J Tricia g derlauft, J. Stem 555 8 0 1 meldet: nicht blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. Fu die Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs⸗ 1 Laden burg. Alittwoch Anzeigen: die 1⸗ſpaltige Corpus⸗Zelle oder deren Naum 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. Corpuszeile. Reclamen 20 Pfg. 5 1891 Politiſches. Berlin, 27. Juli. Der „Reſchsanzeiger“ Der Kaiſer iſt am 23. Juli Abends an Deck der „Hohenzollern“ auf dem durch Regen glatt gewordenen feuchten Fußboden ausgeglitten und hat ſich dabei leicht am rechten Knie vecletzt. Schonung des Fußes iſt erforderlich und es werden in nächſter Zeit Berg⸗ und Landparthien nicht ſtattfinden können. Das Allgemeinbefinden des Kaiſers iſt gut. Berlin, 27. Juli. Der Reichsanz. meldet aus Tromſö: Der Kaiſer ſei von ſeinem Unfall ſo⸗ weit wieder erholt, daß er geſtern den ganzen Tag mit bandagiertem Knie an Deck ſein und an allen Mahlzeiten teilnehmen konnte. Noiſer perſönlich Gottesdienſt ab. Berlin, 27. Juli. Der aiſer traf am Samstag in Tromſö ein, nahm Vorträge entgegen, arbeitete darauf allein und hielt am Sonntag ſelbſt den Gottesdienſt ab. Er ging Mittags in See, traf geſtern um 3 Uhr in Me⸗ lungen Fjord ein und gedachte heute ſeine Reiſe in ſüdlicher Richtung fortzuſetzen. — Dem „Reichsanzeiger“ zufolge iſt betreffs des Berechtigungsweſens an hoheren Schulen eine Verſtändigung dis Miniſters dahin erfolgt, daß die Abiturienten der Oberrealſchulen Preußens denen der Realgymnaſien weſentlich gleichgeſtellt und be⸗ techtigt werden zum Studium des Baufaches, des Maſchinenbaufaches, des Bergfaches, des Forſtfachs, der Math⸗matik, der Naturw ſſenſchaft, mit Anſtell⸗ ungs berechtigung, ſowie Zutritt zum Poſt⸗ und Telegrophenweſen. Zum Dienſt als Einjährig⸗Frei⸗ willige berechtigt fortan nicht mehr die Verſetzung nach Oberſecunda; vielmehr tritt nach ſechsjährigem Turnus auf allen Anſtalten eine beſondere Prüfung 4 Geſtern hielt der Der Reichsanz. meldet: unter Vorfſtz eines Staatskommiſſars ein, von der die Berechtigung abhängt. Metz, 23. Juli. Der landwirtſchaftliche Verein bon Elſaß-Lothringen beſchäftigte ſich dieſer Tage mit der Heimſtättenfrage und kam zu der Entſcheid⸗ ung, „daß die Einführung eines Heimſtättenrechts wegen der damit verbundenen Grundſätze der Un⸗ teilbarkeit der Heimſtätte, ſowie der Vererbung nach dem ſogenannten Anerberecht für das Reichsland unannehmbar ſei, daß es ſich dagegen in hohem Grade empfehle, durch Erweiterung der Vorſchriften des § 715 dec Z vilprozeßordnung, ſowie Abänder⸗ ung einiger anderer Beſtimmungen des Zwangs⸗ vollſtreckungsverfahrens dem Kleingrundbeftßer und Landarbeiter einen größeren Schutz zu ſichern.“ Die Kommiſſion nahm den Antrag an, das Miniſterium 3 zu bitten, in der nächſten Tagung dem Landesaus⸗ ſchuß einen Geſetzentwurf mit folgenden Beſtimm⸗ ungen vorzulegen: 1) Der 8 2092 des Code civil wird aufgehoben und der Gläubiger angehalten, be⸗ vor er das unbewegliche Vermögen angreife, nachzu⸗ weiſen, daß eine Pfändung der beweglichen Habe ohne Erfolg geblieben; 2) im Mahnvetfahren er⸗ worbene Rechtstitel berechtigen nicht zur Eintro gung einer gerichtlichen Hypothek; 3) von der Zwangs⸗ vollſtreckung wird das Haus nebſt Garten und das Unentbehrlichſte an Grundſtücken ausgeſchloſſen. Paris, 25. Juli. Die Frau des Miniſters Conſtans erhielt am Donnerstag Abend aus Toulon ein Packt, enthaltend ein Meßbuch von auffälligem Die zuſammengeklebten Buchblätter ent⸗ Aeußern. hielten ein weißliches Pulver. Das Buch wurde in das ſtädtiſche Laboratorium zur Unterſuchung ge⸗ ſchickt. Man glaubt, es ſei eine exploſive Queck- filberverbmdung. Der Unterſtaatsſekretär der Ko⸗ lonien und andere Marinebeamten erhielten ähnliche Zuſendungen. Eine ſpätere Meldung beſagt folgen“ des; Die Unterſuchung der, der Frau Conſtans, der Gattin des Miniſters des Innern, dem Unter⸗ ſtaatsſekretär der Kolonien Etienne und dem Chef des kolonialen Geſundheitsamtes Treille aus Toulon von einem Unbekannten geſandten Bücher ergab das Vorhandenſein von Knallſäureſalz, deſſen Exploſton hätte gefährlich werden können. Die Unterſuchung iſt angeordnet. Verſchiedenes. — Seckenheim, 25. Juli. Geſtern Abend erhängte fich der 60 jährige Küfer Wilhelm Hampel auf dem Sp icher ſeines Hauſes. Derſelbe hatte von einem Weinhändler, bei dem er beſchäftigt war, einen Verweis erhalten und ſoll dies die Urſache des Selbftmordes ſein. Der Unglückliche iſt verheiratet und hinterläßt eine Frau nebſt zwei erwachſenen Tböchtern. — Weinheim, 25. Juli. Geſtern Nacht wurde in der Behauſung des Herrn Schuhmacher Böhler eingebrochen. Die Diebe entwendeten außer ſonſtigen Gegenſtänden eine große Anzahl Schuhe. Der Wert der geſtohlenen Sochen beläuft ſich auf ungefähr 150 M. Die Thäter konnten noch nicht ermittelt werden. — Karls ruhe, 27. Juli. Das neueſte Geſetzblatt bringt eine nach den vorangegangenen eingreifenden Veränderungen höchſt erwünſchte Zu⸗ ſammenſtellung der in dem Verfahren bei der Zwangsvollſtrickung in Liegenſchaften geltenden Beſtimmungen. In 101 Paragraphen find die bezüglichen Vorſchriften nach den einzelnen Haupt⸗ geſichtspunkten gruppirt, wobei namentlich auch die Abteilung über die Koſten für zahlreiche Private ein erhöhtes Interreſſe bietet. Der nicht bevor⸗ Berthers Schatten. a Novelle von Karl Caſſau. „Ja, Reißner, gab er darauf zurück „wenn ich Werther wäre, ich habe ſo etwas von der Hundetreue in meinem Charakter, ich kann Laura nie, nie verg / ſſen!“ „O, ich könnte ihr fluchen!“ Mutter heftig ein. „Sie iſt es, die mir den Sohn raubt!“ Da richtete ſich der Kranke raſch auf: „Mutter, beſte Mutter, ſage das nie wieder, fluche ihr nicht! Dein Fluch träfe nur mich! Ich wünſche Gottes Segen auf ſie herab, moge ſie glück⸗ lich ſein!“ Dann übermannte ihn die Schwäche. Er lehnte ſich zurück und murmelte: „Wer kann dafür, Mütterchen! Es war mein Verhängniß! Es mußte ſo kommen! Ich bin ſo müde, ſo müde! Ach! wer — doch ewig ſchlafen könnte!“ Er lehnte ſich zurück und regelmäßige Athem⸗ züge verkündeten ſeine Geneſung. „Gerettet!“ triumphirte Doktor Kugler, eben eintrat. — Als der alte Gröhlmann nach einigen Tagen dem wiedergeneſenen Werther die erſten Veilchen auf die weiße Bettoecke legte und dabei die Thränen zu⸗ tückdrängte, fragte Werther: der fiel nun die 1 „Woher hat Er ſie, Gröhlmann ?“ „Am Zaun im Garten blühen Hunderte, Herr Doktor!“ Hm, trete Er nähr, Gröhlmann.“ er Alte gehorchte. i Wo iſt die Mutter j tzt?“ In der Küche, Herr Doktor!“ Iſt fie ſehr traurig?“ „Na und! Vor Sorgen um den iſt ſie ſelbſt krank!“ Werther flüſterte: „Treues Mutterherz! Das Schwert iſt auch Dir durch die Seele gedrungen! — Und der Vater, Gröhlmann ?“ ö „Iſt auf dem Rathauſe, als Vertreter der Stadt⸗Intereſſen, Herr Doktor! Das Geſchäft geht 1. April in andere Hände über!“ a 8 Er ſagt! Das iſt gut! Wir ziehen alſo ort?“ „So ſagten der Herr Chef!“ a Werther ſchwieg jizt einen Augenblick und be⸗ trachtete wehmüthig die Veilchen. „Was ich ſagen wollte, Gröhlmann, ich bin wohl lang krank geweſen?“ „Leider, leider, Herr Doktor; heute den 23. März.“ „Den 23. März? Mein Gott! Und im Nach⸗ 1 zum wir ſchreiben barhauſe ? — Er verſteht doch?“ Herrn Doktor ö Gröhlmann ſah ihn ſch'u an, aber Werther lächelte: J „Sag' Er nur alles; ich bin gefaßt und ſtark; wiſſen muß ich's ja doch einmal!“ 5 Gröhſmann traute ſich noch nicht recht „Ja, du lieber Herrgott, Herr Doktor — !“ ö „Nun, ſchieße Er nur los !, Da erfuhr er denn, daß die Trauung Pauls und Lauras am 2. JImuar in aller Stille ſtattge⸗ funden und daß die Frau Amtmann auf Hennigſtedt ſehr leidend ſei. Anfang März habe denn auch Herr Reißner, jetzt Advokat in Harpſtedt, mit Sophie Hochzeit gehalten. Der Herr Doktor habe aber das olles noch nicht wiſen ſollen. Werther horte es mit Ruhe an und bat darauf: 5 „Geb' Er mir Schreibzeug, Gröhlmann!“ Der Alte that's, ging dann aber in die Küche und berichtete Frau Helbig alles. J Die kleine lebendige Frau war mager und blaß geworden. Auf Gröhlmanns Bericht zupfte ſie an der Haube und meinte dann: „Gott ſei Dank, nun wird er's wohl über⸗ winden J, N Der Brief, den Werther jetzt ſch leb, war an den Herrn Amtmann Buſch auf Hennigſtedt gerichtet und lautete: i „Schwalbheim, den 23. Mäcz 1785. Lieber Freund Paul! b Indem ich nach überſtandener Krankheit zu