blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. Für die Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, Ladenburg. Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs⸗ n denburg und Amgegend. Anzeigen: die 1⸗ſpaltige Corpus⸗Zeile 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. Druck und Verlag von Karl Molitor, Ladenburg. 55 oder deren Naum Corpuszeile. Reclamen 20 Pfg. ———— Nr. 31. Samskag den 18. April r Politiſches. Berlin, 15. April. Nicht geringes Auf⸗ ſehen erregt eine Anſprache, welche der Kaiſer bei einer And ſenheit in Kiel im Kreiſe der Marine⸗ offlzlete gehalten hat und welche als hochbedeutſam für das Verhalten der Flotte in einem zukünftigen Krlege bezeichnet wird. Es ſtei aus der Rede des Kaisers hervorgegangen, daß die Flotte auch ſpäter ſich auf die Verteidigung beſchränken wird, aber diefe Verteidigung werde keine rein paſſive ſein, ſondern nach dem Grundſotz handeln, daß der An⸗ ge ff die beſte Verteidigung ſei. In unſerer Marine denke man, namentlich in den höheren Kreiſen, noch heute mit ſchmerzlichem Bedauern an die Zeiten des Krieges 1870—71 zurück, in denen unſere Flotte mit ihren beſten, zu paſſender Zeit mit Er⸗ ſolg verwendbaren Kräften in dem Kriegshafen an der Nordſee zurückgehalt'n und jegliche offenſive Aktion ihr unterſagt wurde. Damals mange te nicht nur eine Strategie zur See, was durch die Kleinheit unſerer Flotte erklärlich war, ſondern auch der Toktik waren enge Feſſeln angelegt, und noch heute erinnere man ſich mit Bedauern der von oben er⸗ ö ein brennend heißes Stück Kuchen befeſtigt war, in den Mund geſteckt, ſodaß die rechte Wange voll⸗ ſtändig verbrannte und die Zähne bloslagen und Der⸗ gangenen Ordre, welche dem Admiral Jachmann den am 12. Auguſt geplanten, einen taktiſchen Er⸗ folg versprechenden Angriff auf das franzöſtſche Panzergeſchwader bei Helgoland unterſagte. artige peinliche Rückerinnerungen werde ein ſpäterer Krieg ſicherlich nicht hinterlaſſen. Mit dem Syſtem der „Verteidigung ohne jede ernſte Angriffsunter⸗ nehmung“ ſei definitiv gebrochen. Verſchiedenes. — Seckenheim, 15. April. Geſtern ſtarb dahier Herr Altbürgermeiſter Seitz im hohen Alter von 78 Jahren. Herr Seitz war Vorſtand der hieſigen Gemeinde vom Jahre 1848 — 1870. Er erfreute ſich in Folge ſeiner großen Leutſeligkeit gegen Jedermann, ſowie durch ſtrenge Gerechtigkeits⸗ liebe und Humanität eines hohen Anſehens und war beliebt bei Jedermann. — Mannheim, 14. April. Die Zellſtoff⸗ Fabrik Waldhof, bekanntlich eine der größten An⸗ lagen ihrer Art überhaupt, beabſichtigt eine voll⸗ ſtändige Arbeiterkolonie in Bau zu nehmen, welche aus ca. 90 Arbeiterhäuschen beſteht. Dieſelben können entweder gemietet oder zu Eigentum über⸗ nommen werden. Der Bauplan macht einen ſehr günſtigen und freundlichen Eindruck, welcher jede Monotonie vermeidet; jedes Häuschen iſt mit einem Vorgärtchen und den nötigen Räumlichkeiten für eine kleine Oekonomie ausgerüſtet. — Mannheim, 13. April. Mit einem ſcheußlichen Verbrechen hatte ſich heute das hieſige Schwurgericht zu befaſſen. Der 34 Jahre alte verheiratete Schneider Johann Georg Matter von Sennfeld ſtand unter der Anklage des an ſeinem eigenen 5jährigen Kinde verübten Mordes. Matter hatte Ende Oktober v. J. dem beklogenswerten Geſchöpfe einen glühenden Feuerhaken, an welchem das arme Weſen nach kurzer Zeit ſeinen Geiſt auf⸗ gab. Die Leiche will der Unmenſch in einem Kof⸗ fer in den Fluß Seckach verſenkt haben, wo dieſelbe jedoch trotz mehrmaliger Aufſuchung nicht gefunden worden iſt. Der Angeklagte will die That im Zorn verübt haben, welchen das Kind in ihm durch die unerlaubte Wegnahme eines Stückes Kuchen erweckt habe. Jedoch wird durch die Zeugen feſtgeſtellt, daß Matter das Kind, welches ihm von Frau mit in die Ehe gebracht worden war, ſchon ſeit Jahren auf die ſchrecklichſte Weiſe mißhandelt und widerholt geäußert habe, daß er das Kind ganz ſicher noch umbringen werde. Nach Verübung der That wollte Angeklagter nach Amerika entfliehen, jedoch wurde er in Antwerpen feſtgenommen. Die Geſchworenen verneinten die Frage des Mordes, beſahten dagegen die Frage des Totſchlags, worauf das Gericht auf zwölf Jahre Zuchthaus erkannte. — Unbegreflich iſt es, daß die Zeugen, die heute doch ſo belaſtende Ausſagen gemacht, geſchwiegen, bis ein Verbrechen den Leiden des armen Kindes ein Ziel ſitzte, um ſich dadurch gleichſam zu Mit⸗ ſchuldigen der Quälerei des Kindes und des Ver⸗ brechens gemacht haben. Warum überliefert man ſolch eine Beſtie in Menſchengeſtalt nicht früher den Armen der Gerechtigkeit? — Mannheim, 14. April. Vor dem bie⸗ ſigen Schwurgericht hatte ſich heute der 18 Jahre alte, ledige Dienſtknecht Ferdinand Hofmann von St. Leon wegen Brandſtiftung zu verantworten. Im Auguſt v. J. brach in St. Leon in kurzen Zwischenräumen ſechs Mal Feuer aus, welche Btände nur durch Brandſtiftungen verurſacht worden ſein konnten. Der Verdacht lenkte ſich auf den Angeklagten, welcher auch vom hiefigen Schwurge⸗ richte im Oktober v. J. wegen drei Brandſtiftungen zu 4 Jahren Zuchthaus verurteilt wurde. Bezüglich der drei anderen Brandſtiftungen erfolgte Freiſprechung, da die Geſchworenen das vorhandene Beweismaterial jedenfalls nicht für genügend hielten. Angeklagter geſtand jedoch im Zuchthauſe zu Bruchſal ein, auch die übrigen drei Brände angelegt zu haben, ſo daß er ſich heute nochmals vor dem hiefigen Schwur⸗ ſeiner gericht zu verantworten hatte. Er erhielt eine Ge⸗ ſamtzuchthausſtrafe von 9 Jahren. — Ferner war der 34 Jahre alte, ledige Stadtkaſſengehilfe L. W. Die Hüttenkönigin. Roman aus der Gegenwart von Walther Hogarth 8 quält von ſolchen Gedanken ließ ſich Eli⸗ ſabeth an einer einſamen Stelle des Wintergartens, auf eine Bank nieder und ſchloß auf einige Minu⸗ ten die Augen, um ſich ſobald als möglich zu ſammeln und ihrer Gemütserregung Herr zu werden. Da näherten ſich ihr halblaute Schritte und Eliſabeth erhob fich raſch, um in ihrer Einſamkeit keinen unverwünſchten Beobachter zu haben. Eine elegante Männergeſtalt näherte ſich der Bank, von welcher ſich Eliſabeth erhoben hatte, und zu ihrem Schrecken erkannte ſie in dem leiſe daher ſchreitenden Herrn den Baron Töppen. „Verzeihen Sie, gnädiges Fräulein, wenn ich wage, Sie hier zu bigrüßen,“ begann Töppen mit ſchaften. „Ich hatte noch nicht die Ehre, Sie in dem Conzertſaale begrüßen zu lönnen.“ „O, ich muß vielmehr um Entſchuldigung bitten,“ erwiederte Eliſabeth gewandt, wurde aber dabei abwechſelnd bleich und rot im Antlitz, „denn ich habe meine Pflichten als Wirtin ſchlecht erfüllt ö und meine Gäſte noch nicht alle begrüßt.“ „Das darf bei einem ſolchen großen Feſt von der Dame des Hauſes wohl auch gor nicht verlangt werden, gnädiges Fräulein, denn mehr als hundert Gäſten ſich zu widmen, iſt keine leicht Aufgabe und ich habe mit Bewunderung geſehene wie Sie ſich derſelben bisher entledigt haben und ſich wohl nur auf einige Minuten in dieſes ſtille Plätzchen zurückgezogen, um neue Kraft für die heute geradezu aufreibenden geſellſchaftlichen Ver⸗ pflichtungen zu fammeln.“ „Sie haben ein wenig recht, Herr Baron, ich hatte mich allerdings einen Moment aus der Geſellſchaft zurückgezogen, um mich neu zu ſammeln,“ entgegnete Eliſabeth mit einem ſo bitteren Lächeln, daß der fein beobachtende Töppen faſt darüber er⸗ ſchrack. „Wurde Ihnen ein Verdruß bereitet, gnädiges Fräulein,“ frug Töppen voll Teilnahme. „Allerdings ein herber Verdruß war es, wes⸗ halb ich die Einſamkeit auf einige Augenblicke auf- 1 ſuchte,“ bemerkte Eliſabeth mtt feſter Stimme und dem Aufgebot aller ſeiner liebenswürdigen Eigen⸗ lud 0 ihre ganze Selbſtbeherrſchung wieder gewianend. „Ueber eine Perſon, die mir teuer war und die ich nicht zu verachten vermag, wurde vor wenigen Mi⸗ nuten der Stab in ſolcher für mich niederſchmetternden Weiſe geſprochen, daß ich zeitweilig nicht recht zu hoͤren glaubte.“ groß und voll, Toͤppen erſchrack von Neuem über diefe Worte und über den ſeltſamen Ton, mit welchem Eliſabeth dieſelben ſprach, und es kam ihm der entſetzliche Gedanke, daß er vielleicht es ſelbſt geweſen ſei, den bböſe Zungen vor Eliſabeth verleumdet hatten. Aber Toͤppen war viel zu ſehr Weltmann, um ſich nicht zu beherrſchen, auch durfte er ſich von ſolchen Bedenken jetzt nicht mehr abhalten laſſen, wenn er ſein ſeit Jahr und Tag verfolgtes Ziel, die glück⸗ 191 Werbung um Eliſabeth, nun endlich erreichen wollte. „Daß die Läſterzungen auch Ihre erhabene Gemütsruhe zu ſtören vermochten, Fräulein Eliſabeth das hätte ich kaum für moglich gehalten.“ „Für gewöhnlich machen Verleumdungen aller⸗ dings gar keinen Eindruck auf mich,“ entgegnete Eliſabeth und ſah Töppen mit ihren dunkeln Augen aber auch ſo wehmütig an, daß er ſein moraliſches Todesurteil in dieſen Augen zu leſen glaubte, „aber wenn die Verleumdungen einer Perſon gelten, die man lieb und wert helt, und wenn dieſe Anklagen nicht nur verleu deriſche Eifindungen, ſondern zum großen Teile die reine Wahrheit find, und man vor einer tiefen, bitteren Enttäuſchung in ſeinem Hoffen und Vertrauen ſteht, dann, Herr Baron, da krampft ſich Einem das Herz zuſammen, und man wird auf Augen⸗ blicke irre an der ganzen Menſchenheit!“ „O, zürnen Sie mir nicht und verurteilen „ 2 Ten nnr