„ ladenburger Allgemeiner Anzeiger für Ladenburg und Amgegend. Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs⸗ blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. Für die Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, Ladenburg. 1 5 Anzeigen: die 1⸗ſpaltige Corpus⸗Zeile oder deren Naum 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. Corpuszeile. Neclamen 20 Pfg. Druck und Verlag von Karl Molitor, Ladenburg. Nr. 5l. — Samstag den 27. Zuni 1891 Abonnementseinladung. Mit dem 1. Juli beginnt das III. Quartal dieſes Blattes und ladet zu zahlreichen Beſtellungen freundlichſt ein Die Expedition. Volitiſches. Berlin, 25. Juni. Die Kronprinzeſſin von Schweden traf heute früh 7 Uhr 17 Min hier ein und wurde von der Erbgroßherzogin von Baden empfangen und in deren Wohnung geleitet. Um 1 fand daſelbſt ein Gabelfrühſtück ſtatt, wozu der bieftge ſchwediſche Geſandte geladen war. Heute Nachmittag begibt ſich die Kronprinzeſſin, deren Wohlbefinden ſehr zufriedenſtellend iſt, nach dem neuen Palais zu einem Eſſen bel der Kaiſerln. Die Melterreiſe nach Stockholm iſt auf Freitag früh 8 / Uhr feſtgeſetzt. Berlin, 25. Juni. Das Ableben des zun Keen klommandirenden Generals des 1 Bronfard v. Schellendorf hat in weiten Kreiſen lellnahmvolles Intereſſe hervorgerufen, der General tand erſt im 60. Lebensjahre und erfreute ſich noch ungewöhnlicher Rüſtigkeit, auch war nichts von ſei⸗ ner Erkrankung bekannt, um ſo überraſchender kommt daher die Kunde von dem plötzlichen Tode dieſes verdienten Militärs. Bronſart v. Schellendorf trat 1849 in die preußiſche Armee als Secondelieutenant ein, wurde 1861 Hauptmann im Großen General⸗ fab und 1870 Oberſtlieutenant in demſelben, den Ktrſeg gegen Frankreich machte v. Bronſard als Abteilungschef im Großen Generalſtabe mit; 1875 wurde er zum Generalmajor, 1881 zum General- lieutnant ernannt. Nach dem Rücktritte v. Ramecku's am 7. Mai 1883 übernahm der Verſtorbene das Kriegsminiſterium, in welcher Stelung er 1888 vom Kaſſer Friedrich zum General der Infanterie ernannt. Bald nach ſeinem Rücktritte als Kriegs⸗ miniſter (April 1889) wurde v. Bronſard an die Spitze des 1. Armeekorps berufen, welche Stellung er alſo kaum zwei Jahre innegehabt hat. Potsdam, 23. Juni. Heute Nachmittag fand auf dem hleſigen Ulanen⸗Reitplatze von 3 bis 6 Uhr zur Feier des 151jährigen Beſtehens des Regiments der Gardes⸗du⸗Corps ein Preisturnen und Reiten der Mannſchaften des Regiments ſtatt, welchem S. M. der Kaiſer, J. M. die Kaiſerin, die drei älteſten käiſerlichen Prinzen, S. K. H. Prinz Friedrich 7 74 der Kultusminiſter Graf Zedlitz⸗Trützſchler, ſämmtliche aktiven Offiziere des Regiments mit ihren Damen, ſowie viele frühere Offiziere beiwohnten. Nach Beendigung der Uebungen erfolgte die Vertheilung der in Uhren beſtehenden Preiſe durch J. M. die Kaiſerin. Im Offiziers⸗ kafino der Gardes⸗du⸗Corps findet heute Nachmittag ein Eſſen ſtatt, au welchem S. M. der Kaiſer ebenfalls teilnimmt. — Am Dresdener Hofe wurde die Verlobung des Prinzen Friedrich Auguſt, des dereinſtigen Erbens des ſächſiſchen Königthrones, mit Prinz⸗ſſin Louiſe, Tochter des Großherzogs Ferdinand IV. von Tos⸗ cana, gefeiert. Prinz Friedrich Auguſt ſteht im 26. Lebensjahre, ſeine erlauchte Braut iſt fünf Jahre jünger. In der ſächſiſchen Bevolkerung begegnet das Ereigniß überall freudigſter Teilnahme. — Aus Perfien wird von einem kurdiſchen Räuberſtückchen mit politiſch⸗diplomatiſchem Hinter⸗ grunde berichtet. Anfang Mai wurde die 14jährige Engländerin Katy Gerenfild in der Umgegend von Tauris (Trebrig⸗Hauptſtadt der perſiſchen Provinz Aſerbeidſchan) von einem Azizt⸗Kurden entführt und noch Soupalak gebracht, hier aber von kürkiſchen Kurden gewaltſam in das türkiſche Conſulat geſchleppt. Der engliſche und der türkiſche General ⸗ conſul in Tauris begaben ſich, hiervon benachrichtigt nach Soubalak zur Unterſuchung. Die Kurden um⸗ geben aber das dortige Conſulat und drohen jeden zu erſchießen, der das Mädchen zu ſehen verſuche. Der Zwiſchenfall ſoll einen ernſten Charakter an⸗ nehmen. Es ſcheint faſt, als ob der kürkiſche Conſul in Soubalak die Kurden zur Entführung der Katy Greenfel angeſtiftet hat. Verſchiedene⸗. * Schriesheim, 25. Juni. Kommenden Sonntag den 28. Nachmittag 3 Uhr bält der Unterländer Bad. Bienenzuchtverein hier im Gaſthaus zur Pfalz eine Verſammlung ab, wobei Herr Vorſtand Sendele aus Heidelberg einen Vortrag über Bienen und deren Nützlichkeit für die Landwirtſchaft halten wird, wozu Freunde der Sache eingeladen find. — Heidelberg, 24. Juni. Wegen Sitt⸗ lichkeitsvergehen, begangen an einem neunjährigen Mädchen, wurde geſtern der außerordentliche Pro⸗ feſſor der Mathematik, Dr. S. hier, verhaftet. — Karlsruhe, 24. Juni. Mit dem 1. Juli erlöſchen 32 von den 63 Mandaten zur 2. Kammer. Der Zufall des Looſes will, daß von dieſen 32 Mandaten 28 der liberalen Partei, nur 3 dem Zentrum und 1 der demokratiſchen Partei angehören. In der Kammer bleiben zurück 31 Ab⸗ geordnete, darunter 18 liberale, 10 klerikale, 2 De⸗ mokraten und 1 Konſervativer. Die Namen der austretenden Abgeordneten find: (die Nummern be⸗ zeichnen die Wahlbezirke; alle nicht mit beſonderer Parteibezeichnung verſehenen Abgeordneten gehören der liberalen Partei an) 3. Konſtanz: Weber; 7. Ein Kampf um's Glück. 13. Novelle von F. Sutan. „Nein nein, ich trenne mich nicht von Dir, niemals. Willſt Du meinen Tod?“ rief Ulrika und ihre Wangen glühten, fieberhaft leuchteten ihre Augen, die ganze Geſtalt bebte, und dieſe wilde Leldenſchaftlichkeſt gab ihr einen eigenen beſtrickenden Reiz. Wandrau gedachte jenes Abends. wo ſte ihm eben ſo gegenüber geſtanden, mit dieſer Glut auf den Wangen und den leuchtenden Augen, während ihr Mund glühende Liebesworte geſtammelt hatte. 05 O, wäre er damals wahr gegen ſie geweſen! 1 Nun laſtete die Lüge jener Stunde wie ein 10 0 Fluch auf ſeinem Leben. Heute hatte er das Recht 0 . nicht mehr, ſie und ihre Liebe zurückzuweiſen, und n, ihr zu ſagen: daß er eine Andere liebe, was ihm damals, als er noch nicht mit Ulrika verheirathet war, noch zuſtand. „Vergeſſen Sie mich, Wandrau,“ tönte da 11 Plötzlich eine zitternde Stimme neben ihm. Gertrud 1018 war aus ihrem Verſteck hervorgetreten, ihr liebliches 2 Antlitz war todtenblaß und in den großen traurigen Augen, die ſie jetzt auf Wandrau richtete, lag eine ſtumme, aber furchtbare Anklage. eh Er wich erſchreckt zurück, ein dumpfer Ausruf entglitt ſeinen Lippen, dann wandte er ſich mit dDaornſprühenden Augen an ſeine Gattin. „Erbärmliche Intrigue!“ ſtieß er wild hervor. „Du haſt es ja vortrefflich verſtanden, den Schluß⸗ act dieſer Tragödie einzuleiten! Hah, daran erkenne ich Dich ganz wieder. Daß Du mich nicht geſchont, verzeihe ich Dir, aber hatteſt Du denn kein Mitleid mit der Schuldloſen, mit dieſem lieblichen, argloſen Kinde 7 O Gertrud! Wo iſt ſie ?“ Seine Augen ſuchten im Zimmer umher, Gertrud war aber ver⸗ ſchwunden. Bei den erſten heftigen Worten, die Wandrau an ſeine Gattin richtete, hatte ſie geräuſch⸗ los die Thür geöffnet und war hinausgegangen in die dunkle, ſtürmiſche Nacht, um nicht noch länger Zeugin dieſer für ſie ſo furchtbaren Auseinander⸗ ſetzungen der beiden Ehegatten zu ſein. „Wer hatte Mitleid mit mir? Wer ſchonte mich?“ rief Ulrika haſtig und trat zu Wandrau heran, deſſen Blicke ſtarr nach der Thür gerichtet waren. „Iſt ſie wirklich gegangen 2 Mit dieſem Blick der Anklage gegen mich ?“ murmelte er, dann wandte er ſich langſam zu Ulrika. „Du ſprichſt von Mit⸗ leid, von Schonung? Haſt Du wirklich gehofft, daß dieſe Erſchütterung, die Du mir bereitet, die bis in die Grundveſten meiner Seele gegriffen, mich ſanſter, milder Dir gegenüber ſtimmen ſollte?“ — Er lachte bitter auf. — „Uebrigens will ich Dich Deiner Nacht⸗ ruhe nicht länger berauben, Du ſiehſt angegriffen aus, und in mir da ſtürmt es gewaltig, ich bin j tzt weder Herr meiner Gedanken, noch meiner Thaten, die kühle Nachtluft, denke ich, wird mir gut thun.“ „Sprich ein einziges Wort deiner Verzeihung, Max, ehe Du gehſt!“ bat Ulrika. Ach, ich war ſchon längſt nicht mehr Herrin meiner Gedanken und Thaten.“ 5 Es zuckte jetzt wie Mitleid über Wandraus er⸗ regte Züge, als ſeine Gattin ſo demütig und zitternd und zagend vor ihm ſtand mit flehend empor ge⸗ hobenen Händen. „Armes Weib,“ ſagte er milder, „mir ſcheint, als hätten wir uns Beide ſchwer an unſerm Erdenglück verſündigt.“ Dann reichte er ihr die Hand zum Abſchied und drückte einen flüchtigen Kuß auf ihre Stirn. Ueber Ulrikas Antlitz flog ein Strahl ſeligen Glücks. Als die Thür ſich hinter ihrem Gatten ge⸗ ſchloſſen, trat ſie an das Fenſter mit gefalteten Händen, ſchaute ſie wie im ſtummen Gebet empor zu dem ſternenloſen Himmel, und in ihre verdüſterte fel wollte ſich ein Sch immer der Hoffnung enken. Die Nacht war ſtürmiſch und finſter, Wandran hatte Mühe den rechten Weg zu finden. Der Mond hatte ſich hinter dunkle Wolken verhüllt, nur manchmal brach ein matter Strahl hervor und über⸗ goß di Landſchaft mit bleichem, geiſterhaften Licht. Eine Keferngruppe ſtand am Wege, die alten Bäume ächzten und ſtöhnten förmlich im Winde. An einem der dunklen Zweige flatterte etwas Weißes, Wandrau faßte danach, und erkannte im