weiter Leſung den Geſetzentwurf, betr. die Beur⸗ kundung von Eheſchließungen. In der Schlußſitzung vom Samstag wurden die am Freitag noch nicht vollſtändig erledigten Vorlagen defintiv genehmigt; oußerdem nahm das Haus in dritter Leſung die Nobelle zum Branntweinſteuergeſetz an. Berlin, 9. Maj. Dem Reichstage iſt fol⸗ gender Geſetzentwurf, betr. die Unterſtützung von Familien der zu Friedensübungen einberufenen Mannſchaften zugegangen: § 1. Die Familien der aus der Reſerve, Landwehr oder Seewehr zu Frie⸗ densübungen einberufenen Mannſchaften erhalten im Falle der Bedürftigkeit aus öffentlichen Mitteln Unterſtützungen. — Die Gewährung der Unterſtütz⸗ ung richtet ſich, ſoweit nachfolgend nicht Beſonderes beſtimmt iſt, nach den Vorſchriften des Geſetzes, betreffend die Unterſtützung von Familien in den Dienſt eingetretener Mannſchaften, vom 28. Febr. 1888. 8 2. Die Unterſtützungen ſollen mindeſtens betragen: a. für die Ehefrau im Mai, Juni, Juli, Auguft, September und Oktober 20 Pfg., in den übrigen Monaten 80 Pfg. täglich; b. für jede der ſonſt unterſtützungsberechtigten Perſonen 10 Pfg. täglich. 8 3. Die bewilligten Unterſtützungsbeträge find in wöchentlichen Raten vorauszuzahlen. § 4. Von den gezahlten Unterſtützungen wird die Hälfte der im 8 2 feſtgeſetzten Mindeſtbeträge aus Reichs mitteln erſtattet. Die Erſtattung hat vor Ablauf des Etatsjahres zu erfolgen, in welchem die Zahlung ſtattgefunden hat. 8 5. Dieſes Geſetz tritt am 1. April 1892 in Kraft. Verſchiedenes. Ladenburg, 11. Mai. Die national⸗ liberalen Vertrauensmänner ſämtlicher Ortſchaften des 44. Wahlbezirks waren geſtern in Friedrichs⸗ feld im „Bad. Hof“ verſammelt, um ſich über eine den Wählern des Schwetzinger Wahlkreiſes genehme Perſönlichkeit zu verſtändigen, die an Stelle des durch körperliche Indispofition zum freiwilligen Rücktritt veranlaßten langjährigen, ſehr verdienten Abgeordneten, Herrn Landeskommiſſar Geb. Ober⸗ regierungsrat Frech, den Wahlkreis in der II. bad. Kammer vertreten ſolle und wurde die Kandidatur des Herrn Fabrikanten Ritzhaupt vom Werſauerhof von den Vertretern ſämmtlicher Ortſchaften ein⸗ ſtimmig gutgeheißen. * Schriesheim, 11. Mai. Das 30jäh⸗ ige Stiſtungsfeſt des Geſangvereins „Liederkranz“ hier, zu deſſen Feier ſich 48 auswärtige Vereine infanden, war anfänglich von beſtem Wetter begünstigt und führte eine noch nle dageweſene Mae ng in unſer Ort. Schon von 10 Uhr vormittags an zogen die Sänger hier ein und erſt bis gegen 2 mittags waren die letzten Vereine er⸗ schienen, und wurden dieſelben mit Mufik in den Ort geleitet. Nahezu 3 Uhr erfolgte die Aufſtell⸗ ung des Feſtzuges und nach 3 Uhr ſetzle ſich der⸗ ſelbe in Bewegung durch di? reich geſchmückten Straßen des Ortes. Um 4 Uhr war der größte Teil der Sänger in den Feſtplatz einmarſchirt, worauf ein Gewitter losbrach, welches von lang an⸗ dauerndem Regenwetter begleitet war und die Feſt⸗ teilnehmer genötigt waren, Unterkunft in den Wirt⸗ ſchaften zu ſuchen und fand das mit ſo großer Mühe und Opfern zu Stande gebrachte Feſt ſein Ende, ohne Begrüßung der Feſtgaſte, ohne F ſtrede, ohne Uebergabe der Fahne an den Verein durch die ſchöne und anmutige Feſtdame und ohne die Ge⸗ ſänge der Vereine. Abends fanden in den hiezu beſtimmten Lokalen die Feſtbälle ſtatt. — Mannheim, 11. Mal. G.eſtern Abend 6 Uhr begaben ſich die beiden Kinder des Hülfsweichenwärters Georg Schmitt ein Knabe von 12 Jahren und ein Mädchen, in die Trinitatiskirche zum Abendgottesdienſt. Der Knabe kehrte aber nicht mehr aus demſelben zurück und war auch bis 9 Uhr Abends noch nicht in der elterlichen Woh⸗ nung angelangt. Nunmehr begab ſich der geängſtigte Vater auf die Polizei, um Anzeige zu erſtatten; ſodann ging er zu dem Kirchendiener der Trinitatis⸗ kirche und bat dieſen, ihm das Gotteshaus zu öff⸗ nen, damit er nach ſeinem Knaben, welcher mög⸗ licherweiſe während des Gottesdienſtes eingeſchlafen ſei, ſuchen könne. Dieſem Anſinnen wiederſetze fich jedoch der Kirchendiener indem er erklärte, daß Nie⸗ mand mehr in der Kirche anweſend wäre. Gegen halb 11 Uhr wachte nun der Knabe, der thatſächlich in der Kirche eingeſchlafen war, auf, trat im Schlaftaumel, in welchem er ſich befand in ein Fenſter auf den Emporen der Kirche ſtürzte hinaus und blieb auf dem Trottoir liegen. Von Vorübergehenden wurde er aufgefunden und in eine nahe Wirtſchaft verbracht, woſelbſt dann die Ueberführung nach dem Allgem. Krankenhauſe er⸗ folgte. Der bedauernswerte Knabe hatte durch ſei⸗ nen Sturz aus dem Kirchenfenſter einen Schaͤdel⸗ bruch und eine Leberquetſchung davongetragen und iſt ſein Tod ſtündlich zu erwarten. — Metz, 7. Mai. Ein entſetzlicher Mord, begangen an einem der bekannteſten Offiziere der Garniſon, dem Oberſtlieutenant ſiſchen Fußartillerie⸗Ragiment Ne. 12, hal die Ne. völkerung in Schrecken verſet. Prager war Jung geſelle und wohnte in dem erſten Stock eines Hauſt der Birnbanmſtraße, während die Offiziersburſche ein Gelaß im Hinterhauſe haben. In der 67 gangenen Nacht gegen 1 Uhr kehrte er heim, w die über ihm wohnenden Mieter hörten, und bg danach muß er ermordet worden ſein, welchen Umſtänden, darüber giebt der Leſchenbefun Aufſchluß der alsbald protokollariſch gufgenomme wurde, nachdem heute Morgen ½7 Uhr e Burſche ſeinen Herrn vor dem Bette in einer groß Blutlache liegend, das Gicht am Boden, aufg funden hatte. Der Ermordete zeigt eine klaffen Schnittwunde im Halſe, die bis auf den Halswithe durchgeht, ferner iſt der Schädel durch Hare ſchläge in der Nähe der Schlafe zertrümmert wo den und auch die rechte Hand zeigt Spuren do ſchweren Hammerſchlägen. Offenbar iſt dem Mord ein heftiger Kampf voraufgegangen, nachdem d Verſuch des Mörders, den Schlummernden dur einen Hammerſchlag zu betäuben, mißglächt wa Der Oberſtlieutnant muß aufgeſprungen ſeln, 1 ſeinen in der Schublade des Nachttiſches liegende Revolver zu ergreifen, worauf der Mörder feine Opfer die Waffe aus der Hand ſchlug und da die Blutarbeit durch Aufſchneiden des Halſes bo lendete. Der Revolver fand ſich neben der Veig vor, ſämmtliche Läufe geladen. Im Bette lag de Hammer mit abgebrochenem Stile und auf de Tiſche ein langes blutbeflecktes Taſchenmeſſer. d Polizei iſt fi berhaft thätig, doch hat man dis noch keine Spur des Mörders entdeckt. Es ist wohl als gewiß anzunehmen, daß er Oetskenntniß halte Prager dom fe Thüren ſeiner Wohnung nur oberflächlich oder g nicht zu verſchließen, bekannt war. Kiel, 9. Mal. Der einzige Sohn des Graf Rebentlow⸗Kaltenhof hot ſich, angeblich wegen Ze würfniſſen mit ſeinem Lehrer, erſchoſſen. Poſen, 9. Mai. In der Ortſchaft Zeh kowo brannten 26 Gebäude nieder. Eine Men Vieh, Futtervorräte und landwirtſchaftliche Masch nen wurden ein Raub der Flammen, Der Schade iſt ſehr beträchtlich. — Belgrad, 11. Mai. Gerüchtsweſſe verlautet, Exkapitän Uzunow, der Bruder des ere ſchoſſenen Majors Uzunow, ſei ſammt mehrere Komplizen als Mörder Beltſchews in Krajowa verhafte „Meine teuere, geliebte Marie,“ ſo lautete derſelbe, „noch einmal laß Dich ſo nennen, zum etzten Male, denn ich habe kein Recht mehr, einer Anderen einen Platz in meinem Herzen zu bewah⸗ en, als ihr, die mir vor nun faſt zwölf Monden hre Liebe geſtand und der ich feſte Treue gelobte. „Am Tage vor ihrer Abreiſe von hier ward Hedwig Wolzogen meine Braut. Daß Dir das bis eute verſchwiegen blieb, lag in den Verhältniſſen. Erſt hinderte uns Karl's Unglück und langes Kran ⸗ enlager, und dann das Krankſein von Hedwig's Vater daran, uns der Welt als Brautpaar vorzu⸗ ſtellen. Und Karl und dadurch Dich zur Vertrauten unſeres Verlöbniſſes zu machen, davon hielt mich 12 10 eine ſeltſame, mir ſelbſt unerklärliche Scheu urück. „Ich habe Hedwig nicht getäuſcht, habe ihr nie eine Liebe geheuchelt, die ich nicht für ſie em⸗ pfinde; aber ich ſchätze und achte ſie hoch, und hoffe, n und mit ihr ein ſtilles Glück, ein zufriedenes Heim zu finden. „Hedwig liebt mich mit der ganzen Unſchuld hres reinen Herzens, nie — was auch geſchehe — oll auch der leiſeſte Schatten das volle Vertrauen rüben, das ſie mir entgegenbringt; — damit iſt Alles geſagt. „Die ganze Nacht habe ich geſonnen, was wohl das Beſte iſt! Warum kann nicht Alles leiben wie es iſt?“ ſprachſt Du geſtern zu mir. Nun, liebe Freundin, ich denke, wir können es wagen, wenn Du mich unterſtütz n und mutig ſein willſt, wie bisher. „Ich muß mich aufraffen und friſchen Mut ſchöpfen, ehe wir uns wiederſehen. Mit Morgen⸗ anbruch verlaſſe ich das Haus und fahre nach S zur Hedwig. Ich hoffe, nun ihr Vater wieder ziemlich hergeſtellt iſt, ſie läßt fich bewegen, unſeren Hochzeitstag für nicht zu Ferne Zeit feſtzuſetzen.“ „Wir Zwei, Marie Du und ich, find trotz unſerer noch jungen Jahre durch das Leben geſtählt worden, wir haben Schweres mutig ertragen, wir werden auch noch Kraft finden, die Klippen unver⸗ ſehrt zu umſchiffen, die uns in Zukunft wohl kaum erſpart bleiben werden. „Marie, bei unſerer Freundſchaft, die allein uns fortan noch verbinden darf, bei unſerer Freund⸗ ſchaft bitte ich Dich, laß Hedwig nie erfahren, was wir Zwei uns einſt geweſen find, und was wir Eines durch den Anderen gelitten haben. „Glaubſt Du ſtark genug zu ſein, Hedwig als Freundin und Schwägerin in Deinem Hauſe aufrichtig willkommen zu heißen — gut denn, ſo wird Gott uns weiterhelfen; willſt Du es anders, ſo ſchreibe mir eine Zeile, und mein Anblick ſoll Dir kein Kümmerniß mehr bereiten. „Wie Du auch entſcheideſt, — der Himmel behüte Dich! 0 „„ VII. Wieder iſt es im Monat Mai, wieder ſchmücken Sträucher und Bäume ſich mit dem erſten Grün, wieder lächelt die helle Frühlingsſonne auf die neu⸗ erwachte Erde herab; aber jetzt ſcheint ſie auf Schloß Gordeck nicht mehr wie einſt auf'zwei ernſte, trauernde Geſtalten — nein, heute iſt die Veranda von einer kleinen munteren Geſellſchaft eingenom⸗ men. Dreſ der Perſonen ſind uns nicht fremd. In dem ſchlanken brünetten Heren erkennen wir, leo der einzelnen Silberfäden in dem einſt ſchönen glänzend ſchwarzen Haar, unſeren Freund hu von Wehrbach wieder. Die letzten Jahre laſſe keine andere Veränderung an ihm wahrnehmen, al die früher meiſt düſter zuſammengezogene Stirn ge glättet und der ſchwerfällſge Zug um fil Lippen ganz geſchwunden iſt. Und mit welch zufriedenem Ausdruck ruhe ſeine Augen in diefer Minute auf der jungen Fra ihm gegenüber, mit dem Kinde im Arm, das gar das Ebenbild der Mutter iſt! 5 Des Vaters größter Stolz aber iſt ſein Eif geborener Arthur, der nicht nur ſeinen Namen auch ſein dunkles Haar ſeine lebhaften Augen un ſeine edlen Züge geerbt hat. Deshalb mag der Knabe wohl auch der beſon dete Liebling von Tante Marie ſein, an die er d eben anſchmiegte und, das Geſicht zu der mit zun gem Blick zu ihm Niederſchauenden auftichtend bittet: 8 Nicht wahr, Tante Marſe, Du machst mi ein Fiſchnetz, und gehſt dann mit mit an de Teich die kleinen Goldfiſche fangen?“ „Du wirſt mir den Jungen wohl noch 0 gründlich verwöhnen,“ meinte Arthur mit gulmil gem Lächeln, als Marie dem Knaben auf ſein Bitte freundlich zunickte, daß einſt nichts Beſſere 1 aus ihm wird, als aus ſeinem Biter.“ a 25 „Nan, damit lönnen wir wohl zufrfed'n ſeäg, miſchte Hedwig ſich ins G. präch, meint Du m auch, liebe Marie, daß es genügt, wenn ein Man ſeine Umgebung ſo glücklich zu machen verſteht, m unſer Arthur?“ 1 Ende. 0 dul U 1 65 nf N