Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs⸗ 5 blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. Für die Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, Ladenburg. 2. Januar Samskag den Anzeigen: die 1. ſpaltige Corpus⸗Zeile oder deren Naum 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. Corpuszeile. Reclamen 20 Pfg. Druck und Verlag von Karl Molitor, Ladenburg. 1891 Nr. 1 Pokitiſches. Ladenburg, 2. Januar. Das neue Jahr in das wir bereits eingetreten ſind, wird aller Vor⸗ ausſicht nach trotz fortgeſetzter Kriegsrüſtungen und geſteigerter Racen⸗ und Klaſſenkämpfe ein Friedens ⸗ ahr ſein, Die inneren Schwierigkeiten, mit denen den letzten Jahren die meiſten europäiſchen Staaten mehr als in früherer Zeit zu kämpfen ge⸗ habt haben, werden ſich unzweifelhaft mehren, der Zündſtoff wird, zumal in allen den großen Centren des Handels und der Induſtrie, wo die offenen und verſteckten Anhänger der Sozial ⸗ revolution die Arbeitermaſſen für ihre Pläne zu gewinnen ſuchen, noch maſſenhafter als bisher auf⸗ gehäuft werden, aber gleichwohl haben wir keine Exploſion zu befürchten, weil jedweder Verſuch einer rebolutionären Schilderhebung ſowohl an dem ge⸗ ſunden Sinn der Bevölkerung, als an der Organi⸗ ſallon der Staats gewalt ſcheitern würde, die auf alle Enventualitäten hinreichend vorbereitet iſt. Eben⸗ ſowenig haben wir eine Störung des Weltfriedens zu befürchten, denn, das Jahr 1891 wird uns bezüglich ſeiner Haltung der beiden ſich gegenüber⸗ ſtehenden Gruppen der Großmächte keine Veränder⸗ ung bringen. Die Tripelallianz zur Auflöſung zu bringen, iſt auch für die nächſte Zukunft ein ganz vergebliches Beginnen und was die intimen Be⸗ ziehungen zwiſchen Rußland und Frankreich anlangt ſo werden dieſelben ficherlich fortdauern, ſo lange die Tripelallianz beſtehen bleibt. Frankreich will den Frieden, nicht nur, weil es fich nicht ſtark genug fühlt, eine kriegeriſche Action mit Ausſicht auf Er⸗ folg zu unternehmen, ſondern weil ihm die Sicher⸗ heit gegeben iſt, daß es die ihm geſtellten Aufgaben in Nordafrika und in Tonkinz ur Erfüllung bringen kann, was ihm nicht nur eine Befeſtigung ſeines — Im Vanne des Blutes Roman von H. von Ziegler. Dieſes Mal lugte bei der Ankunft Hohenſteins ein andrer Kopf hinter der Gardine hervor. Ruths ſchöne, braune Augen ruhten bꝛwundernd auf dem eleganten Reiter, der nun leicht und ficher abſprang und dem Burſchen ſein Pferd Übetgab. „Wle gut er ausfiehl,“ murmeltr ſie vor ſich hin „und wie elegant er reitet!“ — Draußen auf den Trepp nſtuſen verhollten die Sporenklänge, eine Thür ſchlug zu und hoch auf⸗ athmend glitt Ruth auf ihr Plüſchſopha, um ein⸗ mal ſo recht über alles, was ihr Herz bewegte, nachzudenken. i 5 Dann ſchnellte fie in die Höhe, gr ff. nach Feder und Tinte und ſchrieb ein jubelndes Billet an Betiy Hohenſtein mit dem Refrain: „Ich komme!“ — Und drüben in ſeiner Stube ſaß Arnold Ber- ger am Schreibtiſche, aber er vermochte nicht zu ache ten, denn immer von Neuem ſtiegen die qual⸗ vollſten Gedanken in ihm auf. O, wären nur eiſt die Manbvertage vorüber und jener gefährliche rsjünger ſortgerit ann konnte ja alles, alles ſeiner Machtſtellung in Europa, . Colonialbeſitzes, ſondern überhaupt eine Verſtärkung namentlich im Mittelmeer, einbringen wird, Rußland andererſeits zieht den größten Vorteil aus der Fortdauer des Weltfriedens, weil es unter der Herrſchaſt deſſelben die mit Rückſichtsloſigkeit begonnenen Rufſ fie rungs⸗ pläne in Finland den baltiſchen Provinzen und in dem ſogenannten Congreßpolen zur Ausführung ver ⸗ bringen kann. Rußland wird deshalb nach keiner Seite hin weder im Orient noch im Oceident aus ſeiner Reſerve hergustreten. Auch die Vereinigten Staaten Nordamerikas, deren heutigen Staatsmännern man Pläne bezüglich einer Gebietserweiterung im Nordweſten Amerikas unterſchiebt, bedürfen noch zu ſehr einer Verſtärkung ihrer maritimen Macht, als daß ſie ſchon in den nächſten Jahren einen ernſten Conflikt mit Großbritanien herbeizuführen trachten könnten. Die Fortdauer der Segnungen des Weldfriedens bleibt uns alſo geſichert und Deutſch⸗ land wird durch Nichts in der Durchführung ſeiner Reformpläne im Sinne einer ausgleichenden Gerech⸗ tigkeit und einer weſentlichen Verbeſſꝛrung der Lage dec Arbe terbevölkerung und der ärmeren Volks⸗ ſchichten geſtört werden. Wir dürfen in vollſter Ruhe der Entwickelung während des laufenden Jahres entgegenſehen, und unſere Leſer haben alle Ucſache das neue Jahr friſch und fröhlich zu be⸗ ginnen. — Berlin, 30. Dez. Ernſte Kämpfe ſcheinen für die Franzoſen am Senagel bevorzuſtehen. Unterm 18. d. M. wird von dort gemeldet: Die Ermord⸗ ung des Scheiks Ahmodon beſtimmte Baſſiren, Bruder des Verſtorbenen, der ſich Frankreich anſchli⸗ßen wollte, ſeine Haltung zu ändern. Er ſandte 900 Tuculeurs nach dem einige Kilometer von Kania⸗ kary gelegenen Dorfe Näliba. Eine von Kaniakary noch gut werden! So dachte Arnold und ſeufzte tief. a Großvaters Lieblingswunſch, den er auch in ſeinen Briefen ſo oft ausgeſprochen, beſtand ja in einer Verbindung der beiden geliebten Enkel“ Sollte doch der Norderhof dann in der Familie bleiben und das Andenken Friedrich Bergers nicht freue mich unendlich, Dich als glückliche Braut zum vergehen! Langſam legte der ernſte junge Mann die Richte über die Augen. Ach, dieſes lichtvolle Glück hatte ihm ja all' die Jahre her ſchon gewinkt und glückliche Braut. geleuchtet, aber nun ſchien es zu verblaſſen und zu v fliegen wie ein Trugbild. „Zu ſpät — zu ſpät!“ murmelte dann Arnold wieder. Bahnhof der R ſidenz am Nachm ttag eines ſchönen Oktobertages ein. Aus dem Fenſter eines Damen⸗ couples beugte ſich ein reizender Mädchenkopf ſuchend hervor und nickte eifrig, als er die gewünſchte Perſon gefunden. „Ruth, meine liebe Ruth ſei mir tauſendmal willkommen “ erklang es von den uppen der glücklichen Braut, Betiy von Hohenſtein. Als der Zug hielt, war Ruth Berger leicht⸗ füßig aus dem Wagen geſprungen und in dik Arme der Freundin geeilt, welche ſelbſt gekommen war, ſie abzuholen. Handſchlag dann fuhren alle drei abgeſandte. aus Spahis beſtehende Truppenabtei⸗ lung brachte den Tuculärs aber eine Niederlage, bel. Dieſelben ergriffen die Flucht und ließen die von ihnen erbeuteten Frauen und eine größere Anzahl von Leichen auf dem Kampfplotz zurück. Den Fran⸗ zoſen wurde von den Hilfstruppen ein Mann ge⸗ tödtet und 5 verwundet. Die Abſendung einer Kompagnie Scharfſchützen nach Majam verhinderte bis jtzt die Häuptlinge von Dango, von den Fran⸗ zoſen abzufallen. Sie ſollen ſich ſogar dazu ver⸗ ſtehen wollen, ſich am Feldzug gegen Abdul⸗Bubakar zufbeteiligen. Der Oberſt Archinard, Oberkomman⸗ dant im Sudan, hat Kaye verlaſſen, um ſeinen Feldzug gegen den Ex⸗Sultan von Segu zu be⸗ ginnen. Derſelbe befindet ſich in Niort, wo er 15000 Mann zuſammengezogen hat. Man glaubt, daß der Kampf ein ſehr heißer werden wird, da die Leute des Ex⸗Sultans alle von einem glühen⸗ den Haß gegen Frankreich beſeelt ſein ſollen. Verſchiedenes. Ladenburg, 1. Januar. Die bekannte älteſte Annoncen⸗Expedition Haaſenſtein & Vogler A.-G. verſendet ſoeben an die Inſerenten die 25. (Jubiläums)⸗Auflage ihres elegant ausgeſtatteten Notiz⸗Kalender und Zeitungs⸗Katalog für das Jahr 1891. Derſelbe bringt zunächſt einen für alle Tage des Jahres berechneten Notizkalender und verzeichnet ſodann auf 142 Seiten die in der ganzen Welt erſcheinenden politiſchen Blätter, Fachzeitſchriften Adreßbücher, Kalender etc. in muſterhafter Anord⸗ nung; bei den Zeitungen mit Angabe der Avoflage, Erſcheinungsweiſe, Spaltenbreite und Zeilenpreiſe für den Annoncen und Rö ckamenteil, bei den Städten mit Vermerk der Einwohnerzahl. Der Reihenfolge nach finden wir alle Länder der Welt angeführt und ſelbſt die entlegenſten nicht vergeſſen, die Fach⸗ Welche Freude haſt Du mir und meinem Bräutigam mit Deinem Kommen gemacht!“ rief Betty von Hohenſtein herzlich, ich konnte mir wirklich die Hochzeit ohne Dich gar nicht denken!“ „Ja, meine liebe Betty,“ erwiederte Ruth fröhlich, „ich bin Großpapa auch ſehr dankbar, daß er mich zu Deiner Hochzeit reiſen ließ, und ich Altare geleiten zu können. Wir haben noch ſehr viel zu plaudern ehe ich Dich verliere!“ „Wie traurig das klingt!“ ſchmollte die Du wirſt mich durch meine Ver⸗ heiratung nicht ganz verlieren“ Sieh, da kommt Eugen, mein Bräutigam, um Dich zu begrüßen; er wücde fich über Deine Worte ſehr freuen, wenn er ſie gehört hätte.“ a Landrat von Halden trat heran und begrüßte die Freundin ſeiner Braut mit einem heizlichen in die Stadt, lebhaft plaudernd und lachend. „Vetter Egon hat mir auch Grüße von Dir gebracht,“ ſagte Betty; „er war als Fähnrich noch ein g treuer Veehrer von mir, ſpäter aber mußte er doch in den Schatten zurücktreten.“ „Weil der Rechte gekommen war,“ Ruth, ſcherzend mit dem Finger drohend. 5 „Ach, Unverlobte verſtehen davon nichts!“ rief Betty übermütig und ſchob verſtohlen ihre Hand in die des Bräutigams. „Eile nur, bald meinem 1 8 8 8 9