blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. 0 f Corpuszeile. Reclamen 20 Pfg. ag Für die Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, Ladenburg. Druck und Verlag von Karl Molitor, Ladenburg. n Nr. 40. Mittwoch den 20. Mai unn 5 Allgemeiner Anzei Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs⸗ Anzeigen: die 1⸗ſpaltige Corpus⸗Zeile oder deren Nau 10 Pfg., Lokale Geſchuͤfts⸗ wund Privatanzeigen 6 Pfg. Politiſches. Ladenburg, 19. Mal. Dem Kaiſer ſtieß am Freitag Nachmittag bei der Fahrt von Potsdam zum Blumenkorſo in Weſtend ein kleiner Unfall zu. Die Pferde der ruſſiſchen Troika, welche der hohe Herr benutzte, ſcheuten vor einer vorbeimarſchirenden Truppenabteilung und rannten gegen einen Baum, wodurch die Deichſel beſchädigt wurde. Der Kaiſer blieb gänzlich unverſehrt und verließ mit ſeinem Adjutanten die Troika, um ſich dann in einem anderen Wagen nach Weſtend zu begeben, wo er am Blumenkorſo teilnahm. Auch die Kaiſerin zeichnete die Korſofahrt durch ihre Gegenwart aus und beteiligte ſie ſich mit den kaiſerlichen Prinzen lebhaft am Blumenwerfen. — Das Pfingſtfeſt ver⸗ brachte der Kaiſer im Kreiſe der Seinen im Neuen Palais. — Prinzeſſin Eliſabeth von Baden iſt in Karlstuhe nach längerem Leiden verſchieden. Die berewigte Fürſtin, welche ein Alter von 55 Jahren erreſcht hat, war eine Tochter des 1859 berſtorbenen Prinzen Wilhelm von Baden, eines Sohnes des Großvaters des jetzt regierenden Großherzogs Friedrich. übliche Wochenplenarſitzung ab. In derſelben fanden u. A. das Zuckerſt⸗uergeſetz und der Nachtragsetat zum Reichshaushalt für 1891/92, ſowie das Geſetz, betr. die Aufnahme einer Anleihe zu Zwecken der Reichsheerverwaltung u. ſ. w. die Zuſtimmung des Bundesrates. — In Prag hat am 15. d. M. die feierliche Eröffnung der böhmiſchen Landesausſtellung durch i den Erzherzog Karl Ludwig, den Bruder des Kaiſers b Franz Joſef, des erlauchten Protektors der Aus⸗ ſtellung, ſtattgefunden. Die Rede war politiſch Ein Kampf um's Glück PNPioytelle von F. Sutan. f N 0 Einige Tage find nach dem oben geſchilderten Abend vergangen. Wandrau hat im Walde einen ſchattigen einſamen Platz ausfindig gemacht, dort ſizt er die größte Zeit des Tages mit ſeinen Büchern, bertieft in ſeine Studien. U ber ihm rauſchen die Mypfel der hohen Buchen, von fernher tönt das Brauſen des Meeres wie eine ße verlockende Stimme, die da von Jugend und Lebe ſang. Aber er ver⸗ ſchloß ſein Ohr dagegen. Die ſeltſam verſchlunge⸗ nen Buchſtaben der alten Araber, mit deren Spra- hen er ſich beſchaftigt, geſtalten ſich wohl hin und wieber zu einem lieblichen Maäschenkopf, dunkle Augen schauen ihn fragend an. Warum flihſt Du uns ſcheinen Sie zu fragen. Wir allein können Dir des Lebens Weisheit offenbaren, die Du nim⸗ mer in Deinen Blichern findeſt. Wol möchte er dieſer Stimme folgen, doch er gedenkt der mahnen⸗ din Worte des Freundes: Ein Mädchen iſt es doch wahrhallig nicht wert, daß wir über ſie unſere hohen Beſtrebungen verg⸗ſſen ollten. Die Mahnung Meſcheucht den holden Mädchenkopf und mit dop⸗ 3 Eifer giebt ſich Wandrau ſeinen Studien n. — — Der Bundesrat hielt am 14. d. M. ſeine — geſchehen war. farblos, obwohl die Prager Ausſtellung bekanntlich ihre politiſche Vorgeſchichte befitzt. Das Unternehmen ſollte gleichſam den Ausgleich zwiſchen Deutſchen Verſöhnung der beiden und Czechen und hiermit die Nationalitäten Böhmens beſtegeln, aber die Deutſchen verpflichteten ſich in Ahnung ö unter der Bedingung zur Beſchickung der Aus⸗ ſtellung, daß der Ausgleich durchgeführt würde. Be⸗ kanntlich iſt aber der letztere, Dank der czechiſchen Verſchleppungstaktik, einſtweilen ins Waſſer gefallen und nun traten auch die Deutſchen von der Betei⸗ ligung an der Landesausſtellung zurück. Dieſelbe weiſt verhältnismäßig nur wenige deutſche Firmen auf, iſt daher thatſächlich nur eine czechiſche Aus⸗ ſtellung, ſelbſtverſtändlich ſtellt ſie darum auch kein getreues Spiegelbild der induſtriellen und gewerb⸗ lichen Thätigkeit Böhmens dar. — In Wien werden am 23. d. Mts. die Verhandlungen zwiſchen Deutſchland und Oeſterreich⸗ Ungarn einerseits, der Schweiz anderſeits wegen Abſchluß eines Handelsbertrages beginnen. Die Anweiſungen für die ſchweizeriſchen Unterhändler find vom eidgenöſſiſchen Bundesrate bereits feſtge⸗ ſtellt worden. — In der italieniſchen D putirtenkammer hat dieſer Tage eine große Debatte über den Dreibund ſtattgefunden. In derſelben berteidigte Miniſter⸗ präfldent Rudini das Bündnis Italiens mit Deutſch⸗ land und Od ſterreich⸗Ungarn gegenüber den von radikaler und irredentiſtiſcher Seite erhobenen An⸗ griffen in warmen Worten, wobei er betonte, der Dreibund ſichere Italien nicht nur den Frieden, ſondern auch die Stellung Italiens im Mittelmerre. Dieſe Erklärungen des leitenden Staatsmannes wurden von der großen Mehtheit der Kammer mit Beifall aufgenommen, was beweiſt, daß der weit ſie wohl nie mehr Wandrau begegnete, was doch in den erſten Wochen ihrer Bekanntſchaft faſt täglich Eines Abends begrüßte ſie Erhard am Strand. f „Der Freund habe ſich gänzlich in ſein Stu⸗ dium vergraben, und habe keinen Sinn mehr für die Außenwelt,“ erzählte er ihr in feinem leichten ſpoͤttiſchen Ton. Ein prüfender mißtrauiſcher Blick des jungen Mädchens ſtreifte ihn. Ahnte ſie, wer es verſchul⸗ dete, daß eine Reihe von ſchönen Tagen jah und plotzlich enden mußten, wo ſie noch ſo Vules und Schönes erhofft hatte! Und nun war der Tag ihrer Abreiſe heran⸗ gekommen, ohne daß ſie Mox Wandrau noch ein⸗ mal geſehen. Ohne daß ein Abſchiedswort geipro⸗ chen wurde, ſollten ſie ſich trennen, um ſich vielleicht nie wieder zu begegnen. Es war hart, und doch wohl eigentuch ſo in der Ordnung, ſo der Lauf der Welt, die für ſoſche erſte ſcküchterne Liebe, we ſie in dem jungen Herzen aufbämmern wollte, keinen Raum hatte. Einſam ſtand das junge Mädchen mit dieſen traurigen Gedanken auf einer bewaldeten Höhe und ſchaute hinunter auf die wild bewegte See, die ihr ſtürmiſche Abſchiedslteder ſang. Thränen drängten ſich in ihre Augen. Ploͤtzlich wandte ſie den Kopf ſie fühlte es, ein heißer Blick ruhte auf ihr, und ein Gertrud Braun fragte ſich verwundert, warum überwiegende Teil des italieniſchen Volkes dem Drei⸗ bunde nach wie vor ſympathiſch gegenüberſteht. — Der griechiſchen Regierung find die Mel wohl nicht ſo bemühen, die Nachrichten über dieſ Vorgänge als vielfach übertrieben hinzuſtellen. Es mag nun ſein, daß die Schilderungen manche Blätter über die Zuſtände p ziell auf Corſu über⸗ trieben ſind, immerhin iſt die Lage daſelbſt nach In der den neueſten Mitteilungen ernſt genug. Stadt Corfu find mehrere Häuſer durch den wütenden Pöbel eingeäſchert worden, die Zahl der von der aufgehetzten Volksmenge getöteten Juden beträgt neun, noch viel größer ſoll diejenige der Verwun⸗ deten ſein. Die Regierung ſah ſich genötigt, den Belagerungszuſtand über Corfu zu verhängen, ſowie den Statthalter und den Bürgermeiſter wegen ihrer Unentſchloſſenheit abzuſctzen. Es wurden abermals Verſtärkungen von Athen nach Corfu entſendet und erwartet man nunmehr eine baldige Niederſchlagung der antiſemitiſchen Uaruhen. Belgrad, 18. Maj. Der Gewalt weichend berließ Königin Natalie ihr Palais, um unter ſtarker Gendarmenbed ckung zum Sch ff gebracht zu werden. Große Volksmengen verlegten den Weg, griffen an und bertrieben die Gendarmen und führten die Königin Natalie ins Pala's zurück. Das Volk verharrte vor dem Palais, wo ſich Königin Natalie am Fenſter zeigen mußte. Zuerſt gütlich, ſchließlich gewaltſam derſuchte das Militär die Straßentäumung. Die Gard cavallerie gab zwei Salven ab. Das Vork erwiderte ſie mit Stein⸗ wülfen; Verwunderte und Tote auf beiden Seiten. Die Zugangsſtraße iſt jetzt mit Infanterie cernirt, die Situation ſehr kritiſch. Aus der nicht weichenden —— —— — —— EUjäj— dunkles Rot färbte ihre Wangey, als ſte jzt aus dem Waldesdunkel Wandrau heraustreten fah. Er mochte ſchon länger dort berborgen geſtanden und das junge Mädchen beobachtet haben. „Warum ſo einſam und traurig, Fräul in Braun?“ fragte er, indem er näher trat. „Ich nehme Abſchied vom Meere,“ erwiederte ſie. „Wer mec, ob ich es jemals wiederſehe, morgen reiſen wir ab.“ „Morgen!“ rief Wandrau, und es klang wie ein Ruf des Schreckens. „Morgen!“ dachte er finnend, und er hatte die ſchöne Zeit ſo ungenutzt verſtreichen loſſen. Er grollte mit dem Freunde, mt ſich und ſeiner Unentſchleſſenheit, mit ſeinen Studien, die ihn fern gehalten von ihr, deren Cha⸗ rakter, deren Herz und holde Schönheit zu ſtadiren, doch tauſendmal inter ſſanter und anziehender geweſen wäre als die orintaliſchen Sprachen. Stumm und traurig ſtand er et neben ihr und ſchaute auf das brauſende Meer, das ihn ſo oft mit mahnender Stimme gerufen hatte, wenn er einſam mit ſeinen Büchern im Walde ſaß. O, warum halte er dieſer Meeresſtumme nicht grachtet. „Sehen Sie, wie die Wellen immer böher und hoher ſtigen? Hö en Sie den dumpfen Don⸗ ner unten in ber Tiefe e So liebe ich die Set!“ rief j tzt Gertrud, „So wird ſi« ſich in meinem Gedächiniß einprägen für alle Zett!“ „Und wenn Sie an die See zurückdenken, dungen über die Judenhetze auf den Inſeln Corfu und Zante offenbar recht fatal, ſonſt würde ſie fich des Kommenden nur