Allgemeiner Anzeiger für Ladenburg und Amgegend. Anzeigen: die 1⸗ſpaltige Corpus⸗Zeile oder deren Naum 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg.. erscheint jeden Dienstag und Freitag Abend. Preis viecteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs⸗ blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. Für die Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, Ladenburg. — . Nr. 2¹. Samstag den 14. März Corpuszeile. Reclamen 20 Pfg. Druck und Verlag von Karl Molitor, Ladenburg. 1891. Volitiſches. Ladenburg, 11. März. Der Reichstag hat mit der am Montag erfolgten Beendigung der 2. Etatsleſung ein tüchtiges Stück Arbeit hinter ſich, durch welches die Reichsboten lange genug in An⸗ ſpruch genommen worden find. Angeſichts der her⸗ angenahten Oſterferien ſcheint nun mehr der Reichs⸗ tag entſchloſſen zu ſein, bis zum Beginne derſelben noch möglichſt viel don ſeinen laufenden Geſchäſten abzuwickeln. Noch am Montag wurden die erſten Leſungen des Telegraphengeſetzes und des inter⸗ nationalen Uebereinkommens über den Eiſenbahn⸗ frachtverkehr erledigt und in der Dienſtagsſitzung gelangten in zweiter Leſung und nach nur klurzer Diskuſſſon die Novelle zum Strafgeſetzbuche ( Beſtrafung der Beſchädigung der Telegraphenan⸗ logen), ſowie der Entwurf, betr. die Errichtung Leiner deutſchen Schutztruppe in Oſtafrika, zur An⸗ nahme. — Für unſere alten Krieger hat die Diens ⸗ kagsfizung der Budgetkommiſſon des Reichstages erfreuliche Ausfichten eröffnet. Die Kommiſſion ge⸗ nehmigte einſtimmig einen Antrag Richter, wonach die verbündeten Regierungen erwägen ſollen, in⸗ wieweit die durch Krieg invalid gewordenen Militär⸗ perſonen der Unterklaſſen aus dem Reichsinvaliden fonds eine Erhöhung ihrer Penſtonsb'züg⸗ oder eine Erhöhung der Entſchädigung für ihren Verluſt an Erwerbsfähigkeit erhalten können. Zugleich genehmigte die Kommiſſion einen Zufatzantrag Richter, welcher dieſe Erwägungen auch auf die Kriegsinvaliden aus der Zeit vor dem Feldzuge 1870/71 ausg'dehnt wiſſen will. Außerdem wurde noch ein Antrag Douglas⸗ Manteuffel angenommen, welcher ſich gegen die Härten und Unzuträglichkeiten bei Anwendung des Militärpenſionsgeſetzes richtet. — In Bayern iſt der 70. Geburtstag des Prinzregenten Luitpold (12. März) allerorten in patriotiſcher Begeiſterung von allen Schichten und Ständen der Bevölkerung gefeiert worden. Durch zahlreiche Gnaden⸗ und Gunſt⸗Akte hat regent Luitpold ſelbſt ſeinen Ehrentag verherrlicht. Zahlreiche Glückwünſche der deutſchen wie aus ⸗ ländiſcher Fürſtlichkeiten, an ihrer Spitze warme Glückwünſche der Kaiſer Wilhelm und Franz Joſef, gingen dem Prinzregenten zu. — Die Deputation des elſaß⸗lothringiſchen Lap desausſchuſſes, welche dem Kaiſer die Adreſſe betreffs des Paßzwanges überbringt, iſt am Don⸗ nerſtag von Straßburg nach Berlin abgereiſt. Die Abordnung beſteht aus den Herren Präfident Dr. Schlumberger, Baron Charpentier, Dr. Petri, Ruh⸗ land und Baron Zorn v. Bulach. Berlin, 11. März. Heute Nachmittag gegen 12 Uhr hat eine Sitzung des Staatsminiſteriums ſtattgefunden. Nach derſelben iſt der Reichskanzler b. Caprivi zum Vortrag gefahren. Es hatte ſich um den Rücktritt des Cultusminiſters v. Goßlar gehandelt, der ſein Abſchiedsgeſuch eingereicht hat. Das Geſuch iſt angenommen und der bisherige Oberp äſtdent Graf v. Zödlitz⸗Trützſchler in Poſen zum Nachfolger v. Goßlars ernannt worden. Graf v. Zedlitz iſt ſchon in der vergang nen Nacht, nach⸗ dem er im Laufe des Nachmittags die überſchwemmten Straßen der Stadt Poſen beſichtigt hatte, nach Berlin gereiſt. (Guſtav v. Goßlar ſteht ſeit 10 Jahren an der Spitze des preußiſchen Kultusmini⸗ ſteriums, Er war 1874 in das Miniſterium des Innern als Hilfsarbeiter eingetreten, 1878 Mit⸗ glied des Oberberwaltungsgerichts und 1879 Uater⸗ ſtaatsſekretär im Cultusm niſteriums geworden. Im Jahre 1881 wurde er zum Miniſter ernannt, nach⸗ Prinz⸗ dem er vorher kurze Zeit Präſident des Reichs⸗ tages, dem er ſeit 1877 angehörte, geweſen war. Berlin, 11. März. Windthorſt iſt an Bron⸗ ö 5 chitis erkrankt und muß ſeit geſtern das Bett hüten Er darf kein: Beſuche empfangen, heute hat ſich das B finden verſchlimmert, er hat die Sterbeſakra⸗ mente erhalten. Berlin, 12. März. Das Befinden Windt⸗ horſt's iſt heute etwas beſſer, die Gefahr iſt jedoch noch nicht ausgeſchloſſen. Der Kaiſer fuhr Vor⸗ mittags bei ihm vor und erkundigte ſich perſönlich nach dem Befinden des Patienten. Belgrad, 10. März. Peinlichſtes Aufſehen erregt ein Briefwechſel zwiſchen Altkönig Milan und ſeinem ehemaligen Miniſterpräftdenten Garaſchanin. Letzteren bezeichnet Mlan als den intelleckuellen Ur⸗ heber des an der Attentäöterin Ilka Markowitſch und ihrer Gefährten Jelena Knitſchanin im Kerker von Paſcharewatz verübten Doppelmordes. Die beiden Frauen wurden bekanntlich an dem Tage, an welchem ſie Konig Milan begnadigt hatte, in ihren Zellen erdroffelt aufgefunden. Es iſt kein Geheim⸗ nis, daß die dunkle That von einem Gefängnis⸗ wärter auf höheren Befehl verübt wurde. Mit dieſer Beſchuldigung legt König Milan Schluß nahe, die beiden Frauen hätten bezüglich Garaſchanins compromitkirende Enthüllungen machen können und man habe ſie deshalb rechtzeitig aus dem Wege geräumt. Garaſchanin antwortete auf die Zuſchrift ſeines ehemaligen Herrn mit einem Briefe, in welchem er dem Altlönig die Erdroſſelung von Weibern in den Staatsgefängniſſen zuſchiebt und ihn als einen Vorgänger des Bauchaufſchlitzers Jack offenbar den bezeichnet. Unterdeſſen hat der Staatsanwalt gegen N Garaſchanin infolge der von Milan erhobenen Be⸗ ſchuldigung bereits die Klage angeſtrengt. Der Ex⸗ ö . Roman aus der Gegenwart von Wahlter Hogarth 2. „Es iſt dies nicht immer ſo leicht, lieber Vater,“ erwiederte jetzt mit bedeckter Stimme der unge, noch nicht dreißigjährige Baron, ich habe es berſucht, es iſt mir aber noch nicht gelungen.“ „Ja natürlich konnte es Dir nicht gelingen, leber Curt, weil Du, verzeihe den Ausdruck, einer ochmütigen bürgerlichen Närrin, die es fich zum eſonderen Vergnügen macht, alle ihre Freler an der Naſe herumzuführen, wohl ein Jahr lang den Hof gemacht und Dir daher offenbar manche Partie in unſeren Kreiſen verſcherzt haſt.“ Der junge Baron kniff ärgerlich die Lippen bei den unangenehmen Erinnerungen, die des Vaters Worte bei ihm heraufbeſchworen hatten, zuſammen, und ſagte dann etwas erregt: Ich will Dir nicht ganz Unrecht geben, Vater, aber die Bezeichnung bürgerliche Närrin paßt auf Eliſabeth Baumgarten nicht, dazu ſteht dieſe Dame zu hoch.“ „Ah, Du biſt alſo auch von dem Verehrungs⸗ — Da fieber für dieſen ſeltenen Goldfiich angeſteckt, wie ſo diele vornehme junge Herren,“ erwiederte der alte ia ron mit leiſem Spotte. Nun, ja, Fräulein 1 Baumgarten iſt ja furchtbar reich, aber immerhin bürgerlichen Standes und nicht eben⸗ bürtig.“ „Verzeihe, Vater, wenn ich es Dir ſage, daß Du in dieſer Hinſicht ſehr, ſehr irrſt. Eliſabeth Baumgartens Vater war ein Genie und der Be⸗ ſitz des Genies adelt, auch wenn der Betreffende nicht Graf oder Baron genannt wird.“ „Das iſt ja eine ganz neue Lehre, Herr Sohn,“ entgegnete der alte Baron ärgerlich. Ich habe den alten Baumgarten anch gekannt, als er uns ein einfacher Bergmann war und habe damals von Ein Glückspilz war wo die ſtolze, herzloſe Maid die beſte ſeinem Genie nichts bemerkt. er, fand Erz und Kohlen unter Wäldern, andere Sterbliche gewohnlich nur Steine entdecken, und das nennſt Du Genie. Solche Genien laufen viele in der Welt herum.“ „Du irrſt, Vater, Du irrſt vollſtändig, Lud⸗ wig Baumgarten war eine Genie, ein echtes, und rechtes Genie, ſonſt hätte er es vom einfachen Oberſteiger nicht zum größten Bergwerks⸗ und Hüttenbeſitzer der ganzen Umgegend gebracht. Ein Leichtes wäre es ihm auch geweſen, ich ſchon vor einigen Jahren von einem Beamten erfahren, daß gelegentlich eines Beſuches des Königs in Schleſten dem Hüttenbeſitzer Ludwig Baumgarten wegen ſeiner großen Verdienſte um die Toͤchtern des ſich mit der „HFreiherrnkrone zu ſchmücken, denn in Breslau habe hohen nationale Induſtrie und wegen ſeiner großen Ehren⸗ feſtigkeit und Mildthätigleit der erbliche Adel an⸗ geboten war, Ludwig Baumgarten lehnte dankend ab, der Mann war zu beſcheiden.“ „Nun, ich will über den Wert des verſtordenen Baumgarten nicht mit Dir ſtreiten,“ entgegnete der alte Baron verdrießlich, aber Du wirſt mir auch nicht einreden wollen, daß Fräulein Baumgartens Stolz ein berechtigter ſei Die Dame ſollte ſich doch geehrt fühlen, wenn ein Edelmann um ihre Hand wirbt. Statt deſſen teilte ſie allen Freiern Koͤrbe aus und ſpottet wohl noch der ehrbaren Herren, die ſich um ihre Hand bewarben. Soll man dies gut heißen, auch dann noch gut heißen, wenn der eigene Sohn in nutzloſem Werben um Zeit vergeudet die er dazu anwenden könnte, um unter den adeligen Landes eine paſſende Frau zu freien.“ Wieder biß ſich der junge Baron verlegen auf die Lippen, denn fein Vater hatte ihm bittere Wahrheiten geſagt, dann aber faßte ſich Curt von Töppen kurz und ſagte: „Laß dieſen Meinungsſtreit jetzt zwiſchen uns ruhen, Vater! Elisabeth Baumgarten iſt es wert, daß man Jahr und Tag um ſte freit, ich brauche dies Dir nicht weiter auseinander zu ſetzten. Laß mich noch ein Iihr gewähren und ich hoffe, daß 15 1 85 ſo oder anders eine Frau für mich finden wird,“ aber .