blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. Far die Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, Nr. 99. Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs⸗ i . Ladenburg. Druck und Verlag von Karl Moliter, Ladenburg. Anzeigen: die 1⸗ſpaltige Corpus-Zelle oder deren Naum 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. Corpuszeile. Neclamen 20 Pfg. Samstag den 13. Dezember ä — — — ¹ꝛͥ 1891 Bu den Handels verträgen. 1 Die neuen Handelsverträge zwiſchen den mit⸗ Aeleuropäiſchen Staaten, wie ſie zunächſt in den Parlamenten Deutſchlands und Oe ſterreich⸗Ungarns zur Vorlegung gelangt find, entſprechen in ihrem Inhalt im Großen und Ganzen den hiervon ge⸗ begten Erwartungen. Vor Allem kann es nicht über⸗ kaſchen, daß die Zugeſtändniſſe Deutſchlands an fene Mitcontrahenten weit überwegend auf land⸗ wirtſchaftlichem Gebiete liegen, und daß andererſeits die dem deutſchen Reiche von den übrigen Vertrags⸗ müchtengewährten Zollbegünſtigungen meiſtens die ver ⸗ ſchiedenen Richtungen der Induſtriethätigkeit betreffen. Für ein Land, welch ts, wie Deutſchland, ſich aus einem Ackerſtaate ſchon längſt mehr zu einem Indu⸗ ſirleſtaate entwickelt hat und das ſeinen aus ſich ſeloſt nicht mehr zu deckenden Bedarf Landwirt⸗ ſchaftlicher Erzeugniſſe mit Fabrikaten bezahlen muß, war der bisherige Zuſtand der gegenſeitigen Zoll⸗ Aberbietungen der großen Culturnationen einfach unhaltbar geworden. Aus dieſer zwingenden Erkennt⸗ is heraus find vornehmlich die nun ſo erfolgreich beendigten Handelsvertragsunterhandlungen von deutſcher Seite aus angeregt und kräftig durchge⸗ führt worden, und in der in der Vorlegung der Verträge im Reichstage begleitenden Denkſchrift ja auch die Gründe, welche die Reichsregierung zu dieſem ihren Vorgehen veranlaßt, ſo trefflich und klar dargelegt. Das nunmehr der Oeffentlichkeit zur Beurteil⸗ ung übergebene bedeutſame internationale Vertrags ⸗ werk berührt ſo verſchiedene Intereſſensphären, daß es durchaus nicht weiter verwunderlich erſcheinen lann, wenn ſich ſchon jetzt mancherlei Kundgebungen —— . das Geheimnis der Frau dt la Mart. Roman von H. v Limpurg. 1 uf ſeiner Bruſt brannten die unſeligen Bank noten, mit denen er ſeines Sohne Ehre gerettet u., die ſeine vernichtet hatte! Wie ſollte er weiterleben wie den Kollegen ins Antlitz blicken, wenn ſie klumphierten über die neuerrungene Handſchrift! Nein und nochmals nein! Er wollte ſich nicht o erniedrigen, er wollte den ſeines Lebens kein Be⸗ krüger ſein — er, der bisher ſo hochangeſehene Ge lehrte und Edelmann! Dichter fi len draußen die Schneeflocken, der Sturm hatte ſich erhoben und pfiff heulend um das Haus. Dem Geheimrath klang es wie Hohngelächter der Furien, wie ein Murmeln und Fragen: „Iſt es denn wahr, daß er ein Ehrloſer geworden, der ſeine Ehre und ſein Kind geopfert für ſchnödes Gold?“ Mit einem Male litt es den gequälten Mann nicht mehr im bereits dunkelnden Zimmer, er nahm Hut und Überzieher und eilte fort; wohin wußte er ſelbſt nicht. Draußen peitſchte ihm Sturm u. Schnee entgegen, er merkte es kaum; noch nie war er vor ſich ſelbſt geflohen wie heute! „Ich konnte nicht anders,“ murmelte er in ſich Hinein, „die Noth trieb mich dazu und dann — wer wird die gefälſchte Handschrift erkennen? Kein — — der Unzufriedenheit mit ſeinen hauptſächlichſten Be⸗ ſtimmungen breit machen. Darauf mußten aber die vertragsſchließenden Regierungen von Anfang an gefaßt ſein, daß ſie es bei ihren zoll⸗ und handels⸗ politiſchen Vereinbarungen durchaus nicht allen Leuten recht machen konnten, und wenn ſie Sonder⸗ intereſſen zurückgewieſen haben, ſo wird dies ſicher⸗ lich der wirkſamen Anerkennung der Vorträge in weiten Kreiſen nur zum Vortheil gereichen. In großen weltbewegenden Fragen müſſen immer die Wünſche einzelner Keeiſen und einzelner Parteien gegenüber den Forderungen der auf der anderen Seite ſtehenden Mehrheit der Bevölkerungselemente zurückſtehen. Von dieſem Standpunkt aus find auch die neuen Handelsverträge zwiſchen den Staaten Mitteleuropas zur Durchführung gelangt und mit dem ſie durchwehenden Geiſte erklären ſich die be⸗ teiligten Völker — daran beſteht doch mancher Einſprüche kein Zweifel — weit überwiegend ein⸗ verſtanden, wie man den aus dem In⸗ wie Aus⸗ lande zum Inhalte der Handelsverträge vorliegenden Preßkundgebungen entnehmen kann. Die ſchweren Opfer, zu denen ſich demgemäß die verbindeten Regierungen auf dem Gebiete der Getreide⸗ und Weinzoͤlle haben entſchließen müſſen, find vorzeitig bekannt geworden, ſie haben dement⸗ ſprechend in weiten beteiligten Kreiſen eine lebhafte Beunruhigung hervorgerufen. Ein Ausgleich dieſer Stimmungen iſt nur moglich, wenn dieſe Kreiſe, ſoweit ſie es verſtehen, über den eignen Geldbeutel hinaus auf das Wohl des Ganzen blicken, ſich da⸗ von überzeugen, daß in der That die erzielten Ge⸗ genleiſtungen auf anderen Gebieten im Intereſſe der geſamten deutſchen Wirtſchaft ein derartiges Opfer erheiſchen. Man wird in dieſer Hinficht ab⸗ Menſch: ſie find ja alle entzückt von von dem Er⸗ werb, Aber Luiſe?“ Zum erſten Male, ſeit ſeiner Tochter große Augen aus der Wiege ihn angeſchaut, zog ein wärmeres Gefühl für ſie durch ſeine Bruſt. War ſie denn nicht glücklich zu nennen, daß ſie Baronin von Linden werden ſollte 7 Freilich ſie liebte einen Anderen, doch was hatte das bei einem Mädchen zu ſagen. Sie würde den Hauptman ſicher⸗ lich bald vergeſſen, es konnte eben nicht ſein, daß fie ihn heiratete. Warum aber hatte Leopold ſich ſo energiſch auf die Seite ſeiner Schweſter geſtellt? Sollten es in der That nur jene freundſchaftlichen Be⸗ ziehungen zur Spanierin ſein, die den Aſſeſſor gegen Baron Linden einnahmen? Wieder fegte ein Windſtoß einher, dichte Schnetwirbel ballten ſich zuſammen und Norden mußte einen Moment ſtehen bleiben, um Athem zu ſchöpfen. f Drüben an dem Straßendamm, unweit der Hauptbrücke ſtanden einige Männer gruppenweiſe zuſammen, unter ihnen ein Poliziſt; ſie ſchienen eine menſchliche Geſtallt am Boden zu betrachten. „Was iſt dort geſchehen ? ſrug der Geheimrat einen vorübergehenden. „Ein Ertrunkener wurde aufgefunden,“ meinte derſelbe gleichgültig, „fte haben in ihm einen ent⸗ ſprungenen Sträfling erkannt, der wegen Urkunden ⸗ zuwarten haben, wie viele und welche deutſche In⸗ erzielen, wie weit die Zollermäßigungen und vor allem die angeſichts des in ſo vielen Ländern zur Zeit wuchernden Dranges nach Erhöhung der ſo überaus wichtigen Zollbindungen die Geſamtausfuhr Deutſch⸗ lands günſtig zu beeinfluſſen im Stande find. Die Erörterung dieſer Frage muß unſeres Erachtens vor der weiteſten Oeffentlichkeit erfolgen. Je fachlicher und gründlicher ſie geſchieht, umſomehr werden die⸗ jenigen Productivſtände, welche jetzt Opfer bringen müſſen, erkennen können, als welchen Bründen ſie dazu gendtigt find. Die Natur der Handelsverträge bringt es mit ſich, daß Bundesrat und Reichstag an den Einzel ⸗ heiten der Vorlagen nicht die geringſte Aenderungen vorzunehmen in der Lage find. Beide ſtehen vor einem einfachen Ja oder Nein. Der Bundesrat bat bekanntlich die Verträge bereits angenommen. Vor einer ſchweren verantwortungsvollen Entſcheidung ſteht der Reichstag. Jeder einfichtsvolle Induſtrielle wird nur wiederſtrebend und mit Bedauren darin willigen, daß unſerm wichtigſten nationalen Produe⸗ tipſtande, daß unſerer ſchwer kämpfenden Landwirt⸗ ſchaft erhebliche Opfer auferlegt werden. Denn jeder Patriot muß überzeugt ſein, daß ein unhaltſamer Niedergang des Bauernſtandes das größte nationale Unglück ſein würde, welches uns wiederfah ren könnte Dieſer Geſichtpunkt wird bei der Entſcheidung ſehr gewiſſenhaft erwogen werden müſſen. Anderſeits iſt im Intereſſe einer Beruhigung thunlichſt weiter Kreiſe nur dringend zu wünſchen, daß im Fall der Annahme die Mehrheit des Reichstags möglichſt groß werde, nur in einer überwiegenden Uebeinſtimmung der großen Mehrzahl der berufenen Vertreter des fälſchung ſaß, iſt wohl einſt ein Mann aus gebil⸗ detem Stande geweſen, den ſein Verbrechen von Stufe zu Stufe abwärts führte. Schaudernd wandte ſich der Gelehrte ab. Ihm wars, als habe jene Antwort in wenig Strichen ſein eigenes Lebensbild entworfen. Nein er wollte nicht ſo enden. „Zu Hauſe, murmelte er athemlos; kalter Schweiß brach ihm aus allen Poren und er eilte ſo ſchnell ihn ſeine Füße tragene vermochten, fort. Oben in ſeinem Zimmer war es völlig dunkel ge⸗ worden, ungeduldig zog der Geheimrat die Schelle um den Diener herbeizurufen. Dieſer kam mit der Jampe. „Sind mein Sohn und meine Tochter zu Hauſe,“ frug der Geheimrat, ich wünſche ſie zu ſprechen.“ Der Herr Aſſeſſor find fortgegangen und das gnädige Fräulein haben fich zu Bett begeben, ant⸗ wortete der Diener. „Es iſt gut. Ich werde den Thee in meinem Zimmer trinken und zeitig zu Bette gehen, ſollte mein Sohn ſpäter nach mir fragen, ſo ſagen ſie ihm dies.“ — Auch Leopold fühlte heute eine Unruhe und Gaſtloſigkeit, die ihn beinah aufrieb. Es ſchien ihm als hole das Schickſal noch einmal Athem, ehe es einen furchtbaren Keulenſchlag ausführe, der duſtriezweige aus dem Abſchluß der Verträge Vorteile