blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. Für die Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, — — Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltung Ladenburg. 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. Druck und Verlag von Karl Molitor, Ladenburg. Samstag den 17. Januar Corpuszeile. Reclamen 20 Pfg. 1891 Nr. 5 Polkitiſches. — Ladenburg, 16. Januar. Der Kaiſer ſtattete am Dienſtag der Stadt Swinemünde, dem i dl auf der Inſel Uſedom gelegenen Vorhafen von Gun! Stettin, einen Beſuch behufs Beſichtigung der Eis⸗ dtund, li verhältn ſſe des Haffs ab. Nachmittags 5 Uhr traf ob Men der hohe Herr an Bord des Eisbrechers „Berlin“ ett Aft gefolgt von den Eisbrechern „Stettin“ und „Swi⸗ g un! nemünde“, von Swinemünde in Stettin ein, von 5 dem am Hafen verſammelten Publikum jubelnd be⸗ U grüßt. Um halb 6 Ühe trat der Kaiſer die Rückreiſe nach Berlin an. — Auch für den Reichstag find nunmehr die Freuden der Weihnachtsferien zu Ende und hat er am Dienſtag ſeine Arbeiten wieder aufgenommen. Auf der Tagesordnung ſtand die erſtmalige Berat⸗ auf Aufhebung der Getreide⸗, Vieh⸗ und Fleiſchzölle womit die erſte Leſung des Antrages der Freiſinni⸗ en, die Nornzölle vorerſt zu ermäßigen, die Zucker⸗ aterialſtener aufzuheben und die Privilegien der renner bei der Verbrauchsabgabe für Branntwein zu beſeitigen, verbunden war. Gleich zu Beginn der ebatte ergriff der Reichskanzler v. Caprivi das en. Wort zu der Erklärung, daß die verbündeten Re⸗ 5 1 gierungen die Bedeutung der geſtellten Anträge für E 5 ie wirtſchaftlicht Lage der Nation anerkannten. N ann verwies der Reichskanzler auf die eingeleiteten — erhandlungen behufs Abſchluſſes eines deutſch⸗öſter⸗ reichiſchen Haadelsvertrages und ſprach die Hoffnung auf einen erſprießlichen Ausgang der Verhandlungen aus, ohne ſich indeſſen auf Näheres einzuloſſen. Weiter erklärte Herr v. Caprivi, den Regierungenliegen die Sorge für die Erleichterung der Volksernährung ebenſo am Herzen wie irgendeiner Partei, hierbei auf die in Deutſchland eingetretenen Im Banne des Blutes Roman von H. von Ziegler. 17. ter und Ruth begann von Neuem zu ſchluchzen, i aber es war doch jemand bei ihr, der ſie bedauerte und nicht mit Verachtung behandelte! „Ich will fort,“ ſtieß ſie außer ſich hervor, och heute! O wäre ich doch nie von Großpapa egangen; Arnold hatte Recht, es iſt nur Elend us dieſer Reiſe gelommen. Ich will ihm tele⸗ raphieren — er ſoll mich nach Hauſe holen, wo fie mich lieb haben.“ Und nun erzählte ſie alles! dem Mannöver zuerſt kennen gelernt und ihn vom Anbeginn geliebt habe, wie er ihr den Hof gemacht und ihr endlich heute in dem Briefe, den ſie ihm zurückgegeben, ſeine Liebe geſtanden. O, ſie gedacht, nun ſei alles gut; nun werde er bel dem ſein Weib! Aber, daß er einer Anderen gehöre, Olga, die ſie ſtets gehaßt und ihr immer gezeigt 25 wie tief ſie unter iht ſtehe hätte Rath nicht ge ahnt. „Komm mit mir, meine arme Ruth, wir wollen fort von hier,“ ſchmeichelte Gräfin Peltſch, die ung des Anttages der ſozialdemokratiſchen Fraktion berbündeten — wehe dann beiden! Das dunkle Lackenköpfchen ſank an ihre Schul⸗ Wie fie Egon bei hatte Großvater um ſie werben und ſie heimführen als Erleichterungen der Fleiſchverſorgung hinweiſend, er betonte aber zugleich, daß die Regierungen in erſter Linie für das Gedeihen der Landwirtſchaft ſorgen müßten, da dieſelb' für den Staat in höͤchſter Be⸗ deutung ſei. Im Uebrigen ließ ſich aus den Worten des Kanzlers nicht erkennen, welche Stellung die Reichs regierung den erwähnten Anträgen gegenüber annimmt. Der erſte Redner aus dem Hauſe war der Sozialdemokrat Schumacher, welcher den Antrag ſeiner Partei in maßvoller Form begründete, ohne freilich etwas ſonderlich Neues vorzubringen, Ihm folgte Eugen Richter mit einer längeren Rede in welcher er den Antrag der freifinnigen Partei be⸗ gründete ſich hierbei in ausgedehnten zoll⸗ und handelspolitiſchen Betrachtungen ergehend. Nament⸗ öſterreichiſchen Handelsvertragsvethandlungen aus und bei dieſer Gelegenheit unternahm Herr Richter auch einen ſcharfen Vorſtoß gegen den Flülrſten Bismarck, demſelben vorwerfend, daß er von Fried⸗ richsruh aus „ publiciſtiſchen Unfug“ treibe. Die Darlegungen des freiſianigen Redners gipfelten in dem Verlangen, daß man in Deutſchland baldigſt zu der bis 1879 maßgebend geweſenen Zollpolitik zu⸗ rückkehren möge. Die beiden nächſten Redner, der Konſervative Lutz und der Centrumsabgeordnete v. Schalſcha, vertheidigten entſchieden die Schußzpolitik Deutſchlands und erklärte letzterer offen, daß ſeine politiſchen Freunde gegen die ſozial⸗ demoktratiſche freifinnigen Anträge ſtimmen würden. Zuletzt ſprach noch der Nationalliberale Dr. Buhl, welcher zu ächſt ſein Bedauern über die Angriffe des Abg. Richter auf Bismarck ausdrückte und dann ausführte, er werde dagegen ſtmmen, da ſie den Intereſſe des kleinen Grundbeſitz 3 zuwieder⸗ 9 Am 3 wurde die Debate von dieſem — — Thränen des armen Mädchens Nö „er iſt ein Elender, der Deines reinen Herzens gar nicht wert iſt. Er wirbt um Olga, weil er meint, ſie ſei meine Erbin, und wenn er eines Tages merkt, daß er ſich getäuſcht, dann kommt die Strafe — und Du wirſt am beſten gerächt ſein und durch das Elend, welches ſich die heuchler⸗ iſchen Seelen ſelbſt bereiteten!“ „Nein, Frau G eäfin, ich kann nicht bei Ihnen bleiben,“ flehte Ruth und ein unſaͤglich jammer⸗ voller Blick ihrer Augen traf die alte Dame, „ich kann noch nicht in die große Welt mit dem wunden Herzen hinausgehen, ich muß erſt geneſen auf dem ſtillen Norderhof. Laſſen Sie mich an Arnold — telegrophie ren!“ , Nicht an ihn,“ haßt mich und uns alle, um — einer Sache aus der Vergangenheit willen.“ „Aber Arnold iſt edel und vorurteilsfrei,“ beteuerte Ruth, ſich aufrichtend, „und wenn ich ihn rufe, ſo kommt er ohne Zögern.“ ö „Mein Kind, meine Ruth,“ rief die Dame außer ſich, „nein, ich kann Dich nicht laſſen! Du biſt mein — mein Enkelkind!“ „Ich habe keine Großmutter.“ ſagte Ruth wehmütig und die furchtbare W'ökung dieſer wenigen Worte nicht ahnend. Die Glafin taumelte zurück als habe ein Keulenſchlag ſie getroffen und ſchrie jammernd auf. * Gegenſtand vom Reichstage fortg⸗ſetzt. — Mit dieſem Sonntag iſt abermals ein er⸗ hebender patriotiſcher Gedenktag für das deutſche Volk herangenaht, denn am diesmaligen 18 Januar vollenden ſich zwanzig Jahre, daß König W̃lhelm I. von Preußen in jener denkwürdigen Verſammlung in der Spiegelgallerie des Verſajller Schloſſes zum deutſchen Kaiſer ausgerufrn wurde. Mit dieſer welt⸗ hiſtoriſchen Handlung erfüllte ſich der lange Sehn⸗ ſuchtstraum der deutſchn Stämme von einem nationalen deutſchen Kaiſerreiche mit einem Schlage, es war wieder ein deutſch's Reich geſchaffen, glänz⸗ ender und mächtiger als es ſelbſt die wärmſten Patrioten zu hoffen gewagt hatten. Und herrlich hat ſſich das neue Reich in dieſen zwanzig Jahren wei⸗ lich ließ ſich der freifianige Führer über die deutſch⸗ terentwickelt, trotz aller Stürme und Erſchütterungen von denen das junge Staatsweſen ja nicht ver⸗ ſchont blieb und vor Allem hat es veiſtonden, fich ſeinen maßgebenden Plotz im Rathe der Völker Europas zu wahren. Möge die 20 jährigen Gedenk⸗ feier der Wirbererrichtung des deutfſchen Reiches da⸗ — Am Dienſtag franzöfiſchen Deputirtenkammer bisherige zu beitragen, die Liebe und Treue zu Kaiſer und Reich in allen Schichten unſerer Nation erneut zu feſtigen und zu vertiefen! iſt die neue Seſſion der mit einem bemerk⸗ enswerten Akt ſoz alpolitiſcher Natur eröffnet wor⸗ den. Der. franzöfiſche Botſchaſter in Berlin, Herb'tte, legte den von ihm ausgearbeiteten Bericht über die Arbeitsverhältniſſe in Deutſchland vor. Derſelbe ent⸗ wandte die Gräfin ein, „er 1 hält einen Ueberblick über die Stellung der deutſchen Regierung zur Arbeiterfrage, über die ſazialdemo⸗ kratiſche Bewegung, über die wirtſchaftliche Lage des deutſchen Arbeiters, über die Lebensmittelpreiſe und die Löhne in Deutſchland uſw. Herr Herbette zieht hierbei einen Vergleich zwiſchen der Lage des ———— Als gleich 8 auf Ruths Klingeln die Kammerfrau hereinſtürzte, log die Gräfin bewußt⸗ los und man mußte fie ſogleich zu Bett ſcheffen. Ruth aber ſaß in ihrem Zemmer, den ſchmerzenden Kopf in die Hand geſtützt; das Telegramm war abgefandt, morgen Mittag kam Arnold ſie abzuholen! O wenn doch die Zeit Flügel hätte, wie bleiern ſte heute dem jungen Mädchen däuchte! Fort von hier! Die Liebe, welche ſo plotzlich in ihr erwacht, war nun ebenſo raſch geſtorben — für immer! Sie konnte den Mann nicht mehr lieben, den ſie ſo tief verachten gelernt. Wenn nur Arnold da wäre, dachte immer und immer wieder das unglückliche Mädchen. Und er tam. Als man Arnold das Telegramm brachte, wel⸗ ches die wenigen Worte enthielt: „Komme, bin ſehr unglücklich, Reth.“ Da ſprang er auf, als habe ihn ein Dolchſtoß verwundet, bleich wie der Tod eilte er auf den Hof und befahl den Wagen anzuſpannen. Der Großvater ſtand ruhig im Hofe und wandte ſich dem Enkel zu, der ihm das ſoeben er⸗ haltene Telegramm Ruths zeigte. „Ich muß ſie holen,“ ſagte der junge Mann tonlos, „das arme Mädchen bedarf eines Beichützers.“ Friedrich Birger las wiederholt die wenigen Worte des Telegramms und ſchüttelte dann ſorgen⸗ voll das graue Haupt. „Meine arme Ruth!“