e lng, 55 L ichl⸗ I in, lac, de, blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. Far die Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, Ladenburg. Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs⸗ den 25. Juli Druck und Verlag von Karl Molitor, Ladenburg. Anzeigen: die 1⸗ſpaltige Corpus⸗Zeile oder deren Naum 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. Corpuszeile. Reclamen 20 Pfg. 5 1891 Politiſches. Berlin, 24. Jull. Der Kaiser hat mehr das äußerſte Ziel ſeiner gegenwärtigen Nord⸗ lands fahrt, das Nordkap, erreicht, wohin der hohe Herr an Bord der „Hohenzollern“ am Dienstag früh von Tromsö aus aufgebrochen war. Die von den donnernden Wogen des Polarmeeres umbrandete düſtere Felſenmaſſe des Nordkaps, auf deſſen Gipfel ein kleines Denkmal ſteht, gilt gewöhnlich als der nördlichſte Punkt des europäiſchen Continents, ob⸗ wohl das Nordkap nicht mehr auf dem Feſtlande liegt, ſondern ein Vorgebirge auf der kleinen Inſel Magerd bildet. Nach der vom beſten Wetter be⸗ günftigten Beſichtigung des Nordkaps trat der Kaiſer die Rückfahrt an und ſtattete auf derſelben am Mittwoch Hammerfeſt, der nördlichſten Stadt Euro⸗ pas, einen Beſuch ab. In den nächſten Tagen ge⸗ denkt der Monarch einige Gletſchertouren zu unter⸗ nehmen. — In Bremen fand am Montag Nachmit⸗ tag der feierliche Stapellauf des neuen Panzerfahr⸗ zeuges „G“ auf der Werft der Aktiengeſellſchaft „Weſer“ ſtatt. Der Chef der Marineſtation der Nordſee, Vizeadmiral Schröder, hielt die Taufrede. In derſelben wies der Redner darauf hin, daß das neue Schiff ein Erzeugnis deutſcher Schiffsbaukunſt und deutſchen Gewerbefleißes ſei, deutſcher Stahl habe zu ſeiner Herſtellung durchgängig Verwendung gefunden. Dann betonte der Admiral, daß dieſes Schweſterſchff der Panzerfahrzeuge „Siegfried“ und „Beowulf“ ebenfalls einen hohen Heldennamen aus der Welt der nordiſchen Sagen und Geſänge tragen ſolle, auf deren Schauplatz Kaiſer Wilhelm fetzt weile. Alsdann erklärte der Sprecher, er taufe das Schiff zufolge allerhöchſten Befehles auf den Namen Werthers Schalten. 5 Novelle von Karl Caſſau. Woland freute ſich erſt des Glückes ſeines Kindes, insgeheim aber ſchüttelte er den Kopf und murmelte: „So ein Mädchenherz begreife der Kuckuck! Dachte ich doch, der junge Helbig ſollte da einziehen, letzt ift's doch der junge Amtmann aus Hennigſtedt! Nun ſchließlich kann's mir auch ſo recht ſein!“ Paul war nun faſt täglicher Gaſt der Familie Woland, obwohl die Verlobung erſt am Weihnacht ⸗ feſte mit dem gleichzeitig ſtattfindenden Aufgebot voll ⸗ zogen werden ſollte; bis dahin wollten die Verlob⸗ ten ihr Glück geheim halten. Laura dachte dabei an Werther, dem man das Ereigniß ſo ſchonend als moglich beibringen wollte. 5 5. Es war ein kalter Winterabend, als zwei Tage vor Weihnachten Werther Helbig im Pelz gehüllt mit der Fahrpoſt Schwalbheim zueilte, wohin ſchon ſein Herz voraus geflogen wäre, wenn es Flügel ge⸗ habt hätte. Er ſaß mutterſeelen allein in dem kalten Kutſchkaſten, ſeitdem ihm im letzten Städtchen ſein Reiſebegleiter, ein Kaufherr aus Apolda, untreu ge⸗ worden. In der nächſten Station bekam er wieder Geſellſchaft; wohl vermummt ſtieg beim Schein der „Frithjof“, und ſchloß er mit dem Wunſche, daß der „Frithjof“ ſeinen Feinden ein Trutz, ſeinen Freunden ein Schutz ſein möge, wie es die Sage von ſeinem hohen Ahn vermelde. Straßburg, 22. Juli. Bei dem geſt⸗ rigen bon dem Biſchof Fritzen gegebenen Eſſen, welchem der Statthalter und die Spitzen der Militär- und Zivilbehörden beiwohnten, brachte der Statthalter ein Hoch auf den Kaiſer und den Papſt aus. Der Biſchof trank auf den Statthalter, v. Puttkammer auf die neugeweihten Biſchöfe, der Weihbiſchof auf den Koſekrator Fleck, Fleck auf das Elſaß und Bisthum Straßburg. Abends um 9 Uhr fand ein Lampionzug von über 2000 Perſonen ſtatt mit Muſikaufführung, Münſterbeleuchtung und Feuerwerk, — Die franzöfiſch⸗ruſſiſchen Beziehungen find ſeit der Erneuerung des Dreſbundes eifrig in der europäiſchen Tagespreſſe etörtert worden, beſonders, da jetzt der Beſuch des franzbfiſchen Nordgeſchwaders in Kronſtadt die Intimität dieſer Beziehungen aufs Neue zeigt. Natürlich läuft hierbei aber ungemein viel Konj⸗kturalpolitik mit unter, was namentlich von den Gerüchten über eine Reiſe des Großfürſten⸗ Thronfolgers und ſeiner Mutter, der Zarin, nach Paris und über einen angeblichen beabſichtigten Be⸗ ſuch des Präſidenten Carnot in Petersburg gilt, denn dieſe Gerüchte find nach beiden Seiten hin unglaubwürdig. Auch dürfte das Erſcheinen des franzöſiſchen Geſchwaders in Kronſtadt in ſeiner politiſchen Tragweite nicht allzuſehr zu überſchätzen ſein, wie ſchon aus dem Befehle des Zaren an die ruſſiſchen Marineoffiziere hervorgeht, ſich bei den Zuſammenkünften mit ihren franzöfiſchen Kameraden aller politiſchen Reden zu enthalten. — Der Zare⸗ in Petersburg wieder zurückerwartet; der Zar und die Zarin reiſen ihm bis Moskau entgegen. — In Tenneſſee in Amerika find ernſte Bergarbeiter Unruhen ausgebrochen. Streikende Bergleute in Coalkreek und Briceville beſchoſſen die als Erſatz zur Arbeit geſchickten Sträflinge und die bewachenden Soldaten. Die Streikenden beherrſchen die Telegraphenlinien. Eine größere Truppenmacht mit Mitrailleuſen wird gegen die Streikenden vor⸗ geſchickt, man befürchtet einen blutigen Zuſammenſtoß. Verſchiedenes. % Ladenburg, den 24. Juli. Im Laufe des heutigen Vormittags fand in der Höheren Bürgerſchule die Reifeprüfung der Schüler der oberſten Klaſſe ſtatt. Dieſelbe hatte das erfreuliche Ergebnis, daß ſämmtliche Schüler für beſtanden erklärt wurden. Als Prüfungskommiſſär fungirte Herr Oberſchulrat Geh. Hofrat Blatz. Gleichzeitig traf die wichtige Nachricht ein, daß das Reichs⸗ kanzleramt der hieſigen Höheren Bürgerſchule die Befugnis erteilt hat, Berechtigungszeugniſſe für den einjährig⸗freiwilligen Militärdienſt auszuſtellen. Dieſe Zeugniſſe werden auch diejenigen Schüler erhalten, welche im Juli v. J. die Abgangsprüfung beſtanden baben. Somit find jetzt der hieſigen Höͤberen Bürgeſchule alle Berechtigungen einer ſechskloſſigen Anſtalt zuerkannt. * Ladenburg, 24. Juli. In den letzten Tagen kam der Jahresbericht der Großh. Höheren Bürgerſchule hier zur Ausgabe und entnehmen wir demſelben in Bezug auf das Lehrerperſonal, daß im letzten Schuljahre ſo viele Veränderungen vorkamen, daß von den ſteben Lehrern am Schluſſe des vorigen Schuljahres nur noch drei an der Anſtalt gegen ⸗ wärtig thätig find. Im einzelnen iſt hierüber fol⸗ witſch wird Anfang Auguſt von ſeiner Orientreiſe —— — — Lichter der Zollerheber Zipfler ein. Werther hielt fich vornehm kühl zurück, bis der Zollerheber plötzlich in ihm den jungen Doktor beider Rech le erkannte und ſein Compliment anbrachte. „Hat nichts zu bedeuten, Herr Einnehmer!“ meinte Werther. „O nicht doch! Ich weiß das zu würdigen bin ich doch ſelbſt ein ſtudirter Mann! Dachte mir aber immer, Sie ſollten einmal Amtmann in Hennig⸗ ſtedt werden, da Ihr Herr Vater doch die Hypo⸗ theken —“ „Jetzt unmöglich, Herr Zipfler!“ unterbach ihn Werther. Herr Zipfler erzählte mancherlei, insbeſondere klagte er über einen Vetter Schaufuß, der viele Leute betrogen und auch ihn um eine Maſſe Geld gebracht hätte; in der Nachbarſtadt ſei er geweſen, die Summe zu begleichen. Endlich tauchten die Lichter von Schwalbheim auf. Der Wagen hielt, Werther lag in den Armen der Eltern, während Groͤhlmann die Reiſekoffer ins Haus ſchleppte. Dieſer Abend gehörte den theuren Eltern. Am andern Morgen kleidete ſich aber Werther Helbig mſt großer Sorgfalt an; prüfend ſtand die ſtattliche Erſcheinung mehrere Male vor dem Spiegel. Ehe er ging nickte er der Mutter lächelnd zu und verſchwand im Nachbarhauſe. Herr Woland war ausgegangen, Sophie und Laura befanden ſich mit der Magd allein i 1 Hauſe. Bedrückt grüßten Sie den Gaſt. An den verſtörten Gefichtern der beiden jungen Damen merkte Werther ſogleich, daß irgend etwas nicht in gehöriger Ordnung ſei. Er benutzte daher den erſten Augenblick, als Sophie auf Sekunden entſchwand, dazu vor der beſtüczten Laura auf den Knieen ein glühendes Liebesbekenntnis abzulegen. Die junge Dame ſtand erſchreckt und verwirrt da; mit der linken Hand hielt ſie ſich, um nicht nieder⸗ zufinken, am Clavizimbel feſt; mit der andern be⸗ deckte ſie die thränenden Augen. Da ſprang Werther auf und frug beſtürzt: „Sie weinen, theuerſte Laura?“ „Ach ja,“ gab ſie zurück, „ich weine, daß ich des Freundes Herz verwunden muß, denn glouben Sie, Werther, Sie find uns allen als ein Bruder theuer und lieb!“ 8 „Wie deute ich Ihre Worte ?“ fragte er bebend und trat einen Schritt zurück. Sie rang faſſungslos die Hände und rief „Mein Gott, wie unglücklich bin ich!“ „Aber, ſo reden Sie doch, Laura, ich beſchwöre Si !“ fiel er ein. Da faßte fich Laura und entgegnete feff: „Zürnen Sie mir nicht, Werther, daß ich Ihnen nicht angehören, nicht die Ihrige werden kann!“ „Nicht werden kann?“ fragte er entſetzt. Da⸗