blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. Aae die Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, . Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. Mels vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs⸗ Ladenburg, 15 1 Nr. 95. Pofit f ges. Jadenburg. 27. Novbr. In den letzten agen find erneute Gerüchte über den Plan einer Permaßtung des Großfürſten ⸗Thronfolgers von Rußland und der Prinzeſſin Margarethe von Preu⸗ den, der jüngſten Tochter der Kaiſerin Friedrich, auſ⸗ gelaucht und wiſſen Petersburger Nachrichten bereits don der angeblich vollzogenen Verlobung der beiden Fhrrſflichkeiten zu melden. Es iſt nun allerdings ein Ifentliches Geheimnis, daß die Kaiſerin Friedrich Neſer projektirten Verbindung nicht abgeneigt iſt, er ob ich der Plan in der That ſchon bis zu er gemeldeten Verlobung, die ſich alſo in Athen bollgogen hoben müßte, entwickelt hat, entzieht fich Vorleufig der Beurteilung. Der ruffiiſche Thronfolger dat zwar erſt jetzt die Rückreiſe von den Athener Hochzeitsfeierlichkeiten nach Petersburg angetreten And de die Kaiſerin Friedrich mit ihren Tö htern Moria und Margarethe bislang ebenfalls noch am Piechiſchen Hofe weilte, ſo könnte man hieraus ge⸗ ie Schläſſe ziehen. Jedenfalls wird man gut Wan, die obigen Gerüchte zunächſt nur mit großer Zurückhaltung aufzunehmen. — Der Bundesrat erledigte in ſeiner Wochen⸗ Menorſitzung vom 21. d. M. wiederum eine ziem⸗ lich reichhaltige Tagesordnung. Unter den gefaßten Beſchläßßen iſt die Genehmigung des zweiten Nach⸗ kragsetats zum Reichhaushaltsetat für 1889/90 und die Ablehnung des vom Reichstage angenommenen Antrages Benda auf Errichtung eines Reichs⸗ zolltarifamtes hervorzuheben. — Der Reichstag trat am Freitag in die Spe⸗ Ralberatung des Etats des auswärtigen Amtes ein und brachte Abg. Richter (freiſ.) beim Gehalt des Staatssekretärs die vielverbreiteten Gerüchte über die dem Generalſtabschef Grafen Walderſee zuge⸗ 2 —— Anzeigen: die 1⸗ſpaltige Corpus⸗Zeile oder deren Naum 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. die Druck und Verlag von Karl Molitor, Ladenburg. Corpuszeile. Reclamen 20 Pfg. Mitlowch —— ſchriebenen Verſuche, in den Gang der auswärtigen Politik des Reiches einzugreifen, zur Sprache. Mit größter Beſtimmtheit bezeichnete der preußiſche Kriegs ⸗ miniſter Verdy du Vernois dieſe Gerüchte als leicht⸗ fertige Erfindungen und auch Staatsſekretär Graf Bismarck ſprach fich in ähnlichem Sine aus, zu⸗ gleich betonend, der Kaiſer leite die auswärtige Po⸗ litik allein und nehme hierbei nur von denen Rat an, die dazu berufen ſeien. Nach einer Erwiderung des Abg. Richter wurde der Titel „Staatsſekretär“ bewilligt und trat das Haus dann in die Beratung der Poſition ein, in welcher zwei vortragende Räte und ein Hilfsarbeiter für die neue lung im Auswärtigen Amte gefordert werden. Graf Bismarck begründete die bezüglichen Forderungen mit der wachſenden Laſt in den colonialpolitiſchen Geſchäften, zu deren Bewältigung die bisherigen Kläfte des Auswärtigen Amtes nicht mehr aus⸗ reichten. Abg. Dr. Windthorſt bemängelte die deutſche Colonialpolitik und erklärte unter Hinweis auf die Congoakte, ſeine Garantien für die gleichmäßige Behandlung der katholiſchen Miſſtonen mit den proteſtantiſchen Miſ⸗ ſionen, ſonſt müßten ſie jede weitere Forderung für die Conolialpolitik ablehnen. Auch Abg. Richter griff die letztere ſcharf an, obgleich er ſeine Zuſtimmung zu den geforderten Stellen ausſprach. Der freſſinnige Führer läugnete, daß in der deutſchen Colonialpolitik bis jetzt überhaupt etwas geleiſtet worden ſei und meinte, die Unſicherheit an der deutſch⸗afrikaniſchen Küſte beſtünde noch immer fort gegenüber den Hoffnungen des Zentrums auf Be⸗ ſeitigung des Sklavenhandels und Einführung des Chriſtenthums in Afrika bemerkte Richter, daß fich dieſelben nicht erfüllen würden, Staatsſekretär Graf Bismarck trat den Ausführungen Windthorſts und en 27. November 22 * U · . * ͤ ͤ — —ů ů —ͤ — 1889 5 Richters entgegen, denjenigen Richters aber nur ſoweit, als fie ſich auf die Colonialpolitiſche Ab⸗ teilung bezogen, da der Regierungsvertreter darauf verzichtete, die allgemeinen Darlegungen des ſrei⸗ finnigen Redners zu widerlegen. Nationalliberaler⸗ ———— ſeits befürworteten Hammacher und Wöͤrmann die Forderungen und beſtritt Wörmann, daß das deutſche Kapital in den kolonialpolitiſche Unternehmungen zu zaghaft vorgehe; auch wies Wörmann die In⸗ finuation des Abg. Dr. Bamberger, die Hambur⸗ ger Großkaufleute wollten zu wenig aus eigener Taſche opfern und verlangten zu viel von der Re⸗ Kolonialabtei⸗ politiſchen Freunde verlangten gierung, zurück. Die geſamte kolonialpolitiſche De⸗ batte, an welcher ſich außer den ſchon genannten Rednern noch die Abgeordneten Dr. Frege und Rickert beteiligten, endete mit Genehmigung der Forderungen für die kolonialpolitiſche Abteilung. Am Sonnabend pauſirte das Haus, am Montag beſchäftigte es ſich wieder mit den Arbeiterſchutz⸗ anträgen. — Die Sozialiſtengeſetzkommiſſion des Reichs⸗ tages hat in voriger Woche die erſte Leſung des Regierung wurde ö Entwurfes beendigt. Die Ausweiſungsbefugnis der nach nochmaligen eingehenden Debatten gegen die Stimmen der konſervativen ab⸗ gelehnt, dafür aber die unbeſchränkte Geltungsdauer des Geſetzes mit den Stimmen der Kartellparteien genehmigt. Nach den von dem preußiſchen Miniſter ds Innern, Hertfurth, abgegebenen Ecklärungen wollen die Verbündeten Regierungen auf Beibehal⸗ tung der Außweiſungsbefugnis beſtehen und wird wohl die an dieſem Dienstag beginnende zweite Kommiſſionsleſung zeigen, inwieweit noch eine Verſtändigung in dieſer Frage, von welcher das Schickſal des Sozialiſtengeſetzes abhängt, mog ⸗ lich iſt. Der Majoratsherr. Novelle von F. von Lim purg. 5 Nachdruckverboten. Fortſ. 14. Margarethens Kavalier verſchwand mit einer leichten Verbeugung und die Liebenden“ ſtanden ſich allein in dem Gott⸗sbauſe gegenüber. „Margarethe,“ flüſterte der Rittmeiſter, „ver⸗ geben Sie dem Wortbrüchigen, aber ich mußte Sie chen, mußte wiſſen, — ob Sie meinen Gruß er⸗ halten hätt en.“ ö Sie neigte ſich in holder Verwirrung über die laſſen.“ „Geben Sie mir eine Blume davon — zum Andenken an dieſe Stunde — und Ihre Liebe.“ zin Sie nickte glückſelig und zog eine kleine thau⸗ 5 feiſche Moostoſe, aus dem Bouquet heraus, doch a che ſie dieſelben dem teuten Manne reichte, preßte ſie leiſe die Lippen darauf. „Nein, nein, Sie müſſen ins Schloß kommen. Baler Wimpfen, bitte ſagen Sie es doch Albrecht, 51 ein Freund ihn auf der Durchreiſe ſprechen ill. duftenden Blüten, Die ſüßen Blumen,“ entgegnete ſſe ganz leiſe, Mama brachte mir ſie heut früh und N ich habe ſie ſeitdem nicht aus meinen Händen ge⸗ f „Dank, tauſend Dank mein Gretchen, und ö herzliches Lebewohl für lange Wochen. Wenn ich brecht?“ frug ſie halblaut, „wenn Sie wüßten, wie wiederkomme iſt die Prüfungszeit vorbei.“ — Noch einen heißen Kuß drückte Wendgen auf Margarethens feine Hand und daun war der ſtatt⸗ liche Mann verſchwunden; übervollen Herzen aber knieete Comteß Margarethe noch eiumal am Altare nieder, um dem Allmächtigen zu danken für dies kurze Wiederſehen. denn die Neuvermählten ſelbſt waren voll über⸗ ſprudelnder Laune. ö Die Gräfin Mutter allein hatte Thränen in nach der Heimkehr aus der Kirche umarmte. „Gott ſei mit Euch, meine Kinder,“ ſagte ſie feierlich, „ich freue mich innig über Euer Glück.“ Auch Graf Albrecht trat zu der jungen Graͤfia, verneigte ſich tief und ſagte mit volllögender Stimme: „Darf auch ich Ihnen Glück wünſchen, Gläfin Melanie? Ich kann heute keine ſchöne Worte finden, aber es iſt ehrlich gemeint, wenn ich Ihnen ſage: Machen ſie meinen Bruder glücklich!“ 1 Sie wurde ſehr blaß bei dieſen Worten Al⸗ brechts, aber ſie reichte ihm die Hand, welche er diesmal auch, doch nur der Föͤrmlichkeit halber eine Endlich ſaß die ganze Hochzeitsgeſellſchaft in Schloß Morenau an der feſtlich geſchmückten Tafel. Es ging ſehr lebhaft und heiter an derſelben zu, der ſich in raſche Sinnesänderung der Menſchen den Augen, als ſie Sohn und Schwiegertochter ſagte er eiskalt, Sekunde ihn der Seinen hielt. „Sind Sie noch immer böſe auf mich, Al⸗ ſchwer mir mein Entſchluß geworden iſt.“ — Sie ſprechen in Räthſeln, Frau Schwägerin,“ „ich wüßte nicht, weshalb ich Ihnen zürnen ſollte, und noch weniger wüßte ich, welcher Entſchluß Ihnen ſchwer fiel.“ „Sie find grauſam —“ erwiderte ſie mit ei⸗ nem ungnädigen Blicke. ö „Nein, Melanie, ich bin nur ein Pendant, ſchwer hinein findet. Sie wollen noch heute ab⸗ reiſen ?“ „Ja wir treten noch heute Abend unſere Hoch⸗ zeitsreiſe an,“ entgegnete Melanie mit ſtolzem Selbſt⸗ bewußtſein. Graf Albrecht antwortete nur mit einem be⸗ deutſamen Achſelzucken. Nun denn, Graf Albrecht, Sie ſcheinen un⸗ verſöhnlich zu ſein,“ fuhr die junge Gräfin fort, „wenn Sie den Krieg wollen, ſo hüten Sie ſich — vor einer Feindin“ „Meine gnädige Schwägerin, eine Feindin, die von ihrem einſtigen Verehrer chineſiche Fächer auch noch nach der Verlobung mit einem Andern trägt, kann einem ehrlichen Manne nicht ſchaden. Man lernt mitunter erſt ſpäter einſehen, wozu ein herbes Schicksal oft gut iſt; es bewahrt den Menſchen