Fort. 3. Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs⸗ blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. Far die Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, Ladenburg. Nr. 84 — 5 Foldtiſches Ladenburg, 19. Okt. Die all geme ine polſtiſche Lage in Europa hat durch den Verlauf des Ggarenbeſuches in Berlin unzweifelhaft eine erfreu⸗ liche weitere Aufhellung erfahren. Der überaus herz ⸗ liche Verkehr Kaiſer Wilhelms und Kaiſer Alexanders mit einander während ihres dreitägigen Beiſammen⸗ ſeins, die von beiden Monarchen ausgebrachten Trink⸗ sprüche, namentlich aber die ungewöhnlich lange Audienz des Fürſten Bismarck beim Czaren gaben der jüngſten Monarchenbegegnung von Berlin eine Bedeutung, wie ſie urſprünglich nicht erwartet wor⸗ den war. Für den güaſtigen Eindruck, welchen der Verlauf der Entrevue ſp ziell in Rußland gemacht hat, zeugen die faſt durchweg ſympatiſchen Aeußer⸗ ungen, die ſeitens der ruſſiſchen Preſſe dem Ereig⸗ niſſe gewidmet worden find und welche hie und da ſogar in der beſtimmien Hoffnung ausklangen, daß der Czarenbeſuch am deutſchen Kaiſerhofe für die deukſch⸗ruſſiſchen Beziehungen und weiter für ganz Europa von den glücklichſten Folgen ſein werden. Was alles bei der Begegnung zwiſchen Kaiſer Wil⸗ helm und dem ruſſiſchen Monarchen, ſowie in der langen Unterredung des letzteren mit dem leitenden deulſchen Staatsmanne zur Erb. terung gelangt iſt, das bleibt allerdings vorerſt noch Geheimnis der be⸗ teiligten Per'önlichkeiten und wenn in manchen Blättern ſchon „beſtimmte“ Mitteilungen über die in Berlin erörterten Fragen aufgetaucht find, ſo können ſie nach Lage der Sache nur den Charakter don Combinationen tragen. Uebrigens hat ſich Kai⸗ ſer Alexander während ſeines Beſuches bei den groß⸗ herzoglich mecklenburgiſchen Herrſchaften in Ludwigs⸗ luſt über die ihm in Berlin zu Teil gewordene Aufnahme wiederholt außerordentlich befciedigt aus⸗ geſprochen. N 10 Pfg., Anzeigen: die 1⸗ſpaltige Corpus⸗Zeile oder deren Raum Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. die Corpuszeile. Reelamen 20 Pfg. Druck und Verlag von Karl Molitor, Ladenburg. — — —— — Sa — Im königlichen Schloſſe in Berlin fand am Montag Abend zu Ehren der Prinzeſſin Sophie von Preußen, der Braut des griechiſchen Thronfol⸗ gers, anläßlich ihrer unmittelbar bevorſtehenden Ab⸗ reiſe nach Griechenland eine große Abechiedsfeſtlich⸗ keit ſtatt. Zu derſelben waren das Kaiſerpaar die Kaiſerin Friedrich mit der Prinz⸗ſſin⸗Braut und den Prinz ſſinnen Vietoria und Margaretha, ſowie die übrigen zur Zeit in Berlin weilenden Mitglieder und Verwandten des preußiſchen Köͤnigshauſes er⸗ ſchienen. Außerdem wohnten der Feſtlichkeit infolge der ihnen zugegangenen Einladungen die Mitglieder des diplomatiſchen Corps, die Staatsminiſter, die Generalität, die oberſten Hofchargen und zahlreiche ſonſtige Perſönlichkeiten von Auszeichnung bei. Es fand Galatafel ſtatt, die in ihrer wahehaft kaiſer⸗ lichen Ausſchmückung einen blendenden Eindruck machte, woran ſich ein Rundgang der Kaiſerin Fried⸗ rich und der Prinzeſſin Sophie durch die Geſell⸗ ſchaft ſchloß und nahm die Prinzeſſin Braut hierbei die Begrüßung der Fürſtlichkeiten, ſowie das hul⸗ dende Verneigen der Herren und Damen mit hoheits⸗ voller Anmut entgegen. Nach 9 Uhr Abends war die Feſtlichkeit, über welche ungeachtet all' ihres außerordentlichen Glanzes ein Hauch der Wehmut eine Stimmung des Abſchiedes ausgebreitet lag, zu Ende. — Das dteutſche Kaiſerpaar dürfte zur Stunde ſeine große Südlandsfahrt behufs Teilnahme an den Hochzeitsfeierlichkeiten in Athen angetreten haben. In Monza dem gegenwärtigen Hoflager der italieniſchen Königsfamilie, fieht man der Ankunft der hohen Reiſenden für den Vormittag des 19. Oktober entgegen und trotz ihres ſtrengen Incog⸗ nitos werden dieſelben in Monza mit großem Pompe empfangen werden. In Athen erwartet die Stag den 19. Oätober ——— 1889 Majeſtäten ein beſonders glänzender Empfang und auch in Konſtantinopel, dem Endpunkte der Kaiſer⸗ fahrt, trifft man bereſts die Vorbereitungen zur feſtlichen Begrüßung des kaiſerlichen Paares. — Karl Maier, der eigentliche Führer der württembergiſchen Volkspartei, iſt nach längerem Leiden geſtorben. Der Verſtorbene war ein Mann von großer Ueberzeugungstreue bezüglich ſeiner po⸗ litiſchen Anſchauungen und von großer perſönlicher Liebenswürdigkeit, während er ſich mit den großen politiſchen Umwandlungen in Deutſchland, wie ſte die Jahre 1866 und 1870 mit ſich brachten, nie⸗ mals ganz befreunden konnte. — Auf Samoa hat die Wahl eines neuen Königs ſtattgefunden und wurde der bekannte Häupt⸗ ling Mataafa in einer großen Volksverſammlung feierlichſt mit dieſer Würde bekleidet. Deutſchland ſoll ſich indeſſen weigern, Mataafa als König anzuerkennen, ſo daß alſo die Schwierigkeiten in der ſamoaniſchen Frage noch nicht gelöſt wären. Stettin, 16. Okt. Der Czar traf in Stettin um 2 Uhr 48 Min. ein und ſetzte die Reiſe in der Richtung nach Danzig um 3 Uhr fort. Schutzleute und Militär hatten die Zugänge im weiten Um⸗ kreiſe abgeſperit. 8 ö Paris, 16 Okt. Das Kriegsgericht in Tou⸗ ö louſe hat den Serganten Moques vom 70. In⸗ fanterieregiment in Cahors wegen Diebſtahls im Einverſtändnis mit Deutſchland zu einer einfachen Verbannung und Entäußerung ſeiner militäriſchen Grade verurteilt. Der Verurteilte ſoll dem Grafen Molkte eine Patrone (Modell 1886) um 500 Gr. angeboten haben. Das Angebot ſei genebmigt, die Abſendung der Patrone jedoch durch die Verhaftung des Serganten verhindert worden. Mail and, 18. Okt. Das deutſche Kaiſerpaar Der Majorsherr. Novelle von F. von Limpurg. Nachdruck verboten 5 „Herr, mein Gott, ſchenke mir das teuere Mädchen, ihr Glück ſoll meines Lebens ganzer In⸗ halt ſein, bat Albrecht mit der Jabrunſt eines guten Menichen. N Es war Abend des folgenden Tages, als der grüflich Morenau'ſche Wagen von der Station B. dem Schloſſe zufuhr; ein Koffer auf dem Bock zeigte an, daß der im Wagen ſitzende Majorats⸗ herr erſt mit der Bahn gekommen ſei, und dies war in der That der Fall, Graf Kuno von Morenau, der Majoratsherr lehnte, nachläſſig um ſich blickend, in den Polſtern. Er war ſo recht der Gegenſatz ſeines Bruders, mittelgroß und ziem⸗ lich plump gebaut, zeigten die ſtarken Züge einen ausgeſprochenen Hochmut ſowe Nigung zu jäh⸗ zornigem Aufbrauſen. Er trug nicht wie Graf Al⸗ brecht einen Vollbart, ſondern nur einen Schnurrbart, auch war er bedeutend dunkler als die beiden an⸗ dern Geſchwiſter; der Ausdruck ſeines Geſichtes war auch kein angenehmer, ebenſo die kurze, ſchroffe Art mit den Dienern zu verkehren. f 5 Endlich tauchte der Park, dann das Schloß ſelbſt aus dem Staube der Landſtraße auf. Der Graf gähnte; wie lang war im die Fahrt erſchie⸗ nen, keinen einzigen Blick hatte er für die ſom⸗ merliche Schönheit ringsum ſich her gehabt! „Iſt Beſuch im Schloß?“ frug er, als beim Halten des Wagens der Diener eilfertig vom Bocke ſprang, um ihn herauszuhelfen, denn es fiel dem ankomenden Majoratsherrn unangenehm auf, daß ſich weder Mutter noch Geſchwiſter ſehen ließen. „Zu Befehl, Erlaucht! Das gnädige Fräulein von Föiſter ſind ſeit vier Wochen anweſend.“ „Ah, eine kleine Peſionsbekannte Margarethens, es lohnte nicht der Mühe für eine ſolche Umſtände oder gar Toilette zu machen,“ dachte der Majo⸗ ratsherr. „Wo find die Herrſchaften ?“ frug er dann kurz, „mach die Thüren auf,“ Robert.“ Auf der nach dem Parke zugelegenen Veran da ſaßen die Gräfin und die jungen Leute heiter plau⸗ dernd und lachend, niemand hatte eine Ahnung von der Ankunft des Schloßherrn und, ſtark ver⸗ ſtimmt darüber, trat dieſer nun näher, ſeine Mutter ſehr förmlich, die andern ſehr nachläſſig begrüßend. „Mein Himmel, Kuno, Du ſchon hier?“ rief Morenau überraſcht, „das thut mir aber leid, daß Niemand den Wagen gehört und Dich empfangen hat. Sei herzlich willkommen, wir fleuen uns ſehr uͤber Deine Heimkehr.“ „Guten Abend, liebe Mama,“ antwortete der Graf, „ich habe nur um Entſchuldigung zu bitten, daß ich dieſe muntere Geſellſchaft durch meine An⸗ kunft geſtört und unterbrochen, doch will ich ſogleich meinen Fehler wieder gut machen und mich zurück⸗ ziehen.“ „Da würden ſie wohl am meiſten dabei ver⸗ lieren,“ erklang ein ziemlich ſchnippiſches Stimmchen aus der Ecke der Veranda, „denn uns könnte die An⸗ oder Abweſenheit einer Perſon wenig ſtören. „Ich muß bitten — mich bekanut zu machen, ſonſt kann ich mich nicht einmal bemühen, jene 1 ungnädige Worte zu wiederlegen.“ Margarethe hatte unter dem Tiſche warnend Melanies Hand ergriffen, doch dieſe ſchlug ihr ein Schnippchen und erwiederte nur mit leichten hoch⸗ mütigen Kopfnicken Albrechts ceremonielle Vorſtel⸗ lung: „Mein Bruder, Graf Kuno von Motrenau — Fräulein Melanie von Foͤrſter.“ „Laß mich Dich nun auf Deine Zimmer begleit n, mein Sohn,“ bat Gräfin Morenau, ſanft ihre Hand auf Kunos Arm legend, „wenn Du ge⸗ nügend ausgeruht biſt, wollen wir zu Abend eſſen. Iſt es Dir recht?“ „Gewiß, Mama, ich will nicht lange warten laſſen.“ Und mit flüchtigem Kopfnicken für die an⸗ deren verließ der Graf, ſeine Mutter voranſchreiten laſſend, die Veranda; Melanie ſprang ganz empoͤrt ſagte er nun ſcharf, ſich an Albrecht wendend, „denn