e Allgemeiner Anzeiger Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs⸗ blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. n die Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, Ladenburg. D — Nr. 94. Feliliſges. Narkstuhe, 21 Nov. Heute Vormittag hör iſt der Landtag eröffnet worden. Die Nelerlichkeit fand, dem ausgegebenen Progamm ge⸗ im Sitzungsſaale der Zweiten Kammer ſtatt. Nahdem deren Mitglieder ihre Plätze eingenommen allen und ſodann die Mitglieder der Erſten Kam⸗ Aer, darauf die Mitglieder des Großh. Staatsmi⸗ erlums eingetreten waren, hielt der Präftdent des Shasminiſterſums, Staatsminiſter Dr. Turban algende Anſprache: Seine Königliche Hoheit laſſen Ihnen, Durch⸗ güchtigſte Hochgeehrteſte Herren, Seinen freund⸗ im Gruß übermitteln, und geben ſich gerne der wartung hin, daß die bevorſtehenden Verhand⸗ Agen der Landesvertretung mit der Großherzog⸗ hen Regierung, geleitet durch Einficht und treue gebung an das Wohl des Landes, zu wertvollen ebnen führen wer den. Wenn auch die Vorla⸗ welche die Regierung Ihnen zu unterbreiten in dege ißt, weder an Zahl, noch an Umfang und Mukung den Aufgaben gleich kommen, welche n borigen Landtage geſtellt waren und von ihm Aist worden find, ſo werden ſie doch als geeignet einen, einige Lücken unſerer Geſetzgebung, vor⸗ Anlich zur Befriedigung dringlich gewordener Be⸗ iniſße auf volkswirtſchaftlichen Gebieten, auszu⸗ Aan, Pin Teil dieſer Entwürfe iſt fertiggeſtellt I wird Ihnen unverweilt zugehen. Ihre umfaſſenſte Aufgabe, Durchlauchtigſte Nichgeehrteſte Herren, wird nächſt der Priifung der kereſts gedruckten — finanziellen Nachweiſungen Beratung und Beſchlußfaſſung über den Staats⸗ Ashalt der Jahre 1890 und 91 bilden. Die tief⸗ fenden Aenderungen, welche zufolge auf dem en Landtag zu Stande gekommenen neuen Be⸗ 0 rer T..... Samstag den 28. amtengeſetze in der kommenden Periode erſtmals ins Leben treten, ſowie die Porbereitungsarbeiten für eine größere Zahl von erheblichen Ausgabepo⸗ ſten der außerordentlichen Etats haben die Aufſtel⸗ lung des Geſammtbudgets erſchwert und verzögert; doch hat daſſelbe noch vor ihrem Zuſammentritt ſeinen befriedigenden Abſchluß gefunden und wird langen. neu eingetretenen Mitglieder beider Kammern, und ums im Namen Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs den Landtag für eröffnet. Mit einem dreimaligen Hoch der Verſammlung auf das Wohl ſeiner Königlichen Hoheit des Groß⸗ herzogs fand die Feierlichkeit ihren Abſchluß. Ladenburg, 22. Nov. Kaiſer Wilhelm wird in der erſten Dezemberwoche in Fortſetzung ſeiner Antrittsbeſuche bei den deutſchen Fürſten auch den Hofen von Deſſau und Darmſftadt ſeinen Be⸗ ſuch abſtatten. In der anhaltiniſchen Reſidenz fieht man der Ankunft des Kaiſers für den 4. Dezember in Darmſtadt für den 6. Dezember entgegen und man ſich be⸗ daß Emin Paſcha mit Caſati und 100 ſudaneſtchen in beiden R ſidenzſtädten beſchäftigt reits mit den einleitenden Vorbereitungen zu einem würdigen Empfange des Reichsoberhauptes. Uebri⸗ gens bekundet das bevorſtehende Erſcheinen des Kaiſers in Darmſtadt, daß die Spannung zwiſchen dem dortigen Hofe und dem Berliner Hofe von welcher bislang immer ſo viel die Rede war, fetzt jedenfalls gänzlich beſeitigt iſt. J Das franzöfiſche Miniſterium Tirard iſt am Dienſtag mit der erwarteten Erklärung über ſein künftiges Regierungsprogramm vor die neue Kammer getreten. Die in ihren Grundzügen ſchon November 5 gungszwecken fortſetzen werde. in kurzer Friſt ebenfalls zur Verteilung ge⸗ 0 Pochenblall für Ladenburg und Amgegend. Anzeigen: die 1⸗ſpaltige Corpus⸗Zeile oder deren Naum 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. die M Corpuszeile. Reclamen 20 Pfg. Druck und Verlag von Karl Molitor, Ladenburg. 1889 vorher bekannt geweſene Erklärung läuft in ihrem Kernpunkt darauf hinaus, daß die Regierung ledig ⸗ lich eine Geſchäftspolitik verfolgen und die Wünſche des Landes nach Beruhigung erfüllen will, da Frankreich die Aufrechterhaltung des Friedens wünſch⸗ und ſeine Rüſtungen lediglich zu Verteidi⸗ Vorher hatte der Kammerpräftdent Floquet eine alle Republikaner zur f Einigkeit auffordernde Rede gehalten und dieſe wie Hierauf erfolgte die Beeidiung der anweſenden 0 0 die Regierungserklärung wurden von der Kammer⸗ mehrheit mit großem Beifall aufgenommen. Ein be⸗ erklärte ſodann der Präsident des Staatsminiſteri⸗ ſonderes Vertrauensvotum, wie es zuerſt geheißen hatte, verlangte das Miniſterium von der Kammer nicht. Die von radicaler Seite verlangte Dringlichkeit für die Verfaſſungsreviſton lehnte die Kammer mit 345 gegen 127 Stimmen ab. Berlin, 20 Nov. Der Reichsanzeiger ver⸗ öffentlicht einem dem Reichskanzler vom Hauptmann Wißmann erſtatteten Bericht, datirt Mwapwa, 13. Oktober. Derſelbe beſchäftigt ſich mit den gegen Buſchiri unternommenen Opeiationen und meldet dann daß am 11 Oktober in Mwapwa 4 Solda⸗ ten Stanley, und einerdvon Emin Paſcha eintrafen. Dieſelben hatten am 10. September Stanley in Uſukuma am Iſangafluſſe verlaſſen und ſagten aus, Soldaten, viel Volk und viel Elfenbein, Stanley mit 6 Europäern und 240 Zanzibariten gleich nach aufgebrochen ſeyen. Nach der Berechnung Wißmanns müßten dieſelben heute in Mwapwa eingetroffen ſein. Emin Paſcha ſoll mit Stanley zuſammen noch mehrfach gegen die Mahdiſten gefochten, ſie zurück⸗ geſchlagen und dabei die große Fahne des Mahdi exrobett haben. 5 Berſchiedenes. — Ladenburg, den 22. Nov. Im Laufe Der Majoratsherr. Nobelle purg. Nachdruckverboten. „WMillommen liebe Mama, liebes Gretchen! de wohl ihr ausfeht. Ich bin ſo glücklich, daß I ulle hier zuſammen komuten, denn bis geſtern ic fürchtete ich einen ſtarken Schnupfen zu be⸗ men. Glücklicherweiſe ging alles glatt vorüber,“ gef Melanie in fröhlicher Haſt. g Munter und unbefangen wie ein Kind plau⸗ ke Melanje ſo weiter, aber im innerſten Grunde des Herzens fürchtete ſie ſich vor dem Augenblick e pie hohe, ſtattlche Männergeſtalt-Graf Albrechts t ſie hintreten würde. „Wo iſt Albrecht?“ frug Graf Kuno fcharf, 1 end eine Wolke ſich auf ſeiner Stirn la⸗ . von F. von Lim „Ich glaub im Walde,“ erwiderte die Gräfin Ater ernſt „Zum Abendbrot iſt er ſicher zurück, ſeiuer Schwägerin W llkommen zu bieien.“ Frau von Föcſter, Melanies Tante, welche der Braut ankam, war eine kleine, dicke Dame, un totes Geſicht hinter großen Plaids nud lſchachteln auftauchte; ſie erſchöpfte ſich in Com⸗ Renten und Entschuldigungen und war nur mit Mühe zu bewegen, endlich vom Wagen herunter zu ſteigen. tändeln Melanies Dieſe neue Verwandte imponirte nakürlich auf Schloß Morenau ganz und gar nicht. Bei dem fortwährenden coquetlen Umher⸗ zog ſich Margarethens Herz krampfhaft zuſammen; ſte begriff nicht, daß eine Braut kurz vor dem ernſteſten, wichtigſten Abſchnitt Speiſeſaal begab, erſchſen Graf Albrecht, hoch auf: gerichtet, blaß, ernſt, aber doch mit vollendeter ihres Lebens ſo oberflächlich ſein konnte wie es Me⸗ lanie war. Konnte dieſes ewige Lachen und Tän⸗ deln ihrem Bruder gefallen ? ö Erſt als man ſich iu den hell erleuchteten Ritterlichkeit die Braut ſeines Bruders begrüßend. Melanie wurde plotzlich ſehr rot, und ſtreckte ihm mit einigen undeutlich gemurmelten Worten die Hand hin, was er völlig überſah, daß er ſich im ſelben Augenblick tief verneigte. „Sie hatten eine angenehme Reiſe, mein gnä⸗ dig's Fräulein?“ a Klar nnd kalt tönten dieſe Worte an ihr Ohr, ſein Blick glitt über ſie hin ohne jede Erregung oder Teilnahme, und ſie wuß te in dem Angenbilck, daß er ſie verachtete. Hatte ſie etwa gemeint, ei⸗ nen Mann mit gebrochenem Herzen zu ſehen, den iht ſtrahlender Anblick von Neuem zu Boden drük⸗ ken würde? In der eitlen Seele Melanies er⸗ wachte der Groll, ihr Auge flammte zornig und die verſchmähte Hand zurückziehend, griff ſie mit der⸗ ſelben nach ihrem auf dem nächſten Tiſche liegen⸗ den Fächer. Es war der chinefiche, das erſte und einzige Geſchenk Graf Albrechts. Er ſah es und jetzt wurde ihr der Triump zu beobachten wie ſeine Zähne fich zuſammenpreßte und ſein Athem raſcher ging. 5 „Mutter,“ ſagte der ſchöne Steoffizier nach dem Abendbrot zu der Gräfin, als ſie einen Au⸗ genblick am Fenſter ſtanden, „Du haſt recht, Me⸗ lanie iſt eine herzloſe Coquette, und wenn ichs nie geglaubt, vorhin hätte ich es erkannt, denn ein Mädchen, welches das Andenken des Mannes, dem ſie die Treue gebrochen tändelnd in der Hand hält, während ſie mit einem anderen den Bund für Leben ſchließen will, hat kein Herz! Gebe Gott dennoch daß Kuno an ihrer Seite glücklich wird.“ „Dein Bruder Albrecht iſt nicht grade allzu höflich gegen mich,“ meinte Melanie ziemlich ſpitz zu ihrem Verlobten, „es kann ſein, daß er fi eine andere Schwägerin gewünſcht hat, aber trotzder ſollte er doch den guten Ton etwas mehr wahre und mich nicht geradezu unhoͤflich behandeln.“ „Es iſt jedenfalls Eiferſucht, Melanie,“ lächelt der Majoratsherr, ſeine reizende Braut an ſich zie hend, „ich glaube, er hatte wohl gehofft, einſt a meiner Stelle zu ſein, und ärgert ſich jetzt unſäglich daß ich ihm den Rang abgelaufen habe.“ Sie zuckte nachlaͤſſig die Achſeln, wehte fich