lager des dreiwöchigen Kindes b'rlaſſen und betraute deßhalb ihre 15 jährige Tochter mit der Wartung des jüngſten Schweſterchens. Dieſe, eine bösartige Perſon, war wahrſcheinlich der Pflege überdrüſſig u. wollte ſich für alle Zukunft von derſelben befreien. Sie berſuchte deßhalb dem Kinde Kampbergeiſt in den Mund zu ſchütten, um es ſchnell aus der Welt zu ſchaffen. Der Verſuch mißlang jedoch. Gerade im Augenblick der That kam eine Frau hinzu, ſo daß das Mädchen, in ihrem Schreck, die Flüffigkeit neben das Kiud ſchüttete. Das letztere ſtarb jedoch nach 4 Tagen an innerlichen Gichtern. Durch einen Zufall wurde die Sache erſt jetzt an's Licht gezogen und die zärtliche Schweſter verhaftet. — Augsburg, 7. Okt. In Wertingen bei Donauwörth wurde in vergangener Nacht an einer Bäckersfamilie ein gräßlicher Raubmord verübt. Der Thäter iſt vermutlich der einen Tag vorher entlaſſene Bäckergeſelle. Der Mörder ſtieg durchs Fenſter in die varterre gelegene Wohnung ein und überfiel ſein Opfer mit dem Beil. Er tötete den Bäcker⸗ meiſter Braun und tötete deſſen 19 Jahre alte Tochter und verletzte die Ehefrau lebensgefährlich, Der Mörder raubte Geld und Wertgegenſtände. Verfolgt wird als Thäter der 19 Jahre alte Bäcker⸗ geſelle Georg Will von Neuſtadt a. d. Aiſch und der 20 Jahre alte Spengler Johann Schmaus von Bamberg. 8 Haynau i. Schl., 10. Okt. Folgendes tra⸗ giſche Ereignis iſt in Steinsdorf, einem Orte un⸗ ſeres Kreiſes, vorgekommen. Der im genannten Dorfe anſäſſige Stellenb⸗fitzer Schimpke, der infolge ſeines Anſehens in der Gemeinde auch das Ehren⸗ amt eines Kirchenälteſten bekleidete, hatte, ohne im Ernſt an einen Diebſtahl zu denken, vom Felde des Rittergutsbeſitzers von Uechtritz zwei Waſſerrüben genommen. Dies wurde von dem Feldwächter ge⸗ ſehen, welcher Schimpke zur Anzeige brachte. Letz⸗ terer wurde infolge deſſen veranlaßt, aus der kirch⸗ lichen Gemeindevertretung auszuſcheiden, und außer⸗ dem wurde ihm bedeutet, daß die Angel⸗genheit der Staats anwaltſchaft übergeben worden ſei. Der ſonſt in jeder Beziehung ehrliche und rechtſchaffene Mann geriet über die Folgen ſeiner unbedachten That in eine unbeſchreibliche Aufregung. Er bat die Guts⸗ verwaltung inſtändig um Verzeihung und erklärte ſich bereit, ein Sühnegeld von drei Mark in die Ortsarmenkaſſe zu zahlen. Doch alle ſeine Be⸗ mühungen wurden kühl zurückgewieſen, weil ein Fehltritt „nur durch das Strafgeſetz geſühnt werden könne“. Ueber das ihm drohende Sch'ckſal verlor der geüngſtigte Mann die Foſſung; er wollte eine gerichtliche Beſtrafung „wegen Felddiebſtahls“ nicht erleben und ſuchte darum freiwillig den Tod. Ein Selbſtmordverſuch im Schloßteich wurde durch das rechtzeitige Erſcheinen der Ehefrau noch verhindert, die nun ihren faffungsloſen Mann nicht mehr aus den Augen ließ. In der Nacht zum Sonnabend gelang es demſelben jedoch, ſich beimlich aus der Wohnung zu ſchleichen. Er eilte zum Bahndamm und erwartete dort den nach Haynau fahrenden Kurierzug. Als derſelbe heranbrauſte, warf ſich Schimpke auf die Schienen und — der Mann war von ſeinen Seelerqualen befreit. Das tragiſche Er⸗ eignis mit ſeinen entſetzlichen Folgen hat erklärlicher⸗ weiſe eine tiefgehende Aufcegung hervorgerufen, und ſelbſt der Ortsgeiſtliche gab dieſer Stimmung am Sonntag von der Kanzel herab in ergreifenden Worten Ausdruck. — Maſtricht, 6. Okt. Hier wurde ein 15jäh⸗ riges Dienſtmädchen wegen mehrfachen Kinder⸗ mords verhaftet. Dasſelbe hat im Auguſt d. J. wahrſcheinlich aus Rache, zwei Kinder ſeiner damo⸗ ligen Herrſchaft, von welchem eins 3 Jahre, das ondere 5 Monate zählte, erwürgt, ohne daß die That endeckt wurde. Kurz nachher wechſelte es den Dienſt und vor etwa 12 Tagen wurde auch ein 18 Monate altes Kind ſeines neuen Dienſtgebers in der Wiege erdroſſelt aufgefunden. Die jugendliche Mörderin hat ihre Verbrechen eingeſtanden. — An der Naſe herumgeführt hat in des Wortes vollſter Bedeutung kürzlich ein Erzſchelm eine Anzahl ſeiner italieniſchen Landsleute. Litzthin war in Como ein ſehr elegant gekleideter Herr ein⸗ getroffen. Tags darauf ging er in das Central⸗ Cafe, wo ſich bold eine Corona um ſeinen Tiſch gebildet hatte. Der Fremde, der einen hoͤchſt feinen Mahagonikaſten bei ſich trug, ſt llte ſich den um ihn geſchaarten Gäſten als Vertreter einer engliſchen Firma vor, deren Geſchäftsbetrieb im Aufkauf von — Naſen beſtände. Er machte dementſprechend den Herren den Vorſchlag, ſich zu verpflichten, nach ihrem Tode der Firma ihre Naſen zur Verfügung zu ſtellen, während er ſeinerſeits ſich verpflichtete, dem Betreffenden den Preis für die ſo verkaufte Naſe ſofort auszuzahlen, welchen Preis er laut Ab⸗ toxirung feſtſetzen würde. Alle Anweſenden gingen auf den Vorſchlag ein, und der Engländer begann mit der Abtaxirung des am Markt befindlichen Ma⸗ terials. Nachdem dieſer Akt zur großen Zufrieden⸗ beat J'des Einzelnen beendet war, erklbete der Agel daß, bevor er zur Auszahlung ſchreſte, jeder not einen Revers unterſchreiben ſolle, nach weſchem er 5 Fres. Konbentionalßrafe zu zahlen ſich ber pflichtete, falls das Geſchäft ihn reuen würde, Auch darauf ging man ein, und nun eiſt öffgete der Fremdling ſeinen geheimnisvollen Kaſten und en nahm demſelben eine Spirituslampe und eſnen Stempel. Auf die Frage, was er damit wolle, antwortete er: „Sehr einfach! Ich muß doch jede gekaufte Naſe als Ausweis, daß ſie erworben, kenn⸗ zeichnen.“ Man kann ſich denken, welche „langen Naſen“ die Herren ob dieſer Enthüllung machten, Selbſtverſtändlich wollten ſte jetzt von der einge⸗ gangenen Perpflichtung nichts mehr wiſſen; dam aber war der Revers rechtskräftig geworden, ange⸗ ſichts deſſen klaren Wortlauts ſie ſich auf keine Weiterungen einließen, ſondern die vorgeſehene Ron⸗ ventionalſtrafe ſofort zahlten. — Unter den nach Sibirien Verbannten die augenblicklich im Moskaner Gefängnis auf ihre Ver⸗ ſchickung warten, verdient, wie wir einer Schilderung des Petersb. Liſtok entnehmen, der ehemalige Rebler⸗ aufſeher der Moskauer Stadtpolizei, Victor Gadmen⸗ ko, ein beſonderes Intereſſe. Derſelbe iſt zur Anfſe⸗ delung ins Gouvernement Tobolsk und zum Verluftt aller beſonderen Rechte und Privilegien deshalb ver⸗ urtheilt worden, weil er Beamten befohlen hatte, im Gebäude der Stadttheils⸗Verwaltuug den Moskauer vereidigten Rechtsanwalt, Candidat juris S. K. mit Lederriemen zu ſchlagen. Letzterer ſoll ſich nämlich einer Störung der öffentlichen Ruhe ſchuldig gemacht haben. Er fuhr eins Abends zum Theater, konnte aber nicht gleich vorfahren, weil andere Wagen den Platz einnahmen. Er ſchrie daher den Kutſchern zu, fich etwas zu beeilen und ihm den Weg frei zu geben. Dies Schreien paßte jedoch dem Repieraufſeher Gad⸗ menko nicht, er nahm ſich die Freiheit, ſelbſt ein Ur⸗ theil zu fällen. Der Rechtsanwalt wurde mit Gewalt gepackt, in die Stadttheils⸗Verwaltung geſchleppt und mit Knuten gepeitſcht. Für dieſe Eigenmöchtigkeit iſt nun G. zur lebenslänglichen Anſtede lung in Si⸗ birien verurtheilt worden. — Rom, 9. Okt. Der Polizei iſt es end⸗ lich gelungen, eine Spitzbubenbande von 75 Per⸗ ſonen zu verhaften, welche in der letzten Zeil leb⸗ haft beunruhigte und mindeſtens 300,000 Lire an Wertobjekten und Geld geraubt hat. ron um ein Lied zu bitten und das ſchöne Mäd⸗ und lachte leiſe vor ſich hin. chen trat zum Klavier, um die Noten zu ſuchen. „Ich will Dich begleiten,“ ſagte Leopold laut und trat näher, dann fügte er leiſer, nur ihr ver⸗ und — denke dabei an jene Seene, die ich Dir vorhin erzählte; ich meine, wenn man mit dem Herzen fingt, gehts noch einmal ſo gut.“ Sie ward dunkelrot und ſchaute feuchten Auges, glückſelig lächelnd zu dem Bruder auf. Baron Lin⸗ den ſah den Blick und ſagte bewundernd zu dem Geheim rath: „Wie wunderbar ſchön iſt doch Ihre Fräulein Tochter, Herr von Norden; Sie find ein beneidenswerther Mann dies Juwel zu befitzen.“ Jetzt erklang Luiſens wundervolle Altſtimme ſo jubelnd und zaghaft zugleich empor, daß beide Hörer erſtaunten. Ja, Leopold hatte recht, erſt jetzt, da Luiſe liebte, konnte ſie fingen, konnte himmelreich jauchzen: „In deinen Augen habe ich geleſen,“ „Es glühte drin von Li b und Glück ein Schein —“ Das Lied war zu Ende, nach einigen verhal⸗ lenden Schlußakkorden ließ Leopold die Hände von den Taſten gleiten und ſagte leiſe zu Luiſen: „Bravo, Schweſter, ſo mußt Du übermorgen beim Empfangabend fingen. Verſprich es.“ Dann eilte Baton Linden heran, verneigle ſich und begann eine wahre Flut von Lobeserhebungen über das ſchöne Mädchen zu ergießen, ſodaß dieſe ö a bwehrend ſagte: „O nicht doch, Herr Baron: mein Geſang iſt noh keineswegs vollkommen und es beſchämt mich, Ihre enthuftaſtiſchen Worte an⸗ zuhören.“ 5 Als Baron Linden ſich eine halbe Stunde ſpäter on der Familie Norden verabſchledet hatte und auf ſtunde ſchlägt, der Straße ſtand, rieb er ſich vergnügt die Hände „Alſo ſte iſt hier, die ſchöne Juana, nach de ren N Aufenthaltsorte ich in Lyon und Paris vergeblich ſtändlich hinzu: „Singe das Trompeterlied, Herz, forſchte! Ah gut, ſehr gut, ich freue mich über dies Zuſammentreffen, wenn auch die Freude allein auf meiner Seite ſein wird. Morgen, ſobald die Vifiten⸗ eile ich zu ihr, denn eher darf ich wohl nicht kommen, ohne ihren hellſten Zorn zu er⸗ regen. Ah, ſchöne Frau, Du kommſt mir gerade zu recht mit Deinem Reichtum und hoffe ich, daß Du den ungerechten Schwur von damals vergeſſen haben wirſt. Kleine Teufelin! Man läßt ſich eben alles von ihr gefallen, um des Goldes willen, welches ſie beſitzt. Dieſe blonde Geheimrathstochter iſt übrigens bezaubernd; auch ſie muß reich ſein; ſehr reich, wie ich aus des Vaters koſtſpieligen Kunſtliebhabereien ſchließe, und darum will ich bei Zeiten beginnen, nach ihrer Gunſt zu trachten. Dieſe prachtvolle Stimme, mit der ſie das rührende Trompeterlied ſang. Wahrhaftig, es müßte beneidenswerth ſein, von dieſen Augen voller Liebe angeblickt zu werden und, zum erſten Male im Leben, fühle ich, daß es noch etwas mehr giebt, als Reichtum und Spiel, nämlich die Liebe. Pab, Oskar,“ ſpottete er dann über ſich, ich glaube, Du ſchwärmſt hier im Mondenſcheine und daran iſt allein Luiſe von Norden, die Lorelty mit dem blonden Harre ſchuld!“ In ſeinem Zimmer angelangt, zündete Baron Linden ein Licht an und ſchickte ſich an, zu Bett zu gehen, als er piötzlich auf dem Tuch einen Brief gewahrte, Mit fiebernder Haſt öffnete Baron Linden das Schreiben. Diaaſſelbe auf grobem weißem Papier mit un⸗ gelenken Schriftzügen enthielt nur eine draſtiſche Mitteilung. Dieſelbe lautete: „Herr Baron! Ich muß doch nun endlich auf Rückzahlung der Ihnen geliehenen 20,000 Mark dringen, denn Sie könnten mir ſonſt eines Tages über⸗ haupt durch die Lappen gehen. Wenn ich alſo in 14 Tagen nicht das ganze Geld habe, ſo muß ich ohne Gnade und Erbarmen Wechſel⸗ klage gegen Sie einleiten. Achtungsvoll Jakob Aronſohn.“ Linden ließ den Brief ſpöttiſch lächelnd zu Bo⸗ den finken und ſagte die Achſeln zuckend: „Der Menſch wird unbequem! Aber nur Muth, es öffnen ſich mir jetzt plotzlich mehrere Hülfsquellen unp werde ich als vorſorglicher Mann aus einer ſe⸗ den etwas ſchöͤpfen können. Jedenfalls ſoll die An⸗ gelegenheit mit der berühmten Handſchrift ſchon mor⸗ gen eingeleitet werden und der Herr Geheſmroth ſcheint mir ganz der Mann zu ſein, aus Kunſtent⸗ huſtasmus auf den Leim zu gehen. Nur Vorſicht und kaltes Blut! Es wäre das erſte Mal, daß ſolch 1 1 ein Glanzſtreich mir mißlänge!“ *. * N * 5 i Nach kurzem Gutenachtgruße hatte heimrath von Norden in ſein Schlafzimmer zurück⸗ gezogen, aber er vermochte noch nicht zu ſchlafen und trat ans Fenſter, es mit haſtigem Ge ff öͤffnend. Kalte Schneeluft wehte ihm entgegen, doch er ach⸗ tete nicht darauf, ſondern nickte nur befriedigt dor ſich hin. 1 (Fortſetzung folgt.) n Sagte b uin w m. dnipag 1 lb — 55