Adenburger Allgemeiner Anzeiger für Jaden rg und Amgegend. Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs⸗ . blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. un die Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, — — Ladenburg. 1 0 Nr. 98. eee e . Anzeigen: die 1⸗ſpaltige Corpus⸗Zelle 10⁰ Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. Corpuszeile. Neclamen 20 Pfg. Druck und Verlag von Karl Molitor, Ladenburg. 9 Mittwoch den 5 Dezember r 1891 Dom Vetro. . Der in Paris erfolgte Tod Dom Petros, dies von den undankbaren Brafiltanern vor zwei Jahren verjagten Kaiſers von Braftlien, kommt nicht unerwartet. Schon ſeit längerer Zeit hatte der Sölabrige alte Herr gekränkelt, eine Folgekrankheit der Jufluenza gad ihm den Reſt, und ſeit Mehreren Tagen ſchien das Aeußerſte unvermeidlich; tui nach Vollendung ſeines 66. Lebensjahres gat er nun die Augen zum ewigen Schlummer geſchloſſen. Der berſtorbene Kaiſer von Brafilien ſtammte zu dem portugieſtichen Hauſe Braganza. Petro de Mexantara Johann Karl Leopold Salvador Bibiano Nophael Gonzaga Infant von Portugal, Prinz von Weöganze, wurde am 2. Dezember 1825 geboren h Sobn des Kaiſets Petro I. von Brafilien, welcher 1884 ftarb. Die brafilianiſche Kaiſerskrone ui Dom Petro II. vom 7. April 1831 bis zum 18. Nodember 1889. Im Jahre 1843 vermählte ich mit Prinz⸗ſſin Thereſe von Bourbon und eder Säzülten, welche nach dem Brafllianiſchen Aufftande vom 28 Dezember 1889 geſtorben iſt. Der Ehe war am 29. Juli 1856 eine Techter Nobella entſproſſen, welche 1864 mit Goſton Prinzen von Orleans Bourbon, Grafen von Eu eine Ehe einging, ihr Gatte ſollte dereinſt die brafilianiſche Kaiſerkrone erben. Das kronprinzliche Paar genoß indeſſen nicht die Beliebtheit in Brafilien, wie ſie ſich der greiſe Dom Petro erworben hatte. Als Iſabella während einer längeren Europareiſe ihres Vaters die Regent⸗ ſcaft führte, trat ihre Unbeliebtheit noch mehr zu dige. Sie verordnete 1888 die ſoſortige beding⸗ ungsloſe Freilaſſung ſämtlicher. Sklaven. Da fle aber den Sklavenbeſitzern keine Entſchädigung gab, ſchuf ſte aus denſelben neue Feinde der Krone Dom Petros, der bei ſeiner Rückkehr die Lage als ſehr ernſt geworden vorfand. Der Haß der früheren Selovenbefitzern, Unzufriedenheit im Heere und die große Unbeliebtheit des kronprinzlichen Paares ſteigerten in den folgenden Monaten die Gefahr der Lage erheblich. Am 16. Juni 1889 feierte ein eingewanderter Portugieſe auf den Kaiſer einen Re⸗ volverſchuß ab und bekannte nachher, von den 1 1 zu der That angeſtiftet worden zu ein, Als das Haupt der republikaniſchen Verſchwör⸗ ung entpuppte ſich ſehr bald der Generol da Fon⸗ ſeca, dem es am 15. November mit Hilfe von Land⸗ und Seelruppen gelang, den Miniſterrat zu ſprengen, am 16. November erhielt der auf dem Lande weilende Kalſer Dom Petro eine Zuſchrift Fonſecas, in welcher erklärt wurde: es ſei notwen⸗ dig, die Regirrungsform zu ändern, und die vor⸗ läufige Regierung erwarte von dem Patriotismus des Kaiſers das Opfer, daß er mit ſeiner Familie mwgzlichſt bald das Land verlaſſe. Dom Petro er⸗ klärte ſich dazu bereit und bereits am 17. Nov mber fuhr die kaiſerliche Fam lie mit den „Alagoas ab; am 7. Dezember traf ſie in Liſſabon ein. Die unter die Diktatur Fonſekas geſtellten „Vereinigten Staaten Braſiliens“ haben dieſe Diktatur genau 2 Jahre ertragen. Fonſeca wurde am 23. November 1891 geſtürztl. An ſeine Stelle trat der General Peixota. Dom Petro hat die Verbannung mit der Faf⸗ ſung eines feingebildeten Mannes, der er war, er⸗ tragen. Als ihm bei den jüngſten Umwälzungen in Brafilien der Gedanke nahe gelegt wurde, dem von ihm ſehr geliebten Lande wieder als Kaiſer Ruhe und Oednung zurückzubringen, ſoll er dieſe Mög⸗ lichkeit ernſt erwogen haben. Der Tod hat ihm den endgiltigen Entſchluß entwunden. Dom Petro liegt nun als ſtiller Mann auf der Totenbahre. Die Lauterkeit ſeiner Gefinnung, die über das gewöhn⸗ liche Maß hinausgehende Bildung, bewirkt, daß die Zahl der Leidtragenden und Teilnehmenden größer iſt, als an mancher Bahre eines gekrönten Hauptes. f * 0 * Dom Petro war bis kurz vor Eintritt des Todes bei Bewußtſein geblieben und ſtarb faſt ohne Todeskampf. Wenige Minuten vor ſeinem Hin ⸗ ſcheiden forderte er ſeine Tochter und Schwiegerſobn auf, mit ihm für die Wiederkehr der Ruhe, Größe und Wohlfahrts Braſilſens zu beten. Die Bei⸗ ſetzung erfolgt auf Dom Petros Wunſch in Diſſabon. Politiſches. Berlin, 7. Dez. Hiute Nachmittag 3 Uhr gingen dem Reichstage folgende geſtern vollzogene Verträge zu: der Handels. und Zollvertrag, ſowie ein Viehſeuchenübereinkommen mit Oeſterreich⸗Ungarn, der Handels-, Zoll⸗ und Schiffahrtsvertrag mit Italien und der Handels- und Zollvertrag mit Belgien. Der Vorlage iſt eine umfangreiche Denk⸗ ſchrift beig⸗ fügt. Die Denkſchrift zu den Handels⸗ verträgen begründet die Nothwendigkeit, der weiteren Abſchließung einzelner Länder vorzubeugen und das deutſche Abſatzgebiet durch Zugeſtändniſſe an das Ausland zu erhalten. Die vereinbarten Verträge bilden ein zuſammenhängendes Ganzes und bei der —— das Geheimnis der Frau dt la Mart. 20 Roman von H. v Limpurg. „Sie iſt falſch! Auch das noch und ich hätte darauf geſchworen, ſie ſei echt. Doch Leopold hat kecht, auch hier am hohen G. kann man eine ganz feine Bleſſtiftlinie ſehen. O, ich Thor, daß ich es nicht ſah. Was werden Wiedemeyer und die übrigen Collegen ſagen, die ſich ſchon freuten, ein künſt⸗ leriſches Unikum zu beſitzen. Aber wort holt. Freilich, ihm wird die Angelegenheit mit der Handſchrift auch fatal ſein, doch da ſie nicht ſein Eigentum iſt, kann 4s ihn ja ſelbſt nicht be⸗ rühren.“ a Haſtig nahm er ein Billet hervor, warf einige Zellen darauf und klingelte nach dem Diener. „Hier bringen Sie den Brief ſogleich an ſeine Adreſſe.“ Dann ſetzte er ſich abermals hin und ſchrieb dne Anzeige für die Tagblätter auf, wobei ein ſelt ⸗ ſames Lächeln um ſeine Züge ſpeelte: 1 „Luiſe von Norden Baron Oksar von Linden,“ Verlobte. „Om, dieſem Faktum gegenüber kann auch der ürgſte Mädchentroz nichts machen; mein Wille ſoll geschehen — nun doppelt, denn es gilt den armen ich will zu Anden ſchicken, damit er kommt und ſich das Ja- Leopold zu retten. Wie ſchlimm iſt es, daß er die reiche Spanierin nicht heiraten will., Zu Tische ließ der Geheimrath ſich wegen „weitläufiger Arbeiten“ entſchuldigen, er wartete aber ungeduldig auf den Baron, der ſein Erſcheinen für drei Uhr verſprochen hatte. Die Z'it ſchien ihm zu ſchleichen, immer wieder ſah er nach der Uhr u. doch fehlte noch eine halbe Stunde an dem genann⸗ ten Termin. „Sehr gut, vortrefflich,“ hatte Baron Linden gemurmelt, . das eilige Billet des Geheimraths geleſen, „er nun kommen! Die Schulden des Herrn Aſſeſſors machen Papa zahm, haha, vielleicht verhelfen ſie mir auch zu der ſchönen Luiſe! Welch' eine eiftge Kälte ſetzte ſie mir doch entgegen, als ich vorhin wagte, um ihre Hand zu bitten. Aber warte nur, meine Allerli öſte, Du ſollſt es mir heim⸗ zahlen, wenn Du erſt mein biſt. Aug' um Aug! Kuß um Kuß! Hm, vielleicht bat der Alte doch die Fäͤlſchung entdeckt und da muß er — ſchweigen! Inanas Gold wird dazu helfen doch halt, wo iſt ihr Brief an mich! Wenn der dem unſeligen Aſſeſſor in die Hände fiele, dann wäre mit ein Dual ſſcher, Der Baron ſuchte emſig, aber er fand ihn nicht, er ahnte wohl kaum, daß ſein Diener das ge⸗ um es dem Burſchen Leut⸗ abzuliefern! als Fidibus ſuchte Blatt genommen. holds „gegen baare Bezahlung“ abz 5 „Jenun, vielleicht habe das Billet verbrannt.“ murmelte Linden und zuckte ſorglos die Achſel, „ich finde es nicht mehr und es iſt bald drei Uhr, ſogleich Zeit zum künftigen Schwiegerpapa zu gehen.“ Nachläſſig warf er den koftbaren Pelz um, griff nach Hut Handſchuh und ging, ein Liedchen pfeifend, die Treppe hinab. Der Weg bis zum Hauſe des Geheimraths war nicht weit und doch wurde er ihm lang — zum letzten regte ſich das Gewifſen in Lindens Seele und mahnte eindringlich: „Laß ab! Du willſt ein Verbrechen begehen — noch iſt es Zeit zur Umkehr!“ Aber der warnende Engel hatte ſich abgewandt und das Antlitz verhüllt, als wenige Augenblicke ſpäter Baron von Linden elegant und ſorg⸗ los heiter wie immer in des Geheimraths Zimmer eintrat. „Willkommen, Here Geheimrath,“ rief der Baron heiter. „Sie haben mich gerufen und hier bin ich.“ „Lieber, beſter Baron, Sie komnen mir wie eine Erlöſung! Denken Sie, welche eine wunderbare Wendung unſere Angelegenheit mit der Handſchriſt genommen hat.“ „Inwiefern, Herr Geheimrath ?“ frug Linden ſcheinbar erſtaunt. „Das Lied iſt geſälſcht, ich kann es der Uni⸗ verfität nicht zum Ankauf vorſchlagen.“ „Und weshalb nicht?“ frug Linden und durch den phlegmatiſchen Ton der Frage klang eine lauernd⸗