blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. r. 93. — Fol ih ſges. adendurg, 20. Nov. Kaiſer Wilhelm iſt unmehr wieder von ſeiner jüngſten großen Aus⸗ Andsreſſe nach der Heimat zurückgekehrt, ber vorausfichtlich wird dieſe Kaiſerreiſe nach ihrer Jolltiſchen Seite hin noch längere Zeit auf die öf⸗ nlliche Meinung Europas zurückwirken. Vor Allem ſchäftigt die Begegnung, welche der deutſche Kal⸗ K boch kurz vor Beendigung ſeiner Orientfahrt in unsbruck mit dem Kaiſer Franz Joſef gehabt, die Jogespreſſe, da es heißt, daß zwiſchen beiden Mo⸗ hechen berſchiedene ſpezielle Fragen der europäiſchen Politik zur eingehenden Erörterung gelangt ſeien und ii hierbei namentlich die bulgariſchen Angelegen⸗ len eine Rolle geſpielt hätten. Da der Innsbrucker Interredung der beiden kaiſerlichen Freunde keine Atte Perſönlichkeit beigewohnt hat, ſo kann man e Mittellungen über den angeblichen Inhalt dieſer Aalprechungen vorerſt nur als Vermutungen b'zeich⸗ u, dieſelbden dürften aber allerdings der Wahrheit he kommen. Denn der Entrevue ſind einerſcits Fonferenzen zwiſchen dem Fürſten Bismarck und Grafen Ralnoly in Friedrichsruh, anderſeits „ Unterredungen, welche der Staatsſekretär Graf derber Bismarck in Monza mit Herrn Criſpi, in donſtontinopel mit Said Paſcha und hierauf in gen und Wien mit den dortigen Staatsmännern ipflogen, vorausgegangen und in dieſen Miniſter⸗ anferenzen find wahrſcheinlich die Fragen, um welche ich dei der Kaiſerbegegnung in der Hauptſtadt hrols handeln konnte, vollſtändig vorbereſtet wor⸗ en, Vielleicht, daß ſchon die nächſte Entwickelung * Exeigniſſe über die politiſchen Folgen des Kai⸗ kages von Innsbruck Aufklärung bringen wird un daß dieſe nur der Friedenspolitik der beiden Aer entſprechen werden, darüber dürfen die Für die Redaktion verantwortlich; Karl Molitor, Ladenburg. Allgemeiner Anzeiger für Sadenßurg und Amgegend. Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. Verkelſohrich Mark 1.—, mit iluftriertem Unterhaltungs- 2 2 280 Anzeigen: die 1⸗ſpaltige Corpus⸗Zeile oder deren Naum 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. die Druck und Verlag von Karl Molitor, Ladenburg. Corpuszeile. Reclamen 20 Pfg. Mittwoch den 20. November 1889 Friedensfreunde wohl allſeitig beruhigt ſein. — In den Etatsverhandlungen des Reichs⸗ tages vom vorigen Donnerſtag und Freitag iſt beim Spezialetat des Reichsamtes des Innern wie⸗ der einmal die Frage des Arbeiterſchutzes gründ⸗ lich erörtert worden. Die bezüglichen Erörterungen knüpften an den vom freifinnigen Abgeordneten Baumbach geſtellten Antrag, betr. die weitere Ausbildung der Arbeiterſchutzgeſetzgebung unter Berück⸗ ſichtigung der Frauen- und Kinderarbeit, an und füllten nicht nur die zweite Hälfte der Donners⸗ tagfitzung, ſondern auch faſt vollſtändig die nächſte Sitzung aus. Bereits in der Donnerstagsſitzung hatten ſich die Redner der verſchiedenſten Parteien Übereinſtimmend dahin geäußert, daß die vollſtändige reichsgeſitzliche Regelung des Arbeiterſchutzes uner⸗ läßlich ſei und in der gleichen Richtung bewegte ſich meiſt auch die Freitagsdebatte, während Staats⸗ ſekretär v. Bötticher ſich dem gegenüber auf die Erklärung beſchränkte, die verbündeten Regierungen hätten noch keinen Anlaß ihre bisherige Haltung in Sachen des Arbeiterſchutz's zu ändern. In den zweitägigen ausgedehnten Verhandlungen hierüber kamen auch noch andere Fragen ſozialpolitiſchen Charakters zur Sprache, ſo die großen Strikebe⸗ wegungen dieſes Jahres, die Thätigkeit der Fabrik⸗ inſpektoren, die Errichtung gewerblicher Schiedsge⸗ richte, die geſetzliche Regelung der Trunkſucht und der Bau von Arbeiterwohnungen. Es wurden hier⸗ bei zahlreiche Wünſche laut, deren teilweiſe Erfüll⸗ ung Staalsſekretär v. Bötticher in Ausſicht ſtellte, ſpeziell verhieß er Geſetzentwürfe über die Errich⸗ tung von gewerblichen Schiedsgerichten und über die Bekämpfung der Trunkſucht. Zu einem poſi⸗ tiven Beſchluß führten indeſſen dieſe geſamten Er⸗ örterungen nicht; über den erwähnten Antrag Baumbach ſowie Über einen hierm t in Verbindung ſtehenden Antrag des Abg. v. Stumm hinſichtlich Beſchränkung der Sonntagsarbeit wird in der dritten Etatsleſung abgeſtimmt werden. Nachdem der Reichs⸗ tag am Schluß der Freitogsfitzung noch eine Anzahl Titel des Etats des Reſchsamtes des Innern be⸗ willigt, vertagte er ſich bis Montag. — Die Reichtagskommiſſton für das neue Sozialiſtengeſetz hat dasſelbe bis jetzt im Allgemei⸗ nen nach den Regierungsvorſchlägen genehmigt, in⸗ deſſen ſteht die Erörterung der wichtigſten Beſtimm⸗ ungen der Vorlage, namentlich der vorgeſchlagenen unbegrenzten Geltungsdauer des neuen Geſetzes, erſt noch bevor und da wird es ſchwerlich bei den Regierungsvorſchlägen verbleiben. Von Seiten des Centrums find Abänderungen beantragt worden, die einer Verwerfung der Regierungsvorlage gleich⸗ kommen. — Im Kaiſerreiche Braſilien iſt eine Revo⸗ lution ausgebrochen, welche nach den bisher hierüber vorliegenden Meldungen die Einſetzung einer Re⸗ publick bezweckt. Die Armee unterſtützt die revolu⸗ tionäre Bewegung und iſt bereits eine probiſoriſche Regierung eingeſetzt, zu deren Mitgliedern Dafon⸗ ſera und Benjamin Conſtant gehören. Der Thron des Kaiſers Dom Petro I. (regiert ſeit 1840) er⸗ ſcheint demnach ernſtlich bedroht und da augen⸗ ſcheinlich die Hauptſtadt Rio de Janeiro ſelbſt der Mitt⸗lpunkt der Empörung iſt, ſo wird es darauf ankommen, wie ſich die Provinzen zu der Erhebung ſtellen. Berſchiedenes. — Ladenburg, 19. Nov. Vergangenen Sonntag veranſtalt⸗te der hieſige Geſangverein ſeinen Mitgliedern eine Abendunterhaltung im Gaſthaus zum Schiff, die ſehr zahlreich beſucht war. Eingeleitet Der Mazoratsherr. Novelle von F. von Limpurg. Nachdruckverboten ort. 18. Endlich faltete er das Blatt zuſammen, ſeine Ahne gruben ſich tief in die Lippen, ein ſchweres Stöhnen entrang ſeiner breiten Bruſt, dann aber ſchlug er ſich mit der Fauſt vor die Stirne. „Thor, der ich war,“ murmelte er ſchmetzlich, die Mutter hatte ſie recht erkannt, ſie iſt eine Aloſe Coquette, welche den reichen Majoratsherrn gem wenig begüterten Seeoff zier vorzieht, O, darum mußte ich ſie lieben mit aller Kraft und nigkeit meines Herzens wie ich es nun nie mehr Innen werde! Ja, es iſt kein Märchen, wenn die Wealiſten von einer einzigen großen Liebe fprechen; Y fühle, daß es eine ſolche giebt, welche den gan⸗ u Lebensinhalt ausmacht. O, Melanie!“ Zuckend griff ſeine Hand nach dem geladenen Rondung der Waffe auf die Stirn, doch gleich darauf ließ er die Hand wieder ſinken und mur⸗ melte ſchweratmend: „Nein, nicht ſo! Mein Herr⸗ bett im Himmel, ich will kein elender Selbſtmörder werden um jener treuloſen willen. Was würde ane Muſter ſagen, welche mich ſo zärtlich liebt und kpolver, er ſpannte den Hahn und richtete ſich die Gretchen! Sie find allerdings beide nicht ſo un⸗ glücklich wie ich! Aber Mut, Albrecht, Du biſt ein Sproß aus edlem Geſchlechte und wärſt der erſte — dm eine Feigheit nachgeſagt würde.“ Mechaniſch nahm er den Beief wieder auf und überlas ein Teil desſelben nochmals; f „Die Hochzelt ſoll bereits anfangs Oktober ſtattfinden, Melanie kehrt zu ihrer Tante zurück, um mit dieſer zur Feier hierher zu kommen, denn Kuno will, daß die Trauung hier im Schloß Mo⸗ renau ſtattfindet. Wo ich meinen künftigen Wohn⸗ ſitz nehmen werde, iſt noch unentſchieden. Den Winter über bleiben Margarethe und ich in Morenau, denn Kuno will mit ſeiner Gemahlin erſt nach dem Süden reiſen und dann in der Reſidenz den Ear⸗ neval mitmachen.“ So muß ich den Kelch denn bis zur Hefe lieren,“ murmelte der ſtattliche Offtzier bitter, „und der Hochzeit Melanies mit meinem Bruder beizu⸗ wohnen. Denn die Wunde blutet, ob nah oder fern, und Melanie ſoll nicht denken, daß ich ihre Nähe ſcheue.“ a — — Der Hochzeitstag Fräulein Melanies von Förſter und Graf Hugos war herangekommen und auf Schloß Morenau war Alles aufs ſchoönſte geſchmückt; Graf Kuno hatte die Vorbereitungen ſelbſt beſtimmt und bis in alle Einzelheiten über⸗ wacht, denn ſeine Hochzeit ſollte eine ſtandes gemäße, für die zahlreichen Gäſte imponirende Feier werden. eee eee r Die Gräfin Mutter und Margarethe hielten fich fern von dieſem geräuſchvollen Treiben, erſtere, weil ihr jegliche Aufregung geſundheitlich ſchädlich war, und letztere weil ihre Gedanken fern bei dem Geliebten und der eigenen Zukunft weilten. Auch konnten beide der jungen Braut den Treubruch an Albrecht nicht vergeben, ohne natür⸗ ilch Kuno gegenüber dies zu erwähnen, und ſo blieben ſie kühl und förmlich dem jungen Paare gegenüber, den neuen Verhältniſſen ſich fügend. Zwei Tage vor der Hochzeit kam Albrecht, Margarethe fuhr zur Bahn, um ihn abzuholen; es war ein ernſtes Wiederſehen, und dem jungen Mädchen ſtanden dabei die Thränen in den Augen. Seit der Bruder damals ſa ſtrahlend von dem väterlichen Schloß abreiſte, hatten ſie fich nicht geſehen; er war nach Ablauf jenes Kommandos bei verſchiedenen Verwandten geweſen und kam erſt zur Hochzeit Kunos nach Morenau. Wenige Tage nach derſelben wollte er ſich dann anf ſein Schiff begeben, welches zu einer zweijährigen Dienſtreiſe beſtimmt worden. „Willkommen, Schweſter,“ ſagte bewegt der Ankommende, als Margarethe ſich in ſeine Arme ſchmiegte, „wie ſreue ich mich, Dich und die Mutter nochmals zu ſehen, ehe ich die Heimat wieder auf 8 längere Zeit verlaſſe.“ 5 „Albrecht, lieber Albrecht, wir haben uns vie N S