11 5 r blatt Mk. 1 40 frei ins Haus. ar die Redaktion verantwortlich: Karl Molit or, Ladenburg. 5 Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. 19 0 e bierteljabrlich Mark 1.—, mit illuftriertem Unterhaltungs⸗ Ladenb 10 Poli iſ zes Ladenburg. 8. Nov. Der Kaiſer und de Kofſerin haben Konſtantinopel am Mittwoch Vormittag wieder derlaſſen und die Heimreiſe nach Deutſchland angetreten. Am Montag Abend hatten die Majeſtckten dem im engeren Kreiſe beim Sultan iigefundenen Diner beigewohnt, worauf die Kai⸗ kern ein im Harem des Sultans va ranſtaltetes Feſt Ait ihrer Gegenwart beehrte. Am Dienſtag früh war der Kaiſer im Kaik (türkiſche Gondel) nach dem Scloſſe Begler Bey's, wo Kaiſer Friedrich 1869 wohnt, gefahren und genoß auf dem Wege nach Mutari vom Berge Chamlindje eine herrliche Aus⸗ cht; ſodann beſuchte der Monarch, ebenfalls zu Schiff, das Schloß der ſieben Thürme und machte Nerauf einen Spaziergang um die alte Stadtmauer don Konſtantinopel. Kaiſer Wilhelm hat ſich wieder⸗ belt ⸗ganz entzückt über den Aufenthalt in Konſtan⸗ Anopel ausgesprochen und ebenſo über die vom Sultan ausgeübte unvergleichliche Gaſtfreundſchaft dige höchſte Befriedigung ausgedrückt. Mit dem Sultan ſauſchte das Kaiſerpaar koſtbare Geſchenke aas, wobei der türkiſche Herrſcher dem Kaiſer ori⸗ entaliſche Kunſterzeugniſſe, beſonders Stoffe und Möbel, ſowie ein mit Moſaik und Edelſteinen aus⸗ gelegtes Schreibzeug verehrte, die Kaiſerin erhielt ein herrliches Collier. Für die außerordentlich herz⸗ chen Beziehungen zwiſchen Kaiſer Wilhelm und dem Sultan zeugen verſchiedene Momente des Kai⸗ ferbeſuches in Konſtantinopel, namentlich aber die Verleihung des Großkomthurkreuz's vom Hausorden don Hohenzollern an den Sultan und zwar legte der Kaifer die Kette dem Sultan bei dem Diner am Montag Abend ſelbſt um den Halz. Wie ſämt⸗ che hervorragendere Perſönlichkeiten aus der Um⸗ gebung des Kaiſers durch Ordens⸗ Verleihungen —— —. 100 rg und Amgegend. Anzeigen: Druck und Verlag von Karl Molitor, Ladenburg. 9 enblall die 1⸗ſpaltige Corpus⸗Zeile oder deren Raum 25 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. die Corpuszeile. Reclamen 20 Pfg. Samstag den 9. November 1889 ſeitens des Sultans ausgezeichnet wurden, ſo hat auch der Kaiſer an zahlreſche Würdenträger Orden verliehen. Sowohl vor wie nach den perſönlichen Besprechungen zwiſchen dem Kaiſer und dem Sultan haben auch Unterredungen der Monarchen mit dem Staatsſekretär Grafen Bismarck und dem türkiſchen Miniſter des Auswärtigen, Said Paſcha, ſtattge⸗ funden und aus dieſer Meldung erhellt genugſam die beſondere politiſche Bedeutung des Beſuches Kaiſer Wilhelms in Konſtantinopel. — Im Reichstage folgte am Dienſtag auf die Sozialiſtendebatte vom Montag über den Rechen⸗ ſchaftsbericht: Betreffs Handhabung des Socialiſten⸗ geſetzes die erſtmalige Beratung des neuen Sozia⸗ liſtengeſetzes. trumsabgeordneten Dr. Reichenſperger eröffnet, wel⸗ Die Debatte wurde durch den Cen⸗ 1 cher die Gefährlichkeit der ſozialdemokratiſchen Be⸗ ſtrebungen für Staat und Geſellſchaft zwar zugab, aber nachzuweiſen ſuchte, daß dieſe Beſtre⸗ bungen durch Ausnahmegeſetze überhaupt nicht zu bekämpfen ſeien. Der Redner brachte für ſeine An⸗ ſicht eine Reihe von Gründen vor, doch machten ſeine Darlegungen den Eindruck, als ob Herr Rei⸗ Sozlaliſtengeſetz ſei weder gegen den Arbeiterſtand noch gegen die Sozialdemokratie als ſolche, wohl aber gegen die Umſturzbeſtr ebungen der letzteren gerichtet und da könne man das Sozaaliſtengeſetz nicht ente behren. Der Redner ging dann auf die weſentlicheren Beſtimmungen der neuen Vorlage näher ein, wodei er indeſſen teilweiſe nur ſeine perſönlichen Anſichten entwickelte und bezeichnete er namentlich die aufrecht ethaltene Ausweiſungsbefugniß als eine höchſt be⸗ denkliche Beſtimmung. Ueber die Hauptfrage, die unbeſchränkte Gültigkeitsdauer des neuen Geſetzes, äußerte ſich Dr. v. Cuny nicht ſpecieller, in dem er betonte, daß die Dauer abhängig ſein müſſe von der ſchließlichen Geſtaltung des Gſeetzes und ſprach er ſich zuletzt für Ueberweiſung der Vorlage an eine beſondere Commiſſion aus, wo übe rhaupt die ganz ſchwierige Materie erſt gründlicher geprüft werden könne. Der Beſchluß in der Redner⸗Reihe vom Dienſtag machte der ſozialdemokratiſche Abgeord⸗ nete Liebknecht, welcher ſich ſelbſtverſtändlich durch ⸗ 1 chenſperger weniger im Namen des Centrums, ſon⸗ dern vielmehr nur für ſich ſelber ſpräche. Ganz ent⸗ ſchieden erklärte ſich der Centrumsredner gegen die unbegrenzte Gültigkeitsdauer des Sozialiſtengeſetzes und ſchloß er ſeine Ausführungen, die verſchiedent⸗ lich vom eigentlichen Thema abſchweiften, mit dem Ausdrucke der Hoffnung, daß es endlich gelingen werde, die ſociale Frage aufdem Wege der Humanität zu löſen. In ſehr langer Rede legte alsdann Abg. Dr. von Kuny der Standpunkt der nationalliberalen Partei in der Frage des Sozialiſtengeſetzes dar, wob i er jedoch überwiegend im juriſtiſchen Sinne ſprach. Der nationallieberale Redner betonte, das aus gegen jedes Sozialiſtengeſetz erklärte. Auf die Beſtimmungen der neuen Vorlage ging Herr Lieb⸗ knecht aus Rückficht auf deren Commiſſt onsberatung nicht weiter ein, um ſo länger verweilte er bei der Vorgeſchichte des Sozialiſtengeſetz's, deſſen Entſteh⸗ ung er natürlich nach ſeiner Weiſe auslegte. Im Uebrigen gipfelten ſeine Ausf ührungen in der Be⸗ hauptung, daß die Sozialdemokratie trotz aller Ausnahmegeſetze nicht unterdrückt werden könne, da ſie eine Partei des „organiſchen Fortſchrittes“ ſei. In der Donnerstagsfitzung wurde die Vorlage an eine Kommiſſion von 28 Mitgliedern verwieſen. London, 6. Nov“ Eine anderwejt noch un⸗ beſtätigte Reutermeldung aus Zanzibbar ſagt, es verlaute gerüchtweiſe, Peters ſei mit ſeinem ganzen Gefolge außer einem Europäer und einem So⸗ Der Majoratsherr. Novelle von F. von Lim purg. Nachdruckverboten Fortſ. 10. Natürlich verlief die angedrohte Unterſuchung um Sande, da Graf Albrecht ſeinen Diener mit⸗ genommen hatte, von welchem das Packet in Fräu⸗ lein von Förſters Zimmer befördert worden war. Grof Kund ahnte freilich den Zuſammenhang, doch er ballte nur die Fauſt und murmelte ingrimmig: „Haha, Herr Bruder, du willſt wobl im Trüben ſiſchen; gut daß Du mir aus dem Wege gingſt, unſere Pläne drohten ſich zu kreuzen.“ — Nach dem Mittageſſen waren beide junge Da⸗ men in den Park gegangen, um eine kurze Ruhe zu halten, Graf Kuno trat dagegen bei ſeiner Mutter ein; etwas erſtaunt blickte ſie auf, ſie war gewohnt, ebenfalls jetzt zu ruhen und in dieſer Zeit nicht geſtört zu werden. 17 „Verzeih' mir, liebe Mama, wenn ich Dich bier überfalle,“ begann der Mojoratsherr, ſich nach⸗ läſſig in einen Seſſel fallen laſſend, „aber da die jungen Damen nicht anweſend find, moͤcht ich Dich gern mit meinen Plänen bekannt machen, die ich mir vorgenommen.“ f „So ſprich, lieber Kuno, es wird mich freuen, Dein Vertrauen zu erhalten.“ Die Gräfin lehnte ſich im Fauteuil zurück, ſehr gef pannt, was ſie wohl hören werde. Albrechts Inneres lag wie ein ge⸗ öffnetes Buch vor ihrem Mutterauge, aber Kuno hatte bisher nie das Bedürfnis empfunden, ſich der Mutter anzuvertrauen, deſto mehr überraſchte ſie ſeine heutige Offenheit. „Du weißt, liebe Mama,“ begann der Graf, daß ich nicht allein geſonnen, ſondern gewiſſermaßen auch verpflichtet bin, mich zu verheiraten. Bisher allerdings lag der Gedanke mir fern, denn ich hatte mich weder nach einer Heirat umgeſehen, noch war mir ein weibliches Weſen begegnet, welches auf mich Eindruck gemacht hätte. Nan iſt letzterer Fall ein⸗ getreten, und ich komme, Dir mitzuteilen, — daß ich mich verheiraten werde.“ So kühl und knapp dieſe Rede auch war, er⸗ füllte ſie das Herz der Gräfin dennoch mit auf⸗ richtiger Freude, innig bewegt ſtreckte ſie dem Sohn beide Hände entgegen, zumal ſie in dieſem Augen⸗ blick ncht ahnte, daß Melanie von Förſter des Majoratsherrn Auserkorene ſei. „Kuno, mein lieber Kuno, Du erfüllſt mir einen jahrelangen geheimen Wunſch durch Deinen Entſchluß! Gott ſegne Dich und ſchenke Dir reiches, volles Glück. Aber nun ſage mir, wer Deine Braut 1 17 5 „See ſoll es hoffentlich werden, Mama,“ lä⸗ g chelte der Graf, zärtlich der Mutter Hand an die Lippen ziehend, „es iſt Melanie von Förſter, Gret chens Freundin!“ Die Gräfin zuckte jäh zuſammen, Todtenbläſſe Üüberzog ihr Antlitz und voll namenloſer Angſt rief ſte aus: „Melanie? Nein, Kano, nur ſie nicht, es darf und kann nicht geſchehen!“ „Und weshalb nicht, Mama, wenn ich fragen darf?“ erwiederte der Majoratsherr ſcharf. „Was haſt Du gegen fie? Iſt ſie Dir als Schwieger⸗ tochter nicht vornehm, nicht reich genug oder was haſt Du ſonſt an ihr zu tadeln?“ Gräfin Morenau wußte wohl, daß ſie jetzt des jüngeren Sohnes Geheimniß nicht preisgeben dürfe und nach dem etſten Schrecken über Kunos Mit⸗ teilung erwachte in ihrer Seele eine Stimme welche ihr zurief: Hier iſt der Prüſſtein für das Mädchen, laß ſie ſelbſt entſcheiden, ob ſie Albrecht liebt — oder die irdiſchen Reichthümer, ſo wird er nicht elend durch ſie.“ i Die Gräfin legte daher nur ernſt die Hand auf Graf Kunos Schultern und frug: „Kuno, liebt Melanie Dich aber auch, wie ein Weib den Gatten lieben ſoll oder — iſt es nur Dein Rang und Name, Dein Reichthum, den ſie wählt. Ich halte Melanie von Föͤrſter nicht frei von berechtigter Coquetterie.“ Der Majoratsherr zuckte die Achſeln. „Du magſt wohl ein wenig recht haben, liebe