der Fahnenweſbe und fanden ſich ea 40 auswärkige Vereine ein. Wie am Vorabend ſo war auch am Feſttage morgens Mufik durch die Straßen der Stadt und Böllerſchüſſe. Von morgens 10 Uhr an trafen die auswärtigen Feſttellnehmer hier ein und wurden dieſelben mit Muſik begrüßt und in ihre Lokale begleitet. Um 2 Uhr wurde die Gemeindeverkretung und die feſtjungfrauen ſowie die Fahne von dem Feſtgebenden Verein auf dem Rathauſe abgeholt und die Aufſtellung des Feſt⸗ zuges vorgenommen, an welchem ſich die beiden Ge ſangvereine, Kriegerverein, Feuerwehr und Turn⸗ verein beteiligten, worauf ſich derſelbe gegen 8 Uhr durch die ſchöngeſchmückten Straßen der Stadt und diesmal auch durch die „Neue Anlage,“ unter wahrem Blumenregen auf den Feſſ platz bewegte. Nach Einmarſch ſämmtlicher Vereine eröffnete der „Geſangverein“ durch einen impoſanten Vortrag des Liedes „Begrüßungschor“ die Feier und wurden alsdann die Feſtgäſte durch Herrn Bürger⸗ meiſter Huben begrüßt. Herr Direktor Schmezer aus Mannheim hielt die Feſtrede, in welcher er die Bedeutung der Fahne im Frieden wie im Kriege beleuchtete, die Krieger ermahnte ſowohl im Kreiſe der Familie wie in der Geſellſchaft den patriotiſchen Geiſt zu pflegen und im politiſchen Leben ſich auf die Seite der ſtaatserhaltenden Parteien zu ſtellen. Mit warmen Worten gedachte der Herr Redner noch der Kriegsjahre von 1864, 1866 und 1870/71“ welche zur Einigung Deutſchlands beigetragen haben, ſowie der Männer, welche weſentlich Anteil genommen, dieſes Ziel zu erreichen. Mit einem Hoch auf den deut⸗ ſchen Kaiſer und unſeren allberehrten Großherzog ſchloß Herr Schmezer ſeine mit großem Beifall auf⸗ genommenen Rede. Hierauf erfolgte die Ueber⸗ reichung der Fahne von Seiten der ſchönen Feſt⸗ jungfrau an den ſchmucken Fähnrich. Der Geſang · berein Sänger⸗Einheit ſchloß mit dem Liede „Steh feſt Du Deutſcher Eichenwald“ die officielle Feier. Die Herren Lieutenant Kuhn a. D. und Major Schaufert a. D. von Mannheim richteten noch warme patriotiſche Worte an die Feſtverſammelten. Abends fanden die Feſtbälle im Gaſthaus „zum Schiff“ und „Ochſen“ ſtatt, welche gut beſucht waren. Das Feſt nahm ſomit in jeder Hinſicht einen ſchönen Verlauf, wozu das herrliche Wetter ſein gut Teil beitrug. — Ladenburg, 2. Juni. Wir machen die Leſer unſeres Blattes auf den Unterſchied zwi⸗ ſchen Debvrients u. Herrig's Luther aufmerk⸗ ſam, um der Meinung entgegenzulreten, a ls ob die Kenntnis des letzteren den Beſuch des erſteren überflüſſig mache. Wir laſſen beide ihr volles Recht, halten aber daran feſt, daß es ſich dabei um zwei verſchiedene Dinge handelt. Herrig hat die dramatiſchen Hauptpunkte aus dem Leben Luther's heraus gehoben, die Zwiſchenglieder werden uns be⸗ kannt aus den Erzählungen Ehrenholas und der Ratsherren. Devrient dagegen führt uns in reger Manigfaltigkeit durch das ganze äußere und innere Leben des großen Reformartors und zwar an der Hand der darſtellenden Perſonen die durch⸗ aus geſchichtlich gezeichnet find. Er iſt nicht zurück⸗ geſchreckt vor der ſchweren Aufgabe, große Maſſen auf die Bühne zu bringen und giebt uns dadurch ein überaus lebendiges Zeitbild. Die Sorgfalt, mit der dieſe ſchwierigen Scenen wie z. B. die An⸗ ſchlagung der 95 Theſen und des Reichstages zu Worms einſtudirt werden, läßt einen hohen Genuß und eine maͤchtige Wirkung verſprechen. Hocherfreulich iſt die Thatſache, daß ſchon jetzt die Teilnahme von Außen erkenntlich iſt. Die Frankfurter, die ſelbſt unter Devrients Leitung nicht geſpielt, haben dieſe Zeit noch in ſo ſchöner Er⸗ innerung, daß ſie beabfichtigen, womöglich einen Extrazug nach Mannheim zu veranlaſſen. — Karlsruhe, 29. Mai. Die „Kailsr. Ztg.“ berichtet ausführlich über die Verſuche mit Kochs Tuberkulinum, die in Karlsruhe auf Anord⸗ nung des Miniſteriums des Innern an Kühen vor⸗ genommen wurden. Die Verkuche haben bisher ein unzweifelhaft günſtiges praktiſches Ergebnis geliefert und werden deshalb fortgeſetzt. Zu bemerken iſt insbeſondere, daß Kühe infolge der Impfung ſich als perlſüchtig (tuberkulds) erwieſen, bei denen man diefe Kcankheit gar nicht vermutet hatte; von den 19 Kühen der Milchkuranſtalt B. in Karlsruhe, die wohlgenährt, in gutem Milcherträgnis und an⸗ ſcheinend vollkommen geſund waren, reagirten nicht weniger als 9 auf die Impfung und dieſe 9 er⸗ wieſen ſich bei der Schlachtung alle als tuberkulbs. — Hamburg, 30. Mai. Das Seeamt beſtätigte den Untergang folgender Hamburger Schiffe: Dampfer „Virgilia“, Bark „Flora“ und Bark „Meteor“. Alle drei Schiffe waren nach Südamerika beſtimmt. Der Geſammtverluſt beträgt 55 Mann der Beſatzung. 5 — Konſtantinopel, 1. Juni. Heute Nacht wurde der Orientzug bei Tſcherkeskae von Räubern zur Entgleiſung gebracht und überfallen. Die im Zuge befindliche Stangen'ſche Reiſegeſellſchaft, bez ſtehend aus deutſchen Reichsangebörigen und einem Engländer, wurde von den Räubern abgeführt, welche ein Löſegeld von 200,000 Franken verlangen, zu deſſen Beſchaffung der mitgefangene Baniſer Iſrael aus Berlin freigelaſſen wurde. Der Bol ſchafter von Radowitz erhielt vom Auswartigen Ame die Weiſung, den Betrag unter Wahrung der Re⸗ greßpflicht gegen die türkiſche Regierung vorzuſchießen. Der Gefährdung der Gefangenen iſt ſomit nach Kräften vorgebeugt. find Oskar Greger und Bankier Ifrael (Berlin, Gutsbefſtzer Moquet (Segelsdorf), Oskar Kotzſch (Zörbig) und der Zugführer Freidieger. Die übrigen Reiſenden find ausgeplündert zurückgeblieben. — Ein ergötzlicher Zwiſchenfall ſpielte ſich nach der letzten Vorſtellung Buffalo Bill's in Dufsburg ab. Die Zuſchauer verließen eben ihre Tribünen, und die „Welden“ drängten fich durch das Publikum in ihre Zelte, als ein Maurer, welcher ebenfalls Zuſchauer geweſen, auf einen „Cowboy“ zuſchritt, ihm von hinten auf die Schulter klopfte und den verdutzt um ſich Schauenden mit der Frage über⸗ raſchte: „Na, Willem, wat häwwe ſe dann met Dich gemak?“ Und der „Cowboy“ antwortete im teinſten Kölner Volksdialekt: „Süch der Jupp] Jo, met mer fangen ſe Alles an.“ Dieſe Worte er⸗ regten bei den Umſtehenden große Heſterkeit. Der Maurer verlor ſich darauf im Gedränge, der an⸗ ſcheinend nicht ganz waſchechte „Cowboy“ aber zog fich zurück ins Zelt zu ſeinen „Stammesgenoſſen“. — Ein ſchrecklicher Unglücksfall ereignete ſſch in Hohndorf bei Leobſchütz. Der daſelbſt an⸗ ſäſſige Mühlenbeſitzer Beyer hatte ſich mit ſeiner Frau aufs Feld begeben. Das zurückgeblieben Dienſtperſonal war im Hauſe und auf dem Felde in der Nähe des Mühlengrundſtücks derartig be⸗ ſchäftigt, daß es nicht merkte, wie das 11½ Johre alte Töchterchen der Bher'ſchen Eheleute in das Mahlhaus lief. Das arme Kind geriet in das Triebwerk, obwohl in ausreichendem Maße die bor⸗ geſchriebenen Schutzvorrichtungen angebracht waren, und wurde in der That vollſtändig zermalm!, Vom Körper des Mädchens iſt nichts mehr aufgefunden worden, nur Beine, Kopf und Arme konnte man aus dem Räderwerk hervorholen. An der plötzlichen Erſchütterung des Triebwerks merkte der Gehilfe, daß in der Mühle etwas nicht in Ordnung ſei, brachte dieſelbe zum Stillſtehen, um die graufig ver⸗ ſtümmelte Leiche der kleinen Beyer zu finden. Monate wurden daraus. Es kamen dann Briefe . voll intereſſanter Schilderung ſeiner eiſe. Ulrika beantwortete die Briefe alle pünktlich und gewiſſenbaft. Beſuch kam auch öfters in Ul⸗ rikas Haus, Erhard und ſeine Frau waren häufige Gäste in der Villa. Ulrika empfing ſie ſtets mit kühler, fich gleichbleibender Freundlichkeit. Es lag etwas Mechaniſches in ihrem gaazen Thun, wie bei einem Menſchen, deſſen innere Welt von verzehrenden aufreibenden Gedanken beherrſcht wird. Draußen in der Natur wurde es wieder Frühlingswetter, der Flieder begann in dem Garten der Villa zu blühen. Eine Nachtigall ſang in den ſtillen, warmen Mondſcheinnächten das alte ſüße Lied von Sehnſucht und Liebe. In einer ſolchen wonnigen Frühlingsnacht wanderte Ulrika raſtlos in dem Garten umher. Ihr Kopf brannte, das heiße, erregte Blut drängte ſich nach den Schläfen, ſie rang mit einem ſchweren düſtern Entſchluß — ein Ergebniß all' der langen, einſamen Stunden, die nun enden ſollten, der letzte Brief Wand rau's kündete ſeine nahe bevorſtehende Rückkehr an. Wild und regellos jagten die Gedan⸗ ken durch ihr Hirn, bald voll Haß, bald voll ſehnender Liebe. Die Nachtigall ſang ſo ſüß be⸗ thörend, und der Flieder duftete faſt berauſchend. Wenn er jetzt zu ihr träte, die Augen voll Liebe und Zärtlichkeit auf ſie gerichtet, und ſie lehnte ſich an ſeine Bruſt, ein ſeliges Weib! Thbrichtes Träumen! Sie lachte kurz und höhniſch auf. So kühl wie er gegangen, wird er zurückkehren, und ſeufzend das Leben an ihrer Seite wieder beginnen, nachdem er einen Athemzug der Freiheit gethan. Und Sie? Und Sie? Das ungeliebte Weſb ſoll ee, ſich wieder demütigen, einer Bettlerin gleich vor ihm ſtehen, dankbar den Almoſen kleiner pflicht⸗ ſchuldiger Aufmerkſamkeiten von ihm annehmen. Nein! nein! und tauſendmal nein, das Band, was ſie noch an ihn geknüpft, es war zerriſſen! Ihre Züge verzerrten ſich förmlich in Haß und Bitterkeit, als ſie jetzt ein zerknittertes Blatt Papier aus der Taſche zog und irren Blickes über die wohl ſo zahlloſe Mal geleſenen Zeilen flog. Ach, dieſes armſelige Blättchen hatte ihr ganzes Sein in namenloſe Verwirrung gebracht. Es hatte ihr ver⸗ raten, daß eine Andere die von ihr ſo heiß begehrte Liebe ihres Gatten einſt, als Wandrau noch nicht ihr Gatte war, beſeſſen hatte, und wie Ulrika arg⸗ wohnte, wahrſcheinlich noch beſaß. In einem ab⸗ gegriffenen Bande von Heine's Buch der Liebe hatte ie das Blatt gefunden, in Schreibtiſche ihres Gatten, in welchem ſie mit ihren ruheloſen Händen alles durchſtöbert hatte. Einige trockene Erikablüthen hatten dabei gelegen; wahrſcheinlich in jenen Tagen gepflügt die ihm unvergeßlich waren, wo ein Traum hohen Glücks durch ſeine Seele gezogen. So ſtand auf dem Blatte in zier lichen Verſen, von ihres Gatten Hand geſchrieben, zu leſen. Und mlt die⸗ ſem Traum war wohl jener Mädchenname verknüpft, der ſich einige Mal in den Strophen wiederholte. Wann und wo dieſelben entſtanden wußte Ul⸗ rika nicht, aber es war genug für ſie, zu wiſſen, daß ſeine Auge in Liebe und Zärtlichkeit auf einer Anderen geruht. Düſter ſtarrte ſie auf das ver- gilbte Blatt Papier. Ihre erregte Phantaſie malte es aus: Wie er vielleicht in einer ſolchen wonnigen Mondſcheinnacht mit jener Anderen in den blühenden Lenz dahin gegangen, geſchwärmt vornehmen Hand. und geliebt hatte. Und dann wor ſie nicht in ſein Leben getreten, ſie, das verwöhnte Kind des Reichthums — die nie gelernt hatte, einem Wunſch zu entſagen. In grenzenloſer Selbſtverblendung hatte fle im ihre Liebe geſtanden und er hakte ihre Hand, die ihm glänzende Ausſich ten eröffnete, und ſeine ehrgeizigen Pläne forderte, ergriffen, Liebe geheuchelt! Schon längſt aber war er dieſes Spieles müde, und heiß verlangte er nach Freiheit. Sie ſah den Tag kommen, wo er ihr in ſeiner ruhigen kühlen Weiſe eine Trennung vorſchlagen wüde. Dieſer Demütigung wollte ſie vorbeugen. Sie wollte gehen, jetzt, ehe er zurückkehrte. Das war der Entſchluß, mit welchem Ulrika in den einſamen Stunden die Nacht gerungen. Als der Morgen graute war ſie zu ihrer Flucht gerüſtet. Totenblaß, verſtört irrte ſie noch einmal durch alle Räume des Hauſes. In ſchmerz⸗ lichen Gedanken verſuaken ſtand ſie im Z immer ihres Gatten. Auf ſeinem Schreibtiſch hatte ſie das Blatt mit den verhängnißvollen Verſen hingelegt, und einige Zeilen darunter geschrieben. Die erſten Sonnenſtrahlen fielen in das traurige Gemach. Sie ſah im Geiſte Wandraus lockiges Haupt dort am Schreibtiſch, ſah wie er es ſtützte mit der weißen Seine Gedanken ſchweiften ins Weite, ſandten ſie zu ihr den Weg? Sehnte er ſich nach der ſorgenden, liebenden Hand der Gattin, oder begrüßte er die Trennung von ihr als eine Erlöſung. 8 „Der Wagen iſt vorgefahren,“ meldete feht das Dienſtmädchen. 1 In den Händen der Räubern