ger Allgemeiner Anzeiger für Ladenburg und Amgegend. Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. f 5 5 85 15 1 5 Anzeigen: die 1⸗ſpaltige Corpus⸗Zeile oder deren Naum vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs⸗ i 10 f 1 i att Mk. 1.40 frei ins Hans. 9 10 8 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. 8 5 Corpuszeile. Reclamen 20 Pfg. 5 Für die Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, Ladenburg. 1 Druck und Verlag von Karl Molitor, Ladenburg — —ů—ůů ů ů ů ů ů ů — Nr. 69. Samstag den 29. Auguſt 1891 Politiſches. Berlin, 28. Aug. Mtt dem Tiinkſpruche, Böer, den Raiſer Wilhelm bei ſeinem Beſuche in Merſe⸗ n burg auf die Provinz Sachſen ausgebracht hat, liegt 110 zum erſten Male ſeſt längerer Zeit wieder eine be⸗ tn merkenswerte öffentliche Kundgebung des erlauchten er l. Eu Monarchen vor. Als die Kronpunkte derſelben er⸗ — ſcheinen die Stellen über die landwirtſchaftliche und industrielle Bedeutung der Provinz Sachſen, und üder die Friedenserhaltung. In erſterer Beziehung berdient namentlich der Hinweis des Kaiſers auf den blühenden Bauernſtand der Provinz. dem der Kaſſer ferneres Gedeihen wünſchte, Beachtung. Der Intereſſe für das Wohlergehen der Landwirtſchaft bekundet und in den landwirtſchaftlichen Kreisen unſeres Vaterlandes wird man dieſen erneuten Be⸗ wirtſchaft bezüglichen Worte des Kaiſers waren ſeine Aeußerungen über die auswärtige Politik. In ihnen könne einmal anders kommen, was aber dann nicht Deutſchlands Schuld ſein werde. Angeſichts der kriegeriſchen Strömungen, welche ſich ſowohl unter den franzöfiſchen wie ruffiſchen Chauviniſten infolge der Kronſtädter Vorgänge unverkennbar wieder be⸗ merklich machen, wird dieſen Worten Kaiſer Wil⸗ helms eine beſondere Bedeutung aufgeprägt. Der Schirmherr des deutſchen Reiches wünſcht die Wah⸗ rung des koſtbaren Gutes des Vöͤlkerfriedens, er giebt indeſſen zu verſtehen, daß dies nicht von ihm allein abhänge und lehnt darum alle Verantwort- i Treue Liebe. Original⸗Novelle von E. C. Buzg. „Die hohen Verdienſte des ſpäter in den Frei⸗ berrnſtand erhobenen Herrn Waldemar von Klinger um den Staat laſſen zudem die Handlungsweiſe des ilt damaligen Miniſteriums in coulant erſcheinen,“ fuhr en der Advokat fort. „Schon unter dem vorigen 4 5 Fürſten, der ſehr milden Grundſätzen huldigte, wäre es Zeit geweſen, daß Ihr Herr Vater ſeine Rechte ell, auf die Thurn'ſchen Güter hätte geltend machen a müſſen. — Der junge Fütſt“ — Doktor Schwarz zuckte dabei bedauernd die Achſeln — „iſt von Vor⸗ urteilen, was die Stellung des Adels anlangt, nicht frei zu ſprechen und wird ſchwerlich durch einen Act er Gnade zu Ihren Gunſten eintreten, wenn Ihr tozeß verloren werden ſollte. Zudem haben Sie, meines Erachtens, ſehr wenig Ausſichten, bei dem erlangen.“ „So!“ ſagte Herr von Klinger gedehnt, kniff ie Lippen zuſammen und ſtarrte in die Glut des amins. Dann ſprang er haſtig auf und lief lieb, dem Doßtor Schwarz vertraulich die eine and auf die Schulter legte und das Geſpräch mit n Worten wieder aufnahm: Monarch hat hierdurch wieder einmal ſein beſonderes wels wohlwollender Gefinnung des kaiſerlichen Herrn für die Landwirtſchaft gewiß voll zu würdigen wiſſen. Bei weitem wichtiger aber als die auf die Land⸗ gab er der Hoffnung Ausdruck, daß der Friede er⸗ halten bleiben werde, zugleich jedoch betonend, es lichkeit dafür, wenn der Friede nicht länger zu er⸗ Jzigen Gerichtsverfahren Ihr Eigentum wieder zu ehrere Male im Z mmer auf und ab bis er ſtehen und halten ſein ſollte, weit von ſich ab. Hoffentlich wird man in Petersburg wie in Paris dieſe Erklä⸗ rung des deutſchen Kaiſers beherzigen! — Die gedrückte wirtſchaftliche Lage in un⸗ ſerem Vaterlande kommt auch in unſeren industriellen Verhältniſſen mehr und mehr zum Ausdruck. Haupt⸗ ſächlich aus den Keeiſen der Textil⸗Induſtrie kommen viele Klagen ber mangelnde Aufträge. So müſſen die Textilfabr ken in Krefeld wegen mangelnder Auf⸗ träge den Betrieb weſ entlich einſchränken und un⸗ ausgeſetzt Arbeiter⸗Entlaſſungen vornehmen; in vielen Fabriken iſt die Arbeitszeit um die Hälfte oder auch Zweidrittel verringert worden. In bielen Arbeiter⸗ familien herrſcht bittere Not. Die Zahl der ſub⸗ ſiſtenzloſen Fabrikweber ſoll ſich auf Tauſende be⸗ laufen. ſtalten find Stockungen eingetreten. Schwarzfärberei von Beckerath entließ einen großen Teil ihrer Arbeiter. Auch in andern Teilen Deutſchlands iſt die Lage der Textilinduſtrie ebenſo aber auch diejenige anderer wichtiger Induſtrie⸗ zweige — teilweiſe eine ſehr gedrückte, und ſcheint Die bedeutende zu wollen. Auch in Färbereien und in Appreturan⸗ leihung kommt. lichen Unternehmungen über anhaltende Geſchäfts⸗ flauheit geklagt, die natürlich weite Kreiſe der Be⸗ völkerung in empfindliche Mitleidenſchaft zieht. Da⸗ bei halten ſich die Getreide⸗ und Brotpreiſe noch immer auf ihrer außerordentlichen Höhe, und umſo⸗ mehr muß gewünſcht werden, daß ſich die Ernte⸗ Ergebniſſe in Deutſchland doch noch günſtiger ge⸗ ſtalten, als urſprünglich anzunehmen war; das nun eingetretene etwas beſtändigere Wetter dürfte denn auch in dieſer Beziehung noch Manches gut machen. Der nun wieder beendigte franzöſiſche Flottenbeſuch in England hat, wenn man nach Doktor.“ Worten, dennoch bemerkte er reſervirt: „Was zu wünſchen wäre, Herr von Klinger, aber es fehlt an klugen Führern, wenn auch mit der Zeit immer auch der Rat kommt.“ Jetzt ſtand Herr von Klinger nach abermaliger Wanderung durch das Zimmer wieder vor ſeinem Gaſte ſtill und ſagte bedeutungsvoll; tiren, Herr Doktor!“ „Es werden bald andere Zeiten kommen, Herr . Die Augen des Advokaten funkelten bei dieſen —— — 8 f er die Feder weg und lehnte fich zurück. Dabei Bei dieſem Worte ſprang der Advokat wie elektriſirt auf und rief: „Wie — das wollen Sie, Herr Aſſ ſſor ?“ „Ja, und die Sache des Volkes, die Angelegen⸗ heit der zeitgemäßen Reformen, ſoll fortan die meinige ſein! Vox populi, vox Dei!“ Schwarz nickte beifällig und reichte ihm die Hand. Daun ſagte er: „Alexander, junger Freund, wenn in gähren⸗ den Ziiten die Stimme des Volkes auch nicht im⸗ mer Gottes Stimme iſt, ſo hofft doch mit Ihnen unſere Partei eine ſehr ſchätzbare Kraft gewonnen zu habeyv; Sie und kein Anderer müſſen ins Parlament, wo über die Grundrechte des Volkes f debattitt werden ſoll.“ Alexander von Klinger errötete jetzt ein wenig bemerkte: wurde unterhalb der Feudenheimer Fähre die Leiche es hiermit leider noch nicht ſo bald beſſer werden des Taglöhners Adam Seel von hier geländet. Der⸗ Ebenſo wird in vielen anderen gewerb⸗ felbe wurde ſeit vergangenen Sonntag vermißt. Abſchiedsgeſuch an die Regierung. „Ich werde heute noch den Staatsdienſt quit⸗ Aeußerlichkeiten urteilen darf, das beſte Einvernehmen zwiſchen England und Frankreich erkennen laſſen. Die Engländer haben ſich bemüht, ihren franzöſiſchen Gäſten gegenüber ſo liebenswürdig und herzlich wie nur möglich zu erſcheinen, ſo daß Admiral Gervais und ſeine Offiziere nur mit den angenehmſten Er⸗ innerungen an ihren Aufenthalt auf engliſchem Boden nach der Heimat zurückgekehrt ſein dürften. Faſt ſcheint es nun, als ob der Beſuch der franzöͤſtſchen Flotte in Portsmouth noch weitere Wirkungen haben ſollten. Franzöftſcherſeits ſtellt man das Erſcheinen des Präſidenten Carnot in England für nächſtes Frühjahr in Ausſicht, und der Königin Viktoria wird der lebhafte Wunſch zugeſchrieben, dem Staats⸗ oberhaupte Frankreichs das Großkreuz des Lath⸗ Ordens zu verleihen, welches nicht allzuoft zur Ver⸗ Es hat wirklich etwas Rührendes um dieſe gegenſeitigen Liebens würdigkeiten zwiſchen den beiden Weſtmächten! Verſchiedenes. * Ladenburg, 28. Aug. Geſtern Morgen ): ( Neckarbiſchofsheim, 27. Aug. Die Vorbereitungen zu dem am 19., 20. und 21. Sep⸗ tember d. J. dahier ſtattfindenden landwirtſchaft⸗ lichen Gaufeſte find nunmehr ſoweit gediehen, daß an dem Gelingen desſelben durchaus nicht mehr zu zweifeln iſt. Wünſchen wir deshalb, daß der Him⸗ mel zu den Feſttagen uns gutes Wetter beſcheert, ſo glauben wir wohl verſichern zu können, daß die Teilnehmer befriedigt unſer Städtchen wieder ver⸗ laſſen werden. — Mannheim, 25. Aug. Heute Vormittag 9 Uhr ereignete ſich im Warteſaal 3. Klaſſe des „Herr Doktor, versprechen Sie fich nicht zu viel.“ Aber der kleine Herr entgegnete raſch: „Ich weiß, was ich ſage. Kommen Sie ja heute Abend in das Ballhaus. Es wird dort etwas Tüchtiges vom Stapel gelaſſen.“ „Gut, ich komme!“ Die beiden Männer ſchüttelten fich warm die Hände. Der kleine Rechtsgelehrte eilte dann haſtig die Treppe hinunter, der Aſſeſſor aber ſchrieb ſein Jitzt war er damit fertig. — Seufzend legte flüſterte er leiſe: „Hilda, Ideal meiner Träume, ſo fahre denn hin, Du ſüßer Glaube an Glück!“ Eine bekannte Stimme, die draußen im Vor⸗ ſaal erſcholl, ließ ihn aufſpringen; gleich darauf klopfte es, und ſtürmiſch herein trat Bruno von Weddingen. Er war freudig erregt, das ſah Klinger ich Im Knopfloch trug Weddingen eine blühende Roſe. Alexander von Kinger begrüßte den Freund ſehr herzlich und ſagte dann: „Roſen um dieſe Jahreszeit? So warf For⸗ tung ſie Dir auf den Weg, Freund? — Siehe, hier find Roſen und Dornen nebeneinander: ſoeben habe ich den Staatsdienſt quittirt.“ Bruno ſprang beſtürzt vom Sopha, wo er be⸗ reits Platz genommen, wieder auf: