Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs⸗ blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. Für die Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, Ladenburg. —— Nr. 76. 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. Corpuszeile. Reclamen 20 Pfg. Druck und Verlag von Karl Molitor, Ladenbur Mittwoch den 23. September 1891 Einladung. Mit dem 1. Oktober beginnt das IV. Quartal dleſes Blattes und laden zum Abonnement freund⸗ lichſt ein. Durch Erwerbung des Romans: Das Geheimnis der Frau de la Mare von H. von Limpurg, find wir in der Lage, unſeren geehrten Leſern etwas Spannendes bieten zu können. Der Abonnements preis iſt am Kopfe des Blattes erſichtlich und werden Beſtellungen hier in der Expedition ſowie don den Zeitungsträgern ent⸗ gegengenommen. Auch nehmen alle Poſtanſtalten Beſtellungen an. Gleſchzeitig machen wir auf das „Illuſtrierte Unterhaltungsblatt“ aufmerkſam, welches ſich durch ſeinen reichen Inhalt der größten Beliebtheit erfteut. Für die ſeitherige Unterſtützung unſeres Unter⸗ nehmens danken wir beſtens und biten um ferneres Wohlwollen. Ladenburg, im September 1891. Die Redaktion und Expedition. Volitiſches. Berlin, 21. Sept. ſchafter in Berlin, Grafen Schuwaloff, iſt von ſei⸗ nem Souverain der Wladimir⸗Orden 1. Klaſſe ver⸗ liehen worden. Zugleich richtete der Zar ein äußerſt huldvolles Handſchreiben an den Grafen, in welchem der Verdienſte gedacht wird, die ſich der Graf in Erfüllung der ihm auferlegten wichtigen diploma⸗ tiſchen Pflichten um den Staat erworben habe. Ueber die Gründe dieſer unerwarteten Auszeichnung des Vertreters des Zaren am deutſchen Kaiſerhofe kann man vorerſt nur Vermutungen hegen, jeden⸗ Deutſchland gefeiert werden. falls muß aber daran erinnert werden, daß Graf Schuwaloff zu den wärmſten Befürwortern eines guten Einvernehmens zwiſchen Deutſchland und Rußland gehört und in dieſem Sinne vom Beginne ſeiner Berliner Amtsthätigkeit an gewirkt hat. Die Auszeichnung des Botſchafters mit dem genannten hohen ruſſiſchn Orden kann man daher gewiß als den äußerlichen Ausdruck der Z friedenheit des Zaren mit der diplomatiſchen Wirkſamkeit des Grafen Schuwaloff betrachten und gewinnt ſomit der ganze Vorgang wohl die Bedeutung eines erfreulichen Friedenszeichens. — An dieſem Mittwoch, den 23. Septen ber, vollendet ſich ein Jahrhundert, daß Theodor Korner, der jugendliche Held und Sänger aus dem deutſchen Freſheitskampfe von 1813, in Dresden geboren wurde. Nicht nur im engeren Heimatlande des leider nur zu früh verblichenen Dichters der glut⸗ und ſchwungvollen Vaterlandslieder jener kampf⸗ reichen Zeit hat man ſich vorbereitet, die hundertſte Wiederkehr ſeines Geburtstages würdig zu begehen, ſondern es wird dieſer Tag auch vielfach im übrigen Iſt doch Theodor Körner eine der hehrſten Geſtalten der Freiheits⸗ kriege, umfloſſen vom Ruhmesſcheine des für ſein Dem ruſſiſchen Bot⸗ Volk und Vaterland begeiſterten Dichters und Sängers und des im Kampfe gegen den korſiſchen Eroberer gefallenen Helden, haben doch ſeine Lieder und ſein Beiſpiel zündend durch das ganze deutſche Volk gewirkt! Mit Recht leuchtet darum das Bikd dieſes Heldenjünglings im Herzen unſeres Volkes fort und ſicherlich wird die Koͤrnerfeier vom 23. September in weiten Kreiſen der deutſchen Nation Erfolge ſicher ſeien. das patriotiſche Empfinden durch die Erinnerung an das Wirken Theodor Körners von Neuem flärken Gouverneurs für Deutſch⸗Oſtafrika, v. Soden, aus und vertiefen. — Die Pariſer Mordspatrioten vom Schlage der Deroulede, Laur und Conſorten haben ihren Lohengrin⸗Feldzug umſonſt in Szene geſetzt, denn „Lohengrin“ ſcheint nunmehr auf der Pariſer Bühne heimats berechtigt worden zu ſein. Nachdem ſchon die erſtmalige Aufführung der Wagner'ſchen Opern in der „Großen Oper“ vom 16. d. Mts. trotz aller Gigenanſtrengungen der chauviniſtiſchen Hetzer in glänzendſter Weiſe verlaufen war, iſt nun auch die am Freitag Abend ſtattgefundene erſte Wiederholung von „Lohengrin“ ebenſo gelungen vor ſich gegangen. Zwei Verſuche von Störungen wurden durch Verhaftung der Beteiligten beſeitigt. In der Umgebung des Opernhauſes nahm die Polizei am Freitag Abend im Ganzen 680 Verhaftungen vor. Uebrigens verfahren die Pariſer Gerichte gegen die Lohengrin⸗Slandalmacher mit bemerkenswerter Strenge. Eine ganze Anzahl der bei den Ruhe⸗ ſtörungen am Abend des 16. September vor dem. Opernhauſe verhafteten Perſonen find wegen Wider⸗ ſtandes gegen die Staatsgewalt zu 6 Tagen bis zu 4 Monaten Gefängnis verurteilt worden. — Die maßgebenden Perſönlichkeiten der fran⸗ zöflſchen Republik gefallen ſich noch immer in Kund⸗ gebungen anläßlich des „wiederaufgerichteten Frank⸗ reichs“. So hielt Präfident Carnot neuerdings in Troyes wieder eine große politiſche Rede, in welcher er etklärte, Frankreich habe ſeine Stellung in der Welt wieder erlangt und ſeine Armee wieder herge⸗ ſtellt. Das Land verlange, fuhr Carnot fort, daß die Republik alle verſtändigen Kräfte vereinige und ebenſo eine ſichere liberale, ruhige und entſchloſſene als würdige und friedliche Politik verfolge, deren Berlin, 20. Sept. Ein Drahtbericht des 97 Gemeblld aus der Zeit Hose II. Von dem berühmten Chalifen Harun al Ro⸗ zugreifen, wie dies auch nachfolgender verbürgter Zug aus ſeinem Leben beweiſt. Auf einer ſeiner Streifereien durch die Stadt wandelte Joſef in einfacher bürgerlicher Kleidung 1 0 ſchid, dem Helden von „Tauſendundeine Nacht“, wied bericht t, daß er es geliebt habe, in allerhand und Treiben des Volkes mitten unter demſelben zu beobachten. Dieſelbe Liebhaberei beſaß auch der edle Raiſer Joſef II. von O ſterreich, welcher gar nicht ſelten die Hofburg durch ein Hinterpförtchen verließ, i unerkannt zu bleiben, der gegebenen eigenartigen An⸗ um in einer Verkleidung in den Straßen ſeiner ge treuen Haupt⸗ und Reſtoenzſtadt Wien herumzuflaniren g Nähe zu hören. In manchmal betrat Joſef hierbei ſogar irgendeine öffentliche Wirtſchaft oder ein Gaſt⸗ haus und ließ ſich mit den Anweſenden in Geſpräche ein, die er geſchickt auf ſeine eigenen Regierunghand⸗ lungen zu lenken wußte, um hierdurch aus ficherſter Quelle die Urteile des Volkes über ihn und ſeine Regierungsakte zu vernehmen und wenn dann der Kaiſer recht freunütige Aeußerungen vernahm, ſo war ihm dies ganz recht. Häuſig ergab ſich auch aus ſolchen Incognitofahrten die Veranlaſſung für den allzeit hilfsbereiten Monarchen, Gutes zu wirken und als Retter helfend in mißliche Verhältniſſe ein ⸗ und aufmerkſam auf die Unterredungen in ſeiner Sache entwickeln würde. gegen Abend durch eine ſtillere Vorſtadt⸗Straße, als aus einem der Häuſer der laute Ruf: „Jofchki, mein Joſchk'!“ ertönte und als ſich der Kaſſer dem betreffenden Hauſe zuwandte, bemerkte er ein fich aus Verkleidungen durch die Straßen ſeiner prächtigen einem der Giebelfenſter herauslehnendes junges Mäd⸗ Reſidenz Bagdad zu ſtreifen, um unerkannt das Leben chen, welches ihm lebhaft zuwinkte. Der Kaiſer erinnerte ſich, daß bei den Wienern der Ausdruck „Joſchki“ vielfach in vertravlichen oder zärtlichen Gesprächen für den Namen Joſef gebraucht wurde und ohne Weiteres beſchloß er, in der Erwartung regung zu folgen und zu ſehen, was ſich aus der Raſch trat er in das Haus, aus welchem das vertrauliche „Joſchki!“ er⸗ ſchollen war, und ſtieg die ziemlich wackeligen Trep⸗ pen nach dem letzten Stockwerk empor. Hier mündete die Treppe auf einen ſchmalen Gang ein, an deſſen Ende eine Thür offen ſtand, welche in ein ſehr nett und ſauber gehaltenes Zimmer führte und hier ſaß das junge Mädchen auf einem Stuhl, bitterlich weinend. Zöͤgernd trat der Kaiſer über die Schwelle, aber ſchon war das junge Madchen emporgeſprungen und wollte ſich unter heſtigem Schluchzen dem Ein⸗ tretenden an die Bruſt werfen, als derſelbe freund⸗ lich, jedoch entſchieden abwehrte indem er ſagte: „Ich glaube faſt, Made moiſelle, Sie irren fich in meiner Perſon, doch muß ich zunächſt wegen der großen Freiheit meines Erſcheinens herzlichſt um Entſchuldigung bitten ...“ Das junge Mädchen unterbrach den Sprecher mit einem leiſen Schrei, ſah ihn dann prüfend an und wandte ſich erblaſſend ab, die Worte hervorpreſſend: „Mein Gott, Sie find nicht Joſef find Siendenn und was wollen Sie hier!?“ Der Kaiſer, welcher jetzt ſeinerſeis das Mäd⸗ chen näher betrachtete und bemerkte, daß daſſelbe von ungewöhnlicher Schönheit war, welche durch die unge⸗ mein einfache Kleidung des Mädchens eher gehoben als beeinträchtigt wurde, führte die Erregte zu ihrem Sitze zurück und erklärte kurz die Urſache ſeines un⸗ gewöhnlichen Erſcheines, um dann die teilnehmende Frage hinzuzufügen, ob er denn nichts für die augen⸗ ſcheinlich Bekümmerte thun könne. Das Mädchen, welches natürlich den Kaiſer nicht erkannte, faßte zu dem fremden Herrn raſch Zutrauen und erzählte ihm ihre kleine Geſchichte. Juli Zürner, ſo hieß das Mädchen, liebte einen jungen Handlungsb fliſſenen, der in einem der größten Wiener Geſchäfte ange⸗ ſtellt war und den Namen Joſef Huber führte und von welchem die ſchöͤne Julie, nach ihrer eifrigen Verſicherung, innigſt wieder geliebt wurde. Julie wohnt bei ihrer Tante, einer einſamen Wittwe, und hier pflegten ſich die beiden Lurbenden läzlich zu treffen. Nun aber war Joſef ſchon zwei Wochen wer