* . . Preis vierteljähr * Ein Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. lich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs⸗ blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. Für die Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, Ladenburg. Nr. 43. Samstag den 30. Mai Die Getreidezölle. Die Tagesblätter erörtern neuerdings die Frage der Ermäßigung der Getreidezölle und mit gutem Grunde; ſtellt doch der Abſchluß des deutſch⸗öſter⸗ reichiſchen Handelsvertrages die Ermäßigung der Zölle auf Weizen und Roggen um 1 ½ Mark in nahezu beſtimmte Ausſicht. Wir haben bereits aus⸗ geführt, daß die Anbahnung neuer handelspolltiſcher Abmachungen, vorbehaltlich eingehender Prüfung der einzelnen Poſitionen, im Intereſſe der Allgemeinheit wünſchenswert erſcheine und der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß die ferner mit der Schweiz und anderen Staaten im Aaſchluß an die Wiener Verhandlungen geführten Beratungen zu einem günſtigen Ergebniſſe gelangen möchten, da ſonſt zu befürchten wäre, daß insbeſondere in Süddeutſchland, wo man zunächſt mit dem Import von Getreide aus Oeſterreich zu rechnen hätte, die Einführung von Differentialzöllen schädlich wirken müßte. Es würde in dieſem Falle die Einfuhr von Getreide über die uns zunächſt liegende öſterreſchiſche Grenze zu 3½ Mark ſich bollziehen, wogegen ruſſiſches und amerikaniſches Ge⸗ treide nach wie vor mit 5 Mark Zoll belaſtet bleiben würde, vorausgeſetzt, daß man nicht, wie im Jahre 1883 gelegentlich der Roggenzollerhöhung, auch diis⸗ mal Amerika als meiftbegünſt'gtes Land betrachten und amerikaniſchem Getreide die gleiche Vergünſtigung des Handelsvertrages wegen, zugeſtanden werden mußte. Anzeigen: die 1⸗ſpaltige Corpus⸗Zeile oder deren Naum 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. Corpuszeile. Reclamen 20 Pfg. Druck und Verlag von Karl Molitar, Ladenburg 2 189 der rufſiſchen Regierung zu verſtändigen. Für die Allgemeinheit, d. h. für alle, die ein Intereſſe an der Erhaltung der Landwirtſchaft und der Stärkung des Volkswohlſtandes haben, liegt die Frage folgen⸗ dermaßen: Iſt die deutſche Landwirtſchaft auch bei einem etwas ermäßigten Eingangszoll genügend ge⸗ ſchützt oder nicht? Wir möchten dieſe Frage unbe⸗ dingt bejahen, da wir der Anſicht find, doß auch die Ermäßigung von 11½ Mark keine Ueberflutung des deutſchen Marktes durch fremdes Getreide herbei⸗ zuführen geeignet iſt. In dieſem Jahre kommt nun noch hinzu, daß wir vorausſichtlich vor einer mittel⸗ mäßigen, vielleicht ſogar ſchlechten Einte ſtehen und daß mithin die Mehrzahl der kleinen Landwirte, welche bei der vorigjährigen günſtigen Ernte Ver⸗ käufer waren, in dieſem Jahre wahrſcheinlich zur Deckung des eigenen Bedarfs ſelbſt werden Getreide kaufen müſſen. Es muß weiter in Betracht gezogen werden, daß die Getreide preiſe bereits eine Hohe er⸗ reicht haben, welche den Produzenten einen lohnenden Abſatz ihrer Erzeugniſſe ſichern, daß mithin die in Ausſicht genommene mäßige Herabſetzung der Ge⸗ treidezölle der deutſchen Induſtrie neue Abſatzgebie te eröffnen und hierdurch weite Volkskreiſe, insbeſondere die Arbeiter, in ihrer Verbrauchsfähigkeit ſtärken würde und dadurch den Abſotz von Brotfrüchten im Inlande erleichtern wird. Unſere ſeitherige St lung gegenüber der Landwirtſchaft bewahrt uns vor dem gewähren würde, die damals Spanien gegenüber, eine Schädigung landwirtſchaftlicher Intereſſen befür⸗ Unter allen Umſtänden würde aber bei Differentialzöllen der norddeutſche Produzent, welcher hauptſächlich mit der Konkurrenz ruſſiſchen Getreides zu rechnen hat, weſentlich günſtiger geſtellt ſein, als der ſüddeutſche Landwirt, weshalb wir hoffen, daß es der Reichsregierung gelingen werde, ſich auch mit Vorwurf, daß wir durch eine Ermäßigung der Zölle worten; anderſeits werden ſich, wie die „Badiſche nat.⸗lib. Correſp.“ betont, beſonnene Landwirte ſelbſt der Erkenntnis nicht verſchließen, daß alle Faktoren im Staate gemeinſam zuſammenwirken müſſen zur Hebung der Volkswohlfahrt. Verſchiedenes. — Mannheim, 27. Mai. Bekanntlich findet am Sonntag, 19. Juli in unſerer Stadt ein badiſcher Kanoniertag ſtatt. In einer am ver⸗ gangenen Montag im „Durlacher Hof“ ſtattgefun⸗ denen Verſammlung hiefiger ehemaliger Kanoniere iſt nun beſchloſſen worden, mit dem Feſte einen hiſtoriſchen Feſtzug zu verbinden. Für denſelben find 9 Gruppen in Ausficht genommen. 6 derſelben ſollen die Entwickelung der Feldartillerie in allen ihren Phaſen darſtellen, während die drei anderen Wagen für die heilige St. Barbara, die Schutz⸗ patronin der Artillerie, für ein Kriegsſchiff mit Matroſen⸗Artillerie, ſowie für die Feſtungsartillerie reſervirt find. Die Waffen und Koſtüme werden zum größten Teile dem Karlsruher Zeughaus ent⸗ nommen. Der badiſche Kanoniertag dürfte ſich ſo⸗ mit zu einem überaus glänzenden Feſte geſtalten und ſich voraus ſichtlich ſeitens der ehemaligen badiſchen Kanoniere einer zahlreichen Teilnahme erfreuen. Die Pferde ſtellt die hiet garniſonirende Artillerieab⸗ teilung. — Wiesloch, 27. Mai. Auf Anregung der Frau Großherzogin hat ſich die Firma Greiff und Baumüller hier entſchloſſen, für das weibliche Perſonal ihrer Schäftefabrik eine Koch⸗ bezw. Haus⸗ haltungsſchule zu errichten und damit im nächſten Monat zu beginnen. Die Leitung wird eine ſehr tüchtige Lehrerin, welche in der unter dem Protek⸗ torate der Frau Großherzogin ſtehenden Haushal⸗ tungsſchule ausgebildet wurde, übernehmen. Es wäre zu wünſchen, daß ſich auch die anderen größeren Etabliſſements unſeres Bezirks zur Errichtung ſolcher Haushaltungsſchulen entſchließen würden. — Waldhauſen b. Buchen, 26. Mai. Hier iſt einem Bürger ſein ſämtliches Vieh verendet. Der Novelle von F. Sutan. b. 22 5 „Und Ulrika??? 8 „Sie wird ſich in meinen Entſchluß finden müffen, ich werde ſie nachher von meinen Plänen in Kenntniß ſetzen.“ Unter dieſem Geſpräch hatten die beiden Freunde die erſten außerhalb der Stadt gelegenen Landhäuſer erreicht. Vor einem derſelben, ganz in Grün gelegen, und im gefälligen Villaftyl gebaut, trennten ſie ſich. Erhard eilte mit ſchnellen Schritten der Stadt zu, während Wandrau langſam die breite Freitreppe der Villa, welche er allein mit ſeiner Gattin bewohnte emporſtieg. „Er bemerkte es nicht, daß an einem der Fenſter, halb hinter Blumen verborgen ſeine junge Frau ſtand und mit heißen Blicken auf ihn herab⸗ ſchaute. Als keiner ſeiner Blöcke ſie ſtreifte, trot ſie mit einem Seufzer vom Fenſter zurück und letzte ſich an eine Staffelei. Sie verſuchte einige Pinſelſtriche zu machen, aber ſie ſchien keine rechte Freude an ihrer Beſchäftigung zu finden. Miß⸗ mulig legte ſie den Pinſel aus der Hand und darrt düſtern Blicks vor ſich hin. Jeder Zug 9 Nr Kampf um's Glück. Antlitz überhaupt wohl nie geweſen. Zeit hatte der Roſenſchimmer des Glückes es einſt Das war in den erſten Monaten ihrer dieſes blaſſen Antlitzes verriet es, daß Ulrika Wandrau nicht glücklich war. Schon oder lieblich war dieſes Nur kurze erhellt. jetzt zweijährigen Ehe geweſen, wo die Frau ſich der heißen Täuſchung hingegeben, daß ihr Gatte doch wohl ihre heiße, leidenſchaftliche Liebe erwidre. Bald genug aber war ſie aus dieſer Täuſchung erwacht, und der Glücksſchimmer verflogen. Was ſie für Liebe gehalten war wohl nur Freud und Mitleid geweſen, Mitleid mit dem ſchwachen Weibe, das, o jetzt trieb ihr die Erinnerung daran die Scham⸗ töte in's Antlitz, wie von einer elementaren Gewalt getrieben, alles vergeſſend, ihm einſt zuerſt ihr heißes Lieben geſtanden. Wie eine Bettlerin hatte ſie vor ihm geſtanden, heiß gefleht, gebeten, ſie nicht zurückzuweiſen. Erſtaunt, wortlos halte Wandrau damals die zitternde hocherregte Mädchen⸗ geſtalt, die ſich ſo tief vor ihm erniedrigt, voll Mitleid an ſein Herz gezogen. jungen reichen Profeſſorstochter, durch welche ſich Die Hand der ihm glänzende Ausſichten eroffgeten, war es denn doch wohl wert geweſen, daß man ſie Und ſie war glücklich geweſen, glücklich über die Almoſen kühler Zärtlichkeit die er ihr, der Bettlerin gerreicht. O, wie bitter war die Täuſchung! Jahre ihres Lebens würde Ulrika heute noch dahin geben, feſthielt. 1 5 Lippen. — könnte ſie ſich damit die Liebe ihres Gatten er⸗ kaufen! 5 Ein jähes Rot flog über ihr Antlitz, als ſie jetzt draußen auf dem Corridor Schritte hörte und gleich Wandrau ins Zimmer trat. „Entſchuldige, wenn ich Dich ſtöre, Ulrika,“ ſagte er kühl und förmlich; „ich wollte Dir nur mitteilen, daß unſere Reiſe nach dem Orient nun feſt beſchloſſen, iſt.“ f Tief erſchreckt blickte die junge Frau zu ihm auf. „Und Du willſt Dich wirklich daran beteiligen ? Du willſt fort? Auf Wochen und Monate mich hier allein laſſen! O Max, habe ich das um Dich verdient?“ Wandrau wußte, daß ihm ein heißer Kampf bevorſtand, aber um keinen Preis der Welt wollte er von dieſer Reiſe abſtehen, ſie war der ſchöne Traum langer Jahre und er hoffte von dieſer Reiſe auch Heilung für ſein krankes Gemüt. „Als die Frau eines Gelehrten mußt Du ſchon der Wiſſenſchaft das Opfer unſrer Trennung bringen, ich reiſe nicht nur zu meinem Vergnügen, ich folge dem Wiſſenstriebe und dem Heile meiner angegriffenen Gefundheit,“ erwiderte er in etwas wärmerem Ton. „Ich kann nicht, Max, ich kann nicht ohne Dich leben,“ kam es langſam, zögernd von Ulcikas Ihre feinen ſchmalen Finger umllammerten