blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. Für die Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, Nr. 48. Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs⸗ Ladenburg. iklwoch den 17. Zuni Volitiſches Karlsruhe, 15. Juni. Die Inbalidſtäts⸗ und Alters verſicher ung iſt mit dem in dieſen Tagen erfolgten Zuſammentritt dieſer Abteilung des Reichs⸗ verſſcherungsamtes behufs Erledigung mehrerer Streit⸗ ſochen in ein neues Stadium getreten, und damit auch die letzte und nicht minder wichtige Beſtimmung des Geſetzes, nach welcher dieſe Abteilung für die Invaliditäts- und Altersverſicherungs⸗Schiedsgerichte als die letzte Reviſtonsinſtanz gilt, zur Ausführung gelommen. Aus den Ausführungen der Rede, mit welcher der Präfident des Reichsverſicherungsamtes, Dr. Bödiker, die erſte Sitzung eröffnete, ergibt ſich, daß don den 120,000 Rentenanſprüchen, die über⸗ haupt geſtellt wurden, 75,000 Renten bereits be⸗ willigt find, 33,000 befinden ſich noch in der Schwebe und nur 12,000 Anträge, alſo nicht ganz der fiebente Teil der überhaupt erledigten Anträge, wurden endgiltig abgelehnt. Es iſt das ein Erfolg, wie ihn ſelbſt die größten Freunde des Geſetzes nicht erwartet haben. Dieſer eminente Erfolg wird nicht zum Geringſten dazu beigetragen haben, daß Frank ⸗ keich jetzt auch eine Arbeiterrentenanſtalt einführen will und daß die Schweiz bereits mehrere Delegirte zum Studium der deutſchen Verſicherungseinricht⸗ ungen nach Deutſchland geſandt hat. Wie Deutſch⸗ land mehrere Jahrzehnte hindurch die Führung in allen militäriſchen Dingen in der Hand hielt, ſo beſitzt es jetzt für lange Zeit die Führung in der ſozialpolitiſchen Geſetzgebung, in der ja jetzt hoffent⸗ lich eine längere Ruh pauſe eintriten wird. Das „Ftkf. J.“ unterzieht die ſegensreiche Wirkung des Geſetzes einer längeren Betrachtung und kommt da⸗ bei zu folgendem Schluſſe: „Unrecht aber wäre es, wollte man in dieſem Augenblicke, wo die Organi⸗ ſation des Geſetzes als vollendet gelten darf, nicht Anzeigen: die 1ſpaltige Corpus-gei 0 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. Druck und Verlag von Karl Molitor, Ladenburg. Corpuszeile. Reclamen 20 Pfg. 1891 des Schöpfers desſelben, des Fürſten Bismarck, ge⸗ denken, der mit dem Gedanken der Arbeiterverſicher⸗ ungsgeſetze ſich ebenſo als genialer Meiſter in der Sozialpolitik bewieſen hat, als durch die Schöpfung des neuen deutſchen Reiches als Meiſter in der Diplomatie und allgemeinen Politik.“ Rom, 13. Juni. Die Beratung des Etats des Auswärtigen Amtes führte im Senat zu einer großen Verhandlung über die Bündnispolitik. Se⸗ nator Negri ſprach gegen dieſelbe vom ökonomiſchen und militäriſchen Standpunkt; er verlangte, die Re⸗ gierung müſſe wählen zwiſchen einer Politik der Sammlung und einer Politik der Bündniſſe, es ſei aber unmöglich, letztere zu treiben, ohne Mittel da⸗ für zu bewilligen. So leide man in Italien an zu genießen. Alfieri di Soſtegno bat die Regierung, zu bedenken, daß die gegenwärtigen Verhältniſſe weſentlich anders als zur Zeit des Abſchluſſes des Bündniſſes gelagert ſeien. Sollte dieſes dennoch erneuert werden, ſo möge es wenigſtens den Be⸗ dürfniſſen und Beſtrebungen des heutigen Italiens angepaßt werden. Rudini entledigte ſich mit großem Geſchick und Takt ſeiner Aufgabe, indem er mit Wärme und unter Berufung auf ſein Ehrenwort der oft wiederholten Behauptung entgegentrat, daß Italien durch das Bündnis ſeine Freiheit gebunden habe oder zu Rüſtungen gezwungen ſei, und ver⸗ ſicherte, daß der Dreibund den Frieden bedeute und nichts als den Frieden, wie er es ſeit nun zehn Jahren beweiſe. Nur eine Freiheit habe Italien gebunden: es ſei verpflichtet, nicht den Krieg zu wollen. Eine Politik der Abrüſtung und Iſolirung könne er heute nicht eines großen Staats für wür⸗ dig halten. Italien müſſe maßvoll rüſten und mit Bündniſſen den Frieden ſichern. Die Rede Rudim's den Nachteilen beider Syſteme, ohne ihre Vorteile wurde von lebhaftem Beifall begleitet und hat auch außerhalb des Senats einen ſehr günſtigen Eindruck hervorgerufen. 5 Verſchiedenes. 28: Ladenburg, 16. Juni. Aus Berlin und den norddeutſchen Hafenſtädten gehen haar⸗ ſträubende Berichte über das unermeßliche Elend, welches die fanatiſchen Religionsverfolgungen in Rußland und in Folge dieſer die Auswanderungen aus dieſem ungaſtlichen Reiche hervorrufen, ein. In erſter Reihe find es Juden, welche ſo ſchwer geſchä⸗ digt werden; aber auch viele Katholiken und Pro⸗ teſtanten find von dem herben Geſchicke getroffen, ihre bisherige Heimat verlaſſen zu müſſen. Jüngſt wurden an den Bahnhöfen in Berlin an einem Tag 1600 Nichtjuden mit Fahrkarten nach Hamburg und Bremen zur weiteren Auswanderung verſehen. — Allenthalben regt ſich das Mitgefühl für dieſe Un⸗ glücklichen und gehen auch reichliche Gaben ein, doch ſind große Mittel nötig, um dem Elende nur einiger⸗ maßen zu ſteuern. Schriesheim, 15. Juni. Am Sonntag den 5. Juli findet dahier der IX. Verbandstag der Freiw. Feuerwehren des Kreiſes Mannheim, an welchem auch das Großh. Bezirksamt Mannheim vertreten ſein wird, ſtatt, und hat das Kommando der hiefigen Freiw. Feuerwehr in den letzten Tagen die Feſtordnung erlaſſen, der wir Nachſtehendes ent⸗ nehmen: Am Vorabend um 9 Uhr Zapfenſtreich mit Böllerſchüſſen, alsdann geſellige Unterholtung. Am Feſttage morgens 6 Uhr Tagreveille mit Boͤller⸗ ſchüſſen; 8— 10½ Uhr Empfang der ankommenden Kameraden; 10 Uhr Uebung der freiw. Feuerwehr Schriesheim, alsdann Uebergabe von Diplomen für 12jährige Dienſtzeit an 22 Mitglieder der Schries⸗ Ein Kampf um's Glück. 10. Novelle von F. Sutan. „Keinesweges,“ erwiderte dieſer, „aber ein Nönigreich gäbe ſch darum, hätte ich mein Skizzen⸗ buch hier. In der Haltung dieſer Dame liegt etwas ſo Tragiſches, ohne ihr Antlitz zu ſehn möchte ich behaupten, daß ſie ein furchtbares Schickſal gehabt, welches ſie nun in dieſe Einſamkeit getrieben.“ „Jedenfalls können Sie uns dann auch ſagen, was die Dame für ein böſes Schickſal gehabt, hat ſie unglücklich geliebt 7 fragte der naſeweiſe Back⸗ fiſch und zog ein winzig kleines Notizbuch aus ihrer Kleidertaſche. „Hier, dies Büchlen ſteht Ihnen zu Dienſten, entwerfen Sie ſchnell eine Skizze der Dame in tragiſcher Haltung mit dem dunklen Schick⸗ ſal. O, wie ſchade, ſie geht,“ rief aber jetzt die Übermütige, junge Dame, „und der Herr Profeſſor Wandrau folgt errötend ihren Spuren!“ Wandrau, deſſen Blicke während der ganzen Unterhaltung ſtarr auf die fremde Dame gerichtet geweſen waren, hatte ſich in der That jetzt erhoben, und ſchlug denſelben W'g ein, auf welchem die rät⸗ ſelhafte Dame langſam weiter ging. Eine furchtbare Erregung lag auf Wandraus erblaßtem Antlitz. Er glaubte Ulrika in der ſelt⸗ ſamen Erscheinung erkannt zu haben, und zwar ſchlen ſie dieſelbe ſchwarz gekleidete Frauengeſtalt zu ſein, die ihm am erſten Tage ſeines Aufenthalts in Heringsdorf war begegnet, und ihn veranlaßt hatte, ihr bis in den Wald hinein zu folgen, und dann hatte er dort Gertrud wiedergefunden, und die Be⸗ gegnung mit der Dame in Trauer in all den ſchönen darauf folgenden Tagen gänzlich vergeſſen. Ach, dieſe waren wohl nun zu Ende, denn war es Ulrika, dann hatte ſie jedenfalls ſchon länger heimlich ſeinen Wegen nach gespürt, und wartete wohl nur auf den ge⸗ eigneten Moment, wo ſie mit ihrem Hervortreten ihn aufs Schwerſte zu treffen vermochte. Nun, dieſer Racheplan ſollte ihr wenigſtens vereitelt werden. Es ſollte ſogleich Alles klar zwiſchen ihnen werden. Sie mußte in eine Scheidung willigen, denn ſie hatte ihn ja verlaſſen. Folgen ihrer Handlung tragen. Wandrau wollte offen mit Uleika über die ſchwere Frage reden, wollte ihr ſagen, daß zwiſchen ihnen keine wahre Liebe beſtand und nicht entſtehen könnte, wollte ihr rückholtslos eröffnen, daß er ſeine Jugendliebe in der armen unſcheinbaren Diakoniſſin Gertrud Braun wieder gefunden habe, und daß er dieſe heiraten wollte, ſobald die Scheidung ihrer unglücklichen Ehe vollzogen ſei. Selbſt wenn Ulrika Himmel und Erde in Bewegung ſetzte, dies zu verhindern, ſo wollte Wandrau doch ſeinen Willen ihr gegenüber duichſetzen. Nur wenige Schritte trennten ihn jetzt von Sie ſchien ſchlanker der dunkel gekleideten Dame. Mochte ſie nun auch die blieb betroffen ſtehen. ö und magerer geworden zu ſein, wenn es wirklich Ulrika war, denn knapp umſchloß der ſchwarze Sammetpalot die feine Taille, Kopf und Antlitz waren faſt ganz in ſchwarze Spitzen gehüllt. Wandrau war in ſolcher Aufregung, daß der Ton ſeiner Stimme wie erſtickt klang, als er jetzt ihren Namen rief. Sie achtete nicht darauf, und ſchien nur ihre Schritte zu beſchleunigen. Die Schl⸗ppe ihres langen, ſchwarzen Gewandes raſchelte noch ſchneller wie vordem, vor ihm her und ſtteifke die feuchten Gräſer des Waldwegs. „Ulrika!“ rief Wandrau nochmals und ziemlich laut. Die Dame ſtand itzt einen Moment ſtill, und neſtelte an den ſchwarzen Spitze nſchleier, ſo daß er von der einen Seite herabfiel. Wandrau ſah dichtes graues Haar darunter hervorquellen und Ein Seufzer rang ſich von ſeinen L ppen und er blickte der Geſtalt kopfſchüt⸗ telnd nach. Das konnte Ulrika nicht ſein, denn dieſe beſaß in wirklich großer Fülle und Schönheit glänzendes blauſchwarz's Haar. Wandrau wandte ſich um kehrte zu der heiteren Geſellſchaft zurück. Man empfing ihn dort natütlich mit Nöck reien und ſcherzhaften Fragen und wollte wiſſen, ob er mit der unheimlichen Dame ein Stell⸗ dichein verabredet habe. „Ich glaube in ihr eine Bekannte zu erkennen,“ ſagte er kurz, es war aber eine Tauſchung. Dann ſetzte er ſich zu Gertrud, deren dunkle Augen fragend