9 blatt Mk. 1.40 frei ins Haus.“ Für die Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, Allgemeiner Anzeiger für Jadenßurg Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs⸗ Ladenburg. 17. Anzeigen: die 1⸗ſpaltige Corpus⸗Zeile oder deren Naum 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. Corpuszeile. Reclamen 20 Pfg. Druck und Verlag von Karl Molitor, Ladenburg. —.— Nr. 78. — Samstag den 12. September —— — 1891 Volitiſches. Berlin, 11. Sept. In überaus herzlicher und feſtlicher Weiſe iſt Kaiſer Wilhelm anläßlich ſeines Beſuch 's bei den bo heriſchen Mondvern in München aufgenommen worden. Namentlich hat ſich die Preſſe der bayeriſchen Hauptſtadt durch eine be⸗ geiſterte Begrüßung des Schirmherrn des Reiches derborgethan und in dieſer loyalen und patriotiſchen Huldigung fanden ſich die Organe aller Parteirich⸗ tungen zuſammen, ſieht man von den ſozfaldemo⸗ kratiſchen Münchener Blättern ab. verbrachte der Kaiſer noch ganz in München. Vor⸗ mittags 9 Uhr empfing der kaiſerliche Herr den Prinz⸗Regenten und ſtattete kurz darauf demſelben wie den übrigen Mitgliedern des bay'riſchen Königs⸗ hauſes Beſuche ab. Um 11 Uhr erſchien der hohe Gaſt, begleitet vom Reichskanzler v. Caprivi und dem militäriſchen Gefolge, im prächtig geſchmückten Nathauſe. Hier wurde er vom Oberbürgermeiſter Dr. v. Widemoyer mit einer Anſprache begrüßt, auf welche der Kaiſer mit Ausdrücken warmen Dankes für die herzlichen Empfänge, welche ihm die Stadt München zwei Mal bereitet habe, antwortete. Zu⸗ gleich wies der erlauchte Redner auf die vielen Be⸗ weiſe von Treue und Anhänglichkeit hin, welche München ſchon ſeinen Vorgängern, den Kaiſern Wilhelm I. und Friedrich III., geg ben und die in ihm die Sicherheit aufkommen ließen, daß München eine gute, treue Reichsſtadt ſei. Schließlich wünſchte der Kaiſer der Stadt eine auch fernerhin fortſchrei⸗ tende gedeihliche Entwikelung. Im weiteren Ver⸗ laufe ſeines Beſuches auf dem Rathauſe nahm der Kaſſer den ihm angebotenen Ehrentrunk entgegen und zeichnete ſich in das Ehrenbuch der Stadt München ein; dann verließ er unter den donnernden Den Dienstag Hochrufen der verſammelten Menge wiederum das Rathaus. Nachmittags 2 Uhr fand im Feſtſaalbau des Münch ner Refidenzſchloſſs große Militärgalatafel ſtatt, zu welcher das koſtbare goldene Nibelungen⸗ ſervice des baheriſchen Königshauſes Verwendung gefunden hatte. Beim dritten Gange erhob ſich der Prinz⸗Regent zum Trinkſpruch auf den Kaiſer, den⸗ ſelben als ſeinen hohen Verbündeten und treuen Freund, ſowie hochwillkommenen Gaſt feiernd. Der Kaiſer erwiderte ſofort in herzlichen Dankesworten, die in einem Tooſt auf den Prinz⸗Regenten aus⸗ klangen. Nach der Galatafel beſuchte der Kaiſer die Kunſtausſtellung und hierauf Lenbachs Villa. Gegen 7 Uhr Abends fanden ſich ſämtliche Mitglieder gemächern ein; gegen 8 Uhr kamen der Kaiſer und der Peinz⸗Regent hinzu. Kurz darauf marſchirten ſämtliche Mufikkorps des etſten Armeekorps unter den Klängen des Pariſer Einzugsmarſches auf den abgeſperrten, elektriſch beleuchteten Max⸗ und Joſef⸗ platz. Der Kaiſer und der Prinzregent erſchienen, denten der Rö publik gewählt. des Königshauſes in den Räumen neben den Kaiſer⸗ in lebhafter Unterhaltung begriffen, am Mittelfenſter, von dem vieltauſendköpfigen Publikum mit ſtürmiſchen Hochs begrüßt. programmgemäß abgeſpielt und endete um 9 Uhr. Der Kaiſer dankte dem Prinz⸗Regenten durch Hand⸗ ſchlag, bei welchem Anblick das Publikum in ſich immer erneuernde brauſende Jubelrufe ausbrach. Vor dem Kaiſer und dem Prinz⸗Regenten fand am Mittwoch Vormittag auf der Fröttmanninger Haide bei München die große Parade der beiden bayeriſchen Armeekorps ſtatt. Das impoſante mili⸗ täriſche Schauſpiel nahm einen ungemein glänzenden Verlauf. Paris, 9. Sept. Expräfident Grevy, der —— 2 — Treue Liebe. Original⸗Novelle von E. C. Buzg. 0 ö Hitda wurde blaß wie der Tod; jeder Tropfen Blutes fluthete ihr zum Herzen zurück, als ſie leiſe aber feſt fragte: 5 „Iſt mein Gatte — todt?“ 50 Oberſtabsarzt Korſchefsky ſchüttelte und fuhr dann wehmütig fort: „Nein, todt iſt Herr von Weddingen nicht, er iſt aber ſchwer verwundet. Freilich haben S. Königl. Hoheit, der Prinz, welcher hier das Obercommando führt, Ihren tapfeen Gemahl ſogleich zum Haupt⸗ mann ernannt und ihm dem Orden pour le merite verliehen, aber —“ f i Jetzt ſprang Hilda auf und rief: 1 „Herr Oberſtabsarzt, bu te, ſagen Sie mir All 8; ich bin auf das Schlimmſte gefaßt, dieſe ſtückweiſe Mitteilung könnte mich wahnfinnig machen!“ Da trat der Arzt einen Schritt vor, bog ſich zu Hildas Ohr hinunter und flüſterte ihr einige Worte ganz leiſe zu. Hilda ſchwankte, faßte ſich dann aber wieder ſtarken Geiſtes und entg'gnete mit einer Stimme, die alles ausdrückte, was ein Frauenherz an Liebe zu verſchenken hat: 5 „Beide? O großer, barmherziger Gott, wie Kopf wird Bruno das tragen ? Führen Sie mich zu ihm, Herr Doktor!“ Thekla verſtand das Alles noch nicht recht. Sie folgte dem Arzte und der Schweſter wie im Traum, bis ſie an Brunos Lager ſtanden. Da lag er nun bleich und mit geſchloſſenen Augen wie ein Todter. Der Arzt nickte zufrieden über den Zuſtand des Verwundeten und Hilda drückte einen Kuß auf die hohe, ſchoͤne Stirn des Gatten. Da ſchlug er die Augen auf, die ſchönen treuen Augen, lächelte ſchmerzlich, breitete langſam die beiden Arme aus und ſchloß ſein Weib an ſein Herz. Sie weinten beide zuſammen, und der Arzt wandte ſich von Rührung überwältigt ab. Thekla, welche die furcht⸗ bare Verwundung ihres Schwagers noch nicht kannte, ſagte dann: „Hilda, nun erlaube; mr auch einmal, Bruno zu begrüßen. Guten Tag, lieber Schwager; es wird ja bald beſſer werden mit Dir, ſobald Du erſt da⸗ heim biſt und im Park fleißig spazieren gehen kannſt.“ Aus des Kranken Augen perlten wieder Thränen, Die militäriſche Serenade wurde die Hilda wegküßte; der Arzt aber ſtieß Thekla leiſe an und flüſterte ihr zu: „Schweigen Sie, Fräulein, ihr Schwager iſt ja amputut und wird nie wieder gehen!“ Itzt dämmerte es in Theklas Kopfe erſt auf, nachdem ſie Hildas Austuf von vorhin mit dem Ausſpruche des Arztes zuſammengeſtellt. Sie ſtieiß vor 4 Tagen in ſeinem Geburtsort Mont ſous Vaudrey (Jura) von einer Lungenentzündung befallen wurde, iſt derſelben heute erlegen. Jules Grevy war am 15. Auguſt 1807 als der Sohn eines Gutsbe⸗ ſitzers geboren Im Februar 1871 wurde er von der Nationalverſammlung zum Präfidenten gewählt. 1876 trat er als Mitglied in die Deputirtenkam⸗ mer ein, welche ihn am 14. März zum Präſidenten wählte. Nach Thiers Tod wurde er das Haupt der gemäßigt republikaniſchen Partei und nach Mae [Mahons Rücktritt wurde er am 30. Jan. 1879 mit 563 gegen 99 Stimmen auf 7 Jahre zum Präft⸗ Als Oberhaupt des Staates führte er ein einfaches Privatleben und ver⸗ trat ſein Amt mit beſcheidener Würde. Am 28. Dezember 1885 wurde er wiederum auf 7 Jahre zum Präſidenten gewählt. Allein immer mehr ver⸗ lor er an Achtung und Anſehen, woran der bekannte Ordenſchacher ſeines Schwiegerſohns Wilſon die Schuld trug. Im Dez mber 1887 nahm er feine Entlaſſung und geriet ſeitdem in völlige Vergeſſen⸗ heit. f — Ueber den Verlauf der großen Kriegs⸗ mandber im öſtlichen Frankreich läßt ſich privaten Berichten allerhand entnehmen, was mit dem an⸗ geblich ſo ſtolzen Zuſtande des franzöfiſchen Heeres gerade nicht immer in Einklang ſteht. So iſt z. B. die Zahl der Maroden eine auffallend große, im Verpflegungsweſen der Truppen haben ſich bedenk⸗ liche Mängel herausgeſtellt, weiter ſoll die Disziplin ſehr zu wünſchen übrig loſſen und auch in der rein militäriſchen Leitung der Mandver ſollen ſich merk⸗ würdige Dinge ereignet haben. Von dieſen Schatten⸗ ſeiten der ditsjährigen franzöfiſchen Manbver findet ſich natürlich in den Manöverberichten der meiſten franzöſiſchen Blätter keine Spur. Im Gegenteil, einen lauten Schrei aus, ſo daß ſie der Arzt fort⸗ führen mußte. — Mit ihrem Bericht an Mama und Papa, die auf Bromdorf ängſtlich deſſelben harrten, hatte Hildas ſtarke Seele endlich das Schlimmſte in dieſer ſchwern Heimſuchung überſtanden. Sie widmete ſich mit Thekla nun ganz der Pflege des Kranken, bis der Arzt erlaubte, daß die Schweſtern die Reiſe nach der Heimat mit dem Verwundeten antreten konnten. Welch ein Wiederſehen war das zu Hauſe in Bromdorf und wie geſtaltete ſich das Leben daſelbſt. Wenn Hilda ſelbſt den verkrüppelten Gatten, der durch einen Kanonenſchuß beide Beine verloren, in einem Fahrſtuhle im ſchattigen Gutspark an den letzten Hochſommertagen umherſchob, lehnte der Aermſte oft ſein müdes Haupt an ihre Schultern und flüſterte: „Hilda, mein Lieb, biſt Du mir auch noch gut? Kannſt Du den armen Krüppel auch noch lieben?“ Dann beugte ſich die geiſtesſtarke Frau liebend zu ihm hinunter und hauchte, indeß ihr Herz unter den Worten blutete: „Du fragſt roch, Bruno ? Biſt Du etwa nicht mehr der Alte? Ich habe doch nicht etwa“ — ſie lächelte matt dabei — „Deine Beine geheiratet, ſondern Dich ſelbſt, Dein Herz! O, frage mich nicht ſo, Du thuſt mir weh, ſehr wh! Mr macht ( Schmerz, Dich leiden zu ſehen. Mein Bruno, ich gehöre Dir ewig“ uns ſcheidet nur der Tod!“