80 75 Lehmann von Freiburg wegen mehrfacher Unter⸗ ſchlagungen und Urkundenfälſchungen zur Verhand⸗ lung. Der Angeklagte machte ſich der ihm zur Laſt gelegten Vergehen dadurch ſchuldig, daß er ſeit 1875 als Werkmeiſter in der Fabrik der Aktiengeſellſchaft „Badenia“ in Weinheim in Stellung, in den Jahren 1884-1891 für die ihm unterſtellten Arbeiter fort⸗ laufend fälſchlich erhöhte Loͤhne berechnete und den Mehrbetrag für ſich behielt, wodurch er ſich jährlich mindeſtens 1000 Mk. widerrechtlich aneignete. Leh⸗ mann, der ſich heute wegen dieſer Vergehen zu ver⸗ antworten hat, wird unter Ausſchluß mildernder Umſtände zu einer Zuchthausſtrafe von 2 Jahren 6 Monaten verurteilt. — Kehl, 18. Aug. Saßen geſtern Abend in der „Sonne“ in Sand der Sohn des Bürger⸗ meiſters Rieber und ſein Vetter Doll, ſowie noch mehrere junge Burſchen. Im Laufe des Abends kam das Geſpräch auch auf die körperliche Kraft und Stärke der Anweſenden. R. behauptete ſtärker zu ſein als ſein Vetter. Der Kampf begann im Spaß in der Stube, wobei D. den R warf. Rieber wurde wütend und rief Doll zu: „Wenn du Cou⸗ rage haſt, komm' raus in den Hof, da wollen wir's miteinander fertig machen!“ D. ging hinaus, das Ringen begann und R. wurde von D. zwei Mal mit ſolcher Wucht geworfen, daß R. ſofort tot war. D. it verhaftet. — Grafenhauſen, 19. Aug. Geſtern Abend halb 9 Uhr ſchlug der Blitz zündend in die dem Leopold Fleig II. gehörige Scheune. Im Nu ſtanden die nächſten Gebäulichkeiten in Flammen. Unterſtützt durch den ſtarken Wind, verbreitete ſich der Brand über 3 Wohnhäuſer und 6 mit Frucht gefüllte Scheunen. Die von dem Unglück Betroffenen, welche nur teilweiſe verfichert find, konnten nur das Vieh retten. — Trier, 18. Aug. Heute beginnt in Trier die Ausſtellung eines alten Gewandes, welches nach einer Ueberlieferung aus dem 11. Jahrhundert der ungenähte Rock Chriſti ſein ſoll, um welchen die Soldaten nach der Kreuzigung gelost haben. e PVierhundert Kellner find am Samstag von Köln mit einem Extrazug zur Bedienung nach Trier gefahren, aus Anlaß des dortigen Fremdenzufluſſes bei Ausſtellung des heiligen Rockes. erhalten für die ſechs Wochen ihres Aufenthalts in Trier je 80 Mk. und freie Station. der Ausſtellung find in Trier 300 neue Wirtſchafts⸗ konzeſſionen erteilt worden. Die Kellner Für die Zeit gelpzig, 18. Aug. Ein 15 Jahre alter Kaufmannslehrling hat geſtern beim Spielen mit einem Teſchin einen 1 1jährigen Realſchüler, einzigen Sohn einer in der Reudnitzerſtraße wohnhaften Witwe, erſchoſſen. Die Schußwaffe hatte ſchon längere Zeit unbenutzt in einem Gartenhauſe gelegen. Der Kaufmannslehrling hatte damit in die Luft gezielt und abgedrückt und, da ſich die Waffe nicht entlud, angenommen, dieſelbe ſei ungeladen. Er zielte hierauf auf den 11 jährigen Knaben, drückte los, ein Schuß krachte und, in den Unterleib ge⸗ troffen, ſank der Knabe tot zuſammen. — Bremerhaven, 19. Auguſt. Geſtern Abend iſt in Nordenham beim Lloyd⸗Pierbau ein Gerüſt eingeſtürzt, 50 Arbeiter ſind unter den Trümmern begraben oder in die Weſer geſtürzt. Mehr als 20 ſollen ertrunken ſein; 9 Tote find bis heute Morgen aufgefunden worden. Zahlreiche Arbeiter erlitten außerdem Verletzungen. Die Ge⸗ töteten find meiſtens verheiratet. — Die Reblausunterſuchungen im deutſchen Reiche haben im Jahre 1890 die Entdekung von 284 Reblausheerden zur Folge gehabt und 2,850,000 Mark Koſten verurſacht. Desinftzirt wurden über 141 Hektar, wovon 70 auf Preußen entfallen. — Ein ſeltſames Mittel, ſeinem Leben ein Ende zu machen, benutzte geſtern Abend gegen 10 Uhr der 47 Jahre alte Schneidermeiſter A., König⸗ grätzerſtraße in Berlin wohnhaft. Er hatte ſeine aus der Ehefrau und fünf Kindern beſtehende Fa⸗ milie gegen 6 Uhr Nachmittags zum Ausgehen zu bewegen gewußt. In dieſer Zeit machte er ſich daran, die Beſatzſchnur von ſeinem Sopha abzu⸗ trennen und ſich mittels derſelben an der Thürangel zu erhängen. als Leiche vor. Die Motive zur That ſind völlig rätſelhaft, da A. in den beſten Vermögens- und Familienverhältniſſen lebte. — Innsbruck, 19. Aug. Ueber den Ott Kollmann hat in letzter Nacht eine Kataſtrophe der ſchrecklichſten Art unermeßlichen Jammer gebracht. Der Ganderwildbach vom Rittnerhorn war infolge eines Wolkenbruchs rieſig angeſchwollen und ſtürzte um Mitternacht mit gewaltigen Erdmaſſen zu Thal, wo⸗ bei er ganze Häuſerkomplexe fortriß. Von 44 Häuſern wurden 16, die meiſten ganz fortgeriſſen, 39 Per⸗ ſonen find todt, darunter beim Obergander die Müllerin, 4 Kinder der Mühlknecht; beim Mühl⸗ acker alle Inſaſſen, das Befitzer⸗Paar, 5 Kinder Herrſchaft jedenfalls nach den Anſtrengungen der geſtrigen Soiree ermüdet. Raſch war Hilda, eine ſchlanke, geſchmeidige Geſtalt, deren liebliches Geſicht einem Madonnenbilde von Raphael nachgebildet ſchien, angekleidet. Nach⸗ dem das im Purpur der Geſundheit ſtrahlende Ant⸗ litz im kalten Waſſer gebadet war, ordnete die ge⸗ ſchickte Hand das reiche, dunkle Haar, welches in die großen, ſeelenvollen Augen lächelnd auf dem über abbildete. Ein ſeliges Lächeln flog dabei über die feinen Züge des jungen Mädchens. Ja, ſie war unverkennbar ſchön, und um ſeinetwillen freute ſie ſich deſſen. Hatte er nicht geſtern Abend während ihres Liedervortrages in glückſtrahlender Selbſtver⸗ geſſenheit am Piono gegenüber gelehnt und hatte ſie nicht in ſeinen Augen das Bekenntnis inniger Liebe und unverbrüchlicher Treue geleſen? Raſch war Hilda in den Salon getreten, wo eben im Kamin das Feuer aufflammte, denn der Mädchen dann an das Piano und gewandt glitten die ſchlanken Finger über die weißen Taſten, denen ſie halbleiſe die Melodie jenes Liedes von geſtern Abend „Folgt“ ich dir Vöglein“ entlockte. Dabei träumte ſie von einer ſonnigen, glücklichen Zukunft, ſo daß ſie erſchrocken emporfuhr, als plötzlich die Mama ernſten Antlitzes neben ihr ſtand und ſagte: „Guten Morgen, Hilda! Du biſt ſchon am Piano? Komm, ſetze Dich zu mir auf das Sofa; der Papa wird auch gleich da ſein! Laß uns vor⸗ her das heutige Mittagsmahl beraten. Wir müſſen Frühling ließ ſich kalt an. Leiſe huſchte das junge noch leiſe auf, war es doch heute Sonntag und die einen griechiſchen Knoten geſchürzt ward, während Spiegelbilde ruhten, welches ſich im Trumeau gegen⸗ natürlich nach der ungewöhnlichen, großen Ausgabe von geſtern — ſparen!“ Hilda ſchloß nickend das Inſtrument und nahm dann in einem Fauteuil dem Sofa gegenüber Platz. Die Frau Rat aber meinte: „Was ſagſt Du zu einer Suppe a la reine, Omeletts a fruit, aufgewärmtes Roaſtbeef — Peter⸗ ſilienkartoffeln, Leberknödeln mit Backobſt und Nuß⸗ tort zum Deſſert, Hilda?“ „Vortrefflich, Mama,“ gab die junge Dame zurück, „ich bewunderte Dein Organiſationstalent! Und was das Beſte dabei iſt, faſt Alles befindet ſich noch in der Speiſekammer und verurſacht keine baaren Auslagen!“ Die Mama, eine noch ſchöne, für ihre Jahre 15 ſogar noch faſt blendend repräſentirende Dame, eufzte: „Ein Rat zweiter Klaſſe, Hilda, iſt ein glän⸗ zendes Elend, auch wenn er im Miniſterium ange⸗ ſtellt iſt. — Uebrigens Kind, Aſſeſſor von Klinger ließ Dich geſtern Abend nicht aus den Augen! Er erwartet täglich ſeine Berufung Dieſe Partie wäre nicht ſchlecht!“ Hilda lächelte und ſagte: „Er hat ſich ja noch nicht einmal erklärt, Mama. Zudem, gerade herausgeſagt, iſt er mir durchaus nicht ſympathiſch! Ich weiß nicht, wie ich ſein Weſen deuten ſoll, ſein Auge kommt mir dia⸗ boliſch vor.“ „Aber er iſt ein feiner, gewandter Mann, elegant, repräſentirend! Wenn er ſeinen Prozeß ge⸗ winnt, iſt er obendrein ſehr vermögend, Du weißt, Hilda, wie ſchwer das Gold im Leben wiegt!“ 1 75 die Achſeln und erwiderte: „Leider!“ und 2 Dlenfboten; beim Pfeler und Mezger 9 Perſonen. Metzgers waren in der Sommeeſriſche ge weſen und fanden, auf ihren Hof zurückkehren, ihre 4 Kinder und die Dienſtmagd tot. Eine breite Muhre durchzieht das Dorf. Die Reſchsſtraßenbräce im Dorf wurde auf den erſten Anprall weggeriſſen, Die Größe des Unglücks wurde erſt om Morgen bel der Auffindung der Leichen ermeſſen. Die Leſchen wurden in der Eiſach bis Bozen abwärts aufgeffſch, ihre Beerdigung erfolgt im Maſſengrab. Die Schult⸗ maſſen ſtauten die Eiſach und drangen zu dem biz Waidbruck reichenden See. Die Bahnſtrecke wurde 500 Meter weit zerſtört. Der aus dem Süden kom⸗ mende Nachtzug wurde vom Bahnwärter, dem ſelhſt ſein Häuschen zerſtört war, rechtzeitig aufgehalten. Infanterie und Kaiſerjäger find hier eingetroffen. Die zerförte Reichsſtraße wurde wieder hergeſtellt, den Reiſenden iſt es möglich gemacht, die Unterbrech⸗ ungsſtelle zu durchfahren. — Paris, 20. Aug. Amtliche Depeschen bringen Nachrichten über Verwüſtungen auf Marti. Die gegen 10 Uhr nach Hauſe zu- rückkehrende Familie fand ihren Ernährer bereits zum Amtmann. 11 72875 7 nique durch einen Sturmwind am 18. Auguſ . abends. In Fort de France wurden 12 Menſchen getödtet, in Law etin 10; zahlreiche Perſonen find F verwundet. In Saint Pierre find 5 Todte und 4560 mehrere Verwundete, auf dem Pilotefluß wurden Menſchen getödtet, in Francois 16, in la Trinite 10. Die materiellen Verluſte find ebenfalls ſehr betrͤchtlich Seit 1817 hat in Martinique kein 128 ähnliches Unglück ſtattgefunden. 155 — Salonichi, 18. Aug. 115 Kilometer 0 von Salonichi entführten heute Räuber den Bahn⸗ meiſter der orientaliſchen Eiſenbahnen, Sollſni, einen italieniſchen Unterthan, während auf ſeiner Draſſine ein Arbeiter ermordet aufgefunden wurde. Nähere über die Höhe des verlangten Löſegeldes iſt noch nicht bekannt. Man erwartet, die Geſellſchaft werde zur Fortführung des Betriebes ernſte Garantſten fordern, beſonderz mit Rückſicht auf den bebor⸗ ſtehenden Durchgang der indiſchen Poſt, und ſo die Säuberung der Gegend bewirken. Der ſeit dee Monaten gefangene inländiſche Kaufmann Jacosl if noch in dir Gewalt der Räuber. . — Konſtantinspel, 20. Aug. Nach einer Meldung der Direktion der Orientbahnen verlangen die Räuber des Bahnmeiſters Solini innerhalb 11 Tagen 2000 türkiſche Pfund Löſegeld und Einſfel⸗ lung der Verfolgung. Die ndtigen Schritte bei der türkiſchen Regierung hat der italienische Botſchaflek gethan. — — —— Sie wurde durch den Eintritt des Rates, ihtes Vaters, einer weiteren Antwort überhoben und eilte in die Küche, welche im Souterrain lag, hinab, um Sophie, dem Küchenmädchen, Anweiſung für den Mittag zu geben. N Inzwiſchen ließ der Rat, ein kluger, pedanti⸗ ſcher, aber noch ſehr rüſtiger Herr, den geſteigen Abend an ſeinem geiſtigen Auge Revue paſſieren und äußerte ſich dann beifällig über das gelungene Arrangement. g „Damit wäten wir denn endlich durch, Amanda, verſitzte er. „Es lag mir in der letzten Woche wie ein Alp auf der Seele, dieſer drückenden Verpfläh⸗ tung entledigt zu ſein!“ „Mir auch, Albrecht. Klinger geſtern Abend?“ „Ach geh' mir mit dem Menschen,“ lautete die Antwork. „Ich kann ihn nicht gut leiden. Wöre er nicht Weddingens Freund, er müßte unse⸗ rem Hauſe fern bleiben.“ „Das wäre ja ſchlimm, Albrecht, da re Hilda freit!“ 5 „Amanda!“ rief er verwundert aus. „Ja,“ nickte ſie, „er hat ſich heimlich mit gegenüber erklärt. Seine förmliche Bitte um Hilda) Hand hängt nur von ſeiner Ernennung zum Amt⸗ mann ab.“ „Wozu es nie kommen wird,“ erklärte der Rat. „Du vermuteſt das?“ frug die Frau ane „Nein, ich weiß es, Klingers bedenkliche 165 ſinnung liegt zu offen auf der Hand. Im 105 ſterium haßt man ihn und wird ihn nie zum A Sahſt Du Herrn bon er — um