwehr, daß man ſicher ſein kann, daß ſie auf alle Fälle ihre Pflicht und Aufgabe im vollſten Maße zu erfüllen im Stande ſein wird. Man wird auch keineswegs nötig haben, ſie zur Energie aufzufordern; ſie hat es ſchon bisher daran nicht fehlen laſſen. Schwieriger als die Unterdrück⸗ ung der Ausſchreitungen mit den gebotenen Mitteln der Macht iſt die Ergründung und gar die Heilung der Schäden und Notſtände, aus denen ſolche be⸗ dauerlichen Vorkommniſſe entſtehen. Berlin, 27. Febr. Das fünfundzwanzig⸗ jährige Jubiläum der nationalliberalen Partei. Am 28. Februar 1867 hat ſich die nationalliberale Fraktſon des Reichstags unter dem Vorſitz des Herrn v. Bennigſen konſtituirt. Es traten derſelben vorerſt 53 Mitglieder bei, denen in den nächſten Tagen noch mehrere folgten, ſodaß die Fraktion als⸗ dann aus 71 Mitgliedern beſtand. Der 28. Febr. iſt damit als der eigentliche Geburtstag der Partei, wenigſtens in ihrer parlamentariſchen Vertretung, zu betrachten, nachdem ſchon im preußiſchen Abge⸗ ordnetenhaus am 17. November 1866 eine „natio⸗ nale Fraktion“ unter den nachherigen Führern der nationalliberalen Partei (Hammacher, Lasker, Tweſten, v. Unruh u. A.) ſich gebildet hatte. Von den 71 Mitgliedern, welche anfangs die nationalliberale Fraktion des Norddeutſchen konſtituirenden Reichs⸗ tags bildeten, iſt dermalen nur noch der Abg. v. Bennigſen parlamentariſch thätig, mit kurzer Unter⸗ brechung andauernd ſeit jener Zeit. Am 12. Juni 1867 vereinbarte die nationalliberale Partei ibr erſtes Programm. In dem am 31. Auguſt 1867 gewählten erſten ordentlichen Norddeutſchen Reichs⸗ tag zählte die nationalliberale Partei 85 Mitglieder, wozu durch die Zollparlamentswahlen von 1868 eine größere Anzahl von Süddeutſchen binzutraten. Die Reichstogswablen von 1871 ergaben für die Partei 150, 1874: 151, 1877: 126, 1878: 97, 1881: 45, 1884: 50, 1887: 98, 1890: 41 Mitglieder. Im preußischen Abgeordnetenhaus und in anderen deutſchen Landes vertretungen hat ſie ſich noch beſtändiger auf einer ausſchlaggebenden Höhe erhalten. Paris, 28. Febr. Geſtern Abend gelang es endlich das neue Kabinett unter Loubet zu bilden. Freyeinet, Ribot, Nouvier, Roche Develle behalten ihre bisherigen Portefcuilles. Recard, derzeit Präft⸗ dent der porlamentariſchen Kommiſſion, welche die Arbeitergeſetze vorbereitet, übernimmt die Jutz, Viette die öffentlichen Arbeiten, Cavaignag Marine, Loubet Präfldentſchaft und Inneres. Verſchiedenes. — Mannheim, 28. Febr. In der Nähe der Station Friedrichsfeld, 2 Stunden von hier, ſtieß heute morgen der um halb 5 Uhr von Heidel⸗ berg abg⸗hende Perſonenzug der Main⸗Neckar⸗Bahn auf einen ſtillſtehenden Extragüterzug, welcher mit Vieh für den hiefigen Viehmarkt beladen war. Hiebei wurden die zwei hinteren Wagen des Güterzugs total zertrümmert und es ſchob ſich die Lokomotive des Perſonenzuges auf einen Güterwagen. Leider iſt bei dieſem Unfall ein Menſchenleben zu beklagen, indem der Wagenwärter Stotz von Eppelbeim, Va⸗ ter von 4 Kindern, auf der Stelle kot blieb. Auch ein Ochſe büßte ſein Leben ein, während eine größere Anzahl von Küben und Ochſen größere Verletzungen erlitten. Eine größere Anzahl Tiere ſprang aus den In Sturm und Drang. Novelle von C. Weſtern. e in Was war das? Man wollte offenbar Herrn Reichart und Herrn Arnberg überfallen! Ganz richtig, ſte hatte ja den Wagen aus der Remiſe ziehen ſehen, als ſie hinter den Häuſern dem Wildhagen zugeeilt war. Wenn fie jetzt ſchwiege, fiel der alte Herr vielleicht den Böſewichtern in die Hände und würde weicher, nachgebender! Aber nein, pfui, es galt ein Menſchen⸗ leben, vielleicht zwei! — Entſchloſſen raffte ſie das Körbchen auf und eilte atemlos heim. Hier rief ſie Gerhard und ſagte: „Eile nach Lindenthal, was Du laufen kannſt, warne Herrn von Arnberg! Schnell, ehe es zu ſpät iſt!“ Gleichzeitig ſagte ſie ihm alles. Gerhard war zum Tode erſchrocken, lief dann aber eiligſt davon. Nun ſprach Martha mit der Mutter und dieſe entgegnete: „Du haſt Recht, Kind; eile auf die Villa und warne Herrn Reichart!“ Sie ging und betrat zitternd das Haus. Fräu⸗ lein Clelia bemerkte zuerſt ihre Anweſenheit. „Was wünſchen Sie, Martha Voß?“ fragte ſte vornehm. „Ich möchte Ihren Herrn Papa ſprechen!“ „Er ſteht im Begriff zu verreiſen!“ „Das iſt es ja eben, das darf nicht geſchehen!“ „Hat es denn ſo große Eile? Es iſt wohl wegen — “ frug Fräulein Clelia bedeutſam. Martha ſchüttelte den Kopf, hob flehend die Hände auf und ſagte: „Es gilt Ihres Vaters Leben!“ „Was ſagen Sie?“ rief jetzt Fräulein Clelia erſchrocken. Sie lief hinaus und kehrte mit dem Fabrik⸗ herrn zurück. Herr Reichart reichte Martha die Hand und ſagte: „Reden Sie, Kind!“ Fliegenden Athems berichtete Martha alles, was ſie im Walde gehört hatte. Herr Reichart rief tief eeſchüttert aus: „Mein Gott, mein Gott! Ich wollte Ihnen das Herz meines Sohnes rauben — und Sie — kom⸗ men, zum mir das Leben zu retten! O, mein Gott!“ „Das iſt aber noch nicht alles, was ich zu ſagen habe!“ fuhr Martha fort. „Der Anſchlag der Böſewichter gilt zugleich Herrn von Arnberg!“ Fräulein Clelia ſchrie jetzt laut auf, „Beruhigen Sie ſich nur, Fräulein Reichart,“ beeilte fich Martha hinzuzuſetzen, „ich habe bereits meinen Bruder Gerhard fortgeſchickt, Herrn von Arn⸗ berg zu warnen!“ „O, Sie vortreffliches Mädchen! Wie ſoll ich Ihnen danken?“ rief jetzt Fräulein Clelia und drückte Martha die Hand. „Das werden wir Ihnen nie vergeſſen! Papa, das Kind berdient unſere Freundſchaft!“ fügte dann Fräulein Clelia ſehr freundlich hinzu. Herr Reichart berührte mit der Hand den blonden Scheitel Martha's und ſagte: „Gehen Sie zu Ihrer Mutter, Sie ſollen von uns hören!“ Wie träumend erreichte Martha wieder ihr Heim. Inzwiſchen hatte Gerhard Lindenthal erreicht. Auf ſein Begehren führte man ihn in ein ele⸗ gant moͤblirtes Zimmer, geſchmückt mit Waffen, Jagdutenfilien, Raritäten und großen Gemälden, mein Kind! lagen umher, Bücher füllten Etageren und Stühle. Das Ganze verriet eine echte Junggeſellenwirtſchaft. trat Herr von Arenberg, eine Cigarre im Munde, 1 Hochmütig blickte er auf den Krüppel und frug arſch: 5 „Was wünſchen Sie?“ „Ich komme aus Tiefenbach!“ ſtotterte Gerhard. Von Fräulein Clelia?“ fragte er lebhaft. „Nein, von meiner Schweſterſl“ „Heißt“ „Martha Voß!“ „Ach ſo! — Ja, mein Lieber, was kann ich da thun? Ihre Schweſter hätte klüger ſein ſollen; Pfeifen und Ciaarrenſpeßen allerlei Art ſtanden und i Gerhard ſtand eine Weile, ſich umſchauend, da, dann