um 1 , Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. 10 Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs⸗ blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. Für die Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, Ladenburg. . N 1 * + 1 J 4 Anzeigen: die I1⸗ſpaltige Corpus⸗Zeile oder deren Naum 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. Druck und Verlag von Karl Molitor, Ladenburg Corpuszeile. Reclamen 20 Pfg. — Kaiſer Wilhelm hat ſeinen jüngſten Beſuch in England beendet und am Dienstag flüh von Leith in Schottland aus ſeine Nordlandsfahrt an⸗ getreten. Die maßgebenden Londoner Blätter wid⸗ men dem deutſchen Monarchen herzliche Abſchieds⸗ worte, in denen nochmals die Genugthuung über den Kalſerbeſuch und über die hierdurch augenſchein⸗ * lich bewirkte weitere Annäherung des britiſchen Inſel⸗ reiches an Deutſchland und die mitteleuropäiſche Friedensliga zum unverhüllten Ausdruck kommt. Nur die Gladſtone'ſchen „Daily News“ und die mit dieſem Blatte in der Abneigung gegen Deutſchland wetteifernde radikale „Pall Mall Gazette“ können ihr Mißvergnügen über das durch die jüngſte An⸗ weſenheit des deutſchen Kaiſers auf engliſcher Erde abermals beſiegelte herzliche Einvernehmen zwiſchen England und den Friedensmächten nicht ganz ver⸗ bergen, aber dieſe Preßorgane vertreten in ihren po⸗ litiſchen Anſchauungen glücklicherweiſe auch nur einen geringen Bruchteil der engliſchen Nation. Kaiſer Wilhelm ſelbſt hat dem Pre mierminiſter Marquis Salisbury gegenüber ſeine außerordentliche Befrie⸗ . digung über den ihm in England gewordenen ent⸗ hufiaſtiſchen Empfang ausgedrückt und hierbei be⸗ tont, derſelbe habe alle ſeine Erwartungen über⸗ troffen. Außerdem ließ der Monarch durch ein Schreiben des deutſchen Botſchafters Grafen Hatz⸗ feldt dem Lordmayor von London füt die ihm in der City erwieſene Gaſtfreundſchaft und den ihm von der Londoner Bürgerſchaft bereiteten großartigen Empfang ſpeziell noch danken. Die nun begonnene abermalige norwegiſche Reiſe Kaiſer Wilhelms iſt lediglich der Erholung des erlauchten Herrn gewidmet und wird derſelbe — treten. Die erſte Station auf der diesjährigen Nordlandsfahrt des Kaiſers bildete wiederum die alte Hanſaſtadt Bergen, wo der Kaiſer am Mittwoch Abend eintraf. Nach kurzem Aufenthalte geht dann die Reiſe weiter nach Nordland, wo der Herrſcher zuerſt Torgehalten beſuchen wird. Vielleicht wird auch Drontheim ein Beſuch abgeſtattet. Die nor⸗ 9 0 Reiſe des Kaiſers ſoll bis zum Nordcap gehen. i — Die deutſche Kaiſerin traf unter dem In⸗ cognito „Gräfin von Ravensburg“ am Montag Abend in dem Seebad Felixſtowe in der engliſchen Grafſchaft Suffolk ein, wo die kaiſerlichen Prinzen die erlauchte Mutter auf dem Bahnhof begrüßten. Die Kaiſerin fuhr mit ihren Söhnen im offenen Wagen nach ihrer Wohnung; das zahlreiche Publi⸗ kum begrüßte die Kaiſerin lebhaft und warf Roſen⸗ ſträuße in ihren Wagen. — Vorausſichtlich wird auch der Kaiſer nach ſeiner Rückkehr aus Norwegen noch einige Tage in Felixſtowe zubringen. — Der zum Nationalfeſttag der franzöͤſt chen Republik erhobene Jahrestag des Baſtillenſturmes, der 14. Juli, iſt in Paris mit dem herkömmlichen Gepränge begangen worden. Wie immer, ſo bildete auch diesmal den Glanzpunkt der Nationalfeier die große, vom Präſtdenten Carnot abgenommene Truppenrevue auf dem Felde von Longchamps. Dem militäriſchen Schauſpiele wohnten u. A. der Miniſterpräſtdent Freyeinet, der Generalſtabschef Meribel und der General Sauſſter, ferner die Mit⸗ glieder des diplomatiſchen Korps und eine zahlreiche Volksmenge bei, welche den Präfidenten Carnot bei der Ankunft wie bei der Rückkehr nach der Stadt mit ſympathiſchen Kundgebungen begrüßte. Die Revue ſelbſt verlief auf das Glänzendſte. Natürlich Charakter verliehen hat. r. 57. Samstag den 18. Juli 1891 Volitiſches. während dieſer Zeit darum auch nur incognito auf- fehlte auch in dieſem Jahre die übliche „patriotiſche“ Demonſtration der in Paris beſtehenden elſaß⸗ lothringiſchen Vereine vor der Statue der Stadt Straßburg nicht, doch kam es zu keinerlei Zwiſchen⸗ fällen. Verſchiedenes. — Mannheim, 14. Juli. Zu dem am Sonntag, den 19., und Montag, den 20. d., hier ſtattfindenden Kanoniertag ſind nunmehr alle Vor⸗ kehrungen getroffen, welche zum Gelingen des Feſtes erforderlich find. Einen beſonderen Glanzpunkt des Programms wird der geſchichtliche Feſtzug bilden, in welchem in einer großen Reihe von Feſtwagen, Geſchützen mit vielen Gruppen ausgerüſteter Mann⸗ ſchaften der geſchichtliche Entwickelungsgang der Ar⸗ tillerie vor Augen geführt wird. Es iſt dies nicht nur für diejenigen Männer von großem Intereſſe, welche einſt in dieſer Truppengattung gedient haben und nunmehr von nah und fern in großer Zahl zuſammenkommen, um ſich in kameradſchaftlicher Weiſe die Hand zu reichen, ſondern es iſt auch für Fernerſtehende ſehr lehrreich, den Entwickelungsgang und die Technik der Waffengattung kennen zu lernen, welche neben der Muskete das Meiſte zu der voll⸗ ſtändigen Umgeſtaltung des Kriegsweſens der letzten vier Jahrhunderte beigetragen und namentlich dem Feſtungs⸗ und Belagerungskriege einen ganz neuen Wir werden in dem groß⸗ artigen Feſtzug Gruppen aus den Jahren 1557, 1786, 1809 in geſchichtlicher Treue mit der Aus⸗ rüſtung und den Uniformen der damaligen Zeit und mit Originalgeſchützen, welche von den zuſtändigen Behörden dem Komite bereitwillig zur Verfügung geſtellt worden find, finden, ſämtlich Zeugen längſt vergangener Zeiten und Kämpfe. Auch die ſpätere Werthers Schatten. 5. Novelle von Karl Caſſau. Er rief Hector und legte die geſpannte Piſtole neben fich ins grüne Moos. Der große kluge Hund kam dicht heran und Werther Helbig legte ſeinen Kopf an den Hals des treuen Thieres. „Ade, mein Liebling!“ rief er laut, und Rührung zitterte durch ſeine Stimme. „Wer weiß, ob ich je ein ſo treues Herz wieder befitzen werde! Aber ich muß ja Abſchied nehmen von dem luſtigen Leben und von Allem, was mich von meinem 45 ablenkt. Hector, edles, kluges Thier, fahre wohl!“ Er ergriff das Piſtol, ſetzte es dem Thiere auf die Bruſt, wandte den Kopf ab und drückte los. Das Echo des Schuſſes tönte durch den Wald, der Rund es war ihm, als ob ſich eine kalte Hand ihm Hund brach lautlos im Mooſe zuſammen und ein . 5 ängſtlicher Zuruf machte Werther aufſchauen. Vor ihm ſtand plötzlich blaß und zitternd der alte Gröhlmann. „Was will Er 2“ fragte Werther finſter. „Ich komme von der Rentei in Hennigſtedt will Seinem Namen wohl Ehre machen!?“ bel dem Schuß ſpringe ich hinzu und — ach Herr Jeſus!“ ö 5 Was ſchreit Er denn ſo, Gröhlmann? Er, „Ach, Du mein Herr und Gott, nein! Aber das ſchöne Thier!“ Werther zuckte die Achſeln und ſagte: „Er wird doch das Maul halten können, Gröh⸗ mann?“ „Gewiß, Herr Helbig!“ „Wohl, ſo helfe er mir das arme Thier ein⸗ graben!“ Sie waren bald beide bei der traurigen Arbeit, und als der Alte Werthers Thränen in die Wald⸗ erde fallen ſah, ſchüttelte er bedenklich den Kopf. Einen langen Blick warf Werther noch auf den Plotz unter der Eiche, ergriff dann Piſtol und Buch und ſchritt langſam dem Städchen zu. Gröhlmann folgte ſchweigend. Bei der Brücke blieb Werther vor einem Reiter ſtehen, der das muthige Roß kaum zum Stehen zwang, feurig ſchlug es aus und biß in die Zügel. „Mein Gott, Du biſt es, Paul!“ ſagte er aufs Herz legte. „Haſt Du in Schwalbheim ſo oft zu thun?“ „Warum denn nicht?“ lachte der junge Amt⸗ mann aus Hennigſtedt. „Da giebts immer Pachtver⸗ träge und Verſchreibungen zu ordnen und ſäumige Schuldner zu mahnen!“ „Da baſt Du allerdings recht.“ „Ich ſtelle mein Pferd bei Gaffelin ein; wollen wir dort ein Glas Bier trinken, Pluto, he?“ Werther nickte, bat jedoch: „Thue mir aber eine Gefälligkeit, Paul! Nenne mich nicht mehr Pluto! Habe die Thorheiten nun abgethan und will jetzt ſein bürgerlich ehrbar werden!“ „Wirklich? Da gratulire ich, Werther. Warſt mir ſtets ein lieber Junge, ſteckt ein guter Kern in Dir! Aber ich muß eilen! Auf Wiederſehen bei Gaffelin! Vor Tiſch muß ich noch einen Beſuch bei Wolands machen.“ Raſch ritt der junge Amtmann davon. Werther wurde dunkel vor den Augen. Sollte Paul ſein — Nebenbuhler ſein ? „Merkwürdig,“ murmelte er dann, „welche Antipathie mich gegen Paul beſchleicht: ich hatte ihn früher doch ſo gern!“ Werther ſchritt der goldenen Sonne zu und fand Paul Buſch, den Amtmann von Hennigſted bereits an einem mit zwei Kännchen beſetzten Tiſche. „Da ſetze Dich. Werther,“ ſagte Bufch herz⸗ lich und ſtieß mit ihm auf gute Freundſchaft an. „Wirſt Du denn Deine ganzen Ferien hier zu⸗ bringen 2, frug Buſch. „Nein Paul, in acht Tagen gedenke ich ſchon abzureiſen.“ „So raſch?“ „Will ſtudiren, Bücher l, a „Richtig!“ erwiderte der junge Amtmann und blickte ſuchend umher. Paul, hier fehlen mir die