1755 Allgemeiner Anzeiger für Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. . vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs⸗ blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. Für die Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, Ladenburg. adenburg und Amgegend. 755 Anzeigen: die l⸗ſpaltige Corpus-Zelle oder deren Raum 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. Corpuszeile. Reelamen 20 Pfg. Druck und Verlag von Karl Molitor, Ladenburg e Niktwoch den 4. Februar 1891 Nr. 10. chen Ng Die Erhebung des Anſpruchs auf 3 8 Altersrente. Nach dem Reichsgeſitze vom 29. Juni 1889 gehört zu den Vorausſetzungen des Erwerbs eines , Ahn Anſpruches auf Invaliden⸗ oder Altersrente die Er⸗ füllung einer Wartezeit, welche für erſtere auf 30, für letztere auf 5 Jahre feſtgeſetzt iſt. Hiernach könnte ein ſolcher Anſpruch erſt im Laufe des Jahres 1894 bezw des Jahres 1918 geltend ge⸗ macht werden. Um die Verſicherten der Wohlthaten für welchen vom 1. Januar l. J. 47 Wochenbeiträge auf Grund des Geſetzes ent⸗ richtet worden find, zur Erfüllung der Wartezeit für die Invalidenrente diejenigen Wochen angerechnet, welche er vor dem 1. Januar d. J. und innerhalb der letzten 5 Jahre vor Eintritt der Invalidität nach⸗ weislich in einem Arbeits⸗ oder Dienſtverhältnis ge⸗ ſtanden iſt, welches nach dem Geſetze, die Verſiche⸗ rungspflicht begründen würde, bezw. welche er krank oder zu militäriſchen Dienſtleiſtungen eingezogen war. Die Wartezeit für die Altersrente aber min⸗ dert ſich fü die am 1. Januar d. J. bereits volle 40 Tahre alten Perſonen, welche nochweislich in den litzten 3 Jahren 1888 1889, 1890 mindeſtens 141 Wochen in einem nach dem Geſetz die Verſich⸗ erungspflicht begründenden Arbeits- oder Dienſt⸗ verhältnis geſtanden oder krank oder zum Militär eingezogen waren, um ſo viele Beitragsjahre, als ihre Lebensjahre am 1. Januar l. J. die Zahl 40 überſteigen. Hiernach kann ein Anſp uch auf Jnva⸗ Im Banne des Blutes Roman von H. von Ziegler. —— —— —ñ—4U 22 ſich tief verneigend: Comteſſe er⸗ lauben —“ Aber Ruth hö te ihn nicht, ſie hatte Betiys Hand ergriffen und zog dieſe mit ſich in den ſchwarz dekorterten Salon, in dem man die Leiche der Grafig aufgebahrt hatte. „Guädigſte as Begräbniß der Gräfin ging vorüber mit allem Glanze des gräflichen Runges; manch eines der vielen Leidtragenden blickte wohl verwundert auf Ruths ſchlanke Geſtalt im ſchlöppenden Trauer⸗ 5 gewande, weche dicht neben dem Sarge ſtand, das j Angel ſchöne Antl tz tief ernſt, die Hände gefaltet. Sie 5 0 mußte die nächſte Verwandte ſein, aber niemand 10 J gane a n b ſich völlfg zutück, bis endlich etey zu ihr trat und ihren Arm nahm. Ha „Warum ſiad Dein Witer und Dein Groß⸗ b ü 0 vater nicht anweſend, mein Liebling?“ frug ſie 1 leiſe, „es ſieht ſo feindſelig aus, daß ſie fern z bleiben.“ lolita, „Großpapa kommt erſt heute Abend und Ar⸗ des Geſetzes früher teilhaftig zu machen, hat das Geſetz durch Aufgabe von Uebergangsbeſtimmungen eine Verkürzung der Wart zeit vorgeſehen (88 156, 157 des Geſ.); hiernach werden einem Verficherten, an mindeſtens Auch Egon trat itzt näher und murmelte, lidenrente auch von ſolchen Perſonen, denen die Uebergangsbeſtimmung des 8 156 zu ſtatten kommt, früh ſtens gegen Ende des laufenden Jahres erhoben werden, da erſt dann für 47 Wochen Beiträge ent⸗ tichtet ſein werden. Anders verhält es ſich mit der Altersrente. Bei dieſer wird für die Abkürzung der Wartezeit eine Beitragsentrichtung für eine beſtimmte Anzahl von Wochen nicht verlangt, die Vorausſetz⸗ ungen für die Minderung der Wartezeit (Beſchäfti⸗ gung während mindeſtens 141 Wochen in den Jahren 1888 — 1890) liegen in der Vergangenheit und es kann daher, falls dieſelben gegeben find der Anspruch auf Altersrente von allen Perſonen, welche an Neujahr das 70. Lebensjahr bereits voll⸗ endet hatten, ſogleich erhoben werden. Bei der Gel⸗ tendmachung des An ſpruchs aufs Altersrente iſt nun folgendes zu beachten. J Berechtigt zur Erhebung des Anſptuch's iſt in eiſter Linie der Verſich'rte ſelbſt, neben demſelben iſt aber, da nach 8 35 Abs. 2 des Geſetzes in dem Falle, daß einer Perſon für einen Zeitraum, für . — welchen ihr ein Anſpꝛuch auf Invaliden⸗ oder Altersrente zuſtand, von einem Armenverband eine Unterſtützung ge⸗ leiſtet wurde, der Rentenanspruch in der Höhe der geleiſteten Unterſtätzung auf den Armen verband über⸗ geht, auch letzterer als zur Stellung des Antrags berechtigt anzuerkennen. Dabei iſt aber zu beachten! wurde die Unternützung ſeitens des Armenverbands geleiſtet, weil die betreffende Perſon erwerbsunfähig im Sinne des 8 4 Abſ. 2 des Geſetz's war, d. h. infolge ihres körperlichen oder geiſtigen Zaſtandes dauernd nicht mehr im Stande war, durch eine ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechende Lohn⸗ arbeit mind ſtens ein Drittel des nach § 8 des Kr.⸗Verſ.⸗Geſ. vom 15. Juni 1883 feſtgeſetzten nold meint⸗, er gehöre nicht hierher, gab Ruth zu⸗ rück, „ich erfuhr erſt heute, daß er ſich mit Egon geſchlagen hat — für mich!“ N „Meine arme Ruth, Du biſt ſo jung und haſt ſchon ſo ſchwere Schickale zu tragen!“ murmelte Betty gerührt. Am näachſten Morgen ſollte das Teſtament er⸗ oͤffnet werden; de Siegel nahm ein Gerichtsbeamter gleich nach dem Begräbniß ab, um das im Schreib⸗ tiſch befindliche Kodizill zu ſich zu nehmen. Es lag ſorgfältig kouvertiert oben an, abſchon Herr von Hohenſtein ſehr beſtimmt das Vorhandenſein eines ſolchen in Abrede geſtellt hatte. Betroffen blickte er auf bei dem Anblick des Dokumentes und eine düſtere Ahnung ſagte ihm, daß die erhoffte Erb- ſchaft ſeiner Töchter doch wohl nicht ſo ganz ſeſt⸗ ſtehen dürfte. Olga war geradezu empört über die verſtorbene Tante, als ſie von dem Codizell erfuhr. „Alſo deshalb wird dies Märchen von Groß⸗ mutter und Enkelin aufgetiſcht,“ rief ſie wütend, um bei der Erbſchaft im trüben zu fiſchen. Welche niedere Geſinnung von dieſer ſogenannten Comteß!“ Aber es giebt noch Recht und Geſetze in der Wielt und kein Menſch ſoll unſere Anſprüche um⸗ ſtoßen!“ ö „Sei nicht thöricht, Olga,, beſchwichtigte ihr Vater. „Tante Peltſch hatte wirklich einen Sohn und Tagelohns gewöhnlicher Tagarbeiter zu verdienen) ſo ſſt dieſe Perſon überhaupt nicht verſicherungs⸗ pflichtig und es kann ein Rentenanſpruch weder von ihr noch von dem Armenverband erhoben werden. Anzumelden iſt der Anſpruch auf Altersrente bei dem für den Wohnort des Verſicherten zuſtän⸗ digen Bezirksamt und zwar ſchriftlich oder zu Pro⸗ tokoll; doch kann der Verſicherte zu dieſem Zwecke auch die Vermittelung der Gemeindebehörde, in deren Bezirk er ſich aufhält oder beſchäftigt iſt, in An⸗ ſpruch nehmen. Hat der Verſicherte keinen Wohnort im Reichsgebiet, ſo iſt der Ort der letzten verſich⸗ erungspflichtigen Beſchäftigung als maßgebend zu betrachten. Dem Antrage auf G-währung der Al⸗ tersrente find beizufügen, die Quittungskarte des Perſicherten und die ſonſtigen zur Begründung des Anſpruchs dienenden Beweisſtücke. Die vorzu⸗ legende Quittungskarte iſt diejenige, welche der Verſicherte in Händen, bezw. nach 8 18 der Ver⸗ ordnung des Miniſteriums des Innern bei der mit dem Einzug der Verſicherungsbeiträge betrauten Krankenkaſſe hinterlegt hat, alſo die letzte ihm aus⸗ geſtellte Karte (denn die früheren werden beim Um⸗ tauſch von der Gemeindebehörde zurückbehalten, auf⸗ gerechnet und der zuſtändigen Verſicherungsanſtalt eingeſandt); nur bei denjenigen bereits volle 70 Jahre alten Perſonen, welche auf Grund des 8 157 des Geſetzes ſchon jezt den Auſpruch auf Al⸗ tersrente erheben können, iſt dieſe Quittungskarte zugleich die erſte und die letzte. Hinſichtlich dieſer Perſonen könnte es nach dem Geſetze zweifelhaft ſein, ob ſie ihrem Antrag auf Gewährung der Altersrente überhaupt eine Quittungskarte anzu⸗ schließen haben. Da aber unter „Verficherten“ (S 157 des Geſ.) wohl nur ſolche Perſonen zu —— ——— wenn bewieſen wird, daß Ruth Berger deſſen Tochter iſt, dann kann niemand ſie für eine Beträ⸗ gerin erklären!“ „In meinen Augen bleibt ſie immer eine ſolche, ſchrie Olga maßlos heftig, „ſie hat mit ab⸗ geſeimten C quetterie verſucht, Egon mir ab pinſtig zu machen, was an ſeiner Traue ſcheiterte'!“ Hier⸗ bei machte, der in der Fenſterniſche lehnende Ver⸗ lobte eine zuckende Bewegung. „Nun möchte ſie uns auch Tantes Reichthum entreißen, damit wir nicht heiraten konnen,“ fuhr Olga entrüſtet fort. „O, es iſt eine Komödiantin und Inttigantin im boͤchſten Maße und ich be⸗ greife nicht, daß Betiy ſo vertraut mit ihr ſein kann.“ — Endlich war der Termin der Teſtamentseröff⸗ nung erſchienen und die ganze Verſammlung im G krichtsſaale anweſend. Auch Friedrich Berger und ſeine Enkelin hatten die Aufforderung erhalten zu erſcheinen und Arnold war als Beiſtand des erſteren mitgekommen. Olgas Wuth und Entrüſtung war kaum zu mäßigen, als ſie die verhaßte Ruth in tieſſter Trauer ſitzen ſah und ihr Vater bemühte ſich voller Angſt vor dem, was nun kommen werde, ſie zu beruhigen. Egon ſaß hinter ſeiner Verlobten und wendete doch kein Auge von Ruth, obſchon Arnold ihn mehrere Male durchdringend anſah, als wollte er gegen dieſe Zudringlichkeit vorgehen. F. f.