blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. Für die Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, e. 3 Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs⸗ 2 Ladenburg. * Anzeigen: die 1⸗ſpaltige Corpus⸗Zeile oder deren Na 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. Druck und Verlag von Karl Molitor, Ladenburg. Corpuszeile. Reclamen 20 Pfg. Mittwoch den 8. Juli 1891 Nr. 54 Politiſches. Sigmaringen, 4. Juli. Der Kaiſer ver⸗ lieh dem Fürſten von Hohenzollern das Prädikat „Königliche Hoheit“. Bisher führte der Fürſt nur das Prädikat „Hoheit“. 2 Berlin, 6. Juli. Seit vorigen Samstag weilt das deutſche Kaiſerpaar nach Beendigung ſeines dreitägigen glanzumſtrahlten Aufenthaltes in Holland auf engliſchem Boden, womit das erlauchte Paar das zweite Hauptziel ſeiner gegenwärtigen Sommerreiſe erreicht hat. Kaiſer Wilhelm II. iſt jezt zum dritten Male ſeit ſeinem Regferungsan⸗ iritte in England erſchienen, während dies bei der Kaiſerin zum erſten Male der Fall iſt, ſo daß der jetzige Aufenthalt der deutſchen Majeſtäten jenſeits des Kanals gewiſſermaßen den Antrittsbeſuch der deutſchen Kaiſerin am verwandten Königshofe von England darſtellt. Das Ereignis erhält ſomit zu⸗ nüchſt einen familiären Charakter, dennoch weiſt es aber auch einen bedeutſamen politiſchen Hintergrund auf, denn die neueſte engliſche Reiſe Wilhelms II. beftegelt aufs Neue das ſo überaus einige Verhält⸗ nis zwiſchen Deutſchland und England, wie es ſich namentlich ſeit dem Regierungsantritte des jetzigen Kaiſers herausgebildet hat. Sicherlich wird auch der jüngſte Beſuch des deutſchen Herrſchers auf eng⸗ liſchem Boden ebenſowenig irgendwelche pol tiſche Abmachungen zeitigen, wie die früheren Beſuche des hohen Herrn daſelbſt, ſolche find einfach nach Lage der Verhältniſſe nicht zu erwarten. Aber doch be⸗ Stellung Englands zum Dreibunde, beſonders, nach⸗ 1 und darum begrüßen alle Friedensfreunde den Kafſerbeſuch in England als eine abermalige Ver⸗ ſtärkung der Bürgſchaften für die Erhaltung der Völkerreiche in Europa. — Der „Staatscourant“ in Haag ſchreibt anläßlich der Abreiſe des Kaiſers und der Kaiſerin von Holland nach England: Der vom deutſchen Kaiſerpaare dem niederländiſchen Hofe abgeſtattete Beſuch werde zweifellos dazu beitragen, die guten Beziehungen und die Bande der Freundſchaft, welche ſeit alter Zeit zwiſchen den Dynaſtien und Völkern Niederlands und Deutſchlands beſtanden hätten, zu erhalten und zu kräftigen. — Die holländiſchen Majeſtäten gaben dem Kaiſerpaare auf der Eiſenbahnfahrt vom Haag nach Rotterdam am Freitag Nachmittag das Geleite. Nach herzlichſter Verabſchiedung von der Königin Regentin und der Königin Wilhelmine traten der Kaiſer und die Kaiſerin Nachmittags 6 Uhr die Ueberfahrt nach England auf der „Hohenzollern“ an; die Ankunft der „Hohenzollern“ in Port Vie⸗ toria erfolgte am andern Vormittag. Hier wurden die Mojeſtäten vom Prinzen von Wales, ſowie von den Herzögen von Edinburgh, Connaught und Clarence empfangen, welche den deutſchen Majeſtäten das Geleite nach Schloß Windſor gaben. — Die Offiziere des auf ſeiner Fahrt nach Kronſtadt in Kopenhagen eingetroffenen franzöſiſchen Geſchwaders werden daſelbſt ſehr gefeiert. Der lcäftigt das Ereigniß erneut die enge Freundſchaft Deutſchlands mit dem britiſchen Inſelreiche und be⸗ leuchtet hiermit zugleich in erfreulichſter Weiſe die dem derſelbe ſoeben ſeine Erneuerung erfahren hat, König beſichtigte am Samstag, kaum von feiner kürzlichen Auslandsreiſe nach Kopenhagen zurückge⸗ kehrt, das Geſchwader, am Sonntag waren die Offiziere desſelben die Tiſchgäſte des Königs. Daß indeſſen dieſe und andere Auszeichnungen der fran⸗ zöſiſchen Off ziere in der däniſchen Hauplſtadt irgend einen polttiſchen Charalter tragen ſollten, iſt ſchwer⸗ lich anzunehmen. IX. Verbandstag der freiwilligen Feuerwehren des Kreiſes Mannheim zu Schriesheim. Ein herrliches Feſt in des Wortes vollſter Be⸗ deutung feierte geſtern das reizend an der Berg⸗ ſtraße gelegene Schriesheim, galt es doch, die Feuer⸗ wehren nicht allein unſeres, ſondern auch des Nach⸗ barkreiſes Heidelberg gafflich bei ſich aufzunehmen, und dieſer Pflicht ſſt Schriesheim in der ſchönſten Weiſe nachgekommen. Der Ort hatte ein prächtiges Feſttagskleid angelegt, Tannen⸗ und Birkenbäume waren den Straßen entlang aufgepflanzt und Kränze, Guirlanden und Fahnen zierten die Häuſer. Nachdem in den Vormittagsſtunden die aus⸗ wärtigen Feuerwehren nach und nach angekommen waren, folgte gegen 10 Uhr eine Hauptübung der Schriesheimer Feuerwehr, welche unter dem Kom⸗ mandanten Georg Abel prompt und exakt durchge⸗ führt wurde. Sodann wurde auf dem Rathauſe durch den Herrn Bürgermeiſter Hartmann die Verteilung von Diplomen an 20 Mitglieder der Schriesheimer Feuerwehr für 12jährige Dienſtzeit vorgenommen und zwar: 1. Joh. Georg Abel, Kommandant; 2. Friedrich Brehm, Schriftführer und Koſſier; 3. Johann Baumann, Obmann der II. Sptitze; 4. Karl Heinr. Baunach, Obmann der Schlauchführer; 5 Gg. Abraham Mack, Obmann der III. Spritze; 6. Peter Simon, Obmann der Steigermannſchaft; 7. Wilh. Martin Bauer; 8. gakob Buch; 9. Franz Grab; 10. Heinr. Grüber; 11. Johann Peter Haas; 12. Johann Valentin Haas; 13. Martin Haas; 14. B. Wilhelm Heeger; 15. Wendel Ludwig Lörſch; 16. Adam Mohr; 17. Adam Sander; 18. Georg Schmitt V.; 19. Jo⸗ hann Schmitz; 20. Adam Simon. 3 Werthers Schatten. 1. Novelle von Karl Caſſau. b Nachdruck verboten. 5 „Nun, wie iſt's abgelaufen, Werther? fragte er den Ankommenden, die Hunde zur Ruhe ver⸗ weiſend, wobei er einſge mächtige Züge aus der Pfeife that. „Apropos, Mama auch eigen mit Ihren Gardinen ? Wir beonnen ja die Fenſter öffnen; es iſt zudem ſehr heiß!“ 5 „Mir iſt noch heißer, Armin!“ brummte Wterther mißmutig. 5 „Gab's eine Straſpredigt? So Sprich doch l, Deer andere ſtöhnte: 8 „Wenig Worte waren von meinem Alten, aber ſchneidend wie die Meſſer des Barbiers an der Univerfitätsccke!“ „Teufel auch!“ 4 Statt faſt ſtändig im „kühlen Keller“ zu jitzen, welcher Aufenhalt in der Unterwelt mir nichts als l den Spottnamen Pluto und einen leeren Beutel ein⸗ gebracht, hätte ich lieber bei den Pandekten bleiben jolien, das wäre beſſer geweſen!“ „Und wärſt viellecht ein — Philiſter worden, Bruderherz!“ Nein, nein, das durſte nicht ſein. Rundgeſang und Rebenſaft Lieben wir ja Alle! Werther, iſt Deine Frau „Mein Vater hat dabei nicht ganz unrecht! g Edite, bibite collegialis!“ Reißner trällerte die Anfänge dieſer Weſſe vor ſich hin. Werther lächelte ſchon wieder und meinte: „Nun, ſei Du nur ſtille, Armiga !, Dein Spitz⸗ name Cazike iſt wenig ehrenvoller! Weißt Du wohl noch, wie Du bei der Univerſitätsfeier mit Deiner Rede zur Ehrenrettung der Peruaner in den Sumpf gerieteſt? Nichts blieb Dir davon als de Cozike!“ Reißner lachte laut auf und ſagte: „Was thut's, wenn wir paar Semeſter länger ſtudiren als andere Leute: unſere Väter können' s ja 15 wohin gehen wir heute Nachmittag Wer⸗ ther?“ „Wollen ſehen, meine Vaterſtadt iſt ein ver⸗ dammt langweiliges Philiſterneſt!“ „Und hier willſt Du acht Wochen bleiben — ?“ Werther legte dem Freunde die Hand auf den Mund und flüſterte: ö „Nicht acht Tage möchte ich hier bleiben, aber der Alte und die Goldſtücke!“ „Ja, ſo, da geht's Dir, wie Reißner. Die Hunde knurtten, denn Gröhlmann, das alte wunderliche Faktotum des Hauſes, trat ein und meldete, daß in der Wohnſtube zum Mittageſſen ge⸗ deckt ſei. Die jungen Herren ſtiegen die Treppe hinab. — —— 2 mir!“ lachte Der Tiſch war gut beſetzt. Es fehlte ſogar nicht zwei Flaſchen Rotwein, mit dem Helbig ſonſt ſo ſparſam that. Frau Cornelia Helbig erſchöpfte ſich in Freund⸗ lichkeiten gegen den Freund und Gaſt, der Haus⸗ herr aber war hoͤflich und doch zugeknöpft. Einige Male allerdings mußte er doch laut auflachen, als Reißner Anekdoten von zerſtreuten Univerfitätspro⸗ feſſoren mit vieler Virtuoſttät zum Beſten gab. Seine volle Freundlichkeit erhielt der alte Helbig aber erſt wieder, als der Gaſt erklärte, daß er morgen früh mit der Fahrpoſt nach Harpſtedt weit⸗ er reiſen wolle. Man ſtand heiter vom Tiſche auf und Herr Helbig ermangelte nicht, Gröblmann Ordre zu ertheilen, wie ſelbiger die großen Hunde, Hector und Achill, gut zu verſorgen habe, während er ſelbſt bei einer Pfeife holländiſchen Tabaks mit dem Gaſte und dem Sohne den Kaffee genoß. Jetzt erſt ſchlug Werther einen Ausflug nach Irenenſtein, einer benachbarten Ruine, vor. Herr Helbig ließ die jungen Herrn gern allein dahin gehen, denn er ſelbſt machte lieber ein kleines Mittags ſchläfchen „ Die Ruinen von Irenenſtein waren unbewohnt. Da ſich aber der große Wald Oſterhagen bis dahin etſtreckte, ſo hatte der gräfliche Förſter am Fuße der Ruinen eine Kafferwirtſchaft eingerichtet, welche ſich eines frequenten Zuſpruchs erfreute. Die beiden