burg Allgemeiner Anzeiger für Ladenburg und Amgegend. Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs⸗ blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. Für die Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, Ladenburg. 10 Pfg., 35 Anzeigen: die 1⸗ſpaltige Corpus⸗Zeile oder deren Naum Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. Corpuszeile. Reclamen 20 Pfg. . Druck und Verlag von Karl Molitor, Ladenbur ———— eee, Politiſches. Berlin, 23. Aug. Der Aufenthalt unſeres Kalſerpaares an der Oſtſeeküſte, welcher ſo intereſ⸗ ſante Bilder aufwies, iſt am Freitag zu Ende ge⸗ gangen. Am genannten Tage Abends 7 Uhr fand dei den Majeſtäten an Bord der „Hohenzollern“ ein Diner ſtatt, zu welchem ſämtliche in Kiel anweſen⸗ den Admirale und Kommandanten geladen waren. Abends 11 Uhr traten die Maj ⸗ſtäten alsdann die Rückreiſe nach Berlin an, auf welcher ſie am andern Vormittag gegen 9 Uhr in Schöneberg bei Bude 4 der Potsdam⸗Magdeburger Bahn eintrafen. Von hier aus begaben ſich die allerhöchſten Herrſchaften direkt nach dem Tempelhofer Felde bei Berlin zur Parade der Gardetruppen und kamen alsdann nach Berlin, woſelbſt om Samstag Nachmittag im Reſi⸗ denzſchloſſe das herkömmliche Paradediner ſtattfand. Abends wohnte das Kaiſerpaar einer Vorſtellung im Opernhauſe bei und begab ſich hierauf nach dem Neuen Palais bei Potsdam. — Im Stande der Getreidefrage iſt im All⸗ gemeinen noch keine Veränderung eingetreten, abge⸗ ſehen davon, daß die ſtürmiſche Preisſteigerung an den Hauptgetreidemärkten des Inlandes ſeit einigen Tagen zum Stehen gekommen iſt. Eine nennens⸗ werte Ermäßigung der Getreidepreiſe kann aller⸗ dings noch nicht verzeichnet wrrden und dürfte es zunächſt vom Ausfalle der deutſchen Ernte abhängen, inwieweit die Getreidepreiſe endlich entſchieden finken oder aber ſich auf ihrer gegenwärtigen auß“⸗rordent⸗ lichen Höhe behaupten werde. Inzwiſchen geht in der Tagespreſſe die Polemik über die Haltung der preußiſchen Regierung in der Getreidezollfrage und über die für ſie hierbei maßgebenden Gründe ſcharf weiter, ohne daß freilich durch dieſe Preßerörterungen die ganze Angelegenheit irgend eine praktiſche För⸗ derung erführe. Das große Publikum kümmert ſich indeſſen weniger darum, wer in dieſem Streite viel⸗ leicht Recht haben könnte, es fragt vielmehr mehr darnach, wann es denn eigentlich wieder billige res Brot bekommen wird; hoffentlich giebt die nächſte Zeit auf dieſe ſchwerwiegende Frage eine befrie⸗ digende Antwort. — Die vom verſtorbenen Generalfeldmarſchall Grafen Moltke geſchriebene Geſchichte d es deutſch⸗ franzöfiſchen Krieges 1870/71 (Verlag von E. S. Mittler und Sohn, Berlin) iſt nunmehr der O ffent⸗ lichkeit übergeben worden; das Werk wird ſowohl im Hinblick auf ſeinen berühmten Verfaſſer als auch in Berückſichtigung ſeines gediegenen Inhalts jeden⸗ falls das lebhafteſte Intereſſe der weiteſten Kreiſe finden. — Der franzöfiſche Flottenbeſuz) in England hat in der europäiſchen Tagespreſſe eine Une aſſe von Betrachtungen hervorgerufen, die indeſſen über⸗ wiegend darin übereinſtimmen, daß das Ereignis keinen beſonderen politiſchen Hintergrund befitzt. John Bull iſt eben beſtrebt, mit aller Welt Freund⸗ ſchaft zu halten, ihm liegt beſonders auch daran, dem mächtigen franzöfiſchen Nachbar nicht zu nahe zu treten, und da kam denn die Heimfahrt des franzöſiſchen Geſchwaders der engliſchen Regierung ſehr gelegen, um durch die Einladung desſelben Frankreich einen wohlfeilen Beweis engliſcher Freund⸗ ſchaft zu geben. Im Uebrigen können ſich die maritimen Vertreter Frankreichs über die ihnen in Portsmouth zuteil gewordene Aufnahme durchaus nicht beklagen, im Gegenteil, zum Mindeſten hat das offizielle England Alles gethan, um ſeine fran⸗ zoͤfiſchen Gäſte auszuzeichnen. Den Höhepunkt dieſer Auszeichnungen bildete offenbar die Revue, welche die Königin Viktoria, begleitet von den Prinzeſſinnen Treue Liebe. 2 Original⸗Novelle von E. C. Buzg. „Das iſt ſchlimm! Nun, entweder Weddingen oder er, dachte ich. Hilda iſt in den Jahren, wo ſie ſich verloben kann.“ „Aber noch nicht ſo alt, daß ich ſie durchaus losſchlagen müßte, Amanda,“ entgegnete der Rat in einem Ton, welcher andeutete, daß er die Sache für erledigt hielt. Er griff in der That zu den Zei⸗ tungen vom geſtrigen Abend und murmelte während der Lektüre: „Hm, überall regt es ſich! Dieſes franzöfiſche Beiſpiel ſcheint in Deutſchland viele phantaſtiſche Köpfe zu entflammen. Vielleicht brechen auch bei uns Revolutionen aus!“ e Indeß ſchaffte Hida in der Küche unverdroſſen an dem Diner; ſie nahm ſich nicht einmal Zeit, ihren Kaffee im Salon zu trinken, ſondern genoß ihn während der Arbeit. Sie dachte dabei aber viel an Bruno von Weddingen. Aus ihrem Sinnen ſcheuchte ſie gegen elf Uhr das Vorfahren eines Wagens auf. „Was iſt es für ein Wagen, Sophie?“ fragte ſie die Köchin. „Ein Privatgeſpann, glaube ich, gnädiges Fräu⸗ lein,“ entgegnete dieſſe. Durch Hildas Gemüt zog eine glückſelige Ahnung. Sie warf ſelbſt einen Blick nach außen, und richtig, — — — . —— es waren Weddingens Apfelſchimmel. Alles Blut ſtrömte Hilda nach dem Herzen, als gleich darauf der Diener des Hauſes auf dem Silberteller eine Karte brachte und ſie ihr überreichte. „Gilt der Beſuch mir?“ fragte ſie errötend und las Brunos Namen auf der Karte. Gehen Sie hinauf, Lehmann“, befahl ſie nun raſch, „und ſagen Sie, ich käme ſofort.“ Damit lief ſie in ihr Zimmer hinauf, ſchlüpfte eiligſt in ein Kleid von hellblauer Seide und ſteich ſich haſtig das üppige Haar glatt. Klopfenden Herzens trat ſie dann in den Salon, wo ſich bei ihrem Eintritt ein ſchlanker, junger Mann im dunkeln moziſchen Anzuge erhob, um ſich ehrfurchtsvoll vor ihr zu verneigen. Es war in der That Bruno von Weddingen, der reiche Gutsbeſitzer vom Rittergut Bromdord, einem ſchönen Beſitztum an der Grenze des Nachbarſtaates gelegen. Hilda nahm dankend an der Seite der Mama Platz, die Herrn von Weddingen empfangen hatte und ſogleich das Geſpräch fortſetzte, welches ſich, wie Hilda ſofort bemerkte, um eine Heirat drehte. „Wie geſagt“, ſprach die Rätin reſolut weiter, „wie geſagt, Herr von Weddingen, obwohl die Zeiten gar nicht danach angethan find, ans Hochzeitmachen zu denken, ſo iſt uns Ihr Antrag doch viel zu ehrenvoll, als daß wir ihn nicht der zumeiſt dabei Beteiligten, unſerer Hilda, an das Herz legen ſollten!“ —ůä 1891 Louiſe und Beatrix, dem Herzog von Conauaht und dem Prinzen von Wales, ſowie von dem fran⸗ zöſiſchen Admiral Gervais, am Freitag Nachmittag über das franzöſiſche Geſchwader und das mit ihm vereinigte engliſche Geſchwader abhielt. Die könig⸗ liche Yacht wurde bei der Durchfahrt zwiſchen den in Reihen aufgeſtellten Geſchwaderſchiffen von jedem einzelnen mit Salutſchüſſen, Hurrahrufen der Mann⸗ ſchaften und Muſik begrüßt. Die vom ſchönſten Wetter begünſtigte Repue dauerte über 3 Stunden. — Die jüngſte türkiſche Räuberaffaire, die Entführung des Bahnmeiſters Solini. hat ſehr raſch ihre Erledigung gefunden. Der Gouverneur von Salonichi iſt von der Pforte ermächtigt worden, die von den Räubern als Löſegeld verlangten 2000 Pfund türkiſch dem italieniſchen Konſul in Salonichi zu übergeben und denſelben bei Zahlung des Löſe⸗ geldes thatkräftigſt zu unterſtützen. Zweifellos be⸗ findet ſich Solini zur Stunde wieder auf fre Fuße. Verſchiedenes. — Mannheim, 24. Aug. Die teils un⸗ günſtige Erntewitterung und teils ungleiche Reife des Getreides verzögerte heuer das Einernten, ſo daß erſt mit Schluß dieſer Woche die Frucht eingebracht wurde. Der Ertrag iſt ſowohl an Stroh, wie an Körner befriedigend, eine „Hungersnot“ in unſerer Gegend iſt alſo nicht zu befürchten. Der Stand der Hopfenpflanzen iſt ein vorzüglicher und kann man auf eine volle Ernte rechnen. Frühhopfen werden ſchon abgemocht und gepflückt, in etwa acht Tagen wird die allgemeine Hopfenpflücke beginnen. Auch der Tabakſtock verſpricht einen günſtigen Er⸗ trag. Nur die Rebe, bezw. Trauben find in ihrer Entwickelung noch zurück und dürften ſich nur bei Der Rat, der inzwiſchen auch in den Salon getreten war, nickte beifällig. Herr von Weddingen verbeugte ſich und nahm dann mit ſonorer Stimme das Wort: „Gnädige Frau, verehrter Herr Rat! Ich bin gewöhnt, gerade, ehrliche Wege zu gehen. Deshalb habe ich es gewagt, mich zuerſt an Sie zu wenden. Nun aber bitte ich, mir eine Unterredung unter vier Augen mit Fräulein Hilda gewähren zu wollen.“ Der Rat verbeugte fich, deutete ſtumm auf Hilda, die wie mit Purpur übergoſſen daſaß, reichte ſeiner Gattin den Arm und verſchwand mit ihr durch die Portiere im nächſten Zimmer, die Rätin jedoch nicht, ohne noch einen ermutigenden Blick auf Hilda zu werfen. Das Verhalten der Tochter verriet der klugen Frau genug; Herr von Klinger hatte auch bei ihr plötzlich alle Chancen verloren. Als Vater und Mutter gegangen waren, er⸗ hob ſich Weddingen und trat an Hildas Seite, welche jungfräulich ſchüchtern und verlegen vor fich niederſah. „Hilda!“ ſagte Weddingen ſanft, und die junge Dame blickte auf. Dieſer Blick ſchloß eine 1 Welt von Wohlwollen für den jungen Mann n ſich. Da lag er, hingeriſſen von dem Anblick, auch ſchon vor ihr auf den Knieen und griff nach ibren kleinen, feinen Händen, die er mit Küſſen bedeckte, ſie entzog ſie ihm nicht.