Im Laufe der nächſten Woche werden die bon der Regierung borgeſchriebenen Meſſungen und Ab⸗ nahme berſuche ſtattfinden, ſodoß vorausſichtlich Ende der nächſten Woche der definſtive Betrieb beginnen kann. — Köln, 17. Auguſt. Die Köln. Ztg. meldet aus Petersburg: Die vornehmſte rufſiſche Monatsſchrift, Weſtnik Jewropy, erklärt in einem durchaus fachlichen Artikel „Ein ruſſiſch⸗franzöſtſches Bündnis“ ihren Landsleuten, daß die Grundlage für eine ernſte Freundſchaft fehle. In Frankreich ſei Vieles vorhanden, was jeder ruſſiſche Patriot verurtellen müſſe. Die Freundſchaft ſei hervor⸗ gerufen durch die franzöſiſch⸗deutſche Feindſchaft. Wenn dieſe nachlaſſe, werde das Verhältnis zwi⸗ ſchen Frankreich und Rußland das alte werden. In Friedenszeiten komme der Zweibund gegen den Dreibund nicht anf. Es wäre ungerecht, auf das deutſche Volk jene Unzufriedenheit zu übertragen, welche früher Bismarck's Politik in Rußland her⸗ vorgerufen habe. Weder Kaiſer Wilhelm noch Caprivi ſei ein ränk⸗volles Spiel gegen Rußland vorzuwerfen. In kultureller wie geiſtiger Ent⸗ wicklung bleibe Rußland Deutſchland tief ver⸗ pflichtet. — Hamburg, 14. Aug. Großes Aufſehen erregt wie man der Voſſ. Zt g. von hier meldet, in allen Kreiſen die Falliterklärung des Oberlehrers Wolters in Eilbeck. Die Unterbilanz beträgt drei⸗ malhunderttauſend Mark. Das Geld hat Wolters nach Art der Adele Spitz'der von früheren Schülern und Landsleuten erhalten und an der Börſe ver⸗ ſpielt. Der Staatsanwalt iſt eingeſchritten. — Angers, 15. Auguſt. Der 49jährige Jour⸗ naliſt Lebreton ſtürzte von dem Dachboden ſeiner Wohnung auf die Straße und fiel auf ſeine Frau, welche gerade die Straße reinigle. Der Frau wurde das Rückgrat gebrochen und ein Oberſchenkel zerſchmettert, während ihr Eheherr nur leichte Ver⸗ letzungen erlitt. Lebreton ſoll beim Verhör dem Polizeikommiſſar geſtanden haben, daß er den Augen⸗ blick als ſeine Frau die Straße reinigte, benutzt habe, ſich auf ſeine Frau zu ſtürzen und in der Abficht, ſeinem Leben ein Ende zu machen und gleichzeitig ſein Weib zu töten. Der Zuſtand der Frau iſt hoffnungslos. — Flatow, 15. Aug. Der Redant des Vorſchußvereins und ſtellvertretende Bürgermeiſter, Möbelfabrikant Quandt iſt verſchwunden. Bei der gerichtlichen Unterſuchung der Kaſſe iſt ein Fehl⸗ betrag von über 26,000 M. feſtgeſtellt worden. Nele Familien ſind durch die Unterſchlagungen betroffen worden. 8 — 1 5 17. Aug. Bei dem Eiſenbahn⸗ Unglück auf der Strecke Vern⸗Biel, welches ſich beute früh ereignete, wurden 19 Perſonen gelötet und etwa 20 verwundet. Der Zuſammenſtoß er⸗ folgte zwiſchen dem Pariſer Expreßzuge und dem Perſonenzug, welcher von Bern kam. — Wien, 16. Aug. Ein Perſonenzug der Staatsbahn Krems⸗Wien entgleiſte geſtern Mittag bei der Einfahrt in die Station. Hadersdorf; zwei Paſſagiere, ein Zugführer und ein Kondukteur wurden leicht verletzt. — Wien, 17. Auguſt. Ein neues Opfer des Dienſtmädchenmörders Schneider wurde geſtern ermittelt. Ein Arbeiter der Pittener Papierfabrik der ſeit zwei Monaten keinen Brief ſeiner neunzehn⸗ jährigen Tochter erhalten hatte, kam am Sonn⸗ abend nach Wien, um bei ihrer Dienſtgeberin nach⸗ zufragen. Das Mädchen hatte den Dienſl Ende Juni verlaſſen und bei einer Dienſtvermittlerin am 27. Juli ſich eintragen laſſen. Seitdem fehlt von ihr jede Spur. Der Vater erkannte unter den bei Schneider mit Beſchlag belegten Sachen ihren Koffer mit Kleidern und Wäſche. Es erweiſt ſich, daß Schneider innerhalb fünf Tagen drei Mädchen ermordet hat. — Ein gewaltiger Orkan hat, wie aus Petersburg geſchrieben wird, am 22. Juli a. St. (3. Auguſt) in dem weſtlichen Teile des Kreiſes Sſimferopol ungeheuren Schaden angerichtet. In den erſten Nachmittagsſtunden des 22. Juli war die Luft in der ganzen Krim ungewöhnlich heiß — 39 Grad im Schatten und 53 Grad in der Sonne. Um 2 Uhr nachmittags ſah man in der weſtlichen Region des Jaila⸗Gebirges eine bleigraue Wolken ⸗ maſſe, welche nach Weſten zog. Bald darauf wurde in der entgegengeſetzten Richtung auch eine große Wolke ſichtbar, die der erſterwähnten entgegenzog, und als gegen 8 Uhr ſich die beiden Wolkenmaſſen vereinigt hatten, brach plötzlich ein furchtbarer Orkan los, dem wolkenbruchartiger Regen und ſtarker Hagel folgte. Ausgedehnte Rebenplantagen und Gärten im Almathale wurden vollſtändig vernichtet, und ſelbſt uralte, rieſige Bäume konnten dem Wirbel⸗ ſturme nicht widerſtehen. Die Beſchädigungen der Gärten, Weinberge und Baumſchulen iſt ſo groß, daß Jahre dazu nötig ſein werden, um die Pflan⸗ zungen wieder in den vorigen Stand zu ſetzen. 75 8 rechenboren Schaden derurſacht. Wie aus gupgz toria gemeldet wird, iſt auch der Verluft von Menſchenleben zu beklagen; dort wurde nämlich eint Hochzeitsgeſellſchaft aus dem Wagen geriſſen und mit großer Gewalt an die Erde geschleudert, ſo daß acht Perſonen ihren Tod fanden. Wichtig für alle Tabakpflanzer Von einer Anzahl bedeutender inländiſcher Tabakskäufer geht der „Südd. Tabalztg.“ folgender Wink zu, der zweifellos die größte Beachtung un⸗ ſerer Tabakpflanzer verdient: „Das Tabakbrechen wird demnächſt ſeinen An⸗ fang nehmen und mochten wir nicht verſäumen, den Tabakpflanzern dringend zu empfehlen, daß ſie beim Abblatten vorſichtig zu Werke gehen und nicht ſo große Stücke Holz vom Hauptſtengel an den Blättern laſſen, wie ſolches in den ltzten Jahren leider ſehr überhand genommen hat. Ferner iſt auch davor zu warnen, daß beim Einfaſſen kein Sandblatt zum Hauptblatt gereiht wird. Dieſe ſchlimmen Gewohnheiten find im Bruh⸗ rein, in der äußeren Hardt, am Neckar, im baheriſchen Oberland, in manchen Gegenden des Bühlerthales und des Breisgau's verbreitet. Bei dem augenblicklich ſchlechten Geſchäftsgang im Tabak iſt zu befürchten, daß Tabake, welche mit Holzköpfen verſehen und mit Sandblatt bermiſcht find, von den guten Käufern gemieden werden, wo⸗ durch dem Landwirt großer Schaden entſteht. Es glaubt wohl mancher Pflanzer, daß er ſich durch das Tabaksholz und durch das Nichtausſchelden des Sandblatts einen kleinen Vorteil verſchafft, allen er läßt hierbei ganz den Schaden außer Acht, wel⸗ cher beſonders in flauen Zeiten ihm leicht dadurch erwächſt, daß man ſeinen Tabak beim Einkauf meidel.“ Erfolg durch Annoncen erzielt man nur, wenn dieſeſben zwecke ntſprechen abgefaßt und ſtets die richtige Wahl der geeigneten Zeitungen getroffen wird. Man wende ſich dahez an die Annoncen⸗Expedition Hein. Eisler, Franz furt a. M., Zeil 76, die es ſich zur Pfcht macht, obige Punkte in erſter Linie zu berüäckſſchtigen und lediglich nur die Qriginal⸗Zeilenpreiſe der Zei tungen unter Gewährung böchſter Rabatte berechnet, Jede gewünſchte Auskunft wird kostenfrei ertell, ſowie vorherige Koſtenanſchläge gratis und franko geliefert. mit der zunehmenden Menſchenmenge ſteigerte ſich auch die drohende Haltung der wüthenden Bepbl⸗ kerung in erſchreckender Weiſe. „Seht dieſe Schurken!“ ziſchte ein rußiger Kerl, „fie ſind ſo rahig, ols ginge es zum Tanze.“ „Welcher von Beiden iſt Gonzago ?“ fragte ein Anderer. „Der Fette, mit den Augen, die ihm faſt aus dem Kopfe treten,“ gab der, weſcher zuerſt geſprochen hatte, zur Antwort. „Ha,“ rief ein Dritter, der hat aber anch ein mörderiſches Geficht!“ Die weiſen Bemerkungen wurden von tauſend Stimmen wiederholt, die wie ein reißender Strom anſchwollen, bis derſelbe von dem wilden Schrei „Zum Tode mit ihnen! „Zum Tode mit den Mördern!“ erſtickt wurde. — „Es war eine bunte Menge, — maleriſch vielleicht, aber von mehr als zweifelhafter Reinlichkeit — eine heulende, ſchreiende brüllende Menge des niedrigſten Abſchaums von Neapel; bärtige, gelb⸗ braune Männer, mit gemeiner, niedriger Stirn, denen man nach Dunkelwerden nicht mehr begegnen mochte; Bettler in jeder Geſtalt, von dem banditen⸗ artigen Vagabunden mit ſeinem togaähnlichen Mantel, bis zu der zuſammengeſchrumpften, alten Frau, die auf Krücken umherhumpelt; Frauen mit braunen, lachenden Gefichtern und Augen, die wie Sterne in der Dunkelheit blitzten, und zerlumpte Kinder, die ihre Arme erhoben und ihre ſchrillen Stimmen mit dem gellenden Chor vermiſchten. Auch die Balkone ſämmtlicher Häuſer waren mit anmutigen Geſtalten, den Schönheiten Neapels, verſetzt, um auch einen Blick auf den zu werfen, Auch auf den Feldern hat das Unwetter unbe⸗ der ihnen ſchon in der Kinderſtube Furcht Schrecken eingeflößt hatte. Und da ſaß mein armer Onkel, der Mittelpunkt von Allem, den entblößten Kopf gerade auf den breiten Schuldern ſitzend, und ſein joviales, gut⸗ mütiges Geſicht von einem heiteren Lächeln über⸗ flutet, das nichts zu bannen vermochte. Die Menſchenmaſſe ſchwoll auf allen Seiten mehr an, und das unheimliche Gemurmel wurde immer wilder und heftiger, während wieder und wieder der entſetzliche Ausruf laut wurde: „Zum Tode mit ihnen! — Zum Tode mit ihnen!“ Schon lange hatte ich mich hoͤchſt unbehaglich gefühlt, jetzt aber fing ich in der That vor Furcht und Schrecken zu zittern an. Wenn der Pöbel in ſeiner blinden Wut unſere kleine Eskorde durchbrach war es in kürzerſter Zeit um unſer Leben geſchehen. Ich ſah mit einem bittenden Blick zu dem Polizeihauptmann hin; ſeinen bebenden, fahlen Zügen nach zu urteilen, teilte dieſer meine Meinung. Er bog ſich vor, flüſterte dem Befehlshaber der Carabinerie etwas zu, und im nächſten Augen⸗ blicke drehte einer der Carabinerie um und brach ſich eilends durch die wüthende Menge Bahn. In derſelben Minute drängte ſich ein wahrer Rieſe von einem Menſchen, von einer kleinen Schaar athleti⸗ ſcher Geſtalten begleitet, bis an unſeren Karren heran und forderte unſere Uebergabe. „Sie gehören dem Volke,“ brüllten ſie bewun⸗ derungswert einſtimmig, „gebt ſie uns, wir wollen Rache nehmen.“ a Der Polizeihauptmann war ſprachlos vor Schrecken; ſein geringer Mut hatte ihn verlaſſen. Glücklicherweiſe, und bevor ihm Zeit zu reden blieb ſchrie eine ſtrenge Stimm: und hören, zuerſt meinen Onkel. „Halt! „Zieht die Schwerter!“ Zwanzig Schwerter blitzten im Sonnenlicht; es entſtand ein Raſcheln und Klirren, in das ſich laute Angſt und Schreckensrufe miſchten, und die Menſchenmenge wich ſcheu, aber nicht entmutigt zurück; denn kaum hatten die Soldaten ſich wieder in Reih und Glied geſtellt, ſo flog eine Salbe unangenehmer Wurfgeſchoſſe durch die Luft in geführliche Nähe von mir und meinem Onkel, und befleckte uns mit Koth und Schmutz. 5 Da endlich kam eine ſtarke Abteilung Berit tener im vollen Galopp die Straße herauf, die blitzenden Sübel zum Angeff bereit; der Pöbel hielt ein; plötzlich berſtummte ſein Lärmen und Schreien; eine kurze Sekunde und der wülhende Volkshaufen wandte ſich um und floh und zer⸗ ſtrtute ſich wie eine Heerde geängſtigter Schafe vor einer Schaar Wölfe. Von nun an ſetzten wir unſere Fahrt ohne weitere Unterbrechung fort, bis wir das Polizei⸗ amt erreichten, wo wir in ein kleines kahles Zim⸗ mer geführt, und einem düster und boͤſe drein. ſchauenden Beamten gegenüber geſtelt wurden. „Dieſer hohe Gerichtsbeamte hatte nicht übe Lust, ſich auf unſere Kosten luſtig zu machen; er zeigte über unſern ſchmälichen Zuſtand eine gerade ſchamloſe Heiterkeit. Mein Onkel erwiderte ſein düſteres Grinſen mit ſtrahlendem Lächeln und ſchen die ganze Sache für einen herrlichen Spaß ann ſehen. 5 Als der Polizeihauptmann ſeine Anklage 920 vorgebracht hatte, fing der Richter an, uns zu des Fort vom Wagen! (Schluß fegt.)