blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. — —— Nr. 80. ö if! Folitiſches * Ladenburg, 5. Okt. Kalſer Wilhelm iſt t! „begleitet von ſeiner erlauchten Gemahlin, in neh weſterer Fortſetzung seiner Antrittsbeſuche an den deutſchen Fürſtenhöfen, auch in Schwerin erſchienen und gar glänzend und jubelnd war der Empfang, welcher dem Kaiſerlichen Paare daſelbſt am Diens⸗ lag bereltet wurde. Der Großherzog und die Groß ⸗ hofe, woſelbſt nach dem herkömmlichen Empfangs- keremoniell der Kaiſer mit dem Großherzog und die Koiſerin mit der Großherzogin krotz des regneriſchen lich geſchmückten Straßen der Stadt nach dem Re⸗ Aenzſchloſſe fuhren, der Kaiſerzug wurde von einer Schwadron meklenburgiſchen Dragoner eröffnet und dann von einer anderen Abteilung der gleichen Trup⸗ pengattung beſchloſſen: in den Straßen drängten iich Zehntaufende von Menſchen, welche die Maje⸗ daten mit immer erneuten Jubelrufen begrüßten. Auf dem reich docorirten Marktplatze hielt der Oberbürgermeiſter Bade eine Begrüßungsanſprache an das Kaiſerpaar, welche der Kaiſer huldvollſt be⸗ antwortete, hierbei daran erinnernd, daß er ſchon einmal aus leider trauriger Veranlaſſung in Schwerin gewellt habe und daß ſein kaiſerlicher Großvater ſieis gern nach Schwerin gekommen ſei. Nachdem der Kaiſerin von einer der 36 Ehrenjungfrauen ein prächtiges Bouquet überreicht worden war, bewegte lich der Zug durch die Königs⸗ und dle Schloß⸗ lraße und dann über den Altengarten, wo das auf⸗ geſtellte Militär präſentirte, nach dem Schloſſe. Pier fand Abends 6 Uhr Galatafel ſtatt, an welcher gußer dem großherzoglichen Paare und deſſen kaiſer⸗ lichen Gäſten noch ein größerer Kreis von Fürſtlich lelten beiwohnte. Bereits zeitig am andern Morgen Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. Prels vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs- Aan die Redaktion verantwortlich; Karl Molitor, Ladenburg. herzogin begrüßten ihre hohen Gäſte auf dem Bahn⸗ Weiters im offenen Wagen durch die überaus feſt⸗ 10 Pfg., 5. Olifober Anzeigen: die 1⸗ſpaltige Corpus⸗Zeile oder deren Naum Druck und Verlag von Karl Molitor, Ladenburg. Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. die Corpuszeile. Reclamen 20 Pfg. 5 1889 begah ſich der Kaiſer zur Jagd nach der Hirſchreichen Lewiß⸗Forſt, woſelbt der hohe Herr auch am Donnerstag jagte. Das Kaiſerpaar gedenkt an dieſem Freitag Abend nach dem Neuen Palais bei Potsdam zurückkehren. — Der Reichstag iſt laut kaiſerlicher Kabinets⸗ ordre, wie ſchon erwartet wurde, auf den 22. Ok⸗ tober einberufen worden und es trennt uns ſomit nur noch ein Zwiſchenraum von wenig mehr als 2 Wochen von dem Wiederbeginn der parlamen⸗ tariſchen Thätigkeit im Reiche. Der Fortgang, den die nbtigen Vorarbeiten in den verſchiedenen Reichs⸗ amtern wie auch im Bundesrate nehmen, berechtigt zu der Hoffnung, daß der Reichstag bei ſeinem Zu⸗ ſammentritte ſchon genügend Arbeſtsmaterial vor⸗ finden wird, ſpeziell dürfte die Vorbereitung des Etats pro 1890/91 im Bundesrate bis zu dem ge⸗ J nannten Termine vollſtändig beendigt ſein. Hoffent⸗ lich wird man nun auch einer baldigen Bekanntgabe des geſamten Arbeitsprogrammes für die heran⸗ nahende Reichstagsſeſſion von zuständiger Seite ent⸗ gegenſehen dürfen, denn obwohl über die herbor⸗ ragendſten Aufgaben derſelben kein Zweifel mehr be⸗ ſteht, empfiehlt ſich doch auch bezüglich der andern etwa gewärtigenden geſetzgeberiſchen Arbeiten baldige Klarheit. b — Aus Oſtafrika übermittelt der Telegraph e ine wichtige Nachricht, durch Dekret des deutſchen j und des engliſchen Admirals ſowie des Befehlshabers des italieniſchen Kciegsſchffes „Staffetta“ iſt die am 29. November 1888 erklärte Blokade an der oſtafrikaniſchen Küſte aufgehoben worden. Ein wei⸗ teres Dekret des deutſchen Geſchwaderchefs, Admiral Deinhardt, beſtimmt, daß jede Einfuhr von Waffen 8 7 g Die Aufhebung der Blokade an der oſtaftikaniſchen Küſte nach beinahe einjähriger Dauer bekundet, das die beteiligt geweſenen europäiſchen Mächte den Hauptzweck der Maßregel, die Sklavenausfuhr, ſo⸗ wie den Handel mit Waffen und Kriegsmaterial an den bislang blokirt geweſenen Teilen der oſt⸗ afrikaniſchen Küſte zu verhindern, als im Großen und Ganzen erreicht betrachten. Deutſcherſeits wer⸗ den indeſſen von dem Geſchwader des Admirals Deinhardt das Panzerſchiff „Carola“ und der Aviſo „Pfeil“ zum Schutze der deutſchen Intereſſe an der Zanzibarküſte zurückbleiben. Berſchiedenes — Mannheim, 3. Oktbr. Geſtern wurde der erſte Spatenſtich zum Bau der Straßendampf⸗ bahn Mannheim⸗Heidelberg gemacht. — Ein ent⸗ laſſener ehemaliger Lehrer Namens Gromb (mut⸗ maßlich Gropp) aus Seckenheim gebürtig, hat ſich in einem Gaſthaus zu Worms, wo er ſich als Pro⸗ feſſor Gromb aus Schwetzingen eingemietet hatte, erſchoſſen. — Mannheim, 1 Oktober. (Schwurgericht. ) Vorfitzender Herr Landgerichtsrat Traub. Vertreter der Großh. Staatsbehörde Herr Staatsanwalt Dr. Mühling. 3) Philipp Wolf, 70 Jahre alt, Wittwer, Weber von Grünenwert, wegen Vergehehen § 176, Abſ. 2. des St.⸗G.⸗B. Die den Geſchworenen ge⸗ ſtellte Schuldfrage wird verneint, und es erfolgte ſomit Freiprechung des Angeklagten. Vertheidiger Herr Rechtsanwalt Faas. Die Sitzung fand unter Ausſchluß der Oeffentlichkeit ſtatt. 4) Johann Scharpf Ehefrau Emma, geborene u.nd Kriegsmaterial an der unter deut cher Verwal⸗ tung ſtehenden Küſte Oſtafrikas ver boten iſt. — Büchler 25 Jahre alt von Reiſenbach, z. Zt. in Eberbach, wegen Kindesmord. Die Angeklagte, welche früh er diente, hatte ſehr viel Umgang mit Männern 0 Treu bis zum Tod. 8 Erzählung von Pfälzer treu. Es war ihr endlich geſtattet worden, mit mit dem teueren wenigſtens noch einmal vor dem gemeinen großen Wiederſehen in biſſeren, glück enig Wochen geſtorbenen Mutter zu plaudern: Von det Liebe und dem ſehnlichen Verlangen nach inem unſichtbaren Weſen, einen Gott, dem wahr⸗ haft göttlichen Geiſte, der das unzertrennliche Ge⸗ chwiſterpaar glücklich vereinite. heſtunde naht, und der Tod bildet eine unüber⸗ chreitbare Kluft zwiſchen den irdiſchen Menſchen⸗ atungen dem fündhaften Treiben und Jagen, nach t dem Mamon, und dem göttlichen, heiligem Weiter⸗ arn ben einer reinen und unb fleckten Seele. Du biſt 5 e, en edler, braver Menſch, aber Du haſt gefehlt, Du biſt zu weit gegangen im Verfolgen Deiner lränkten Anſchauung en, die den Eharatter manches Streben nach der Durchführung Deiner Ideale. Du hast dabei verge ſſen, daß ein Menſch darnach wohl u Dich un bereue Deine Mitſchuld an dem Irre⸗ ſcheren Landen von dem edlen Vermächtaiß der vor: „Vertrau auf Gott, mein Sohn. Die Schei⸗ Zuten und Wahren nicht verleugnen können, im geiſtig haſch en, ſie aber niemals erfaſſen kann. Gehe gehen unſeres Volkes!“ g ö „Ich laß mir meinen Mut nicht nehmen, Ich kämpfe, bis der Tod mich bricht, Den ohne Freiheit iſt kein Leben, Ich laß' von meinem Streben nicht! Mas ich gewollt zur erſten Stunde, Als Freiheit um mein Herz ſich wan Das will ſch heut mit frohem Munde Bekennen für mein Vaterland! Will ſenden euch die frohe Kunde, 8 Daß Recht mit Lieb' in Treu' verbunde Den Weg zum Himmel doch gefunden!“ Das war der Inhalt von Jean's Antwort. Er konnte nicht bereuen und war feſt gewillt, mit den⸗ ſelben Anſchauungen, dem gleichen Bekenntnis dem nahenden Tode mutig in's Auge zu ſehen, die er im Leben beſeſſen und gehegt und in der Freiheit verteidigt hatte. Er brauchte den Tod nicht fürchten, er war zu Jedel und charakterfeſt, um in der Todesſtunde wankelmütig im letzten Augenblick ſeinen Geſinnungen und Beſtrebungen untreu zu werden. ö ö Die Kerkerthür drehte ſich langſam in den ptroſteten Angeln, und Emma trat herein, der Schließer folgte, einen mitleidigen Blick auf die ſeltſame, traurige Gruppe werfend. Wie ein Wahn⸗ finniger ſtürtzte Jean auf die Schweſter zu, um⸗ ſchlang und herzte ſie, und ſchluchzend waren ſie wohl wieder beiſammen, aber ach — zum letzten“ letzten Male im Leben, nur um für immer auf die⸗ ſer Erde ſich zu verabſchieden. „Ich weiß es, liebe Schweſter, wenn ich's auch noch nicht vernommen, warum die Mutter nicht mitkommt; ſie iſt aber gewiß bei uns bei ihren unglücklichen Kindern und ſegnet Dich, Emma, die Du nun allein zurückbleibſt in dieſer Welt ſchnö⸗ den Undanks. Aber nicht blindes Schickſal regiert, dieſes irdiſche Daſein, ſondern eine weiſe, göttliche Vorſehung: ein warmes liebevolles Herz ſchlägt noch für Dich; liebe es wieder, Emma, willſt Du de letzten Willen Deines armen, unglücklichen Bruder erfüllen. Hat es Gott beſchloſſen, ſo ſollt ihr euch für ewig haben, und wenn Dich Walter heimführt als die Seine, dann ſei gewiß, Deine Mutter un Dein Bruder ſegnen euern heiligen Bund und we den euch als gute Geiſter ſtets dann umſchweben wenn ihr euch euere herzliche Liebe immer vo neuem geſteht. .. Er konnte nicht mehr welter⸗ ſprechen ſein Herz wollte ihm zerſpringen vo Schmerz. ö Mit eintönigem Schritt nahte die Wache, di ihn zum Tode führen ſollte. — Da ſtand fie ſcho mit geſenktem Gewehr und hatte nicht den Mut das Geſchwiſter paar, das ſich in den Armen lag zu trennen, die heilige Stille, die herrſchte, zu ent weihen. Dem alten Soldat dort zur Seite rann eine Thräne langſam in den grauen Bait — e fühlte auch, daß ein Herz viel, viel erdulden kann