roi 15 5040 V 1 4 blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. Für die Redaktion verantwortlich; Karl Molitor, Ladenburg, ————— Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs⸗ 4015 4 ——— — Nr. 74. PFolitiſches Ladenburg, 13. Sept. Den glanzum⸗ Frahlten Kafſertagen find nunmehr dieſelben feſt⸗ lichen Tage, mit ihren Mittelpunkten, den Kaiſer⸗ manövern des 7. und 10. Armeekorps, im Nord⸗ weſten Deutſchlands gefolgt. Nachdem die Korps⸗ mandver des ſächfiſchen Armeekorps am Dienstag Vormittag ihr Ende erreicht, trat Kaſſer Wilhelm am genannten Tage Mittags kurz vor 12 Uhr von dem Städtchen Lommatzſch, an der Bahnlinie Frei⸗ berg⸗Noſſen⸗Rieſa gelegen, die Weiterreiſe nach Min⸗ den an. Der Kaiſer und König Albert verabſchie⸗ deten ſich im Salonwagen des erſteren in denkbar herzlichſter Weiſe von einander; auch der Abſchied zwiſchen Kaiſer Wilhelm und den Prinzen des ſäch⸗ iſchen Königshauses trug den Charakter großer Herz⸗ lichkeit. Unter brauſenden Hochrufen der zahlreichen Bolksmenge verließ der Sonderzug des Kaifers, in welchem ſich außer dem kaiſerlichen Gefolge auch der Prinz⸗Regent von Braunſchweig und der Erbgroß⸗ herzog von Weimar ſowie die ſremden Offiziere befan⸗ den, den Lommatzſcher Bahnhof. Die Ankunft des Koſſers in Minden, der Hauptſtadt des gleichnami⸗ gen weſtfäliſchen Regierungsb⸗zirkes, erfolgte Diens⸗ dag Abend 7 Uhr und wurde der Kaiſer auf dem Bahnbofe von den bereits anweſenden Fürſtlichkeiten, dem Oberpräfidenten von Weſtfalen, zahlreichen Ge⸗ neralen und Offizieren u. ſ. w. empfangen. In einem Aſpännigem Wagen, dem eine Schwadron Kürraſſiere voraus ritt, hielt ſodann der Monarch feinen Einzug in die glänzend erleuchtete Stadt; auf beiden Seiden der Einzugſtraße bildeten Fackeln und Lampionstragende Arbeiter, Feuerwehr, Bür⸗ gerkompagnien und Schüler bis zum kaiſerlichen Abſteigequartier, der Villa Leonhardi, Spalier, während fortwährend enthuſiaſtiſche Zurufe der dicht⸗ Samstag ö Schweinen darf ohne Weiteres wie ſchon in Rati⸗ burg und Amgegend. Anzeigen die I⸗ſpaltige Corpus⸗Zeile oder deren Naum 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. die Druck und Verlag von Karl Molitor, Ladenburg. Corpuszeile. Reclamen 20 Pfg. RBHHBHBHBrrBB—— — . —— 14. Sepflember 1889 gedrängten Volksmenge ertönten. An dem Triumpß⸗ bogen am Weſerthor begrüßte Oberbürgermeiſter Bürk den kaiſerlichen Herrn, in ſeiner Anſprache betonend, daß nunmehr zum erſten Male ſeit 900 Jahren wieder ein deutſcher Kaſſer in der alten Stadt Minden weile, worauf der Kaiſer mit huld⸗ reichen Worten erwiederte. — Am Vormittag des Mittwoch fand bei Minden auf hiſtoriſchem Boden auf dem Schlachtfelde, auf welchem am 1. Auguſt 1759 der Herzog Ferdinand von Braunſchweig die franzöftſche Armee unter Marſchall Contades gänz⸗ lich ſchlug, die Kaiſerparade des 7. Armeecorps ſtatt, welche einen ungemein glänzenden Verlauf nahm. Am nächſten Tage folgten die Mannöver des 7. Armeecorps vor dem Kaiſer und den ihm umgeben⸗ den Fürſtlichkeiten, woran ſich in dieſen Tagen die Manöver des 10. Armeekorps bei Springe anſchlie⸗ ßen würden, denen bekanntlich auch der Großfürſt⸗ Thronfolgers bei den deutſchen Kaiſermanövern in i Hannover eine beſondere politiſche Bedeutung zu⸗ kommt, wie man hie und da behauptet, mag da⸗ hingeſtellt bleiben; jedenfalls kommt der Czarewitſch hiermit zunächſt einer bezüglichen Einladung nach, die ihm von Kaiſer Wilhelm bei deſſen vorjähriger Anweſenheit in Peterhof zu Teil wurde. — Infolge zahlreicher dem Reichskanzler zu⸗ gegangenen Klagen über die drückenden Wirkungen des Schweine⸗Einfuhrverbotes iſt ein Erlaß des Reichskanzlers erſchienen. Derſelbe geſtattet, daß hin⸗ fort ungariſche Schweine aus Steinbruch bei Peſt über Oderberg nicht nur nach Ratibor, ſondern auch nach Beuthen zur ſofortigen Abſchlachtung im dor⸗ tigen ſtädtiſchen Schlachthauſe eingeführt werden dürfen und zwar an je einem Wochentage. Fleiſch von in Beuten geſchlachteten Steinbrucher Das bor, in den freien inländiſchen Verkehr gebracht werden. Berlin, 12. Sept. Die Nordd. Allg. Ztg. legt in einem längern Artikel die Notwendigkeit des Schweineeinfuhrverbots dar, um infolge der allge⸗ meinen Vieheinfuhrberbote Englands, Frankreichs und Belgiens die verlorenen Abſatzgebiete baldigſt wiederzugewinnen. Dem allgemeinen Intereſſe gegen⸗ über, welches die Schließung der Oſtgrenze gebie⸗ teriſch fordere, müßten die Sonderintereſſen zurück⸗ treten. Die Preisſteigerung des Schpweinefleiſches und anderer Lebensmittel ſei nicht nur durch das Einfuhrverbot, ſondern durch die Händlerkreiſe her⸗ beigeführt, welche die Grenzſperre zum Anlaß ge⸗ nommen haben, die Preiſe künſtlich zu ſteigern. Die inländiſche Produckion reiche vollſtändig aus, den Bedarf zu decken. Es gelte nur, ſich im Inneren des Reiches neue Bezugsquellen zu er⸗ öffnen. ö Hannover, 13. Sept. Der ruſſiſche Groß⸗ fürſt Thronfolger iſt heute halb 10 Uhr hier ein⸗ getroffen, vom Kaiſer am Bahnhof mit wiederholter Umarmung und mit Kuß empfangen worden und fuhr mit dem Kaiſer in offenem Vierſpänner nach dem Refidenzſchloß, wo die Kaiſerin und die Prin⸗ zeſſin Albrecht den Thronfolger herzlichſt begrüßten. Berſchiedenes. * Ladenburg, 14. Sept. Bei der geſtern ſtattgehabten Aufnahme⸗Prüfung wurden 32 in die unterſte Klaſſe der Höh ren Bürgerſchule hier ange⸗ nommen, gegen 18 Schüler des Vorjahres. — Heidelberg, 12. Sept. Im Neckar bei Wieblingen wurde der Leichnam eines ungefähr 25 Jahre alten, unbekannten Mädchens geländet. Der Kleidung nach zu ſchließen, dürfte dasfelbe den beſſeren Ständen angehören. Näheres über die Per⸗ Treu bis zum Tod Erzählung von Pfälzertreu. 1. Fortſ. II. Mit ſchweren, langezogenen Schlägen verkün⸗ dete die Turmuhr der St. Galluskirche die Mitter⸗ nachtsſtunde. Geiſterhafte, unheimliche Stille herrſchte allenthalben im Städlein. Alles lag im ſcheinbar kiefem, erquickenden Schlummer und gab ſich un⸗ beſorgt und unbefangen der nötigen Ruhe hin; galt es doch, mit Spannung den Verlauf der zeitlichen Dinge abzuwarten und zu verfolgen, die eines jeden bollſtes Intereſſe erheiſchten, aber auch mit entſchie⸗ dener Beſtimmtheit forderten. In einem altersgrauen Hauſe der Kirchgaſſe, noch mit der inter ſſant mittelalterlichen Gallerie⸗ fronte geſchmückt, waren noch zwei junge Männer, don Zeichnungen und Scizzen umgeben, um eine Lampe verſammelt und eifrig damit beſchäftigt, ſich auf einer großen Karte über die näheren öctlichen Vethältniſſe des Städleins zu informieren und ſich hauptſächlich über die verſchiedenen Richtungen der Bergstraße und über die Zugänge des Odenwalds genau zu orientieren. Ein kleines Stübchen war es, einfach, aber mit ſo beſonderem Geſchmacke ausge⸗ ſlattet, der auf eine feinergebildete, ordnungslie⸗ bende Häuslichkeit mit Recht ſchließen ließ. Auf zwei Stühlen lagen die abgeſchnallten Säbel, Taſchen und Hirſchfänger. In den beiden jungen Leuten er⸗ kennen wir bald Jean, den einzigen Bruder Em⸗ ma's, und Walter, ſeinen Jugendfreund, den ſchmucken, blonden Freiſchaarenanführer. Jean hatte eine neue Scizze vorgelegt und ſuchte mit aller Mühe ſeinem geſpannt zuhörenden Freunde etwas klar zu machen. Immer erregter deutete er auf die Karte, und ein wildes Feuer leuchtete aus ſeinen Augen; er war mit vollem Intereſſe bei dem Stu⸗ eine göttliche; doch nicht immer iſt für etwas En finnenden Walter ſeine Ueberzeugung aufzudringen: daß nur durch raſches, thatkräftiges Vorgehen etwas Erſprießliches erzielt und gewonnen werden könne, reichen, mit Ueberlegung Schritt für Schritt weit dium der heiligen Sache, voller Begierde dem ruhig und daß der Erfolg unausbleiblich nur dem zukom⸗ me, der mit einem Schlage den Gegner zu Boden zu drücken und ihn zu vernichten ſuche. Aber kopfſchüttelnd klopfte ihm ſein Freund auf die breiten Schultern und unterbrach ihn: „Du biſt zu wild, zu ungeſtum und haſtig, lieber Jean. Kennſt Du die Wucht des wütenden Sturzbaches, der ſich toſend, lärmend und ziſchend den Berg hi⸗ nunterwälzt und alles, alles, Unnützes und Edles mit ſich reißt, nur durch Verwüſtung und Zerſtöc⸗ Manch“ zartes, frifches Blümlein blüht an ſeinem Ufer, mancher ſtolz dem Licht zuſtrebende Halm ſteht an des Baches Rand, und beide werden ſo jäh geknickt rung ſeinen wilden Lauf kennzeichnet? und unſchuldig mitgeriſſen in den unerſättlichen Strudel der Bernichtung. Wohl läuft der entfeſſelte Strom ein, in ein ruhiges, ſtilles Waſſer, die em⸗ pörten Wellen glätten fich, und die Sonne ſpie⸗ gelt bald auf der ruhigen Oberfläche die verjüngte Landſchaft wieder; aber bedenke, lieber Freund, wie manches koſtbare Leben, wie ſoviel zarte Blümlein auf ewig von dem „Klaren Waſſerſpiegel“ find ver⸗ Falle der Notwendigkeit ſparſam Gebrauch zu machen von der Gewalt und Macht, die jedem einzelne ſchlungen worden und der Menſchheit für immer entriſſen bleiben. Wohl iſt die ſchöne Natur eine unermüdlich wiederſchaffende, wiedergebärende — riſſenes ſtets gleichwerten, gleichlieben Erſatz zu finden, weshalb einem jeden auch heilige Pflichte auferlegt find, ſchonend ſein vorgeſtecktes Ziel zu er zu wirken und zu ſchaffen und nur ihm äußerſten zuſteht, Walter's edle Züge verklärten ſich, hoch richtet er ſich auf und drückte ſeinem Freund herzlich die Hand. „Jean uns kann niemand tren nen; das Band heiliger Freundſchaft und Lebe hält uns ſeit unſerer goldnen Jugendzeit zu fe umſchlungen! Wir wollen wenigſtens der geſpannten vorurteilsfreien Welt zeigen, daß der echte Pfälzer nur mit Edelmut und menſchlicher Schonung ſeine heiligen, ererbten Rechte zu ſchützen und zu ſchirme gewillt iſt. Und ſollte je unſere einmütige Erhebung, unſer freiwilliges, aufopferndes Hingeben unſ're