Wien, e franzöſiſche Regie zeigte dem hirſigen Auswärtigen Amte an, daß ſie demnächſt behufs gründlicter Erlernung der deutſchen Sprache mehrere Offiziere nach Salzburg und Graz ſchicken werde, woſelbſt dieſelben ein halbes Jahr verweilen ſollen. Sofia, 30. Jan. Ein Komplott gegen den Fürſten wurde entdeckt. Zahlreiche Proklamationen an die Armee forderten zur Verjagung Ferdinands und Stambulows auf. Wzterer ſoll Vorbereitungen zur Mobiliſt rung der Nationalmiliz angeordnet haben. Verſchiedenes. — In Schwetzingen wollte geſtern Abend der ſogenante blinde Heinrich von daſelbſt unterhalb des Bahnübergangs die Eiſenbahnſchienen überſchrei⸗ ten, wurde jedoch hierbei von dem in demſelben Moment heranbrauſenden Zuge erfaßt, überfahren und buchſtäblich zermalmt. — Waldkirch, 25. Januar. Bei dem gütlichen Ausgleich der Waldkircher Gewerbebank zur Deckung der Liquidation von rund einer halben Million ſollen die Check⸗Konto⸗Inhaber je 25 Proz. gleich 19,000 M, die Einleger je 15 Proz, gleich 77,000 M. tragen, wogegen die Aktionäre das Aktien⸗ kapital von 200,000 M., der Auffichtsrath u. ſ. w. (außer mehreren Bürgſchaften des Auffichtsrats) 90,000 M. und die ftüheren Genoſſenſchafter 10,000 M. verlieren. — Aus Baden, 30. Jan. In Lahr ſollte die kirchliche Trauung eines ſchon ältlichen Paares ſtatifinden. Alles war bereit, die Braut wartete, nur der Bräutigam fehlte. Als man ihn endlich nach langem Suchen in ſeiner Behauſung fand, ſchlummerte er ſanft den Schlaf des Gerechten — er hatte die Trauung ganz vergeßſen. — Freudenstadt, 30. Jan. In große Trauer wurde heute eine hieſige Familie berſetzt. Deren älteſtes zehn Jahre altes Töchterchen wollte in einer Bäckerei Brod holen, kam aber zur be⸗ ſtimmten Zeit nicht zurück. Die beſorgten Eltern ließen vergeblich nach demſelben ſuchen. Erſt heute abend 10 Uhr wurde das Kind in einem als Fuß ⸗ weg benützten Winkel beim olten Knabenſchulgebäude unter einer vom Dache herabgeſtürzten Schnee⸗Lawine begraben, tot aufgefunden. In dem Prozeſſe — Wien, 28. Januar. gegen das die Ermordung von Dienſtmädchen ange⸗ klagte Ehepaar Schneider wurde heute das Urteil ge⸗ ſprochen. Mahlzeit!“ „Es wird auch gleichläuten!“ ſetzte er hinzu. Die Bergleute zerſtreuten ſich, aber ſtatt der Signalglocke im Förderſchacht ſchlug plötzlich die Contorglock: an und die mechaniſche Leitung pflanzte das Zeichen fort bis in den entfernteſten Winkel des ö Werkes. einander. „Man ruft uns von der Arbeit und aus dem Schachte? Was mag vorgefallen ſein?“ Aber trotz der Beſtürzung fiegte die Macht der Disciplin. Die Arbeiter ſammelten ſich in Zügen f und verließen in guter Ordnung die Schachte, um ſich vor dem Contor im Halbkreiſe aufzuſtellen. Da trat aus der Contorthür Herr Moths, der Inſpektor des Werkes, heraus, ihm folgte der alte Buchhalter Müller, der ein Acten ündel unter dem Arme trug. Im Halbkreiſe der Arbeiter nahmen beide Stellung. Herr Moth, ein vornehm gekleideter Mann mit einem fein geformten Geficht, welches allerdings ein lauernder Zug etwas entſt⸗ lte, und mit wohlgepfl⸗g⸗ tem röthlichen Barte, nahm das Wort: „Leute, es wird Euch bekannt ſein, daß in unſeren Lagerräumen mehr als zwölf Millonen Centner Kohlenvortäthe liegen: die Concurrenz der Nachbarwerke iſt eben nicht zu überwältigen. So iſt in dieſem Winter eine ſo große Ueberproduction zu Wege gebracht, daß wir nur unter gewiſſen Beding⸗ ungen weiterarbeiten können. Nach langer Ueber- legung hat Herr Reichart zugeſtanden, daß fortge⸗ arbeitet werden ſoll, doch wird für den Hund zwei Pfennige weniger gezahlt; auch ſollen die Schichten auf ſieben Stunden abgekürzt werden; wer damit zufrieden iſt, moge das Protokoll, welches Herr Müller verleſen wird, im Contor unterſchreiben, wer nicht b⸗xurteilt. Die Strafe ißt zuerſt an der je Schneider zu vollziehen. f e node Aus Fiume wird ge⸗ ſchrieben: In dem kroatiſchen Dörfchen Terſatto bei Suſſak wurde am letzten Dienſtag eine junge Dame, die nicht 20 Jahre zählte, lebendig begraben. Fräu⸗ lein Antonia Preves war ſchwindſüchtig geweſen, und wurde, nachdem ihr Tod von zwei Bezirksä z⸗ ten conſtatirt worden war, in der Morgenfrühe des 26. Januar auf dem Friedhofe von Terſatto einge⸗ ſcharrt. Als gegen 9 Uhr Vormittags neben dem friſchen Grabe der Todtengräber ein neues Grab aus höhlte, glaubte er plötzlich, aus nächſter Nähe mehrere Schläge zu vernehmen. Eine ſchreckliche Angſt bemächtigte ſich ſeiner, und er hatte nichts Eligeres zu thun, als ſein Arbeitsgerät von ſich zu werfen und den unheimlichen Oct zu verlaſſen. Er benach⸗ richtigte den Ortsvorſteher von ſeinem Abenteuer, und dieſer telephonirte ſofort nach dem unge fähr eine Meile entfernten Suſſak, von wo erſt um 4 Uhr Nachmittags eine aus drei Aerzten und dem Bürger⸗ meiſter beſtehende Commiffion in Terſatto eintraf. Als das Grab und der Sarg der Preves geöffnet worden waren, fand man dieſe mit halb erhobenen Händen und in einer ganz anderen Lage vor, als diejenige war, in welche ſie von den Leichenfrauen gebracht worden war. Es wurde feſtgeſtellt, daß der Tod erſt eine Stunde vor O ffnung des Grabes eingetreten dar. Der Fall hat in Teiſſatto, Suſſak und Fiume begreiflich es Auffehen erregt und wird jedenfalls zu einem Proziſſe gegen die beiden Be⸗ zirksärzte führen. — Die Londoner Polizei hat zu Beginn dieſer Woche die größten Briefmarken⸗Händler der eng⸗ liſchen Hauptſtadt verhaftet. Es find dies die In⸗ haber der Firma Beſſamm u. Sarpy, Callam Street, die mit einer Anzahl Komplizen überführt ſind, die ſchlimmſten Betrugsmanöver gemeinſam vollführt zu haben. Mehrere Millionen von ſeltenen Briefmarken, die ſämtlich durch dieſelben gefälſcht worden, find wieſen, daß eine koloſſale Menge dieſer Falfifikate über die ganze Welt vertri ben worden ſſt. Das Konſortium hat die Briefmarken nicht nur nachge⸗ Briefmarken erfunden, welche niemals exiſtirt haben. Unter den Sammlern hat die Entdeckung jenes Be⸗ trugsmanövers eine wahre Panik hervorgeruten. Beide Ang klagte wurden zum Tode durch murrend zu. „Was iſt das?“ fragte man beſtürzt durch⸗ und der Zeit ein, letzten Sitzungen der Clinical Society in London — — — von der Behörde mit Beſchlag belegt und es iſt er⸗ macht, ſondern auch die Poſtſtempel, und ſogar den Zug zum Stehen. Nu konnten feſtgenommen werden und wurden in Diang — Hundert Nadeln im Körper. In einer der machte, wle man von dort ſchreſbt, Dr. Charo Baſtian Mitteilung über eine 55 jährige p lch Patientin, die ſeit 1886 ſich unter ärztlicher Auf. ſicht in einem Verſorgungshauſe befand. Be der. ſelben traten epil'ptiſche Anfälle ſeit ihrer Kindheit auf. Ein Johr nach ihrer Aufnahme fing man an Nadeln in ihrem Körper zu bemerken, und es wurden durch Aerzte und Wärterinnen im Laufe der Zeit 86 Nadeln aus dem Kö'per der Patientin erttahit, während weitere vierzehn noch zu fühlen waren. Mit Ausnahme einer Nadel, die während eines Anfallez aus dem Munde entfernt wurde, wurden die anderen Nadeln aus der linken Körperhälfte, zumal aus ber Lenden-, ſeitlichen Bauch und Hüftregion entfernt, Zu einer Abſc ßbildung oder Verletzung von Nate und Gefäßen war es bei der Poſſage dieſer Nadeln durch den Körper nicht gekommen, deren Zumpor⸗ ſcheinkommen nur durch die leichte lokale Röthung und Schmerzhaftigkeſt der entſprechenden Hautparſſeg eingeleitet wurde. Dabei waren einzelne Naheln 3 ¼ bis 4 Zoll lang. Ueber die Art und Welt, wie die Nadeln in den Körper gelangten, kong nichts Sicheres eruirt werden, man konnte nie ſehen, daß ſie ſich die Nadeln irgendwo einſtecke oder ſchluge (fie hatte allerdings zu ihrer Näharbeit ſtets größen Nadelmengen bei ſich gehabt), und auch die Patſeng konnte keine Angaben machen, wie die Nadeln n den Korper gelangten. Linkerſeits, wo die Nadeln zu finden waren, beſtand Abſchwächung der Senff⸗ bilitität, und da Epilepſte beſtand, ſo dürften die Nadeln im epileptiformen Anfall wahrſcheinlich von der Patientin in den Körper eingebracht worden fen, wobei es immerhin intereſſamt bleibt, daß eine große Menge von Fremdkörpern an den berſchleden⸗ ſten Körperteilen keine ſchwereren Erſcheinungen her⸗ vorrief. — Zwiſchen den Stationen Oneglia und Diano Marina in der Nähe von Porto Mauri (Italien) wurde von acht vermummten Briganſen ein Schnellzug überfallen. Dieſelben drangen in ein Coupee erſter Klaſſe ein, in welchem ſich einig deutſche Herren befanden, und machlen den Verſuc, dieſelben zu berauben. Die Reiſenden ließ en sich jedoch durch das plötzliche Erſcheinen der Banditen nicht aus der Faſſung bringen, fondern ſetzte ſofor die Notbremſe in Bewegung und brachten dadurch Sämtliche acht Räuber Marina den Carabinieri übergeben. Wie ſpäter feſt⸗ geſtellt wurde, find es piemonteſiſche Fuhrleute. unterſchreibt, kann ſeine Entlaſſung bekommen! Ge⸗ arbeitet wird heute nicht mehr. Die reſtirenden Schichten werden ſogleich bezablt werden! Leſen Sie das Protokoll vor, Herr Müller!“ Der alte Graukopf las, die Arbeiter horten leiſe Jetzt war er zu Ende. „So weit mein Auftrag!“ nahm Herr Moths wieder das Wort. „Das Protokoll liegt im Contor auf! Guten Tag!“ Er ging erhobenen Hauptes da⸗ von und Herr Müller folgte hüſtelnd nach. Der Schlag kam unerwartet und wie aus heiterem Himmel. Trat die Reduction des Lohnes ſo hatten die Bergleute an dem jetzt ſchon kärglichen Verdienſte noch einen großen Abzug zu erleiden, anderen Falls waren ſte brodlos. Die älteren Arbeiter waren „Annehmen und unterſchreiben!“ bleibt uns ſonſt übrig?“ Da trat der rothe Lambert dazwiſchen und wandte ſich in gewandter Rede beſonders an die jüngeren Bergleute. Die Alten, bewies er, ſeien ängſtlich und in Beſorgnis um Weib Kind, das hätten ſie, die Jüngeren, Gott ſei Dank, nicht noͤtig. Vielmehr müſſe man Herrn Reichart ganz andere Bedingungen ſtellen. „Aber wie das anfangen?“ terne Stimme. „Wie?“ donnerte Lambert. „Wir ſtreiken alle ſammt und ſonders und verpflichten aus ſolidariſch, nur zum alten Lohnſatze und nach alter Zeitordnung arbeiten zu wollen; auch muß ſich Herr Reichart verpflichten, alle Vorrichtungen der Neuzeit zur Schonung der Arbeiter treffen laſſen zu wollen!“ „Bravo!“ rief die Mehrzahl der Arbeiter. Lambert ſchwatzte auch viel von der Macht des bald mit ſich einig. meinten fie. „Was fragte eine ſchüch⸗ Capitals und von den Rechten der Arbeiter, von Glück und Recht auf Wohlſtand, bis er die Meſſte⸗ zu ſich herübergezogen hatte. Dieſe Maforität de ſchloß dann den Streik und drohte jedem, der nicht mit ihnen hielte, Rache! Der alte Rupert ſeufzte „Ich dachte es,“ wandte er ſich an Atmo, „der Hetzer hat fie alle für ſich! Was ſogſt Du Arnold errbthete und ſagte kleinlaut: „Man ſollte es nicht glauben, daß der große Haufe ſo leicht zu lenken iſt! Sie haben aber nicht alle einen bruſtkran en Bruder, eine kranke Muller und eine zarte Schweſter wie ich.“ „Du ſprichſt nur allzu wahr! Und ſo waht ich Rupert heiße, das darf ſo nicht hingehen Er drängte ſich haſtig in die Mitte der Rane raden und rief: „Leute laßt Euch nicht beſchwotzen! Denkt Ihe auch alle an Weib und Kind daheim 7 Beſſer ein ge⸗ ringer Verdienſt als gar keiner! Beſſer balbſatt eſſen als verhungern! Meint Ihr, Herr Reichart würde uns je wieder in Arbeit ſtellen, wenn wir feht ſtreiken? Er wird auswärtige Arbeiter kommen loſſen und wir lönnen verhungern oder in die Freche gehen!“ Nun aber fing Lambert ſeine H ßreden wieder von vorn an. Man werde die Übr gen Zechen kings um auch zum Streik veranlaſſen, am ganzen Strome entlang. Dann würden die Arbeitsktäſte kar wenden und anderswo keine zu beziehen ſein. Dieſes fel die rechte Gelegenheit, den Fabrikanten, weiche doi Mark der Arbeiter leben, eine Forderung auf höheren Lohnſatz zu ſtellen und allerlei Vorthelle zu e zwingen; mehr ſeien dann doch die Bester den Arbeſtern in die Hände gegeben. (F. f.