blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. Für die Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, Ladenburg. Allgemeiner Anzeiter für Hadenzurg und Almgegend. Grſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. . — preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs⸗ 5 85 Anzeigen Druck : die 1⸗ſpaltige Corpus⸗Zeile oder deren Naum 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. Corpuszeile. Reclamen 20 Pfg. und Verlag von Karl Molitor, Ladenburg. „7 Samskag den 3. Oktober 1891 Nr. 79. Volitiſches. Narlsruhe, 30. Sept. Zu den Vorlagen für den nächſten Landtag wird eine Revifion bezw. eine Erweiterung des Beamtengeſetzes, welches auf die Volksſchullehrer ausgedehnt werden ſoll, in erſter Reihe gehören. Die Beiträge der Gemeinden für die Lehrergehalte ſollen in einer Staatskaſſe zentra⸗ flert werden, aus welcher die Beſoldung nach ge⸗ wiſſen allgemeinen Normen zur Auszahlung gelangen. Brüſſel, 30. Sept. General Boulanger hat ſich heute Morgen auf dem Grabe der Madame Bonnemain getötet. Nach den Motiven dieſes Selbftmordes braucht man nicht erſt zu forſchen: Der kotale Fehlſchlag ſeiner Unternehmungen und Beſtrebungen und die Aus ſichtsloſigkeit ſeiner Zu⸗ funft in Verbindung mit dem Gram über den Ver⸗ luft jener Frau, die ſeinem Herzen teuer war, wohl auch das Drückende ſeiner materiellen Lage haben Boulanger die Waffe zur Selbſtvernichtung in die Hand gedrückt. Wahrlich, ein tragiſches, erſchütterndes Finde eines Mannes, der eine Zeit lang berufen ſchien, der Diktator Frankreichs zu werden. Verſchiedenes. Ladenburg, 2. Okt. ine don 10 Jeg alen 0 1 Heute fand in lich gekleidete Volksmenge und als um 10 Uhr die Fabriken, Werlſtätten und ſonſtigen Geſchäfte ge⸗ ſchloſſen wurden, mußte in der Neckarſtraße der ge⸗ ſamte Fuhrwerksverkehr eingeſtellt werden. Gegen 9 Uhr erfolgte die Ankunft unſeres geliebten Groß⸗ herzogs nebſt Gefolge, am Bahnhof empfangen von den Spitzen der Behoͤrden. Nach der Begrüßung und Vorſtellung im Fürſtenzimmer begab ſich der Großherzog nach dem Schloſſe, in deſſen Hofe ſich unterdeſſen ein großer Fefſlzug ordnete. An dem⸗ ſelben nahmen die Knaben ſämtlicher hiefiger Schul⸗ anſtalten, alle Vereine mit ihren Fahnen, ſowie die Korporationen und mehrere Mufikkapellen teil. Nach⸗ dem dieſer impoſante Zug auf dem Feſtplatze ange⸗ kommen war, erſchien auch bald unſer Großherzog, mit unbeſchreiblichem Jubel von der vieltauſend⸗ köpfigen Volksmenge ehrfurchtsvollſt begrüßt, und nahm mit ſeinem Gefolge in dem am linken Brücken⸗ aufgang für ihn erſtellten, prachtvollen Zelte Platz. Die Geſangvereine trugen nun das Lied: „Mit dem Herrn fang alles an“ vor, worauf der Direktor des Waſſer⸗ und Straßenbauamts, Herr Geh. Regier⸗ ungsrat Haas von Karlsruhe die Feſtrede hielt. Der Redner dankte dem Großherzog für die perſön⸗ liche Teilnahme an dem Weiheakte und gab dann einen geſchichtlichen Rückblick über die frühere Ver⸗ J. Mall, Schweßzingen die Wahl des Landtagsabgeordneten ſür den Bezirk Schwetzingen⸗Ladenburg ſtatt und . erhielt Herr Eder, Kandidat der demokratiſch⸗frei⸗ A1 finnigen Partei, 104 Stimmen und Herr Rtzhaupt, Kandidat der nationalliberalen Partei, 75 Stimmen. amm e, Eder ſſt ſomit gewählt. in an d — Mannheim, 29. Sept. Die heute ſtatt⸗ bi . Mik gehabte Einweihung der neuen Neckarbrücke geſtaltete mers ſich zu einer großartigen, imposanten Feier. Schon üchgoſe 'atinint in den früheſten Morgenſtunden bewegte ſich in den elch beflaggten Straßen der Stadt eine große, feſt⸗ inge Das Geheimnis der Frau de la Mart. 1 1 1 Roman von H. v Limpurg. . a (Nachdruck verbote u.) 10 Die dichten, ſchweren Fenſtervorhänge eines 1 vornehmen Hauſes in der Reſidenz waren zugezogen, eine elegante Hängelampe warf aus matter Glas⸗ 1 kuppel ihr gedämpftes Licht auf das behagliche Sopha - platzen in dem kleinen, behaglichen Boudoir und 90 K auf zwei junge Damen, die in lebhaften Geſpräͤch miteinander begriffen waren. 99 Heike i Wohl kaum gab es zwei ſo durchaus verſchiedene — und doch beides ſchöͤne Geſichtet neben eineinander, als dieſe Blondine und Brünette; erſtere war augen⸗ ſcheinlich die ältere. Ueber ihrem zarten, regelmäßigen Antlitz, den blauen, ſchwermüthigen Augen lag eine milde Sanftmuth und unendliche Herzensgüte ausge⸗ goſſen. Fräulein Luiſe von Norden erſchien in dem dunklen, ſchlichten Kleide ohne Schmuck und Ver⸗ zierung, wie das Ideal jener deutſchen Frauengeſtalt, das die Dichter zu allen Zeiten geſchildert und be⸗ ſungen haben. fob Brünette an Fräulein von Nordens Seite, Madame Juona de la Mare. Dieſe war ganz und gar ein Kind des ſonnigen Südens uad konnte ihre paniſche Abkunft nicht einen Moment verläugnen. Kleiner als ihre Freundin, aber beweglicher und ſpelihend vor Lebensluſt, war Frau de la Mare nicht weniger Ganz anders erſchien die feurige dunkeläugige bindung der beiden Neckarufer, ſowie über den Bau der jetzigen Brücke und übergab auf Befehl S. K. ö Hoheit des Großherzogs dieſe Brücke dem allgemeinen Verkehr als ein Denkmal für künftige Geſchlechter, dabei hervorhebend, daß deutſche Jagenieure den Plan entworfen, deutſche Unternehmer aus deutſchem Stahl und Eiſen dieſes herrliche Bauwerk ausge⸗ führt haben. Hierauf ſprach Herr Bürgermeiſter Bräunig dem verehrten Landesfürſten den Dank der Stadt Mannheim für das rege Intereſſe aus, das 2222 ¶ — ——— ſchön wie dieſe, denn was den dunkler gefärbten Gteſichtszügen an Regelmäßigkeit fehlte, das erſetzt das b zaubernde Lächeln der kirſchroten Lippen und Funkeln der dunkelbraunen Augen. Frau de la Mare trug ein ebenſo elegantes als bequemes, dunkeltotſeidenes Hauskleid, doch ihre dunklen Locken waren ſchon zierlich geordnet zum Theaterbeſuch om Abend. „Nein, Luise,“ rief ſte lebhaft und ergiff ent⸗ huftafliſch die ſchlanken, weißen Finger der Freundin, „ich kann Dir gar nicht ſagen, wie entzückt ich bin, Dich hier in der Reſidenz wieder gefunden zu haben. Nun fühle ich mich ſchon ganz heimiſch und werde es nicht bereuen, Paris den Rücken gekehtt zu haben, denn Ihr werdet mich gewiß nicht verlaſſen in der großen fremden Stadt.“ f Gewiß nicht, meine geliebte Juang,“ erwiderte mit liebevollem Lächeln, „Du biſt ja ein Flüchtling, ein armes, verſcheuchtes Vög⸗ lein und ſollſt Schutz finden bei uns. Wenn Dir nur unſere Freundſchaft genügt, um Dir Paris und das dortige glanzvolle Leben zu erſetz ne“ g „Es gab dort nur noch ein glänzendes Elend für mich,“ ſagte die junge Frau offenherzig, und ein dunkler Schatten legte ſich auf ihre heitere Stirn. Nimmerſatt, goldhungrige Verwandte, und dazu ein Dutzend zudringlicher Feier umlagerten mich von früh bis Abend und raubten mir jede frohe Stunde. 17 Fräulein von Norden er allezeit für die Entwickelung, das Blühen und Gedeihen des Handels und der In⸗ duſtrie gehabt habe. Ebenſo dankte der Redner der großherzoglichen Regierung, der Bauverwaltung, der Bauleitung und allen Männern und Arbeitern, welche an der Vollendung dieſes Werkes beigetragen haben und ſchloß mit einem begeiſtert aufgenommenen Hoch auf unſern Großherzog. Die Mufik ſpielte „Heil unſerm Fütſten“, Bbllerſchüſſe ertönten und auf ein gegebenes Zeichen fielen die Hüllen von den die Brücken⸗Eingänge zierenden Koloſſalfiguren. Nach⸗ dem der Großherzog die Redner zu ſich befohlen und dieſen ſowohl, als auch den Bauleitern ſeinen Dank ausgesprochen hatte, begab er ſich, geführt von dem Vorſtande der hieſigen Rheinbauinſpektion, Herrn Oberingenieur Fieſer, über die Brücke, die mit ſeiner Genehmigung nunmehr den Namen Friedrichs⸗ brücke trägt. Am jenſeitigen Ufer überraſch ten ihn die Schüler mit dem Vortrage einer von Herrn Hofkapellmeiſter Langer komponierten Großherzogs⸗ hymne. Hierauf unterhielt ſich der Großherzog längere Zeit mit Herrn Langer und ließ ſich das Lehrerperſonal der verſchiedenen Anſtalten vorſtellen, wob i beſonders ſein längeres Verweilen bei den Volksſchullehrern bemerkt wurde. Es erfolgte der Rückgang über die Brücke und in demſelben Augen⸗ blicke fuhr der für Heilbronn beſtimmte und feſtlich geſchmückte Kettenſchleppzug durch die Brücke. Nach⸗ dem hierauf noch verſchiedene Vorſtellungen ſtattge⸗ funden hatten, ſangen die Vereine das Kalliwoda'ſche „Deutſche Lied“, worauf der Feſtzug an dem Groß⸗ herzog vorüberzog. Jede einzelne Gruppe des Feſt⸗ zuges begrüßte den Landes finſten in herzlichſter Weiſe. Hierauf begab ſich der Großherzog, ſowie die Eingeladenen, zu dem im Neckar bereitſtehenden Dampfer, um die don der Handelskammer veran mir dadurch zur Qual, meine Reichtümer waren ſo⸗ zuſagen mein Elend geworden.“ „Das glaube ich,“ erwiderte Luiſe von Norden „Wo wäre eine junge, ſchöne kinderloſe und ſtein reiche Wittwe vor habgierigen Schmarotzern un geldgierigen Freiern ſicher!“ „Reichtum und Glück wohnen eben ſelten bei⸗ ſammen,“ rief Madame de la Mare und zuckte die Achſeln. Mein Leben war bisher eigentlich nicht viel mehr als ein großes, ſeltſames Abenteuer, und glück lich, wahrhaft glücklich bin ich noch nie geweſen.“ „Meine arme Juana, Du haſt trotz Deiner Jugend ſchon mancherlei Bitteres ertragen müſſen. Wie lange iſt es doch, daß wir in der Penſion in der ſchönen Schweiz waren?“ „Sechs Jahre, Luiſe, Du warſt bereits acht- zehn, ich kaum ſechzehn Jahre alt, und wir ſollten beide nur noch den „letzten Schliff“ in der Penfion erhalten.“ „Es war eine ſeltſame Zeit unſeres Lebens,“ entgegnete lächelnd Fräulein von Norden. „Die jüngeren Schülerinnen ſahen uns wie bevorzugte Weſen an, wenn wir Abends in Theater und Conzerte gehen durften. Weißt Du noch jene Eroberung, die Du einſt beim Verlaſſen eines Conzerkſaales machteſt, Juana, als Du den feurigtoten Seidenbaſchlik trugſt?“ „Ja, ich erinnere mich,“ rief Frau de la Mare mit großer Heiterkeit. „Es war ein engliſcher Lord, Selbſt Theater, Conzerte und Geſellſchaften wurden der mir noch denſelben Abend Herz, Hand und