Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs⸗ blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. Für die Redaktion derantwortlich: Karl Molitor, Ladenburg. Anzeigen: die 1⸗ſpaltige Corpus⸗Zeile oder deren Raum 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pf Cotpuszeile. Reclamen 20 Pfg. Druck und Verlag von Karl Molitor, Ladenburg. Mittwoch den 21. Januar 1891 Nr. 6. Politiſches. Ladenburg, 19. Jan. Die Reihe der dies⸗ am Sonnabend durch das vom Kaiſer abgehaltene Kapitel des Schwarzen Adlerordens eröffnet worden. Bei demſelben wurden die ſejt dem letzten Capitel neuetnannten Ritter dieſes höchſten preußiſchen Ordens in aller Form durch den erlauchten Groß⸗ meiſter in den Orden aufgenommen, unter Ihnen befand ſich auch der Rl ichskanzler General v Cap⸗ ribi. Am Sonntag folgte das große Keönungs⸗ und Ordensfeſt, deſſen Feier ſich in den herkömmlichen inden Formen bewegte, Den eigentlichen Glanz- und dden. Höhepunkt der diesmal gen Berliner Hoffeſtlichkeiten Loge ? wund der große Subſpe ptonsball am 6. Februar 1 103 biulden, während die nächſten Feſtlichkeiten die Taufe l des jüngſtgeborenen laiſerlichen Prinzen am 26. Januar und die G burtsfeier des Kaiſers am 27. d. M. erſcheinen. Letzter wird in einer Gratulations⸗ cour am Vormittag, in einer Familientafel am Nachmittag und Abends in einer Galavorſtellung 0 im feftlich erleuchteten Opernhauſe beſtehen. Nan 1 J — Der viertägige Redrkampf im Reichstage über die Zollfrage hat am Freitag mit Ablehnung der ſozialdemokratiſch⸗freiſinnigen Anträge auf Auf⸗ hebung, reſp. Herabsetzung der wichtigſten Zoͤlle ge⸗ endet, ein Ergebnis, welches nach dem Verlaufe der Verhandlungen allerdings vorauszuſehen war. Die Abſt mmung erfolgte durch Namensauftuf und er⸗ gab ſie 210 gegen und 106 Ssimmen (Feeifinnige, Volkspartei, Sozialdemokraten und 3 Nationalliberale) für die Anträge, ſoweit ſie von Freifinniger Seite ſtammten. Der radikale Antrag der Sozialdemokraten auf die einfache Aufhebung der Getreide uſw. Zölle war ſchon vorher durch Ablehnung der Reſolulion Singer, den ſozialiſtiſchen Antrag der Budgetkom erke, allen jährigen Winterfeſtlichkeiten am Berliner Hofe iſt miſion zu überweiſen, gefallen. Dieſem negativen Ergebnſſſe der 4tägigen Verhandlungen, ging am Freitag eine nochmalge Debate voraus. in welcher einerſeits die Redner des Centrums und der Kon⸗ ſervativben wiederum für die Beibehaltung der heuti⸗ gen deutſchen Schutz olle energiſch eintraten, währ⸗ end auf der andern Seſte der Sozialdemokrat Schultze ebenſo entſchieden für deren Beſeiltigung plaidirte Nachdem noch einige abgeordnete feſtgeſtellt hatten, daß ſie trotz ihrer Meldung nicht zum Worte ge⸗ langt ſeien, erhielten das Schluß wort für di ge⸗ geſtellten Anttäge die Abgeordneten Schuhmacher (boe.⸗dem.) und Eugen Rechter. Der Führer der Freifinnigen ſprach nochmals in längerer Rede und in der ihm eigenen ſcharfen Weiſe gegen die heu⸗ tige Zollpolitik in Deutſchland, dabei aber auch nach anderen Gebieten Vorſtöße unternehmend. Ein Kreuzfeuer persönlicher Bemerkungen ſchloß ſich an die eigentliche D seuſſion an. — Der 20. Gedenktag der Wiederaufrichtung des deutſchen Reiches iſt am Sonntag, teilweiſe ſchon am Vorabend, an überaus zahlreichen Orten unſeres großen Vaterlandes feſtlich begangen wor⸗ den. Es liegt hierin ein neuer erfreulicher Beweis, wie kräftig der Reichsgedanke in weiten Schichten des deutſchen Volkes fortlebt. — In Rußland wendet man ſich dem in Weſteuropa ſchon längſt beliebten Convertiren von Anleihen zu. Am 16. Januar iſt ein kaiſerlicher Utas erſchienen, welcher die ſchon erwarttte Um⸗ wandlung der 5 ½ prozentiſchen ruſſiſchen Conſols von 1875 in 4prozentige aus pricht und die nötigen Ausführungsbeſtimmungen enthält. Die Verzinſung der alten Conſols hört mit dem 1. Mai d. J. auf Der Geſamtbetrag der neuen Conſols beläuft fich auf 80 Mill. Rubel. — Berlin, 17. Jan. Die Verordnung, wonach die Depeſchen⸗Gebühr vom 1. Februar an nur 5 Pfg. pio Wort und der Mimnimalſotz nur 50 Pfg. beträgt, iſt bereits im Reichsanzeiger er⸗ ſchienen. In Baiern tritt vom 1. Februar die gleiche Ermäßigung ein. (Be ſpielsweiſe koſtet eine Depeſche von 16 Worten nicht mehr 1 Mark, wie bisher, ſondern nur noch 80 Pfg.) — Berlin, 17. Jan. Anläßlich des heu⸗ tigen achtzigſten Geburtstages Windthorſt's fand Morgens in der Hedwigskirche eine zahlteichſt be⸗ ſuchte ſtile Meſſe ſtatt, im Laufe des Vormittags traſen zahlreiche Glückwünſche und Geſchenke von nah und fern in der Wohnung Windthorſt's ein. Nachmittags findet ein von der C ntrumsfraktion veranſtaltetes Eſſen im Kaiſerhof ſtatt. Verſchiedeues Mannheim, 19. Jan. Eine Abtei ung der in Kehl garniſonirenden Peonierabteilung be⸗ ſtehend aus 20 Soldaten, 4 Unteroffizeren und 1 Off zier find geſtern hier eingetroffen, um Eis⸗ ſprengungen auf dem Neckar vorzunehmen. — Auf telegrophiſchen Befehl des Commandos des 11. Ar. meekorps wurden in der Nacht von Freitag auf Samſtag die in Kaſtel garniſoniren Pioniere allar⸗ mirt und eine Abteilung marſchbereit gemacht um zu Eisſprengungen an der Loreley abzurücken Mehrere rheiniſche Gemeinde behörden haben dieſe militäriſche Hilfe auf telegraph ſchem Wege erbeten, weil ſie beim Aufgehen des Reines große Gefahr befürchten. — Aus Baden. Die Gründung eines Eiſenbahntarifreformvereins, deſſen Zweck haupt⸗ ſächlich die Einführung des Zonentarifs iſt, iſt in Maunheim in Ausſicht genommen. Der Jahres⸗ beitrag iſt anf 1 M. bemeſſen. Unter⸗ ie Be ommen, Im Vanne des Blutes ikalien 15 1 Roman von H. von Ziegler. ſorgt! 18. Die eine der Seitenthüren ward in dieſem Moment jäh geöffnet und Gräfin Ylſch, der ſoeben dies herbe Ucteil gegolten, trat in das Zimmer. Sie fah bleich und Übernächtig aus und als gewahrte, da fühlte ſie ihr Herz vor Angſt erbeben denn wenn dieſer kam, Ruth zu holen, daun mußte ſie das Mädchen ziehen laſſen; er war ſtark und unbeugſam wie ein Fels. Ja, das waren dieſelben ſtrengen Augen, die einſt der Gräſin entgegenge⸗ ſprüht in hellem Zorn, als ſie die Enkelin anerken⸗ nen wollte. Dieſalbe kühle Stimme klang ihr j tzt entgegen, als Arnold ſprach: Gräfin meine Couſſe abzuholen und zugleich jenen Mann vor meine Waffe zu fordern, der ſo bböſe mit dem Herzen meiner Coufine geipült.“ „Sie meinen Egon von Hohenſt in? Er iſt vor einer Stunde abgereiſt, da er von einem Freunde fortgerufen wurde,“ erwiederte die Gräfin möͤglichſt inhig. „It mißbelige das Verhalten des Barons von Hohenſtein in vollem Maße.“ „Ach, Herr Berger, ſeien Sie barmherzig, laſſen Sie mir die Kleine!“ flehte dann mit einem ihr Blick den ernſten Mann dort neben Ruth ſtehend „Ich komme, Frau Male die Dame und ſie griff nach ſeiner Hand, um ſie bittend zu drücken, „ich habe Ruth lieb wie niemand ſonſt und will an ihr wieder gut machen, was Hohenſtein und — ich einſt an ihr verſchul⸗ deten: Ich möchte mit Ruth nach Frankreich und Ilalien reiſen, um dort in jenen herrlichen Ländern ihr Herzeleid vergeſſen zu machen. Ich mochte..“ Ich bedauere, Frau Gräfin, dieſes ſonſt ja ſehr ehrende Anerbicten einfach ablehnen zu müſſen,“ unterbrach Arnold die Dame mit derſelben kalten Stimme wie d omals, „meine arme Coufine iſt geiſtig und lörp erlich wohl zu ſehr von all dem Unrecht mitgenommen, daß man ihr hier anzuthun wagte, und muß ſich bei uns im Norderhof erholen. Ich reiſe noch heute mit ihr dahin ab!“ „Alio unerbittlich find Sie, mein Herr!“ ſagte die Gräfin traurig, „jo, ja — es gibt kein Erbarmen in der Welt!“ „Nein — ſelbſt nicht Mitleid für das hülf⸗ loſe Kind eines Sterbenden, der doch noch — nahe Anrechte auf das Herz einer gewiſſen Dame beſaß!“ erklältte Arnold bitter. „Somit darf ich wohl bitten, uns zu entloſſen!“ Graͤfia Miſch war zuſam mengezuckt als ſeien Arnolds Worte Peitſchenhjebe. Alle Farbe wich aus dem feinen Geſicht der Dame und mit weit geöffneten Augen, die Hände ineinander verſchlungen ſtarrte ſie den Sprecher an. „Sie haben — ein gutes Gedächtniß! Es ſind dreiz'hn Jahre ſeit jenem Tag verfloſſen!“ ſagte die Gräfin dann tonlos. Und ſie eilte voll ungetümer Zärtlichkeit auf Ruth zu, umarmte und küßte ſie und flüſterte ihr liebevolle Abſchiedsworte zu; danu wandte ſie ſich zum letzten Male zu Arnold, welcher dabeiſtand mit einem Geſichtsausdruck, als wolle er Ruth aus den Armen der Gräfin reißen, uno frug bebend, bei⸗ nah demütig fl hend: „Wollen Ste mir eins verſprechen, Herr Ber⸗ ger! Wenn ich einſt in der Stunde meines Todes Ruth zu mir ruf“, daß ſie All⸗s, Alles erfahren und mir die Augen zudrücken ſoll, dann bitte ich Sie, daß Sie ncht dazwischen treten? Schwhren Sie mir das zu!“ Sie blickte angſtooll zu ihm auf, die Hände flehend über die Bruſt gekreuzt, und Arnold fand ein leiſes Mitleid mit dieſer ſtolzen Frau, wache ſich ſo tief demütigte wie eine hilflose, ihn zu bitten. „Es mag ſo ſein. Frau Gäfin. Im Tode löſcht alle Schuld und aller Groll aus!“ ſagte Ac⸗ nold dann ruhig und verließ mit Ruth das Haus. Wortlos ſaß Ruth an Arnolds Seite in dem dahinbrauſenden Schnellzug, der ſie noch heute Abend an das Ziel ihrer Fahrt bringen ſollte. Erſt vier⸗ undzwanzig Stunden waren veifloſſen, daß ſie vom Gipfel ſchwindelndſten Glückes herabgeſchleudert wor⸗