Ir. 100 blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. Far die Redaktion derantwortlich: Narl Moliter, Ladenburg. r Allgemeiner Anzeiger für Ladenburg Erſcheint jeden Dienztag und Freitag Abenb. Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs⸗ 5 * re und Amgegend. 10 Pfg., Lokale Seſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. Corpuszeile. Neclamen 20 Pfg. Druck und Verlag von Karl Molitor, Ladenburg. 5 Mittwoch den 10. Dezemd Abonnemenkseinladung. Mit dem 1. Januar 1892 beginnt ein neues Quartal ds. Bl., wozu freund- lichſt einladet. Die Expedition. Politiſches. Ladenburg, 15. Dez. Die erſte Leſung der von Deutſchland mit Oeſterreich⸗Ungarn, Italien und Belgien abgeſchloſſenen Handelsvertraͤge im Reichstag hat am Donnerstag ihre markante Ein⸗ 5 leitung mit der erwarteten großen Rede des Reichs⸗ kanzlers erfahren. In derſelben entwickelt? Herr v. Copribi nochmals die Gründe, welche die Reichs ⸗ tegierung zum Abſchluſſe der neuen Verträge be⸗ ſtimmt haben, nachdem dieſe Gründe teilweiſe ſchon deus der die Handels politiſchen Vorlagen begleiten⸗ den Denkſchrift bekannt geworden find. In der Herrn v. Caprivi eignen klaren, präciſen Weiſe flüübrte der leitende Staatsmann aus, daß das ſeit 1879 beftandene Syſtem einer extremen Schutzzoll⸗ bollftir ſich obne die ſchwetſte wielſchaftliche Schädi⸗ gung der Völker nicht habe länger halten laſſen und daß deshalb die deutſche Regierung den Weg der Tarifsvertragspolitik beſchritten habe. Mit Ge⸗ wandtheit und Entſchiedenheit vertheidigte der Kanzler die Haltung der Reichsregierung in der Angelegenheit der Handelsverträge gegenüber den Angriffen, welch⸗ ſich die Regierung deshalb von berſchiedenen Seiten her zugezogen hat, und flocht der leitende Staatsmann hierbei eine offenkundige Zurückweiſung der Ansprüche der Agra rier und ein⸗ ſeitigen Intereſſenpolitiker mit ein. Herr b. Caprivi wies ferner auf die zu exwartenden nächſten Wirk⸗ er 1891 ungen der neuen Verträge hin und hielt am Schluſſe ſeiner Ausführungen einen bedeutſamen Ausblick auf die künftige Weltgeſtaltung auf Grund der wirtſchaft⸗ lichen Verträge. Nach dem Reichskanzler ſprachen am Donners⸗ tag noch die Abgeordneten Dr. Reichenſperget (Cent.) und Graf Kanitz (konf.) jener, um im Allgemeinen ſeine Zuſtimmung zu den Verträgen zu erklären, dieſer aber, um ſie einer höchſt abfälligen Kritik zu unterziehen. Der Zurückweiſung dieſer Angriffe des genannten konſervativen Abgeordneten auf die Han⸗ delsverträge galt die Rede des Staatsſekretärs von Marſchall, mit welcher die Freitagsd⸗ batte des Reichs ⸗ tages eingeleitet wurde. Der Staatsſekretär wies zunächſt nach, wie haltlos die Aeußerung des Braſen Kanißz ſei, daß die Denkſchrift zu den Han⸗ delsverträgen einen liberalen freihändleriſchen Geheim⸗ ratsſtyl zur Schau trage. Dann ging Freiherr von Marſchall zu den eigentlichen Angriffen des Abg. Grafen Kanitz auf die Verträge über, er meinte, wenn Graf Kanitz die Zölle als Freihandel be⸗ zeichne, ſo dürfe man wohl fragen, wo denn eigentlich der Schutzzoll anfange. Der Schutz der nationalen Arbeit ſcheine für Kanitz ein überwun⸗ dener Standpunkt zu ſein, aber beim Schutze der nationalen Arbeſt könne doch nicht auf die Land⸗ wirtſchaft allein Rückſicht genommen werden, dieſer Schutz müſſe vielmehr allen producirenden Bevölker⸗ ungskreiſen gewährt werden. Im Anſchluſſe hieran erklärte der Staatsſekretär, in handels politiſchen Dingen thun verſtändiges Maßhalten noth, darum werde in Deutſchland ein gemäßigtes Schutzzollſyſtem ſein oder aber es werde überhaupt kein Schutzzoll ſein. Freiherr von Marſchall führte dieſem Satz des Näheren aus und betonte dabei, die deutſche Land⸗ wirtſchaft werde gewiß lieber einen Zoll von 3½ Mk. haben wollen, als einen ſolchen von 5 Mk. der bei höheren Preiſen ſuſpendirt werden müßte. Schließlich verſicherte Freiherr von Marſchall, die Regierung ſei beſtrebt, Alles für die Landwirtſchaft zu thun, dies aber freilich nicht von jenem Stand⸗ punkte extremer Anſchauungen aus, wie ihn Graf Kanitz einnehme. Nach dem Staatsſekretär, deſſen Rede vom Centrum und von der Linken wiederholt mit Bel⸗ fall begrüßt worden war, ſprach aus dem Haufe zunächt der freifinnige Abgeordnete Brömel. Der⸗ ſelbe erklärte die Zuſtimmung ſeiner Partei zu den handelspolitiſchen Vorlagen und trat im Weiteren ebenfalls den Angriffen des Grafen Kanitz auf die Verträge entgegen. Natfonallibe ralerſeits begrüßte Abgeordneter Dr. Bhöttcher die Handelsverträge gleichfalls mit Beifall, betonte jedoch im Verlaufe ſeiner Ausführungen trotzdem, daß ſich das wirt⸗ ſchaftliche Leben in Deutſchland unter der 12jährigen Herrſchaft der entſchiedenen Schutzzollpolitik zu einer vorher nie gekannten Blüthe entwickelt babe. Sehr eingehend verbreitete ſich dann der nationalliberale Redner über die neuen Getreide⸗ und Weinzölle und ſchloß mit der Bitte um ruhige und gründliche Prüfung der Verträge. Hierauf ergriff der Führer der Freikonſervativen v. Kardorff das Wort. um ſich ent⸗ ſchieden gegen bie Verträge zu wenden. Er beſtritt, daß Deutſchland aus einem Ackerſtaat bereits ein Indu⸗ ſtrieſtaat geworden ſei und äußerte die Anſchauung, auf dem betretenen Wege würden wir allerdings zur Aufhebung der Getreidezölle, hiermit aber auch zur Verarmung der Landwirtſchaft, gleich England gelangen. Ihm entgegnete der Reichskanzler, es ſei nicht wahrſcheinlich, daß durch längeres Warten mit Handelspolitiſchen Unterhandlungen eiwas Beſſeres erreicht worden wäre. Bezüglich der von Kardorff Bas Geheimnis der Frau de la Mart. 8 5 Was ſollt das bedeuten P Luiſe ſchrieb an ihn Zum erſten Male an ihn. War denn ein Unglück ge⸗ chehen, oder was konnte ſich ſonſt ereignet haben. Der ſtarke Mann bebte wie Espenlaub, in einen Stuhl niederfinkend nahm er das Blatt abermals in eine Hand und begann zu leſen: 8 „Herr Hauptmann.“ Welche Anrede! So konnte das theure Mädchen nicht ſchreiben, die ihm ihr Herz geſchenkt! Und den⸗ och, das Blatt trug ihre Unterschrift, ein Irrthum chien unmoglich: Der Hauptmann flöhnte dumpf 0 wie ein zu Tode getroffenes Wild, dann las er weiter: „Noch vor vierundzwanzig Stunden hätte ich es für unmöglich gehalten, Ihnen dieſes Lebewohl ſchreiben zu müſſen und nun muß es doch ſein. Sie haben bei meinem Vater um mich geworben und das vergebens, denn er gab, ehe Sie kamen dem Baron Linden an meiner ſtatt das Jawort. —“ 5 b Wie kalt und geſchäftsmäßig das klang! Nicht in Schmerzenruf drang durch die Zeilen, keine Mräne hatte das Papier genetzt! O, Luiſe! Das Ulk, arte Frauenherz mochte eher brechen, als ſich verrathen! Aber wie konnte der Geheimrath dem Baron die Hand der Tochter zuſagen, welche frei Über ſich verfügen durfte! „Baron Linden liebt mich, er iſt reich und zudem iſt ihm mein Vater verpflichtet,“ ſchrieb Quiſe weiter „Sie ſehen, daß ich mich ſomit den Umſtänden fügen und Sie bitten muß, mein Wort zurückzugeben. Leben Sie wohl, Herr Hauptmann, und zürnen Sie mir nicht, daß ich Ihre Werbung, die für mich eine ſo ehrenvolle iſt, von mir weiſe! Möge es Ihnen ] derzeit lu gehen und Sie nicht all⸗ zu ungünſtig denken von 8 5 Luiſe von Norden.“ Mehr und mehr war beim Leſen dieſes Briefes der Zorn aus dem Geſichte des ſtaatlichen Offiziers macht. „O, mein arme, arme Luiſe!“ flüſterte er „Ich begreife dieſen kühlen, verſtändigen Brief! Dein Vater wird ihn Dir diktirt haben. So ſollen wir alſo doch ſcheiden, mein Lieb, und zwar um Opfer der Tochter beſteht, wenn er nicht den ver⸗ nichten ſoll! Herrgott, deine Wege find dunkel und ſchwer, aber — wir Menſchen dürfen nicht verzagen! Und denoch gebe ich Dich nicht auf mein Lieb. Ich will fort von hier, um jenen Baron zu entlarven.“ Erreat ſtand er auf, um zu geben. da fiel im gewiſchen und hatte einer tiefen Trauer Platz ge⸗ jenes zweile Blatt in die Hand, der don Linden's Diener gekaufte Brief. Als er ihn geleſen, da kam ein entſetzlicher Kampf über Leuthold; ſeine Bruſt arbeitete keuchend, ſeine Fäuſte ballten ſich und es zuckte in ſeinem Ant⸗ litz wie Wetterleuchten. „Dieſer Schurke, dieſer Betrüger: Er nimmt das Geld der Spanierin und zwingt meine unglück⸗ liche Luiſe dennoch, ſeine Werbung anzunehmen. Ich will zu ihm und ihn mit der Fauſt nieder⸗ ſchlagen, wie es ihm gebührt!“ Aber allmählich kam die kühlere Ueberlegung; was hätte es geholfen, wenn er den Baron gefor⸗ dert. Vielleicht nahm derſelbe das Duell nicht ein⸗ mal an und er, Leuthold, hatte kein Recht, Fräu⸗ lein von Nordens Namen in den Mund der Leute zu bringen. Nur fort; je eher, je beſſer, um die Geliebte vielleicht bald zu erlöſen aus den Feſſeln des Dame leine Aufſchlüſſe gab. Verhaßten. Leopold ſollte Juanas Schreiben er⸗ halten, obſchon daſſelbe über die Beweggründe der Hatte Eiferſucht oder Freundſchaft ſie dazu bewogen? Er ſtand auf, ſein jenes Abenteurers willen, der ſo gewiſſenlos auf das Gang war ſchwankend, ſeine Hände taſteten nach einem Stützpunkt und ſchwerfällig ließ er ſich am Schreibtiſch nieder; bald darauf lag der Brief an Aſſeſſor von Norden fertig da und Leuthold klingelte dem Burſchen. „Schaffe den Brief an ſeine Adreſſe und frage Attoleich nan mir aus mie ent den Grrtckattn ak